Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523135/2/Kof/REI

Linz, 10.04.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung der Frau S S,
geb. x, M, L vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. K B, M, L gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 23. März 2012, AZ: FE-306/2012, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung ua., zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

-         das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges   und

-         die Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen

auf 1 Monat – vom 3. März 2012 bis einschließlich 3. April 2012 –

herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 26 Abs.1, 32 Abs.1 Z1, 30 Abs.1 und 24 Abs.3 FSG,

  BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid der/die nunmehrige(n) Berufungswerberin (Bw) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

 

-         die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten – gerechnet ab 3. März 2012 – entzogen

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invaliden-KFZ verboten

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen

-         verpflichtet, binnen einer Frist von drei Monaten – gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides (= 9. März 2012) –

     ein Verkehrscoaching zu absolvieren.

 

Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG

die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 28. März 2012 – hat die Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 02. April 2012 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a AVG) erwogen:

 

Die Bw lenkte am 03. März 2012 um 12.20 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW in L, L. Nr. ....

An dieser Stelle lief plötzlich – aus Sicht der Bw von links – ein Hund auf die Fahrbahn. Der Hundehalter, Herr GB lief dem Hund hinterher und fasste ihn nach der Fahrbahnmitte. Die Bw bremste, konnte jedoch aufgrund der geparkten Fahrzeuge nicht weiter nach rechts ausweichen.

Dabei streifte sie mit dem linken Außenspiegel den rechten Arm des Herrn GB.

Herr GB wurde insbesondere am rechten Oberarm verletzt.

Am PKW wurde der linke Außenspiegel beschädigt.

Gemäß der Aussagen der Bw beim Stadtpolizeikommando Linz, Verkehrsinspektion fuhr sie mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 km/h.

 

Die Bw befand sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, da die Messung der Atemluft mittels Alkomat einen Atemluftalkoholgehalt von (niedrigster Wert) 0,45 mg/l ergeben hat.

 

In der rechtzeitig erhobenen Berufung wird von der Bw zwar eingestanden,

dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

 

Die Bw bestreitet jedoch, diesen Verkehrsunfall verschuldet zu haben.

 

 

Die Staatsanwaltschaft Linz (Der Bezirksanwalt) hat das gegen die Bw
wegen § 88 Abs.2 Z3 StGB durchgeführte Verfahren mit der Geschäftszahl
51 BAZ 264/12v-3 vom 20. März 2012 eingestellt.

 

Lenkt jemand ein KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand – Atemluftalkoholgehalt: 0,40 mg/l oder mehr aber weniger als 0,60 mg/l –
dann ist gemäß § 26 Abs.1 FSG dem/der Betreffenden die Lenkberechtigung
für die Dauer von ein Monat zu entziehen.

 

Hat der/die Betreffende bei dieser Fahrt einen Verkehrsunfall verschuldet,
ist gemäß § 25 Abs.3 FSG die Behörde die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens drei Monaten zu entziehen.

 

Betreffend die Festsetzung der Entziehungsdauer ist im vorliegenden Fall somit entscheidungswesentlich, ob die Bw den oa. Verkehrsunfall (mit-)verschuldet hat.

Diesbezüglich sind schlüssige Feststellungen zum Unfallhergang erforderlich;

VwGH vom 19.10.2010, 2010/11/0101 mit Vorjudikatur;

          vom 24.04.2007, 2004/11/0001.

 

Dem Verfahrensakt ist kein Hinweis zu entnehmen, dass die Bw in jenem Moment, als sie den Hund bzw. den Hundehalter Herrn GB erstmals gesehen hat, unrichtig reagiert hat und ihr daraus ein (geringfügiges Mit-)Verschulden am Verkehrsunfall angelastet werden könnte.

 

In diesem Zusammenhang wird auf die in Danzl, EKHG, 7. Auflage,

E57 zu § 9 EKHG (Seite 234) zitierte Judikatur des OGH verwiesen, wonach

"ein unabwendbarer Zufall vorliegt, wenn ein Hund die Straße so knapp vor dem KFZ kreuzt, dass er unter den Wagen gerät, ohne dass es der Lenker durch Abbremsen verhindern konnte."

 

Im vorliegenden Fall ist offensichtlich der Hund und unmittelbar danach der Hundehalter, Herr GB, so knapp auf das von der Bw gelenkte Fahrzeug zugelaufen, dass diese den oa. Verkehrsunfall weder durch Abbremsen, noch durch Ablenken verhindern konnte.

 

Die Bw fuhr – nach eigener Angabe – mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 km/h.

 

Bei einer mit einem ungeeichten Tachometer gemessenen Geschwindigkeit ist
ein Abzug von 10 km/h vorzunehmen;

VwGH vom 03.09.2003, 2001/03/0157 mit Vorjudikatur.

 

Somit kann nicht mit letzter Sicherheit nachgewiesen werden, dass die Bw tatsächlich die erlaubte gesetzliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten hat.

 

Aber selbst wenn die Bw eine geringfügig überhöhte Geschwindigkeit eingehalten haben sollte, kann dies im Verhältnis zum Verhalten des Hundes bzw. des Hundehalters vernachlässigt werden;

siehe die in Danzl, aaO, E35a zu § 11 EKHG (Seite 279) zitierte Judikatur des OGH.

 

Gemäß dem Grundsatz "in dubio pro reo" kann der Bw somit nicht nachgewiesen werden, dass sie diesen Verkehrsunfall tatsächlich (geringfügig mit-)verschuldet hat.

 

Gemäß § 26 Abs.1 FSG (iVm § 32 Abs.1 Z1 und § 30 Abs.1 leg.cit.) ist dadurch

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

-         das Verbot des Lenkens eines in § 32 Abs.1 FSG genannten KFZ   und

-         die Aberkennung eines Rechts, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen

auf 1 Monat – vom 03. März 2012 (= Datum der vorläufigen Abnahme des Führerscheines) bis einschließlich 03. April 2012 – herab- bzw. festzusetzen.

 

Die Anordnung eines Verkehrscoachings ist gemäß der zitierten Rechtsgrundlage

(§ 24 Abs.3 FSG) rechtlich zwingend erforderlich.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

   

 

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