Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523080/27/Bi/KR

Linz, 29.03.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn E P, O, V, vertreten durch Herrn RA Dr. A Z, S, L, vom 30. Jänner 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13. Jänner 2012, VerkR20-1733-2003-OJ, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, aufgrund des Ergebnisses der am 1. und 22. März 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entschei­dung) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Entziehungsdauer auf 10 Monate herabgesetzt wird; im übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat 55,87 Euro an Barauslagen für die von ihm beantragte Wetterauskunft der ZAMG zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a und 76 Abs.1 AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG die von der BH Urfahr-Umgebung am 20.8.2003, VerkR20-....-2003/UU, für die Klassen A, B, C1, C, F, und G erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, dh ab
19. Jänner 2012, entzogen. Weiters wurde ihm für den selben Zeitraum gemäß      §§ 32 Abs.1 und 30 Abs.1 FSG ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge erteilt und das Recht aberkannt, von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Gemäß § 24 Abs.3 FSG wurde die Absolvierung einer Nachschulung bei einer hiezu ermächtigten Stelle und die Beibringung einer verkehrspsycho­logischen Stellungnahme sowie eines amtsärztlichen Gutachtens auf seine Kosten angeordnet mit dem Hinweis, dass die Entziehungsdauer und das Lenkverbot sowie die Aberkennung des Rechts nach § 30 FSG nicht vor Befolgung dieser Anordnung enden. Gemäß § 29 Abs.3 FSG wurde die unverzüg­liche Ablieferung des Führerscheins bei der zuständigen Polizeiinspektion angeordnet. Einer allfälligen Berufung gegen den Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 19. Jänner 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Bei Einsichtnahme hat sich zweifelsfrei ergeben, dass der angefochtene Bescheid von der Bezeichnung, der Rechtsmittelbelehrung und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 64 Abs.2 AVG her kein Mandatsbescheid ist.

Am 1. März 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­­verhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. A Z und der Zeugen Meldungs­leger GI G E (Ml), GI G F, (GI F), G H (GH) und G K (GK) durchgeführt, die am 22. März 2011 in Anwesenheit des Vertreters der Erstinstanz J O mit der beantragten Einvernahme des Zeugen E H (EH) fortgesetzt wurde. Weiters wurde die auf Antrag des Bw eingeholte Auskunft über die Wetter­verhältnisse am Abend des Vorfallstages von der ZAMG Salzburg ebenso erörtert wie das von GI F übermittelte Foto von der Reifenspur im Schnee vor der Garage des Bw. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.  

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe den auf ihn zugelassenen Pkw x am 24. Dezember 2011, 20.45 Uhr, nicht selbst gelenkt. Er sei an diesem Nachmittag in Tschechien gewesen und habe sich nach dem Besuch mehrerer Lokale mit Alkoholkonsum nicht mehr in einem zum Lenken eines Fahrzeuges geeigneten Zustand befunden. Gäste, die auch über der Grenze ortskundig seien, hätten ihm angeboten, ihn gegen Bezahlung heimzubringen. Unter Verwendung seines Navigationsgerätes sei er heimgebracht worden und bei dieser Fahrt sei es zum Unfall gekommen. Er sei dabei aber nicht der Lenker gewesen. Nach der Ankunft bei ihm daheim habe der tschechische Lenker noch 5 bis 10 Minuten warten müssen, weil der Lenker des 2. Fahrzeuges, der ihn nach Tschechien zurückgebracht habe, "aus nicht nachvollziehbaren Gründen zurück­gefallen sei." Sein Fahrzeug sei vom tschechischen Lenker noch in die Garage gebracht worden, dann sei dieser in das andere Fahrzeug umgestiegen. Das sei gegen 21.00 Uhr erfolgt.

Der von ihm beantragte Zeuge GH habe im Vorbeifahren zufällig beobachtet, dass zu diesem Zeitpunkt 2 Fahrzeuge im Einfahrtsbereich seines Grundstückes gestanden seien. Er bestreite nicht, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden zu haben, aber er sei beim Vorfall nicht der Lenker seines Fahrzeuges gewesen.

Hilfsweise wird die Entziehungsdauer angefochten, die in keinem Verhältnis zum vorgeworfenen Delikt stehe; die verschärfend gewerteten weiteren Delikte nach der StVO seien nicht gegeben. Beantragt wird Bescheidaufhebung, Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, in eventu Herabsetzung der Entziehungsdauer auf ein Mindestmaß. Aufgrund der Widersprüche in der Rechtsmittelbelehrung und dem Hinweis werde aus Vorsichtsgründen Vorstellung erhoben, falls es sich beim angefochtenen Bescheid um einen Mandatsbescheid handeln sollte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz  sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, die oben angeführten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen und die angeführten Beweismittel erörtert wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Zeuge GK erstattete am Heiligen Abend 2011 um 20.55 Uhr telefonisch Anzeige bei der Bezirksleitstelle der Polizei in Gallneukirchen, dass sein Pkw auf dem Güterweg B in Vorderweißenbach auf der Fahrt in Richtung Bad Leonfelden gegen 20.45 Uhr von einem entgegenkommenden Pkw gestreift worden sei und dessen Lenker Fahrerflucht begangen habe. Er beschrieb diesen Pkw als blauen 4er Golf mit dem Kennzeichen x. Die Meldung wurde an die PI Bad Leonfelden weitergeleitet und der Ml und GI F forschten daraufhin den Bw als Zulassungsbesitzer des Pkw mit dem genannten Kennzeichen aus und fuhren zur festgestellten Adresse O, während die 2. Streife den Anzeiger aufsuchte. Der Ml und GI F hatten ihren Dienst um 20.00 Uhr begonnen und gaben in der Verhandlung an, bei ihrer Fahrt zum Dienst aus Richtung Vorderweißenbach bzw Zwettl habe es noch geschneit, sodass Schnee liegengeblieben sei. Ihnen war zu dieser Zeit nur bekannt, dass es zu einer Streifung zwischen den beiden Pkw gekommen war und der Pkw des Bw links hinten beschädigt sein müsste. Bei der Fahrt zum Haus des Bw herrschten winterliche Fahrbedingungen, wobei ihnen, als sie dort um 21.20 Uhr ankamen, bei der Zufahrt zum Haus Nr.x und bis in die Garage hinein eine Reifenspur eines einzelnen Pkw im Schnee auffiel, die GI F vor der Garage fotografierte. Beide Zeugen gaben in der Verhandlung an, sie hätten weder Fußspuren gesehen noch die Spuren weiterer Reifen; für sie habe es so ausgesehen, als sei ein einziger Pkw dort unterwegs gewesen. Als sie zum Haus gekommen seien, habe es nicht mehr geschneit, und sie seien zu Fuß um das Haus herum zur gegenüberliegenden Seite gegangen, weil sich der Hauseingang dort befunden habe; auch dort seien keine frischen Fußspuren im Schnee zu sehen gewesen, es sei schätzungsweise 5 cm frischer Schnee gelegen.

 

Als sie zur Haustür kamen, war die Wohnküche beleuchtet und sie sahen durch das Fenster den Bw auf dem Sofa schlafen. Der Ml klopfte und weckte den Bw mit den Worten "Polizei, machen Sie auf", worauf der Bw mit etwas unsicherem Gang zur Tür kam und öffnete. Die Zeugen blieben draußen stehen und teilten dem Bw mit, es liege eine Anzeige vor, wonach sein Pkw x kurz zuvor in B einen entgegen­kommenden Pkw gestreift habe und der Lenker davongefahren sei. Da er der Zulassungsbesitzer des Pkw x sei, ersuchten sie den Bw, ihnen seinen Pkw zu zeigen, um ihn auf eventuelle Schäden zu untersuchen. Der Bw weigerte sich vehement, den Beamten den Pkw zu zeigen. Er gab an, er sei schon seit ein paar Stunden daheim und das interessiere ihn alles nicht; sie mögen sich putzen.

Der Ml bemerkte beim Gespräch mit dem Bw in dessen Atemluft Alkoholgeruch und forderte ihn daraufhin zum Alkotest mittels Alkomat auf, den der Bw um 21.25 Uhr verweigerte mit der Aussage, das interessiere ihn nicht; sie mögen sich putzen. Dabei drängte er die Beamten von der Tür weg und schloss diese.

 

In der Berufungsverhandlung erklärte der Ml, er habe sehr wohl den Eindruck gehabt, dass der Bw sie trotz des abrupten Aufweckens als Polizisten erkannt habe, weil sie in Uniform gewesen seien und er mit der Taschenlampe auch sich selbst angeleuchtet habe, wobei der Bw die Uniform samt Aufschriften auch als solche sehen und zuordnen hätte müssen. Seinem Eindruck nach habe der Bw sehr wohl mitbekommen, worum es gehe. Der Bw und er hätten vorher noch nie etwas miteinander zu tun gehabt. Es sei zuerst nur um das Auto gegangen und darum, dass bei dem Unfall an seinem Pkw ein Schaden entstanden sein müsse, weshalb sie den Pkw besichtigen wollten. Beim Gespräch mit dem Bw sei ihm der Alkoholgeruch aufgefallen. Als der Bw die Tür schloss, rief ihm der Ml nach, die Amtshandlung sei beendet.

 

Der Ml hatte am 26. Dezember 2011 erneut Dienst und fuhr wieder zum Haus des Bw, um ihn nochmals auf den Verkehrsunfall von Hl. Abend anzusprechen. Der Bw war sehr kooperativ und zeigt ihm auch seinen Pkw, der tatsächlich links seitlich beschädigt war – inzwischen war an der Unfallstelle die vom Pkw des Bw heruntergefallene Zierleiste gefunden worden, die bei der Besichtigung des Pkw am 26. Dezember 2011 fehlte. Der Bw erzählte ihm, er sei am Hl. Abend in Tschechien gewesen und habe so viel getrunken, dass er nicht selbst heimge­fahren sei. Der Lenker sei ein Tscheche gewesen, der dann von einem 2. Auto zurückgebracht worden sei.

 

Laut seiner Schilderung des Vorfalls in der Berufungsverhandlung trank der Bw am Nachmittag des Hl. Abend in Vyssi Brod/Tschechien in mehreren Lokalen Alkohol, wobei er im letzten Lokal zwei ihm unbekannte Männer traf, mit denen er sich gut unterhielt. Als er erklärte, er werde wegen seines Alkoholkonsums wohl mit einem Taxi heimfahren müssen, bot einer der Männer an, ihn für 100 Euro heimzufahren. Er habe das Angebot angenommen und der 2. Mann sei mit einem Pkw hinten nach gefahren, um den 1. wieder nach Tschechien zurück zu bringen. Bei der Fahrtroute sei der Tscheche, von dem er nur den Vornamen "x" wisse, den Anweisungen seines Navigationsgeräts gefolgt, das ihn durch B gelotst habe. Er selbst habe auf der Fahrt geschlafen und von einem Unfall nichts mitbekommen. Daheim sei der Tscheche ein paar Meter vor der Garage in der Zufahrt stehen geblieben und sie hätten auf den 2. Pkw warten müssen, der etwas später nachgekommen sei. Dann sei der Mann dort eingestiegen und der 2. Pkw sei weggefahren. Er habe selbst seinen Pkw in die Garage gefahren. Von Reifenspuren wisse er nichts, er habe darauf nicht geachtet; am Nachmittag habe es geschneit, ob es beim Heimfahren geschneit hat, konnte er nicht sagen. Er glaube, dass sie um ca 20.00 Uhr in Tschechien weggefahren seien. Daheim habe er sich niedergelegt und die Polizei habe ihn geweckt. Er habe sich zuerst gar nicht ausgekannt und den Polizisten nicht erlaubt, sein Auto anzusehen, weil er nicht verstanden habe, was sie überhaupt wollten. Dass er alkoholisiert war, sei ihm klar gewesen. Zwei Tage später seien die Polizisten wieder gekommen und da habe er ihnen sein Auto gezeigt und ihnen auch gesagt, dass nicht er sondern ein Tscheche gefahren sei, dem er für die Fahrt Geld gegeben habe. Er sei dazu aber nicht ausführlicher befragt worden. Beim Auto habe die Zierleiste gefehlt, der Beamte habe das Auto fotografiert.  

 

Als er am Hl. Abend heimgekommen sei, habe er erst gesehen, dass ihn der Zeuge GH angerufen hätte; er habe aber das Gespräch nicht angenommen. GH habe ihm nachher erzählt, dass er bei ihm gewesen wäre, aber niemand zu Hause war, daher sei er nach Bad Leonfelden gefahren. Er sei aber gleich wieder heimgefahren und da habe er beim Bw im Vorbeifahren zwei Autos stehen gesehen.

 

Laut Aussage des vom Bw geltend gemachten Zeugen GH hat dieser zunächst bis 20.00 Uhr mit seiner Familie Weihnachten gefeiert, fuhr dann aber nach Bad Leonfelden und schaute auf der Fahrt zwischen 20.30 und 20.45 Uhr beim Bw vorbei, nachdem er angerufen, der Bw sich aber nicht gemeldet hatte. GH gab an, er sei direkt zum Haus hingefahren und auch um das Haus herum zum Eingang im Wohntrakt gegangen, habe aber dann gesehen, dass der Bw offenbar nicht zu Hause war. Er fuhr dann nach Bad Leonfelden weiter, wo aber kein Lokal offen hatte, sodass er wieder heim in Richtung A fuhr. Auf dieser Fahrt habe er zwischen 20.50 und 21.00 Uhr gesehen, dass beim Haus des Bw zwei beleuchtete Pkw in Fahrtrichtung Haus gestanden seien; er sei aber nicht mehr hingefahren, weil er dachte, der Bw habe Besuch.

 

Nach der Aussage des Zeugen EH, eines Nachbarn des Bw, in der Verhandlung am 22. März 2011 hat dieser am Hl. Abend zwischen 20.00 Uhr und 20.15 Uhr seinen Sohn nach Bad Leonfelden gebracht, fuhr aber gleich wieder zurück und kam gegen 20.45 Uhr heim. Er nahm nach eigenen Angaben nichts besonderes in Bezug auf den Bw oder sein Haus wahr und konnte sich auch nicht erinnern, dass es auf der Fahrt stark geschneit hätte.   

 

Nach der Schilderung des Zeugen GK vom Zustandekommen des Verkehrsunfalls ist der Güterweg B nur so breit, dass zwei Pkw, wenn sie äußerst rechts gelenkt werden, aneinander vorbeifahren können. Als ihm gegen 20.45 Uhr ein Pkw entgegenkam, konnte er im Fahrzeug­inneren nichts erkennen, weil ihn dieser blendete. GK wich an den Fahrbahnrand aus, ebenso der andere Lenker. Als dieser schon fast an ihm vorbei war, kam es zu einer Streifung im Bereich der hinteren Tür und des Kotflügels seines Pkw. GK vermutete in der Berufungsverhandlung, dass der Lenker den Pkw zu bald in Richtung Fahrbahnmitte gelenkt haben müsse. Der Zeuge wollte aussteigen und hielt an, nicht aber der andere Lenker. GK sah nur, dass der Pkw, ein blauer Golf, weiterfuhr, und bemühte sich, bei den dortigen örtlichen Verhältnissen "relativ schnell" umzudrehen. Er fuhr dem Golf nach und gab dem Lenker auch mit der Lichthupe Zeichen. Der Pkw fuhr aber weiter, wobei GK auch nicht erkennen konnte, wie viele Personen sich darin befanden, weil es stockdunkel und die Scheibe vereist war. Er konnte aber das Kennzeichen ablesen, blieb stehen und notierte dieses. Sein Pkw wurde links hinten an der Tür, am Kotflügel und an der Stoßstange beschädigt. GK verständigte telefonisch die Polizei. Bei der Besichti­gung der Unfallstelle wurde später die Zierleiste des Golf gefunden. 

 

Laut Mitteilung der ZAMG vom 12. März 2012 zogen am 24. Dezember 2011 in einer westlichen Strömung Störungen über Oberösterreich, um 19.00 Uhr war der Himmel bedeckt mit dichten Wolken; in Rohrbach und Reichenau lagen die Temperaturen zwischen 20.00 und 22.00 Uhr zwischen 0,0 und 1,3 Grad bei Wind aus West bis Nordwest mit 10 bis 20 km/h und Böen zwischen 30 und 40 km/h. Für den Bereich G wurde zumindest leichter Nieder­schlag, aufgrund der Höhe von 860 m in Form von Schnee, als wahrscheinlich ange­nommen. Die Schneedecke war 10 bis 15 cm dick, mit räumlichen Unter­schieden zufolge Windeinfluss; eine dünne Neuschneeauflage konnte nicht ausge­schlossen werden.

 

Das von GI F vorgelegte Foto zeigt das Garagentor aus einer Entfernung von etwas mehr als einer Pkw-Länge. Zu sehen sind im frischen Schnee unberührte Reifenspuren eines einzelnen Fahrzeuges, die in die Garage führen. GI F hat lediglich ein Foto von der Reifenspur vor der Garage übermittelt und auch telefonisch bestätigt, er habe nur dieses eine Foto.

 

Nach den vom Rechtsvertreter vorgelegten Zeugenprotokollen der Polizei­beamten vor der Erstinstanz haben dort beide inhaltlich übereinstimmend im Februar 2012 angegeben, ihnen sei eine einzelne Reifenspur aufgefallen, als sie zum Haus des Bw gefahren seien. Diese Spur sei bis in die Garage gegangen und habe eine Länge von "ca 150 m" gehabt. Vergleicht man diese (geschätzten)      150 m mit dem DORIS-Foto vom Haus des Bw, ergibt sich eine Reichweite bis zur Mitte der Kurve des Güterweges O, dh die halbe Länge zwischen Haus und B Landesstraße; die Hauszufahrt vom Güterweg bis zur Garage wurde im DORIS ausgemessen und ist demnach nur etwas mehr als 50 m lang.

Der Rechtsvertreter macht geltend, die Aussagen der Beamten von der Länge der Reifenspur variierten von der Länge der Hauszufahrt bis zur Einmündung des Güterweges in die B Landesstraße. Er hält die Aussagen für übertrieben zum Nachteil des Bw und widersprüchlich hinsichtlich der Anzeige, der Aussage vor dem UVS und der vor der Erstinstanz.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung ist dazu zu sagen, dass, wenn man die Zeugenaussagen der Beamten vergleicht, sich in der Anzeige des Ml die Feststellung ersehen lässt, dass frische Reifenspuren bis zur Garage festzustellen gewesen seien. Die von GI F in der Verhandlung vorgelegten handschriftlichen Aufzeichnungen bestätigen eine "frische Spur zur Garage trotz Schneefall in den Abendstunden".

Die Aussagen vor der Erstinstanz lauteten beim Ml: "Es lag frischer Schnee und schon bei der Zufahrt zu diesem Objekt sah man eine Fahr­zeug­spur, welche direkt zur Garage führte. Die Garage selbst war ver­schlossen. Im Bereich des Objektes war außer dieser Fahrzeugspur keine Spur, wie zB Fuß­spuren oder andere Fahrzeugspuren, ersichtlich. Es konnten also um 21.20 Uhr – dies war unser Eintreffen an diesem Objekt – keine Spuren von Personen oder anderen Fahrzeugen ausfindig gemacht werden. Diese wären uns im frischen Schnee sofort aufgefallen. Bemerke, dass auf der Strecke zum Objekt O – also vom Güterweg weg – bei unserem Zufahren dorthin nur eine Fahrspur ersichtlich war. Diese Strecke ist ca 150 m." und bei GI F: " Insp. E und ich fuhren daraufhin zum Haus des Herrn P., wo wir bereits in der Zufahrt frische Reifenspuren im Schnee feststellten, die in die Garage des Herrn P führten. Das war etwa um 21.20 Uhr.  ... Bemerkt wird, dass bereits auf der Strecke zum Objekt O vom Güterweg weg (das sind ca 150 m) nur eine Fahrspur ersichtlich war."

Am 1. März 2012 sagte der Ml in der Berufungsverhandlung aus, auf der Hauszufahrt bis zur Garage sei eine einzige Spur im Schnee ersichtlich gewesen; diese einzelne Spur sei von der "Bezirksstraße" weg bis direkt zum Haus des Bw gegangen.  Er habe sofort den Eindruck gehabt, dass da nur ein Auto zugefahren sein konnte in der letzten Zeit. Von der "Bezirksstraße" hinein sei für ihn augenscheinlich erkennbar gewesen, dass da nur ein Fahrzeug gefahren sein konnte. Bei der Einfahrt zum Haus P sei die Spur dann in die Einfahrt hinein gegangen und bei der Garage habe sie geendet. ... Sie seien damals auch um das Haus herum gegangen und hätten dort keine Fußspuren wahrgenommen. Dort sei schätzungsweise 5 cm hoch frischer Schnee gelegen. Er glaube, dass ihm aufgefallen wäre, wenn da ein Auto gestanden wäre bzw jemand wieder zurückgefahren wäre oder zur Haustür gegangen wäre. Da seien sicher keine Spuren gewesen.

GI F sagte in der Berufungsverhandlung aus, als er zum Dienst gefahren sei, habe es geschneit und es sei auch Schnee liegengeblieben. Als sie zum Haus P gefahren und um das Haus herumgegangen seien, habe es nicht mehr geschneit. Auf dem Güterweg O sei ihnen die frische Reifenspur im Schnee aufgefallen, die in die Garage des Bw geführt habe. Aus der Garage seien keine Fußspuren ersichtlich gewesen. Auch als sie um das Haus herumgegangen seien bis zur Haustür, seien dort keine frischen Fußspuren gewesen, obwohl dort eine ganz frische Schneedecke gewesen sei. Die Reifenspur sei in der Zufahrt gewesen bis in die Garage hinein.

Der Bw hat ausgeführt, der tschechische Lenker seines Pkw habe diesen in der Einfahrt etwas vor der Garage abgestellt und dann hätten sie auf den 2. Pkw gewartet. Dann sei dieser Lenker in den anderen Pkw, der nachgekommen sei, eingestiegen und er selbst habe seinen Pkw in die Garage gefahren.

 

Aus der Sicht des UVS ist die Aussage, die Zufahrt zum Haus P sei ca 150 m lang, objektiv unrichtig: laut DORIS ist sie höchsten etwas über 50 m lang. Was der Ml mit dem Ausdruck "Bezirksstraße" gemeint hat, bleibt unklar. Dort ist zum einen die L1490 B – die Verbindung von Traberg nach Bad Leonfelden – und zum anderen der Güterweg O, der von der B abzweigt und über den man (nach etwa 300 m) zur Haus­einfahrt des Bw gelangt. Im Zusammenhang gesehen dürfte der Ml  damit den Güterweg gemeint haben; diesbezüglich wurde es verabsäumt, genauer nachzufragen. GI F hat selbst die Straßen genau bezeichnet und dargelegt, die Spur sei ihnen auf dem Güterweg O aufgefallen, sie habe in der Zufahrt bis zur Garage gereicht.

 

Stellt man den Zusammenhang aus all diesen Aussagen her, vermag der UVS die vom Rechtsvertreter geltend gemachte Unglaubwürdigkeit der beiden Polizei­beamten, die dieser aus ihren Schilderungen der Schneespur zu ersehen vermeint, im Ergebnis nicht nachzuvollziehen. Die beiden Beamten haben – eher "vom Güterweg weg" wie der Ml vor der Erstinstanz ausgesagt hat – die frische einzelne Reifenspur im Schnee in der Zufahrt bis in die Garage gesehen und vor der Garage fotografiert.

 

Vergleicht man die zeitliche Dimension der Aussagen der Zeugen GH und EH, so ist davon auszugehen, dass der Zeuge EH, O, den Güterweg als einzige Verbindung zur B um ca 20.15 Uhr und um ca 20.45 Uhr befahren hat. Der Zeuge GH, der Freund des Bw, gab an, ca zwischen 20.30 und 20.45 Uhr dort nicht nur zum Haus zugefahren zu sein und seinen Pkw links vor dem Haus quer abgestellt zu haben, sondern auch rundherum zur Haustür gegangen zu sein, dh er müsste zum einen eine auf dem Platz links vor dem Haus endende Reifenspur mit Umkehr- und Rückfahrspuren und vor allem Fußspuren hinterlassen haben. Den Polizisten sind solche Spuren nicht aufge­fallen, sie sind vielmehr auf die einzelne Reifenspur in der Zufahrt aufmerksam geworden. Wenn GH nach seiner Aussage zwischen 20.50 Uhr und 21.00 Uhr von Bad Leonfelden zurückkam, müsste er diese Strecke vom Haus des Bw weg inzwischen hin- und zurückgefahren sein – das sind ca 15 km, wofür er wie EH sicher ca 30 Minuten gebraucht hat. Nach seiner Aussage wäre ihm aber wesentlich weniger Zeit geblieben, nämlich, wenn man von seinen Zeitangaben ausgeht von "20.30 bis 20.45 Uhr" bis "20.50 bis 21.00 Uhr", wobei er auch noch um das Haus des Bw herum und zurück gegangen sein und in Bad Leonfelden auch noch ein offenes Lokal gesucht haben will. Zu den fehlenden Spuren im Schnee kommend daher auch noch wesentliche Ungereimtheiten in seinen Zeitangaben.

 

Die beiden Polizeibeamten sind um 21.20 Uhr zum Haus gekommen und haben weder in der Zufahrt noch um das Haus herum bis zur Haustür irgendwelche Fußspuren gefunden – obwohl etwa 45 Minuten vorher GH dort nach eigenen Angaben gegangen sein müsste. Dass der Bw, der nach eigenen Angaben den Pkw selbst in die Garage gefahren hat, draussen keine Fußspuren hinterlassen haben kann, liegt auf der Hand – nicht aber, ab wo er tatsächlich seinen Pkw gelenkt hat. Nach seinen Darlegungen hätte der angebliche tschechische Lenker ja in der Zufahrt den Pkw gewechselt – was bedeutet, dass einerseits Fußspuren zumindest des Tschechen von einem Pkw zum andern zu sehen sein hätten müssen (wenn man voraussetzt, dass der Bw trotz Alkohol noch in der Lage war, im Inneren seines Pkw auf den Lenkersitz zu klettern; ansonsten hätten auch seine Fußspuren in der Zufahrt zu sehen sein müssen) und vor allem wären die Reifenspuren zweier Pkw zu finden gewesen, wobei der 2. Pkw auch noch zurückgefahren ist nach Aussage des Bw. Von einer einzelnen Reifenspur im Schnee könnte daher keine Rede mehr sein. Wenn eine solche aber den beiden Polizeibeamten sofort bis in die Garage hinein aufgefallen ist und sie diese auch (im letzten Teil) fotografiert haben, bleibt nur der Schluss, dass die Aussage des Zeugen GH eine Gefälligkeitsaussage seinem Freund gegenüber war. Unerfindlich bleibt auch, warum dieser, wenn der Bw sich am Telefon nicht gemeldet hat, überhaupt noch zum Haus zufahren und sogar rundherum gehen sollte, um dann festzustellen, dass niemand zu Hause ist, andererseits aber genau in dem Zeitpunkt aus Bad Leonfelden zurückgekommen und vorbei­gefahren sein will, als sich zwei beleuchtete Pkw (mit der Front zum Haus) beim Haus des Bw befinden, er aber weiterfährt, weil er allein deswegen den Schluss gezogen haben will, sein Freund verbringe der Hl. Abend nicht allein.

Der UVS gelangt im Rahmen der freien Beweiswürdigung dieser Schilderungen des Zeugen GH zur Auffassung, dass dieser im Rahmen eines "Freundschafts­dienstes" für den Bw ausgesagt hat; glaubwürdig oder gar objektivierbar sind seine Aussagen in keiner Weise.  

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist die Verantwortung des Bw vom tschechischen Lenker seines Pkw nach logischen Überlegungen unglaubwürdig und vermag keinesfalls zu überzeugen. Dass der Bw irgendwo Alkohol getrunken hat, der geeignet ist, den vom Ml an ihm um 21.25 Uhr wahrgenommenen Alkoholgeruch zu begründen, steht fest und wurde von ihm auch nicht bestritten. Ebenso wenig hat der Bw bestritten, dass er den Alkotest um 21.25 Uhr verweigert hat.

Zur Lenkereigenschaft beim Verkehrsunfall um 20.45 Uhr auf dem Güterweg B ist zu sagen, dass der Zeugen GK keinen Lenker und auch keine Anzahl der im Fahrzeug sitzenden Personen wahrzunehmen in der Lage war, was nicht verwundert, weil dort tatsächlich außer der Fahrzeugbeleuchtung keine Lichtquelle und der Himmel bedeckt war.

Der Bw konnte lediglich den Vornamen des angeblichen Lenkers seines Pkw nennen und gab sogar an, er habe sich später erfolglos bemüht, den Mann ausfindig zu machen, was aber ebenso wenig zu überzeugen vermag wie seine Verantwortung, er habe sich mit dem Mann im Lokal gut auf Deutsch unterhalten und ihm deshalb seinen Pkw zum Lenken überlassen, wobei er auf der Fahrt so tief geschlafen habe, dass ihm auch der Verkehrsunfall nicht aufgefallen sei. In diesem Fall hätte der Bw nämlich keine Veranlassung zu seinem Verhalten am Hl. Abend um 21.20 Uhr den beiden Polizeibeamten gegenüber bestanden; insbesondere seine Verweigerung des Alkotests und die Weigerung, ihnen seinen Pkw zu zeigen, lässt sich damit nicht erklären. Der Bw hat sehr wohl begriffen, dass es sich um Polizeibeamte handelt, auch wenn er bis dahin mit beiden Zeugen konkret nichts zu tun gehabt hatte. Er hat auch sehr wohl begriffen, dass es um den kurz zuvor mit seinem Pkw verursachten Verkehrs­unfall ging und es ist nicht erklärbar, warum er nicht gleich etwas vom tschechischen Lenker gesagt hat. Um 21.25 Uhr wäre es aufgrund der schlechten Wetter- und Fahr­bedingungen möglicherweise noch gelungen, diese Männer vor dem Grenz­übertritt anzuhalten oder zumindest auf der Strecke nach Vyssi Brod ausfindig zu machen. Durch sein Verhalten den Beamten gegenüber hat der Bw jegliche Möglichkeit, seine Verantwortung zumindest glaubwürdig zu machen, verhindert. Der Bw hat sich auch nicht dazu geäußert, ob ihm der angebliche tschechische Lenker etwas vom Verkehrsunfall gesagt hat – er hat ja nach eigenen Aussagen den Unfall verschlafen, muss aber zu Hause wach gewesen sein, wenn er den Pkw in die Garage gestellt hat. Und er hat sich den Polizeibeamten gegenüber nicht überrascht zum Verkehrsunfall geäußert, was nach Auffassung des UVS den Schluss zulässt, dass ihm die Streifung samt Sachschaden auch am eigenen Fahrzeug bestens bekannt gewesen sein muss.

   

Fragwürdig ist auch die Fahrstrecke durch den tiefsten Wald bei absoluter Dunkelheit. Auch wenn der Bw sich auch in der 2. Verhandlung wieder auf sein "Navi" auszureden versucht hat, das den Tschechen dorthin gelotst habe, ist doch klar, dass ein Navigationsgerät den Lenker auf die Strecke führt, für die es eingestellt ist. Wenn daher der Bw von (angeblich) Vyssi Brod über Bad Leonfelden nicht auf der bei den damaligen Straßenverhältnissen weitgehend unproblema­tischen B fährt sondern den Weg über den schmalen Güterweg B, von dem aus eine bei winterlichen Fahrverhältnissen nicht ganz unbedenkliche Verbindung durch den Wald auf die B bis kurz vor sein Haus führt, lässt sich das wohl nur mit "Alkoholisierung" und "Umgehung etwaiger Polizeikontrollen" erklären und nicht mit dem Irrtum eines Navigationsgerätes, wie es der Bw versucht hat. Ein nicht bestens ortskundiger Tscheche hätte keinen Anlass für einen derartigen Umweg gehabt und diese Strecke wohl nicht einmal von selbst gefunden – und der Bw hat angeblich so tief geschlafen, dass ihm nicht einmal die Streifung mit dem Pkw des Zeugen GK auffiel, dh den konnte der ominöse "x" auch nicht fragen. Warum der angebliche Tscheche, wenn er (was auch gar nicht feststeht) weniger Alkohol getrunken hätte als der Bw – dieser hat nur von einem "Taxidienst gegen Bezahlung" gesprochen, nicht von der körperlichen und geistigen Verfassung des angeblichen "Pavel" – nach der Streifung des Pkw des Zeugen GK nicht angehalten hat, bleibt unerfindlich. Eindeutiges Beweismittel, dass der Pkw des Bw auf den Güterweg B fuhr, war auch neben den Aussagen des Zeugen GK vom Kennzeichen die beim Unfall tatsächlich am Unfallort verlorene Pkw-Zierleiste.

    

Aus der Sicht des UVS hat der Bw nach einem mengenmäßig unbekannten Alkoholkonsum seinen Pkw selbst nach Hause gelenkt, wobei er die "Ausweich­route" über B gewählt hat, um eventuellen Polizeistreifen, die auch nicht am Hl. Abend auszuschließen sind, zu entgehen, jedoch in seinem Zustand den Pkw des Zeugen GK gestreift und versucht hat, diesem davonzufahren, weil sonst der Alkoholkonsum aufgefallen wäre. Bei Erscheinen der Beamten hat der Bw geschlafen und schließlich sowohl eine Atemalkohol­untersuchung wie auch eine Besichtigung des in der Garage befindlichen Pkw mit der Begründung verweigert, das interessiere ihn nicht, die Beamten mögen sich putzen. Von Tschechien oder einem anderen Lenker war dabei keine Rede, diese Verant­wortung hatte der Bw erst am 26. Dezember 2011 beim nochmaligen Erscheinen des Ml parat; bis dahin musste er den Schaden am eigenen Pkw bereits realisiert haben. 

Dass der Bw an der Unfallstelle nicht angehalten hat und auch den Verkehrsunfall mit Sachschaden – der Pkw des Zeugen GK war seitlich über die halbe Fahrzeug­länge beschädigt – nicht unverzüglich gemeldet hat, besteht kein Zweifel. Die Verweigerung des Alkotests hat der Bw gar nicht bestritten. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind ua besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht (außerdem) berechtigt, die Atemluft von Personen, 1. die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder 2. bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unter­ziehen.

 

Auf der Grundlage des oben angeführten Beweisverfahrens ist aus der Sicht des UVS davon auszugehen, dass der Bw den Pkw x am 24. Dezember 2011, 20.45 Uhr, auf dem Güterweg B im Gemeindegebiet Vorderweißen­bach gelenkt hat, wobei es infolge Streifung zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden am Pkw y kam und der Bw ohne anzuhalten die Fahrt fortsetzte und auch nicht unverzüglich eine Meldung an die zuständige Polizeidienststelle erstattete. Er hat um 21.25 Uhr nach Aufforderung durch den Ml, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, den Alkotest verweigert, was der Bw auch nie bestritten hat. Er hat damit zweifellos eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 verwirklicht.

 

Gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG ist, wenn beim Lenken oder der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird – also auch bei Verweigerung der Alkomatuntersuchung – die Lenk­berechtigung auf mindestens sechs Monate zu entziehen.

Diese Entziehungsdauer steht sohin für die Behörde gar nicht zur Disposition.

 

Im gegenständlichen Fall war zu prüfen, ob die darüber hinausgehende Dauer, also sechs  Monate mehr als die Mindestentziehungsdauer, den Wertungskriterien des § 7 Abs.4 FSG gerecht wird. 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehen die in § 26 Abs. 1 und 2 FSG normierten Mindestentziehungszeiten dem Ausspruch einer Entziehung für einen längeren Zeitraum dann nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen. Die Festsetzung einer über die Mindestzeit des § 26 FSG hinausreichenden Entziehungsdauer hat nach der allgemeinen Regel des § 25 Abs. 3 FSG zu erfolgen, dh die Behörde darf über eine solche Mindestentziehungszeit nur insoweit hinausgehen, als der Betreffende für einen die Mindestentziehungsdauer überschreitenden Zeitraum verkehrsunzuverlässig ist (vgl E 29.3.2011, 2011/11/0039; 28.4.2011, 2010/11/0217).

 

Die Verweigerung der Alkomatuntersuchung an sich stellt naturgemäß ein reines Formaldelikt dar und hat daher per se keine Auswirkungen auf die Verkehrs­sicherheit. Der Gesetzgeber hat aber unbeschadet dessen solchen Delikten einen hohen Unrechtsgehalt unterstellt. Dies ist leicht nachzuvollziehen, da ein Fahrzeuglenker, der die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert, dem öffentlichen Interesse, alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker umgehend feststellen zu können, diametral entgegenwirkt. Im vorliegenden Fall kommt zu diesen allgemeinen Erwägungen noch hinzu, dass der Bw einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet hat – er hat den schlüssigen und glaubhaften Ausführungen des Zeugen GK über das Zustandekommens der Streifung nichts entgegenzusetzen vermocht – und danach die Fahrt ohne anzuhalten fortgesetzt und auch die nächste Polizeidienststelle nicht verständigt hat, obwohl es nicht zu einem Identitätsnachweis mit dem Zeugen GK gekommen war. Gerade in einem solchen Fall ist die Abklärung der Frage einer allfälligen Alkoholbeeinträchtigung von Bedeutung. Zudem hat der Bw selbst angegeben, in verschiedenen Lokalen eine nicht näher bestimmte Menge Alkohol konsumiert zu haben. Die Gefährlichkeit der Verhältnisse liegt also quasi im Umfeld der Übertretung. Bei einer anderen Betrachtungsweise von Ver­weigerungen der Alkomatuntersuchung würde man diesem Wertungskriterium des § 7 Abs.4 FSG die Sinnhaftigkeit absprechen, was dem Gesetzgeber aber keinesfalls unterstellt werden darf. Damit kann nach Ansicht des UVS nicht jede Verweigerung der Alkomat­untersuchung gleichgesetzt und jeweils – Ersttäter­schaft vorausgesetzt – nur die Mindestentziehungsdauer der Lenkberechtigung verfügt werden.

 

Der Vertreter der Erstinstanz hat in der Berufungsverhandlung die im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen 12 Monate Entziehungsdauer damit begründet, für das Verschulden am Verkehrsunfall und für die Fahrerflucht habe die Erstinstanz die Mindestentziehungsdauer um jeweils drei Monate verlängert.

Nach Ansicht des UVS ist dieser Zeitraum, der der Prognose entspricht, wann der Bw in Zukunft wieder verkehrszuverlässig sein wird, angesichts der nunmehr (wieder) erstmaligen Begehung eines Alkoholdelikts zu lang und mit einer Entziehungsdauer von insgesamt 10 Monaten (dh vier Monaten zusätzlich zur Mindestentziehungsdauer gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG) das Auslangen zu finden. 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema (vgl E 30.5.2001, 2001/11/0081; 23.4.2002, 2000/11/0182; ua).

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 22.11.2002, 2001/11/0108; ua).

 

Insgesamt gesehen wird die Festsetzung einer über die gesetzliche Mindest­zeit hinausgehenden Entziehungsdauer mit (nur) 10 Monaten nicht nur als sachlich gerecht­­fertigt, sondern im Sinne einer Prognose, wann der Bw die Verkehrs­zuver­lässigkeit wieder­erlangt haben wird, für ausreichend, aber zweifel­los auch geboten und unabdingbar erachtet. Da im ggst Fall keine vorläufige Abnahme des Führerscheins erfolgt war, war die Frist ab Zustellung des angefochtenen Bescheides, dh ab 19. Jänner 2012, zu berechnen. 

 

Die Dauer der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit ist naturgemäß auch auf das Verbot, Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invaliden­kraft­fahr­zeuge zu lenken, und die Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, zu übertragen.  

 

Gemäß § 24 Abs.3 2.Satz FSG hat die Behörde unbeschadet des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, 3. wenn die Entziehung wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. ... Bei einer Übertretung gemäß   § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrs­psychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde ua eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt, endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Die auf diese Bestimmung gegründeten Anordnungen im angefochtenen Bescheid sind zwingend und stehen nicht zur Disposition.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro und Barauslagen in Höhe von 55,87 Euro für die vom Bw beantragte Wetter­auskunft der ZAMG Salzburg angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Bw war Lenker + VU mit Sachschaden + Fahrerflucht + Verweigerung Alkotest,

12 Monate -> 10 Monate

 

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