Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-101063/7/1992/Br/La

Linz, 26.03.1993

VwSen - 101063/7/1992/Br/La Linz, am 26. März 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Dr. G.H., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. M.H. und Dr. F.L. vom 27. Jänner 1993, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ..vom 10. Dezember 1992, VerkR96/10023/1992, nach der am 26. März 1993 durch- geführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochte- ne Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 - KFG, BGBl.Nr. 267, zu- letzt geändert durch BGBl.Nr. 695/1991; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 iVm § 19, § 24, §, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 867/1992; II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden 160 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ..hat mit Straferkenntnis vom 10. Dezember 1992 über den Berufungswerber wegen der oben zitierten Bestimmungen eine Geldstrafe von 800 S und für den Nichteinbringungsfall von 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er es als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen .. unterlassen hat, auf das ihm mit 27. August 1992 zugestellte Schreiben (Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers) jene Person bekannt zu geben, welche am 11. Juni 1992 um 13.45 h sein Fahrzeug gelenkt hat. Ebenfalls habe er auch keine Person benannt, welche diese Auskunft hätte erteilen können. Er sei daher seiner gesetzlichen Pflicht gemäß § 103 Abs.2 KFG nicht nachgekommen.

2. Dieses Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber (im weiteren kurz Bw genannt) am 13. Jänner 1993 zugestellt.

2.1. Dagegen erhob der Bw binnen offener Frist Berufung und führt dazu im wesentlichen aus, daß er sich dieser Verwaltungsübertretung nicht schuldig fühle. Er bezeichne es als erstaunlich, daß seiner Befangenheitsanzeige, welche er mit dem Einspruch vom 6. Oktober gemacht habe, von der Behörde in keiner Weise behandelt worden sei. Er betrachte die Sachbearbeiterin als befangen weil sie zum ihm gesagt hätte, "wir könnten die Sache ja bis ganz nach oben durchkämpfen". Daraus leite er eine vorgefaßte Meinung ab, weil die Sachbearbeiterin hiedurch signalisiert hätte mit ihm einen rechtlichen Kampf führen zu wollen, obwohl sie zur Objektivität verpflichtet wäre. Die Befangenheitsanzeige würde daher ausdrücklich auch im Berufungsverfahren aufrecht erhalten.

Ferner vertrete er die Ansicht, daß er die Verwaltungsübertretung nicht zu verantworten habe. Gleich nach Zustellung der Lenkeranfrage (gemeint wohl, der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe) habe er bei der Behörde angefragt wo das Fahrzeug zur fraglichen Zeit gelenkt worden sei. Die Bekanntgabe des Ortes hätte es ihm ermöglicht die richtige Lenkerauskunft zu geben, da entsprechende Aufzeichnungen in der Kanzlei geführt würden. Es sei zwar richtig, daß die Örtlichkeit in einem derartigen Verlangen eine untergeordnete Bedeutung habe, diese bedeute aber nicht, daß eine solche Anfrage den Ort überhaupt nicht zu bezeichnen habe. Die Ortsangabe ermögliche vielfach erst die korrekte Beantwortung der Anfrage, da bei Verwendung des Fahrzeuges urch mehrere Pesonen, insbesondere dann, wenn viele Fahrten durchzuführen seien, Aufzeichnungen unzumutbar wären, wenn lediglich die Uhrzeit bekannt gegeben sei. Die Bekanntgabe des Ortes sei im Gesetz nur deshalb nicht aufscheinend, weil es für die Strafbarkeit des Verhaltens wenig Relevanz habe. Ungewöhnlich sei die Vorgangsweise der Behörde auch deshalb, weil doch die Möglichkeit bestanden hätte, diese offene Frage telefonisch abzuklären und nicht mittels Strafverfügung gegen ihn vorzugehen. Auch diese Vorgangweise sei bezeichnend für die Einstellung des Sachbearbeiterin ihn gegenüber.

Er stelle daher den Antrag seiner Berufung Folge zu geben und das wider ihn wegen § 103 Abs.2 KFG eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen bzw. den Bescheid wegen Befangenheit der Sachbearbeiterin zu beheben; in eventu beantrage er, wenn überhaupt ein Verschulden vorliege, wegen eines äußerst geringen Verschuldens eine Ermahnung auszusprechen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ist somit gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als erforderlich weil sich die Berufung auch gegen die Schuld(tat)frage richtet (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft .., Zl.: VerkR96/10023/1992 bzw. die Erörterung des bisherigen Ganges des Verfahrens zu Verhandlungsbeginn, sowie durch die Einsichtnahme in die im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen (Beilagen 1 bis 4) und durch das ergänzende Vorbringen des Rechtsvertreters des Bw. 4.1.Demzufolge ist erwiesen, daß dem Bw am 27. August 1992 die Aufforderung zugestellt wurde, als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen BR-875M, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft .. mitzuteilen, wer das Fahrzeug am "11.6.1992 13.45 Uhr, gelenkt/verwendet bzw. abgestellt hat". Hingewiesen ist in diesem Schreiben noch, daß das Nichterteilen oder das unrichtige Erteilen dieser Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Auf das für die Rückantwort angeschlossene Beiblatt, welches an die Adresse der Bezirkshauptmannschaft .., zurückzusenden sei, wurde ebenfalls noch hingewiesen. Gezeichnet war das Schreiben "Mit freundlichen Grüßen! Für den Bezirkshauptmann: (G. E.)".

Mit Schreiben des Bw vom 28. August 1992 an die Bezirkshauptmannschaft .. teilt er sinngemäß mit, daß er die gewünschte Auskunft nur dann erteilen könne, wenn ihm die Behörde den Ort der angeblichen Übertretung vorher bekannt gebe. Die Behörde hat dieses Schreiben unbeantwortet gelassen und mit 17. September 1992 gegen den Bw eine Strafverfügung wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG erlassen.

Aus der Beilage.\1 ist ersichtlich, daß im Vormerkkalender der Anwaltskanzlei des Bw am 11. Juni 1992 für 15.15 Uhr für "Ho" (Briefzeichen für den Bw) ein Termin beim OLG-Linz eingetragen war. Aus den weiteren Beilagen geht hervor, daß bei anderen derartigen Aufforderungen der "Vorfallsort" vermerkt ist.

5. Rechtlich war zu erwägen:

5.1. Gemäß § 103 Abs.2 des KFG 1967 kann die Behörde von einem Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges Auskunft darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Die Auskunft hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

5.2. Der unabhängige Verwaltungssenat vermag aus dem Akt einen Anhaltspunkt für eine Unsachlichkeit in der Sacherlediung nicht zu erblicken. Aus der Mitteilung der Sachbearbeiterin an den Bw, "die Sache bis ganz nach oben durchfechten zu können," kann ein Hinweis in Richtung einer Befangenheit nicht abgeleitet werden. Das (auch energische) Vertreten eines Rechtsstandpunktes darf vielmehr von eine(r)m Sachbearbeiter(in) geradezu erwartet werden. Dies insbesonders im Zusammenhang damit, daß es sich beim Angezeigten um eine rechtskundige Partei handelt. Die Sachbearbeiterin hält in einem Aktenvermerk fest, daß sie sich nicht als befangen erachte. Nicht zulezt wurde die Sacherledigung der Erstbehörde, das Straferkenntnis, nicht einmal unmittelbar von der Sachbearbeiterin erlassen. Der Vorwurf geht daher im Rahmen dieses Verfahrens in jeder Beziehung ins Leere. Er wäre letztlich auch für die rechtliche Beurteilung des dem Bw zur Last liegenden Verhaltens ohne belang.

5.2.1. Der Bw verkennt nicht, wenn er selbst vermeint, daß in der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe die Ortsangabe nicht von Relevanz ist. Zu welchem Zweck die Auskunft verlangt wurde, insbesondere ob eine und zutreffedenfalls welche Verwaltungsübertretung Anlaß zu der Aufforderung war, muß in der Anfrage der Behörde gar nicht angeführt werden. Dadurch, daß die Straße, auf der die der Anfrage zugrundeliegende Verwaltungsübertretung begangen wurde, in der Anfrage nicht angeführt ist, wird kein Recht verletzt (VwGH 7. September 1990, Zl. 90/18/0087 u. 24. April 1991, Zl. 90/03/0231). In Ansehung einer Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG muß unverwechselbar feststehen, um welche Aufforderung, deren Nichtbefolgung dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, es sich handelt; hiebei genügt etwa das Datum der Aufforderung, jedenfall aber das Datum der Zustellung der schriftlichen Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe. Dies trifft gegenständlich zu. Der Bw, der als Rechtsanwalt und auch als Kraftfahrer die einschlägigen Bestimmungen des KFG kennen muß, kann in bezug auf das Auskunftsbegehren kein die Schuld ausschließender Rechtsirrtum zugebilligt werden. War der Bw zur Erteilung einer gesetzlichen Auskunft mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht in der Lage, so fällt ihm dies zur Last (VwGH 15.5.1990, Zl.: 89/02/0206, sowie 18.1.1989, Zl.: 88/03/0099). Im konkreten Zusammenhang war auch sachlich nicht nachvollziehbar, daß eine Ortsangabe die Nennung des Lenkers erleichtern sollte.

Daß in der Nichtbekanntgabe des Lenkers eines Fahrzeuges, mit dem eine Übertretung der StVO begangen wurde, kein "achtenswerter" Beweggrund für die Begehung der Tat erblickt werden kann, bedarf keiner weiteren Erörterung (VwGH verst. Senat 8.11.1989, Zl. 89/02/0004 = ZfVB 1990/4/1746). Es ist daher unverständlich, daß der Bw in Kenntnis dieser Rechtsvorschrift, in seinem im Ergebnis die Auskunft verweigernden Verhalten, ein Verschulden nicht einzusehen vermag. 5.2.2. Zum Verschulden ist in diesem Zusammenhang auszuführen, daß gemäß § 5 Abs. 2 des Verwaltungsstraf- gesetzes Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwiderhandelt hat, nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesernermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Dies kann keinesfalls bei einem Rechtsanwalt angeommen werden. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen (s E Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169).

Die objektiven Sorgfaltspflichten legen immer nur das Mindesmaß der anzuwendenden Sorgfalt fest. In atypischen Situationen wird von einem einsichtigen und besonnenen Menschen in der Lage des Täters ein erhöhtes Maß an Sorgfalt verlangt. So muß in einem derartigen Zusammenhang gerade von einem Menschen welcher auf Grund seines Berufes mit dem Gesetz eine besondere Ingerenz aufweist, ein gesetzestreues Verhalten in ganz besonderem Ausmaß erwartet werden können. Bei der Beurteilung der subjektiven Tatseite kommt diesem Zuwiderhandeln daher eine erhöhte Bedeutung zu.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe durchaus angemessen ist. Grundsätzlich ist der Unwertgehalt dieser Übertretungen als nicht bloß geringfügig zu erachten gewesen. Es liegt im öffentlichen Interesse, insbeondere im Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit, daß ein Fahrzeuglenker, welcher straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwider handelt, einer entsprechenden Bestrafung zugeführt werden kann. Zutreffend wurden bei der Strafzumessung keine Umstände erschwerend gewertet. Auf die Ausführungen unter 5.2.2. unten (subjektive Tatseite) wird an dieser Stelle nochmals hingewiesen. Da aber auch eine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit nicht mehr vorliegt, waren bei der Strafzumessung auch keine mildernden Umstände zuzuerkennen. Zutreffend weist die Ersbehörde auch darauf hin, daß der Bw im Wiederholungsfall mit einer empfindlich höheren Strafe zu rechnen haben würde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.Ö. Verwaltungssenat Dr. Bleier

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum