Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600109/5/AB/STA

Linz, 20.03.2012

 

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Berichterin: Dr. Berger, Beisitzer: Dr. Grof)

über den Devolutionsantrag im Namen der Oö. G- und S, T, H,  L, vom 14.12.2011, Z 023000-2011-GM/GG, auf Übergang der Entscheidungspflicht beschlossen:

 

Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 73 Abs. 2 iVm § 66 Abs. 4 AVG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Schreiben vom 14.12.2011, Z 023000-2011-GM/GG, wurden im Namen der Oö. G- und S "Devolutionsanträge" in mehreren näher bezeichneten Verfahren im Zusammenhang mit Einsprüchen gegen die Pflegegebührenrechnungen der Oö. G- und S beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht.

Begründend wird dabei ausgeführt, dass diese Einsprüche, datierend mit April 2007 bis Juli 2008, der zuständigen Behörde, nämlich dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz, zur Entscheidung vorgelegt worden seien. Mit Schreiben vom 27.8.2009 sei die Oö. G- und S vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz zur Rechtfertigung aufgefordert worden. Die entsprechenden Schriftsätze der Oö. G- und S seien am 21.9.2009 an den Magistrat der Landeshauptstadt Linz geschickt worden. In der Folge seien vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz keine weiteren Schritte mehr gesetzt worden.

Da in allen bezogenen Fällen bisher kein Bescheid zugestellt worden und die Sechs-Monats-Frist iSd § 73 Abs. 2 AVG bereits verstrichen sei, stelle die Oö. G- und S den Antrag "auf einen Übergang der Entscheidungspflicht gem. § 73 Abs. 2 AVG an die zuständige Oberbehörde (Devolutionsantrag). Die zuständige Oberbehörde ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes ".

Die Fertigungsklausel dieser Eingabe vom 14.12.2011 lautet wörtlich wie folgt:

"Mit freundlichen Grüßen,

 Oö. G- und S

 

 

ppa. Dr. H B, MBA                           i.A. HRin Mag.a M G-H

Leiter Rechtsabteilung                                Referentin Rechtsabteilung".

 

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass sich lediglich über dem Fertigungsblock der Referentin der Rechtsabteilung eine Fertigung in Form einer Paraphe befindet.

1.2. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine kurze Stellungnahme, in der abschließend darauf hingewiesen wird, dass trotz entsprechender Zusage an die Oö. G- und S vom zuständigen Sachbearbeiter – seit Ende 2007 (sic!) – bis zum Eintreffen der Devolutionsanträge die ausstehenden behördlichen Entscheidungen nicht getroffen worden seien, was außerordentlich bedauert werde.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Devolutionsantrag, die diesem beigelegten Unterlagen, die vorgelegten Verwaltungakten sowie einen aktuellen Auszug aus dem Firmenbuch. Nachdem sich bereits daraus ergab, dass der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte gemäß § 67d Abs. 2 AVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1. dieses Beschlusses dargestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

2.3. Nach § 67a AVG hat der Oö. Verwaltungssenat über den vorliegenden Antrag durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht, zu entscheiden.

3. Über den gegenständlichen Antrag hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei gemäß § 73 Abs. 2 AVG die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim Unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie gemäß § 9 AVG von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

3.2. Diesbezüglich entspricht es der herrschenden Lehre und Rechtsprechung, dass die Privatrechtsordnung Personengemeinschaften und Sachgesamtheiten Rechtspersönlichkeit verleiht. Daher können u.a. auch verschiedene Arten von wirtschaftlichen Vereinen, wie eine Aktiengesellschaft, in einem Verwaltungsverfahren Parteistellung haben. Allerdings können diese keinesfalls selbst handeln und sind daher generell prozessunfähig. Sie können allein durch die nach ihren Organisationsvorschriften zuständigen Organe als ihre Vertreter handeln (vgl. mwN aus Lehre und Rechtsprechung Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar, § 9 Rz 10, Rz 13 und Rz 16 [Stand: 1.8.2004]).

3.3. Die Oö. G- und S ist in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft eingerichtet.

Gem. § 71 Aktiengesetz – AktG, BGBl. 98/1965, zuletzt geändert durch BGBl. I 98/2011, wird die Aktiengesellschaft durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Die Satzung kann, wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht, auch bestimmen, dass einzelne von diesen allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind; es muss aber in jedem Fall die Möglichkeit bestehen, dass die Gesellschaft vom Vorstand auch ohne die Mitwirkung eines Prokuristen vertreten werden kann. Gleiches kann der Aufsichtsrat bestimmen, wenn die Satzung ihn hiezu ermächtigt hat. Gemäß § 72 AktG hat der Vorstand in der Weise zu zeichnen, dass die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft oder zu der Benennung des Vorstands ihre Namensunterschrift hinzufügen.

Dementsprechend ist im aktuellen Firmenbuchauszug (unter Bezugnahme auf die Satzung vom 23.4.2001) hinsichtlich der Vertretungsbefugnis vermerkt, dass die in Rede stehende Gesellschaft "durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam oder durch ein Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten" wird. Weiters werden zwei Vorstandsmitglieder namentlich genannt, die jeweils "gemeinsam mit dem zweiten Vorstandsmitglied oder gemeinsam mit einem Prokuristen" vertreten. Auch werden fünf Prokuristen angeführt, die jeweils nur "gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied oder einem weiteren Prokuristen" vertreten können.

3.4. Aufgrund der dargestellten Organisationsvorschriften ist eine rechtmäßige Vertretung der Oö. G- und S daher nur durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam oder durch ein Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen oder gemeinsam durch zwei Prokuristen möglich.

Im gegenständlichen Verfahren wurde der in Rede stehende Devolutionsantrag vom 14.12.2011 allerdings ausschließlich durch eine Paraphe über dem Fertigungshinweis "i.A. HRin Mag.a M G-H - Referentin Rechtsabteilung" gefertigt. Diese Fertigung dürfte nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates wohl im Auftrag für den daneben ebenfalls – freilich ohne Unterschrift – namentlich angeführten Leiter der Rechtsabteilung, einen Prokuristen, erfolgt sein.

Da es im vorliegenden Fall somit jedenfalls an der erforderlichen Vertretung nach dem dargelegten "Vieraugenprinzip" mangelt, war der in Rede stehende Devolutionsantrag schon aus diesem Grund gemäß § 73 Abs. 2 iVm § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

Bei diesem Verfahrensergebnis konnte dahinstehen, ob die Zeichnung in Form einer Paraphe durch die Leiterin der Rechtsabteilung "i.A." [gemeint wohl: im Auftrag] eines Prokuristen der Oö. G- und S der Organisationsvorschrift des § 71 AktG genügte.

3.5. Abschließend ist für das weitere Verfahren zu bemerken: Da die Zuständigkeit zur Entscheidung nicht gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf den Unabhängigen Verwaltungssenat übergegangen ist, hat die Erstbehörde über die von ihr als Einspruch qualifizierte Eingabe des von der Pflegegebührenvorschreibung betroffenen Angehörigen – um einen weiteren unnötigen Aufschub zu vermeiden – umgehend bescheidmäßig gemäß § 73 Abs. 1 AVG zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

 

 

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