Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166356/23/Bi/Kr

Linz, 03.04.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M P, M, T, vertreten durch Frau RAin Drin A A, B, L, vom 20. September 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 29. August 2011, VerkR96-14828-2010/A/Pos, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 22. November 2011 und am 29. März 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

 

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt wird, die Geldstrafe jedoch auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt werden.

 

II. Der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz ermäßigt sich auf 10 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am
4. Dezember 2009, 10.45 Uhr, in 4061 Pasching, An der Trauner Kreuzung 1, Parkplatz Fa. Steyr Werner, Pkw Kz. x, mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 22. November 2011 wurde eine öffentliche mündlichen Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und seiner Rechtsvertreterin Frau Dr. A durchgeführt, die mit der Einvernahme des Bw und der Einvernahme der Zeugen Meldungsleger GI D H (Ml), PI Pasching, M W (MW) und Z K (ZK) begonnen und am 29. März 2012 mit der Erstellung eines kfztechnischen Gutachtens des Amtssachverständigen Dipl.-HTL-Ing. R H (SV) fort­gesetzt wurde. Die Erstinstanz war jeweils entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.    

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe beim Ausparken ein Geräusch wahrgenommen, sei ausgestiegen und habe sich durch Nachschau vergewissert, aber keinerlei Sachschaden am Alfa Romeo feststellen können, weshalb er auch keine Notwendigkeit einer Verständigung der nächsten Polizeidienststelle gesehen habe. Für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 4 Abs.5 StVO sei es notwendig, dass dem Bw eindeutig das Wissen des Vorliegens eines Sach­schadens im Unfallzeitpunkt nachgewiesen werde. Beantragt wird zum Vorliegen eines Schadens, dessen Kausalität und dessen Erkennbarkeit die Einholung eines SV-Gutachtens. Das Straferkenntnis sei inhaltlich rechtswidrig, weil die Erst­instanz den Sachverhalt unrichtig beurteilt habe. Sie habe auch beantragte Beweise nicht aufgenommen, insbesondere das SV-Gutachten nicht eingeholt. Sie habe sich auf die Aussage des Zeugen ZK gestützt, der den Verkehrsunfall nur vom einige Meter entfernt stehenden Fahrzeug aus beobachtet habe. Aber auch dieser habe einen tatsächlichen Schaden am Alfa Romeo nicht erkennen können. Auch sei die Erstinstanz dem Antrag auf Vorlage der Reparaturrechnung nicht nachgekommen, weil erst, wenn überhaupt gesichert sei, welchen Schaden er verursacht haben solle, die Frage gelöst werden könne, ob dessen Herbeiführung technisch überhaupt möglich gewesen sei. Beantragt wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, im übrigen Bescheidaufhebung und Verfahrenseinstellung, in eventu ein Absehen von der Verhängung einer Strafe – eventuell unter Ausspruch einer Ermahnung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und seine Rechtsvertreterin gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt, die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahr­heitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden und ein kfztechni­sches Gutachten durch den Amtssachverständigen erstellt wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw stellte am 4. Dezember 2009 seinen Pkw x, einen dunkelblauen Opel Astra, auf dem Kundenparkplatz der Fa Steyr Werner in Pasching, An der Trauner Kreuzung 1, im Bereich der Schrägparkplätze an der L1390 Kürn­bergstraße ab und parkte gegen 10.45 Uhr von dort aus, um über die Parkplatzausfahrt zur Kürnbergstraße wegzufahren.

Nach eigenen Angaben hörte er im Zuge des Rückwärts-Ausparkens ein für ihn nicht zuordenbares Geräusch, fuhr daraufhin 1-2 m nach vorne und stieg aus. Er meinte, im Kofferraum, wo ua eine Schiausrüstung lag, sei etwas umgefallen. Er sah nach eigenen Aussagen auch beim hinter ihm an der in der Mitte des Parkplatzes gelegenen Grünfläche geparkten Pkw y, einem Alfa Romeo 159, nach, konnte aber nichts feststellen, "das ausgesehen habe wie ein von ihm verursachter Schaden." Daher fuhr er vom Parkplatz weg.

Der Bw erklärte, sein Pkw habe zum damaligen Zeitpunkt einen noch nicht reparierten Vorschaden in Form einer links hinten eingedrückten Stoßstange und eines gebrochenen Rücklichtglases gehabt.

 

Den Vorfall hat der Zeuge ZK, der gerade im Führerhaus des an der Laderampe mit der Front zum Parkplatz abgestellten Lkw der Fa Schenker saß, aus ca 2 m Höhe beobachtet, wobei er in der Berufungsverhandlung genau beschrieb, wie der Bw ausgeparkt habe und an einem dort abgestellten Pkw angefahren sei, was er auch als Anstoßgeräusch gehört habe. Er bestätigte, dass der Bw danach etwas nach vorne gefahren und ausgestiegen sei, um die Fahrzeuge hinter ihm anzuschauen. Dann habe er sich wieder ins Auto gesetzt und sei über die Firmenausfahrt weggefahren. Er selbst habe gleich einen Kugelschreiber genommen und das Kennzeichen aufge­schrieben. Dann habe er selbst den abgestellten Pkw angesehen und festgestellt, dass die Stoßstange Kratzspuren aufgewiesen habe. Das Fahrzeug sei zwar schmutzig gewesen, aber links vom Kennzeichen sei ein Schaden gewesen; ob das eine Delle war, konnte er sicht sagen. Er fragte dann in der Firma, wem der Pkw gehört, und es meldete sich der Zeuge MW, dem der Pkw als Firmenfahrzeug zugeteilt ist.

 

MW führte in der Verhandlung aus, er habe sich nicht selbst um die Reparatur beim Firmenfahrzeug kümmern müssen. Der Pkw sei damals im Bereich der Grüninsel abgestellt gewesen und er sei von einem Mitarbeiter verständigt worden, dass jemand am Pkw angefahren sei. Die Stoßstange am Pkw sei sicher verschmutzt gewesen, aber sie sei nicht nur teilweise abgeschabt gewesen sondern habe auch einen Riss aufgewiesen. Man habe trotz der Verschmutzung genau gesehen, wo es zum einem Kontakt gekommen sei. Er habe das dann der Polizei gemeldet und der Zeuge ZK habe ihm später den Unfallhergang erzählt. Der Schaden sei hergerichtet worden und seines Wissens habe die Werkstätte direkt mit der Firma abgerechnet, nur die Versicherung habe nicht gezahlt. Er habe den Schaden zusammen mit dem Ml genau angeschaut, bei den von diesem gemachten Fotos sei keine Reinigung in Form eines Darüber-Wischens erfolgt gewesen.

 

Der Ml bestätigte in der Verhandlung, er sei zum Firmenparkplatz gerufen worden, wobei MW einen Zettel gehabt habe, auf dem Kennzeichen, Marke und vermutlich die Farbe des Unfallautos gestanden seien, und angegeben habe, ein Kraftfahrer habe den Vorfall gesehen und das notiert. Ihm wurde das Fahrzeug gezeigt und er musste nicht erst am Pkw einen Schaden suchen. Er habe einen Kunststoffabrieb erkannt, obwohl das Fahrzeug ziemlich schmutzig gewesen sei. Nur die Stoßstange sei beschädigt gewesen, nicht die Beleuchtung. Dass hier ein Schaden gegeben sei, habe er schon erkannt. Er hat auf seine schriftlichen Aufzeichnungen, festgehalten in der Anzeige, verwiesen. Darin war aber nur vermerkt: "Stoßstange hinten beschädigt" und hinsichtlich der am Unfallort bestehenden Besonderheiten: "kein Niederschlag, Asphalt­belag, Tageslicht, Straßenzustand trocken, Witterung heiter". Der Ml hat zwei Fotos vom Heck des Alfa Romeo aus verschiedenen Entfernungen gemacht, die er in der Verhandlung vorlegte. Er führte dazu aus, die Fotos seien gemacht worden, bevor der Schaden genauer angesehen worden sei. Die Kratzspuren im Kunststoff seien für ihn offensichtlich gewesen. Nachher sei der Schmutz beseitigt worden, aber bei den Fotos habe noch niemand darüber gewischt gehabt, was auch an der Umgebung des Schadens zu sehen sei. Der Bw habe ihm gegenüber selbst erklärt, er habe ein Geräusch gehört und sei auch ausgestiegen und habe nachgeschaut, aber nichts erkennen können.

 


In der Verhandlung am 29. März 2012 hat der technische SV den Unfallshergang nach den vom Ml angefertigten Fotos vom Schaden und von den Schilderungen des Bw von den Abstellpositionen beider Pkw her nachvollzogen. Dabei hat der SV aus dem aus der Nähe aufgenommenen Foto einen Sachschaden links hinten zwischen Kennzeichen und linkem Rückstrahler am Alfa Romeo in Form zweier  Kratzspuren bejaht, während er unter Zuhilfenahme einer Lupe die übrigen am Foto nicht eindeutig zuordenbaren "Fahrer" bzw "Striche" als jahrszeitliche bzw witterungsbedingte Verschmutzung angesehen hat. Er hat von diesem Schadens­bild eindeutig den vom Bw beschriebenen Vorschaden links hinten an der Stoßstangenecke und an der Schlussleuchte unterschieden. Die beiden Schadensbilder sind unvereinbar – der Bw hat zum Vorschaden auch nur Behauptungen aufgestellt aber keine Fotos vorgelegt.

Zum Unfallshergang hat der SV ausgeführt, dass es durchaus möglich ist, im Rahmen des Rückwärtsausparkens mit entsprechendem Einschlagen den Opel Astra in eine Position in spitzem Winkel zum Alfa Romeo zu bringen, die mit der auf dem Foto erkennbaren und als Schaden eindeutig zu qualifizierenden horizontalen Kratzspur übereinstimmt. Auch wenn der Bw seinen genauen damaligen Pkw-Abstellort von der Parkplatzmarkierung her nicht mehr angeben konnte, ist in Verbindung mit der Aussage des Zeugen ZK das Verhalten des Bw durchaus als Streifkollision in Einklang zu bringen. Zur Frage, ob er die Verursachung einer Streifung, die an der Kunststoff-Stoßstange des Alfa Romeo weder eine Deformation noch einen Bruch erkennen lasse, bemerken habe müssen, ging der SV davon aus, dass der Bw die Streifung vom Winkel her nicht als Anfahrruck spüren und auch nicht hören musste. Ihm musste aber beim gegebenen Tageslicht beim Blick in den linken Außenspiegel ein ungewöhnlich geringer Abstand zum abgestellten Alfa Romeo auffallen und bei Aufwendung der der Fahrsituation angepassten Aufmerksamkeit hätte er daraus die Möglichkeit einer Berührung zwischen den beiden Fahrzeugen – auch eventuell mit einem Fahrzeugteil des Opel Astra, der vom Lenkerplatz aus im linken Außenspiegel nicht direkt einsehbar ist – nicht von vornherein ausschließen dürfen.

Der Bw hat auch nach eigenen Angaben ein für ihn zunächst nicht zuordenbares Geräusch wahrgenommen, hat den Pkw etwas nach vorne gelenkt und ist sogar ausgestiegen, um nachzusehen. Seine Verantwortung, er habe zwar das Heck des abgestellten Alfa Romeo angesehen, aber außer einer erheblich ver­schmutzten Stoßstange nichts gesehen, insbesondere "keinen Sachschaden, der mit seinem Fahrverhalten in Einklang zu bringen gewesen wäre", hat der SV nicht als den vom Bw gezogenen Schluss, es sei kein Schaden entstanden, nachvollzogen. Er hat vielmehr ausgeführt, dass sich der Bw aufgrund der starken Verschmutzung der Stoßstange, die auch aus dem Foto einwandfrei hervorgeht, nicht mit einer oberflächigen Betrachtung zufrieden geben hätte dürfen, sondern sich entsprechend versichern hätte müssen, dass tatsächlich durch sein Fahrmanöver kein Schaden entstanden ist. Dazu wäre es auch – selbstverständlich nur im Einverständnis mit dem über den Pkw Verfügungs­berechtigten – angebracht gewesen, zB mit einem Tuch den gröbsten Schmutz abzuwischen, um einen tatsächlichen Schaden feststellen zu können. Den Schluss, den der Bw gezogen hat, nämlich er habe nur Schmutz aber keinen Schaden erkennen können und daher einen Schaden ausgeschlossen, hat der SV nach dem Eindruck vom Foto her eindeutig für verfrüht erachtet. Wenn der Anstoß mit der beim Pkw des Bw bereits beschädigten linken hinteren Stoßstangenecke erfolgt ist – und daher am Opel Astra kein Schaden vorhanden war – wäre eine Deformation beim Alfa Romeo, eventuell am Stoßstangenträger unterhalb der Kunststoffabdeckung, nicht auszuschließen. Diesbezüglich hat das Beweisverfahren nichts ergeben, zumal der Zeuge MW beim ihm zugeteilten Firmen­fahrzeug die Reparatur nicht selbst veranlasst hat und auch mit der Rechnung nicht befasst war. 

 

Auch wenn der SV aufgrund des Anstoßwinkels die Hörbarkeit der Streifung für den Zeugen ZK weitgehend ausgeschlossen hat, sind die Ausführungen des Zeugen durchaus glaubhaft, zumal er von der Höhe seines Lenkersitzes aus den Parkplatz überblicken konnte und ihm das Verhalten des Bw, das dieser selbst nicht bestritten hat, auffiel, sodass er zumindest das Kennzeichen des Opel Astra notierte, als der Bw den Parkplatz verließ. Sowohl für den Ml als auch für den Zeugen MW war ein Schaden am Pkw augenscheinlich erkennbar, bevor der Schmutz abgewischt worden war, was den Schluss zulässt, dass der Bw trotz Tageslicht wohl zu oberflächlich nachgesehen und die Verursachung im Zuge seines Rückwärts-Ausparkmanövers  ausgeschlossen hat.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, alle Personen, deren Verhalten am Unfalls­ort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizeidienst­stelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Voraussetzung für die Meldepflicht des Abs.5 ist als objektives Tatbestandsmerk­mal der Eintritt eines Sachschadens und in objektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, uva).

 

Der Lenker eines Fahrzeuges hat den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden; ein Blick in den Rückspiegel ist in bestimmten Verkehrssituationen geboten. Muss dem Lenker schon aufgrund seines gefahrengeeigneten Fahrverhaltens bewusst sein, dass er dadurch eine Verkehrslage geschaffen hat, die zu einer Beschädigung des neben ihm stehenden Pkw führen kann, ist er verpflichtet, sich vor der Weiterfahrt zu vergewissern, ob er einen Schaden zugefügt hat oder nicht (vgl VwGH 26.9.1990, 90/02/0039).

Der Lenker eines Fahrzeuges hat bei und nach riskanten Fahrmanövern, bei welchen die dringende Gefahr besteht, dass es zu einer Kollision mit einem anderen Straßenverkehrsteilnehmer kommen kann, den Geschehnissen um sein Fahrzeug die volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und sich – bei den gegebenen Verhältnissen erforderlichenfalls auch durch Nachschau nach einem Anhalten seines Fahrzeuges – zu vergewissern, ob sein Fahrverhalten für einen Verkehrs­unfall ursächlich gewesen ist; unterlässt er dies, so ist sein Nichtwissen von einem von ihm derart verursachten Unfall verschuldet (vgl E 23.5.2002, 2001/03/0417).

 

Auf den ggst Fall bezogen ist nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des SV davon auszugehen, dass bei der aus dem Foto erkennbaren Verschmutzung des Alfa Romeo die verlässliche Beurteilung, ob durch das offenbar knappe Ausparkmanöver des Bw ein Schaden an diesem Pkw entstanden ist, allein durch eine kurze Betrachtung einer verschmutzten Stoßstange nicht möglich ist. Da dem Bw aber beim Blick in den Rück- bzw linken Außenspiegel im Zuge des Rückwärtsfahrens der sehr geringe Abstand zum Alfa Romeo zweifellos auffallen musste, wäre er verpflichtet gewesen, sich mit der erforderlichen Sorgfalt zu vergewissern, dass er tatsächlich keinen Schaden verursacht hat. Er hätte daher, wenn er selbst nicht in der Lage war, aufgrund der starken Verschmutzung des Pkw die sogar auf dem Foto auffälligen Abschürfungen als Beschädigung der Kunststoffoberfläche einwandfrei auszu­schließen, entweder den Lenker/Zulassungsbesitzer ausfindig machen können oder, wenn er sich entschlossen hat, dies nicht zu tun, die nächste Polizei­dienststelle "ohne unnötigen Aufschub" vom Vorfall verständigen müssen, um den Tatbestand des § 4 Abs.5 StVO nicht zu verwirklichen.

Durch seine Nichtmeldung des Vorfalls hat er zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.     

 


Zum Antrag des Bw, von der Verhängung einer Strafe (eventuell unter Ausspruch einer Ermahnung) abzusehen, ist zu sagen, das die Übertretung Folgen hatte, weil nämlich der Bw nur anhand der Angaben des Zeugen ZK ausgeforscht werden konnte/musste. Damit war § 21 VStG mangels des Vorliegens "unbedeutender Folgen" nicht anzuwenden.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtene Straferkenntnisses – zutreffend – erschwerende oder mildernde Umstände nicht angenommen und ist von einem geschätzten Einkommen von 1.200 Euro bei fehlenden Sorgepflichten ausgegangen. Der Bw ist nicht unbescholten, weil er zwei nicht einschlägige Vormerkungen aus dem Jahr 2008 aufweist; er befindet sich in einer Umschulung und erhält monatlich 1.200 Euro.

Der Vorfall hat sich im Dezember 2009 ereignet, wobei inzwischen bereits zweieinhalb Jahre vergangen sind, weil zwischen den einzelnen Verfahrensakten immer wieder Zeit vergangen ist. Der Bw hat sich bisher wohlverhalten, sodass eine Strafherabsetzung im Hinblick darauf und auf seine derzeitige Umschulungs­situation gerechtfertigt erscheint. Die nunmehr herabgesetzte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG im untersten Bereich des gesetzlichen Straf­rahmens und hält general- sowie spezialpräventiven Überlegungen stand. Die Ersatzfreiheitsstrafe war im Verhältnis zur Geldstrafe herabzusetzen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

VU – oberflächlicher Schadensbetrachtung (schwierige Unterscheidbarkeit wegen stark verschmutzter Stoßstange) – deshalb keinen Schaden erkannt -> keine Unfallmeldung -> bestätigt, aber Strafe herabgesetzt

 

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