Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-750027/2/Wg/MB/WU

Linz, 05.04.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. am X, StA Nigeria, vertreten durch Rechtsanwältin X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Perg vom 13. Oktober 2011, GZ.: Sich96-98-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.  Aus Anlass der Berufung wird das in Rede stehende Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des  Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

Zu II.: § 64ff. VStG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Perg vom 13. Oktober 2011, zu GZ.: Sich96-98-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 101 Stunden) verhängt. Die belangte Behörde führte dabei als Spruch unter der Überschrift Straferkenntnis wie folgt aus:

 

"Sie haben als Fremder in einem Asylverfahren vor dem Bundesasylamt wissentlich falsche Angaben über Ihre Identität gemacht um die Duldung Ihrer Anwesenheit im Bundesgebiet zu erschleichen, indem Sie am 28.11.2002 beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz einen Asylantrag eingebracht und dabei angegeben haben X zu heißen und am X geboren zu sein.

 

Tatzeit: 28.11.2002 – 2.11.2010 = Feststellungsdatum

Tatort: Bundesasylamt Linz

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 120 Abs. 2 Ziff. 2 Fremdenpolizeigesetz"

 

Begründend wird zum Sachverhalt über die Angaben des Spruches hinausgehend angeführt, dass anlässlich einer Vorsprache des Bw vor der belangten Behörde am 2. November 2010 die belangte Behörde Kenntnis von der besagten Verwaltungsübertretung erlangt hat. Als Grund für die Bekanntgabe des "richtigen" Namens bzw. Geburtsdatums wird angegeben, dass das erwartete Kind den richtigen Namen des Vaters führen solle. Überdies wird ausgeführt, dass nach Aufforderung zur Stellungnahme zum vorstehend angeführten Sachverhalt, mit Schreiben vom 4. April 2011 selbige abgegeben wurde. Darin seien zum Tatvorwurf keine Angaben gemacht worden, sondern lediglich die wirtschaftliche und persönliche Situation des Bw dargelegt worden.

 

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass der Bw den Tatvorwurf nicht bestritten hat. Er habe vor der Asylbehörde nicht nur einen falschen Namen, sondern auch ein falsches Geburtsdatum angegeben, um so den Eindruck der Minderjährigkeit zu erzeugen. Erst nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens und aus persönlichen Gründen habe der Bw seine wahre Identität bekannt gegeben. Der Bw habe somit den im Spruch genannten Tatbestand verwirklicht und diesen verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, da der Bw inhaltlich keine Angaben gemacht habe und auch sonst keine Umstände vorlägen, die eine Rechtfertigung oder Entschuldigung tragen können. Nachfolgend finden sich nur mehr Ausführungen zum Unwert der Tat und der Strafbe- und zumessung.

 

Gegen diesen Bescheid, der der Rechtsvertreterin des Bw am 21. Oktober 2011 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende, rechtzeitig am 4. November 2011 eingebrachte, Berufung.

 

Darin ficht der Bw das in Rede stehende Straferkenntnis zur Gänze an und beantragt abschließend dessen Behebung.

 

Der Bw führt aus, dass er keine vorsätzliche Verwaltungsübertretung begangen habe und ihm kein "subjektiver Tatvorsatz" vorzuwerfen sei. Die Falschangabe der Daten sei auf ein Anraten des Schleppers zurückzuführen und außerdem habe der Bw sich durch die Falschangabe nicht die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erschlichen, sondern wurde ihm diese aufgrund der angegebenen Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates erteilt.

 

Mit Schreiben vom 19. März 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfiel gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem, von der belangten Behörde und dem durch die Berufung ergänzten, in diesem Erkenntnis dargestellten, entscheidungsrelevanten – und in den wesentlichen Teilen unstrittigen – Sachverhalt aus.

 

Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Entsprechend dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt – in welchem Umfang auch die Verfolgungshandlung gesetzt wurde –, hatte der Bw vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, am 28. November 2002 falsche Daten zu seiner Identität im Rahmen eines Asylverfahrens angegeben. In dieser Falschangabe verharrte der Bw bis zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die Behörde am 2. November 2010. Insofern wird von der belangten Behörde im Spruch als Tatzeit der 28. November 2002 angegeben. Zu diesem Zeitpunkt enthielt das in Geltung stehende Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 allerdings keine entsprechende Strafnorm. Daher führt die Behörde – ohne nähere Angabe der Fassung der Norm – § 120 Abs. 2 Z 2 FPG (wohl: in der Fassung zum Zeitpunkt der Feststellung – also 2. November 2010 – Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 135/2009) an. Eine Strafbarkeit zu diesem Zeitpunkt vermag jedoch nur dann begründet werden, wenn die Strafnorm selbst als Dauerdelikt in der Form ausgestaltet ist, dass das Verharren in der falschen Identität, maW: die Nichtaufklärung der Falschangabe, unter Strafe gestellt wird. Blickt man jedoch auf die Materialien, so ergibt sich klar, dass alleine die Falschaussage vor der entsprechenden Asylbehörde vom Tatbild erfasst ist. § 120 Abs. 2 Z 2 FPG entspricht weitgehend dem § 119 FPG vor der Novelle BGBl Nr. I 2009/122, worin lediglich im Sinne des Prinzips der "ultima ratio" eine Entkriminalisierung zu Gunsten der Verwaltungsstrafbarkeit erfolgte. Blickt man nun auf § 119 FPGaF, so ergibt sich, dass der Gesetzgeber hiermit lediglich eine Lücke im Bereich des Kriminalstrafrechtes schließen wollte (§§ 288, 289 StGB). Die vorsätzliche Erschleichung eines "Aufenthaltstitels" durch wissentlich falsche Angaben des Asylwerbers ("Antragstellers") vor der Asylbehörde sollte gestraft werden (s dazu Hauper/Keplinger, Fremdenrechtspaket 2005, 266). Insofern kann § 120 Abs. 2 Z 2 FPG idF als vorsätzliches Tätigkeitsdelikt mit überschießender Innentendenz erkannt werden, welches mit der Abgabe der Erklärung vor der Behörde vollendet ist. Es kann daher auch vom unmittelbaren Täter nicht durch bloßes Unterlassen begangen werden (L/St § 17 Rz 14; Hinterhofer BT II4 § 288 Rz 10; Kienapfel/Höpfel AT13 Z 28 Rz 19), noch kommt dem Tatbestand der Charakter eines Dauerdeliktes zu.

 

Hieraus ergibt sich, dass durch das bloße Richtigstellen der falschen Angaben vom 28. November 2002 schon das Tatbild des § 120 Abs. 2 Z 2 FPG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung nicht erfüllt wird.

 

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden: Einerseits ist die "Tat" im Zeitpunkt ihrer Setzung nicht mit Strafe bedroht (§ 1 Abs. 1 VStG) und andererseits erfasst das Tatbild des § 120 Abs. 2 Z 2 FPG idF zum Zeitpunkt der "Feststellung" nicht die Richtigstellung der Falschen Angabe bzw. das Verharren in diesem Zustand.

 

Die Verwendung der falschen Identität in der Verhandlung vor dem AGH am 15. Dezember 2008 war zweifelsohne gemäß § 120 Abs 2 Z 2 FPG strafbar. Insoweit ist aber mittlerweile schon längst die 6-monatige Frist der Verfolgungsverjährung eingetreten.  Auf die örtliche Zuständigkeit für die Durchführung dieses Verwaltungsstrafverfahrens ist daher nicht weiter einzugehen.

 

Es war – ohne auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat und auch des Verfahrens vor der ersten Instanz vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum