Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310472/2/Kü/Hue

Linz, 20.03.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn R O B, L, M, vom 4. November 2011 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 2011, Zl. 0020798/2011, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 2011, Zl. 0020798/2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z 15a und § 80 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) iVm Artikel 36 Abs.1 lit.a der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen eine Geldstrafe von 730 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Der Beschuldigte, Herr R O B, hat am 16.02.2011 versucht, gefährliche Abfälle, nämlich ein Altfahrzeug VW-LT 31, weiß, Begutachtungsplakette: X, Lochung 3/2008, Schlüsselnummer 35203 (Code 16 01 04 des Anhanges V Teil 2 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen), entgegen Artikel 36 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006, aus Österreich über Deutschland nach Nigeria auszuführen.

Der Transport dieses Altfahrzeuges wurde von Ihnen von L, M aus in Auftrag gegeben und in Deutschland durch die Regierung von Niederbayern angehalten".

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben.

Begründend wird vom Bw festgehalten, dass weder er noch der Vorbesitzer es für möglich gehalten hätten, dass es sich beim Fahrzeug um Abfall handeln könnte. Fahrzeuge dieser Qualität würden in Nigeria noch wirtschaftlich einsetzbar sein. Insofern sei er von der Funktionstüchtigkeit des Fahrzeuges ausgegangen.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 7. November 2011 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gem. § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. § 79 Abs.1 Z 15a AWG 2002 lautet: Wer eine Verbringung von Abfällen, die nicht im Einklang mit § 69 Abs. 7 oder mit den Art. 34, 36, 39, 40, 41 oder 43 der EG-VerbringungsV steht, vornimmt, begeht – sofern die Tat nicht in den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 Euro bis 36.340 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht.

 

§ 80 Abs.1 AWG besagt: In den Fällen des § 79 Abs.1 Z1 in Verbindung mit § 15 Abs.3 letzter Satz, § 79 Abs.1 Z7, § 79 Abs.1 Z15a, § 79 Abs.2 Z3 in Verbindung mit § 15 Abs.3 letzter Satz und § 79 Abs.2 Z18, 19, 20 oder 22 ist der Versuch strafbar.

 

5.2. Dem Bw wird vorgeworfen, die Ausfuhr von gefährlichem Abfall (Kfz) von Österreich nach Nigeria versucht zu haben.

 

Gem. § 8 Abs.1 VStG unterliegt, sofern eine Verwaltungsvorschrift den Versuch einer Verwaltungsübertretung ausdrücklich für strafbar erklärt, der Strafe, wer vorsätzlich eine zur wirklichen Ausübung führende Handlung unternimmt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Vorwurf des Straferkenntnisses nicht. Die in Form des Versuches angelastete Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z 15a AWG 2002 erfordert ein besonderes Verschulden, nämlich die vorsätzliche Begehung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 8 Abs.1 VStG. Da dies eine besondere Verschuldensform schon von Gesetzes wegen entgegen der allgemeinen Bestimmung des § 5 Abs.1 VStG vorsieht, ist diese besondere Verschuldensform auch als objektiver Tatbestand der Verwaltungsübertretung dem Beschuldigten innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr (§ 81 Abs.1 AWG 2002) vorzuwerfen und im durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren auch entsprechend nachzuweisen.

 

Ein entsprechender auf diese Verschuldensform bezogener ausdrücklicher Tatvorwurf ist weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. Juni 2011 noch im angefochtenen Straferkenntnis erfolgt. Es ist daher Verfolgungs­verjährung (angelastete Tatzeit: 16.2.2011) eingetreten. Aus diesem Grunde war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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