Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730275/3/SR/Wu

Linz, 09.03.2012

                                                                                                                                                      

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Pakistan, vertreten durch die Rechtsanwältin X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 14. Mai 2010, GZ Sich40-41088, betreffend die Erlassung eines auf 5 Jahre befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

 

"Gemäß § 54 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Z 7 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I Nr. 100 in der Fassung BGBl I Nr. 112/2011, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Rückkehrverbot erlassen."

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 54 und 53 Abs. 2 Z. 7 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2011).

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 14. Mai 2010, GZ: Sich40-41088, zugestellt am 14. Mai 2010, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf der Grundlage des § 60 Abs. 1 Z. 1, 2 und Abs. 2 Z. 8 sowie der §§ 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG), in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen den Bescheid ausgeschlossen.

 

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde aus, dass der Bw, dessen Identität nicht gesichert ist, am 11. Mai 2010 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und sich anschließend unangemeldet bei seinem Bruder X aufgehalten habe. Der Bw sei mittellos, könne keinen gültigen Krankenversicherungsschutz nachweisen und verfüge über keine Deutschkenntnisse.

 

Am 13. Mai 2010 sei der Bw in Laakirchen von Organen der KIAB bei einer Beschäftigung betreten worden, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben habe dürfen. Besitzer und Betreiber des Kebabstandes sei sein Bruder gewesen. Für die Zubereitung und den Verkauf von Kebabs habe der Bw kostenfrei bei seinem Bruder nächtigen dürfen und sei von diesem dafür auch verpflegt worden. Im Zuge der Kontrolle habe er einen gefälschten pakistanischen Personalausweis vorgelegt.

 

Da sich der Bw illegal im Bundesgebiet aufgehalten habe, sei er am 13. Mai 2010 von der belangten Behörde gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG rechtskräftig bestraft worden. Aufgrund des gesamten Sachverhaltes habe die belangte Behörde über den Bw am 13. Mai 2010 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Pakistan verhängt.

 

Nach Kenntnisnahme des geplanten Aufenthaltsverbotes habe der Bw keine Stellungnahme abgegeben.

 

Durch sein Verhalten habe der Bw dokumentiert, dass er kein Interesse an der Einhaltung der Rechts- und Werteordnung Österreichs habe. Unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (erhöhter Zuwanderungsdruck, geordnetes Fremdenwesen, Wettbewerbsverzerrung durch Schwarzarbeit) sah die belangte Behörde den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 8 FPG als erfüllt an.

 

Trotz der vorhandenen Bindungen zu Österreich erachtete die belangte Behörde die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele als dringend geboten an.

 

Ohne nähere Begründung erkannte die belangte Behörde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung ab.

 

2. Gegen den vorliegenden Bescheid hat der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Bw innerhalb offener Frist rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.

 

In der Berufung brachte die Rechtsvertreterin vor, dass der Bw am Tag vor der Betretung nach Österreich geflüchtet sei und seinen Bruder aufgesucht habe. Mittlerweile habe er auch einen Asylantrag gestellt. Der Bw sei der deutschen Sprache nicht mächtig und wisse auch nicht, wie ein Asylverfahren in Österreich ablaufe. Deshalb habe er seinen Bruder um Schutz und Informationen ersucht. Da der 13. Mai 2010 ein Feiertag war, seien der Bw und sein Bruder davon ausgegangen, dass eine Asylantragstellung an diesem Tag nicht möglich sei. Schwarzarbeit habe der Bw nicht ausgeübt und mangels der Sprachkenntnisse hätte er im Verkauf auch nicht tätig werden können. Zutreffend sei, dass er seinem Bruder bei Vorbereitungsarbeiten geholfen habe. Als Familienmitglied sei die Mithilfe selbstverständlich und er sei sich auch subjektiv keiner Schuld bewusst. Eine Gegenleistung für die Mithilfe sei nicht vereinbart worden. Da das Zulassungsverfahren anhängig sei, gebe es keinerlei Rechtfertigung der Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

Neben mehreren Eventualanträgen wird die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes bzw. die Herabsetzung der Dauer beantragt.

 

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vorgelegt.

 

3.1. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich wurde der gegenständliche Akt daher nunmehr dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, durch ergänzende Erhebungen (Bezirkshauptmannschaft Scheibbs) sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister und das EKIS.

 

Bei den ergänzenden Erhebungen ist hervorgekommen, dass X vom Bezirkshauptmann von Scheibbs mit Straferkenntnis vom 23. September 2010, AZ SBS2-S-10 1215, nach den Bestimmungen des AuslBG rechtskräftig bestraft worden ist, weil er seinen Bruder, den Bw, beschäftigt hat, ohne dass dieser über eine erforderliche Bewilligung verfügt hat.

 

Das Asylverfahren des Bw wird unter der Zl AI 10 04.328 geführt. Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes hat der Bw umfassend (§§ 3 und 8, Ausweisung) Beschwerde erhoben. Das Verfahren ist derzeit beim Asylgerichtshof anhängig.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkten 1., 2. und 3.2. dargestellten und unstrittigen Sachverhalt aus.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Nach § 1 Abs. 2 FPG sind auf Asylwerber die §§ 52 und 53 FPG nicht anzuwenden. Ein vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eingeleitetes Aufenthaltsverbotsverfahren ist nach Stellung eines solchen Antrages als Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes weiterzuführen. Es ist nur über das Rückkehrverbot abzusprechen.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Asylwerber sind nach § 2 Abs. 1 Z 14 des Asylgesetzes 2005 zufolge Fremde ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Dass der Bw, welcher nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, Fremder gemäß der Legaldefinition des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG ist, steht außer Zweifel. Unzweifelhaft ist auch dessen Status als Asylwerber.

 

4.2.1. Im Rahmen der Prüfung des angefochtenen Rückkehrverbots gilt es zunächst, die Zulässigkeit der Erlassung eines Rückkehrverbotes sowie des Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Bw dem Grunde nach zu prüfen.

 

4.2.2. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt des Asylwerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 54 Abs. 2 leg cit zufolge gelten als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3.

 

§ 53 Abs. 2 FPG nimmt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen an, wenn der Drittstaatsangehörige bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen und keine Ausnahme des § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG vorliegt.

 

Der Bw wurde am 13. Mai 2010 in Laakirchen bei der Zubereitung und dem Verkauf von Kebabs, somit einer Beschäftigung, betreten, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen. Diesbezüglich wurde der Bruder des Bw, der als Beschäftigter in Erscheinung getreten ist, nach dem AuslBG rechtskräftig bestraft.

 

Die Tatbestandvoraussetzung der §§ 54 und 53 Abs. 2 Z. 7 FPG liegen somit vor. Auf ein allfälliges Verschulden des Bw kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

 

4.2.3. Bei der Klärung der Zulässigkeit der Erlassung eines Rückkehrverbots ist dem Grunde nach auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.2.4. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. § 54 Abs. 2 letzter Satz FPG erweitet den Anwendungsbereich explizit auch für – von § 61 leg cit an sich nicht erfasste – Rückkehrverbote.

 

§ 61 Abs. 2 FPG zufolge sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der           bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.       der Grad der Integration;

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des           Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem           Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren           Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden           zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.3.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine den konkret den Bw betreffende Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.3.2. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw führt.

 

4.3.3.1. Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass der Bw am 11. Mai 2010 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist. Die Aufenthaltsdauer des Bw in Österreich beträgt daher weniger als 2 Jahre. Legitimiert wird der Aufenthalt des Bw lediglich durch die Stellung eines Asylantrages, weshalb sich der Bw seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein muss.

 

4.3.3.2. Weiters hat das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens in die Beurteilung einzufließen.

Nach Angaben des Bw hat dieser ausschließlich seinen Bruder in Österreich.

 

Von einem tatsächlich bestehenden Familienleben in Österreich kann daher keinesfalls ausgegangen werden.

 

4.3.3.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Bw alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen. Dem Höchstgericht zufolge hat der dem § 61 Abs. 2 FPG (neu) vergleichbare § 66 Abs. 2 FPG (alt) schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Sinne dieser Ausführungen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa 10 Jahren das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

Im konkreten Fall ist der Bw weniger als 2 Jahren in der Republik Österreich aufhältig. Die in die Rechtsgüterabwägung zugunsten des Bw einfließende Aufenthaltsdauer liegt damit noch deutlich unter der höchstgerichtlich judizierten Schwelle von etwa 10 Jahren.

 

Hinzu tritt, dass vom Beschwerdeführer im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zudem 9 Jahre lang ein Beruf in Österreich ausgeübt wurde und der Gerichtshof das Vorliegen weiterer Integrationsmerkmale fordert. Eine (legale) berufliche Tätigkeit in Österreich hat der Bw nicht behauptet und eine solche ist auch nicht hervorgekommen. Es wird daher neben der unzureichenden Aufenthaltsdauer in Österreich auch das vom Verwaltungsgerichtshof als wesentlich angesehene Merkmal der Teilnahme am Erwerbsleben für eine alleinige positive Gesamtbeurteilung nicht erfüllt.

 

Schließlich ist – mangels gegenteiliger Hinweise im zitierten höchstgerichtlichen Erkenntnis – davon auszugehen, dass im verwaltungsgerichtlich entschiedenen – und damit entgegen dem hier zu beurteilenden – Fall eine strafrechtliche Bescholtenheit des Beschwerdeführers nicht vorlag.

 

4.3.3.4. Merkmale sozialer Integration sind dem Bw mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache kaum zuzubilligen. Eine der sozialen Integration besonders dienliche legale Erwerbstätigkeit wurde vom Bw – wie dargestellt – nicht ausgeübt.

 

4.3.3.5. Festzustellen ist weiters, dass der Bw den größten Teil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat verbracht hat. Er beherrscht die dortige Sprache, hat dort viele Jahre als selbständiger Landwirt gearbeitet und seine Eltern und vier Brüder sind dort aufhältig.

 

4.3.3.6. Unstrittig ist der Bw strafrechtlich unbescholten.

 

4.3.3.7. Ein Verstoß des Bw gegen die öffentliche Ordnung kam im Verfahren nicht hervor.

 

4.3.3.8. Zur Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren, erübrigen sich vor dem Hintergrund der Punkte 4.3.3.1. und 4.3.3.3. weitere Ausführungen.

 

4.3.3.9. Die Dauer des bisherigen Aufenthaltes ist nicht den Behörden zurechenbar und eine überlange Verzögerung des Verfahrens nicht erkennbar.

 

4.3.3.10. Vor dem Hintergrund der in den Punkten 4.3.3.1. bis 4.3.3.9. getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Eine Reintegration im Heimatland des Bw, in welchem er den größten Teil seines Lebens verbracht hat, ist zumutbar.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung eines Rückkehrverbots ist daher dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privatlebens berufen.

 

4.4.1. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer des zu erlassenden Rückkehrverbotes zu prüfen.

 

Gemäß § 54 Abs. 3 FPG ist ein Rückkehrverbot in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens 10 Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Fremden.

 

4.4.2. Der dem Drittstaat Pakistan Angehörige wurde bei einer Beschäftigung betreten, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen. Wegen seiner Beschäftigung wurde der Bruder des Bw wegen einer Übertretung des AuslBG rechtskräftig bestraft. Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG liegen unstrittig vor und das Rückkehrverbot hat gemäß § 53 Abs. 2 FPG mindestens 18 Monate zu betragen.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Rückkehrverbotes im genannten Zeitrahmen ist wiederum das bisherige Verhalten des Bw miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

4.4.3. Die Verhinderung von Verstößen gegen das AuslBG zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.

 

4.4.4. Bezogen auf die Besonderheiten des vorliegenden Falles und des sich aus der Handlung des Bw erschließenden Unwerts liegt kein Gefährdungspotential vor, dass ein Rückkehrverbot für die Dauer von 5 Jahren rechtfertigen würde.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich sind die erst nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu Tage getretenen Gründe und Umstände (Sprachunkundigkeit, Familienverband, Einreisezeitpunkt, Aufnahme beim Bruder, Asylantragsstellung) besonders zu würdigen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist daher der Auffassung, dass im konkreten Fall das Rückkehrverbot auf die Dauer von 18 Monaten befristet werden kann.

 

4.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

 

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