Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150893/12/Lg/Hue

Linz, 14.03.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 23. November 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des A V, D-X X, X, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. B W, I, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 8. Juli 2011, Zl. BauR96-21-2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 60 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 20. Oktober 2010, 1.29 Uhr, als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem Kennzeichen X die A8 bei km 37.400, Gemeinde Weibern, in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, einer fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass für das tatgegenständliche Kennzeichen kein Vertrag im Mautsystem hinterlegt worden sei.

 

2. In der Berufung brachte die Vertreterin des Bw vor, dass der Bw die vorgeworfene Tat nicht begangen habe bzw. ihn daran kein Verschulden treffe. In jedem Fahrzeug des Bw, wie auch im gegenständlichen Kfz, sei eine GO-Box angebracht. Die zur Tatzeit mitgeführte GO-Box sei mit einem Guthaben von mindestens 150 Euro aufgeladen gewesen. Ein Mautaufsichtsorgan habe den Bw angehalten, ihn jedoch nicht darauf hingewiesen, dass ein Fehler bei der Mautentrichtung oder am Fahrzeuggerät eingetreten sei. Zudem sei der angefochtene Bescheid nicht im erforderlichen Ausmaß begründet worden. Die Erstbehörde habe de facto keine Ermittlungstätigkeit unternommen.

 

Beantragt wurde die Einvernahme des Bw sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer Berufungsverhandlung, in eventu die Verhängung einer Ermahnung.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 4. Jänner 2011 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei für das tatgegenständliche Kennzeichen kein Vertrag im Mautsystem hinterlegt gewesen.

Anlässlich einer Kontrolle durch ein Mautaufsichtsorgan am 8. November 2010 wurde dem Lenker gem. § 19 Abs.2 BStMG die Ersatzmaut mündlich angeboten. Diesem Angebot wurde jedoch nicht nachgekommen. Zusätzlich befindet sich folgender Hinweis auf der Anzeige: "Kennzeichen der Go-Box ist X".

 

Nach Strafverfügung vom 8. Februar 2011 brachte die Vertreterin des Bw im Wesentlichen vor, dass eine Nichtabbuchung der Maut auch auf einen Funktionsfehler der Mautabbuchungsstelle zurückzuführen sein könnte. Es komme bekanntlich immer wieder zu Problemen beim Durchfahren der Mautabbuchungsstellen, wobei oftmals trotz eines im Kfz mitgeführten Fahrzeuggerätes infolge eines Funktionsfehlers die Verbindung mit den straßenseitigen Antennen der Mautabbuchungsstelle nicht zustande komme und in der Folge keine Abbuchung erfolge.

 

Einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 15. März 2011 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass die Behauptung der Vertreterin des Bw, es komme immer wieder zu Problemen der Mautportale, sei eine Unterstellung und werde zurückgewiesen. Laut Kontrollfallliste würden mindestens 36 Vergehen vorliegen. Wenn der Bw behauptet, dass sich zur Tatzeit eine GO-Box im Kfz befunden habe, habe er es leider verabsäumt, die GO-Box-Nummer bzw. event. die Herkunft der Box zu nennen. Zur Zeit würden 5 Anzeigen den Bw vorliegen. Der gegenständliche Tatzeitraum reiche von 1.29 Uhr bis 4.44 Uhr.

Als Beilagen wurden eine Kontrollfallliste für den Zeitraum vom 20. Oktober 2010 bis zum 8. November 2010 sowie ein Beweisfoto angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich die Vertreterin des Bw wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG dem Oö. Verwaltungssenat am 23. August 2011 zwei Beweisfotos vom Tattag in originaler Digitalqualität und teilte mit, dass für das gegenständliche Kennzeichen erst am 15. November 2010 eine GO-Box angemeldet worden sei.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der als Zeuge einvernommene ASFINAG-Vertreter eine Liste von mit gegenständlichem LKW durchfahrenen Mautbalken für den Zeitraum vom 25. Februar 2010 bis zum 8. November 2010 vor und sagte aus, dass der Bw vielfach auffällig geworden sei: Anlässlich der Kontrolle durch ein Mautaufsichtsorgan am 8. November 2010 habe der Bw eine GO-Box mitgeführt, welche nicht auf den gegenständlichen LKW angemeldet gewesen sei. Zudem sei diese Box auf dem Armaturenbrett gelegen, mit dem Batteriewulst nach oben. Aus diesem Grund sei die Maut nur manchmal abgebucht worden. Bei einem anderen Kontrollfall am 31. Mai 2010 sei ebenfalls eine nicht auf den LKW angemeldete GO-Box verwendet worden, wobei zusätzlich das aufgebuchte Guthaben für eine Entrichtung der Maut zu niedrig gewesen sei.

Auch für den gegenständlichen Tattag sei auf den LKW keine GO-Box angemeldet gewesen. Der Bw habe eine GO-Box, welche auf das Kennzeichen X angemeldet gewesen sei, mitgeführt. Aus der vorgelegten Übersicht sei ersichtlich, dass in Suben eine Einreise und auch eine Abbuchung erfolgt sei; am Tatort sei die Maut nicht abgebucht worden. Der Grund für die Nichtabbuchung liege offenbar in der Fehlmontage der GO-Box, welche wiederum nur am Armaturenbrett gelegen sei. Am Tattag sei es nur manchmal zu Abbuchungen der Maut gekommen.   

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte aus, dass die vom Zeugen beschriebene Positionierung der GO-Box auf dem Armaturenbrett einer Falschmontage gleichzusetzen sei. Bei einer solchen Fehlmontage kann es dazu kommen, dass die Maut nur manchmal abgebucht werde. Die weiteren Äußerungen des Zeugen würden zudem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechen.

 

Die Vertreterin des Bw gab bekannt, dass sie diesen Vorbringen die bisherigen schriftlichen Äußerungen entgegen halte.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

6.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs.1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs.1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Punkt 8.1 der Mautordnung besagt, dass die GO-Box ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte  und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, welcher vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren ist, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist.  

 

Gemäß § 20 Abs.2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs.3 BStMG werden Übertretung gemäß Abs.1 und Abs.2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs.2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs.1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

6.2. Aufgrund des Ermittlungsergebnisses steht – unbestritten – fest, dass die GO-Box zur Tatzeit entgegen die Bestimmungen von Punkt 8.1 der Mautordnung montiert war, da die GO-Box auf dem Armaturenbrett (mit dem Batteriewulst nach oben) angebracht gewesen ist. Weiters steht unbestritten fest, dass diese GO-Box auf einen anderen LKW mit dem amtlichen Kennzeichen X angemeldet war.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte in der Berufungsverhandlung in seiner gutachtlichen Stellungnahme aus, dass diese Falschmontage der GO-Box die Ursache für die gegenständliche Nichtabbuchung der Maut darstellt. Der Oö. Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Schlüssigkeit und Vollständigkeit dieser gutachtlichen Stellungnahme – dem der Bw auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist – keinen Zweifel. Damit ist auch klargestellt, dass ein der Vertreterin des Bw vorschwebender "Funktionsfehler der GO-Box", den sie auch nicht näher dargelegt hat, nicht vorgelegen ist. Dies belegt im Übrigen auch die von der ASFINAG vorgelegte Auflistung der durchfahrenen Mautbalken.   

 

Die Verantwortung für u.a. die korrekte Montage der GO-Box trifft den Lenker, weshalb der Bw schon aus diesem Grund das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat. Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass der Bw verabsäumt hat, die GO-Box korrekt an die Windschutzscheibe zu montieren bzw. er die ordnungsgemäße Montage der GO-Box (offensichtlich) nicht überprüft hat. Gegebenenfalls vorliegende Rechtsunkenntnis bzw. Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box entschuldigen den Bw nicht, da auch für ausländische Lenker die Verpflichtung besteht, sich vor der Benützung einer Mautstrecke über die rechtlichen und faktischen Voraussetzungen für die Benützung von Mautstrecken, insbesondere auch über die Gebrauchsvorschriften der GO-Box, ausreichend in Kenntnis zu setzen. Das Verhalten des Bw ist als sorgfaltswidrig einzustufen, da es ihm oblegen wäre, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut Sorge zu tragen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die (bei ausländischen Lenkern häufig gegebene) Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG denkbar wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind. Die – hier anzunehmende – fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs.1 VStG). Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht gering zu veranschlagen, da das ordnungsgemäße Anbringen der GO-Box gegenständlich die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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