Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750009/2/Wg/Jo

Linz, 02.04.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, vertreten durch die X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 24. August 2011, Sich96-197-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.       Der Berufung wird stattgegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z  3 VStG eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels Land hat dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Straferkenntnis vom 24. August 2011 folgende Verwaltungsübertretung angelastet:

 

"Sie haben sich als bosnischer Staatsangehöriger am 13.04.2011 in der X in X, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, da Sie einer dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegenden Tätigkeit wie Fenstermontagearbeiten, verrichtet haben, ohne im Besitze einer Beschäftigungsbewilligung, einer Entsendebewilligung oder einer Anzeigebestätigung zu sein, der Sie berechtigen würde, diese Tätigkeiten auszuüben zu dürfen, welche dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegen. Sie waren nicht im Besitz einer österreichischen Aufenthaltstitels bzw. eines gültigen Visums, welches Sie zur selbständiger Arbeitsaufnahme benötigt hätten.

 

Darüber hinaus hielten Sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, da Sie bereits seit April 2011 durchgehend im Bundesgebiet ausgenommen Samstag aufhältig waren, und Sie lediglich für maximal 90 Tage innerhalb eines Halbjahres mit einem slowenischen Aufenthaltstitel für touristische Zwecke für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen wären. Sie hielten sich somit am 24.08.2011 (Tatzeit) illegal im Bundesgebiet auf.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 120 Abs.1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in Verbindung mit § 31 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 2005."

 

Für diese Verwaltungsübertretung wurde gemäß § 120 Abs.1a FPG eine Geldstrafe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden festgesetzt. Weiters wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 50 Euro vorgeschrieben.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 5. September 2011. Der Bw stellt darin den Antrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben. Er führte aus, er übe seine Tätigkeit als selbstständiger Einzelunternehmer mit einer in Slowenien ordnungsgemäß registrierten Firma aus. Die Tätigkeit unterliege daher nicht den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Da es sich um eine Tätigkeit einer slowenischen Firma – wenngleich Einzelunternehmen – gehandelt habe, benötige er dafür aber auch kein Visum oder keinen Aufenthaltstitel, weil er die Tätigkeit im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit ausgeübt habe.

 

Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 29. September 2011 dem Verwaltungssenat den Akt zur Entscheidung vorgelegt. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte eine Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG eine mündliche Verhandlung entfallen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am X geboren, ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina. Er verfügt über einen von Slowenien ausgestellten Aufenthaltstitel. In Slowenien ist er selbständiger Unternehmer. Laut Bescheid der Argentur der Republik Slowenien für öffentlich rechtliche Evidenzen und Dienstleistungen vom 17. März 2011 wurde am 17. März 2011 in das slowenische Firmenregister der Einzelunternehmer (im weiteren Text: Unternehmer) mit folgenden Angaben eingetragen:

 

Registernummer: X

Steuernummer: X

Firmenname: X (selbständiger Unternehmer)

Firmensitz: X

 

Laut Versicherungsbestätigung sowie E 101 Formular ist der Bw in Slowenien krankenversichert.

 

Am 13. April 2011 wurde er um 10.00 Uhr im Zuge einer Kontrolle durch Beamte des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding auf einer Baustelle der X (Wohnhausgenossenschaft) in der X in X während Arbeiten an einer Fenstermontage betreten. Er hielt sich in Österreich seit April 2011 bis 24. August 2011 immer von Montag bis Freitag auf, um zu arbeiten. Es steht unbestritten fest, dass er bei der Kontrolle am 13. April 2011 um 10.00 Uhr auf der genannten Baustelle in der X in X einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Er berief sich darauf, er sei als selbstständiger Unternehmer mit der Durchführung ganz konkreter Projekte beauftragt, es sei eine entsprechende Montagevereinbarung mit der Firma X vorgelegen, welche projektbezogen gewesen sei. Dazu wurde eine "Subunternehmermontage-Vereinbarung" vom 11. April 2011, abgeschlossen zwischen der "Firma X" und "X– X" vorgelegt.

 

Eigenen Angaben zufolge arbeitete er immer als Montagearbeiter für Fenster und Türen bei verschiedenen Auftraggebern. Nach Fertigstellung der Arbeiten an einer Baustelle, stellte er die Rechnung an die Firma X aus, dieses Geld wird nach Slowenien überwiesen, 3 % des Betrages behielt er sich sofort, Steuern zahlte er in Slowenien. Er hatte für die Zukunft noch weitere Aufträge, diese befinden sich bei seiner Buchhaltung in Slowenien. In Bosnien geht er keiner Erwerbstätigkeit nach. Der Bw verfügt über keine österreichische Gewerbeberechtigung im Sinn der GewO. Für ihn wurde weder eine Beschäftigungsbewilligung, noch eine Zulassung als Schlüsselkraft, noch eine Entsendebewilligung, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt. Er verfügt über keine gültige Arbeitserlaubnis. Er verfügt auch über keinen Befreiungsschein oder eine "rot-weiß-rot-Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis. Er verfügt über kein Visum iSd § 24 Abs.1 Z1 zur Aufnahme einer bloß vorübergehenden selbständigen Erwerbstätigkeit und auch über kein Visum für die Aufnahme einer bloß vorübergehenden unselbständigen Tätigkeit iSd § 24 Abs.1 Z2 FPG. Ihm wurde gemäß dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) kein Aufenthaltstitel erteilt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land erließ daraufhin am 24. August 2011 das bekämpfte Straferkenntnis. Weiters erließ sie mit Bescheid vom 24. August 2011, Sich40-559-2011, eine Rückkehrentscheidung samt einem auf die Dauer von 18 Monaten befristeten Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum und schloss gemäß § 57 Abs.1 des Fremdenpolizeigesetzes die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid aus. Der Bw hat sowohl gegen das Straferkenntnis als auch gegen die Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot Berufung erhoben. Am 25. August 2011 hat er das Bundesgebiet der Republik Österreich freiwillig verlassen.

 

Der Bw war in der Zeit vom 20. April 2011 bis 8. Juli 2011 an der Adresse X mit Nebenwohnsitz gemeldet. In der Zeit von 3. August 2011 bis 7. September 2011 an der Adresse X mit Hauptwohnsitz. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Schreiben vom 13. April 2011 die Anzeige bzw. Meldung der KIAB an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land übermittelt. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat daraufhin mit Schreiben vom 5. August 2011 den gegenständlichen Akt gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land abgetreten.

 

Lt Versicherungsdatenauszug war der Bw am 13. April 2011 über Frau X als geringfügig beschäftigter Arbeiter zur Sozialversicherung angemeldet.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und dem Vorbringen des Berufungswerbers bzw. den von ihm vorgelegten Dokumenten. Weiters wurde ein aktueller Versicherungsdatenauszug eingeholt.

 

Der Verwaltungssenat hat dazu erwogen:

 

Wer als Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, begeht gemäß § 120 Abs 1a FPG idF BGBl I Nr. 38/2011 eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2 500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2 500 Euro bis zu 7 500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass der Bw über einen Aufenthaltstitel eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verfügt.

„Aufenthaltstitel“ im Sinn des Artikel 2 Z 15 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) sind

a) alle Aufenthaltstitel, die die Mitgliedstaaten nach dem einheitlichen Muster gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige ausstellen;

b) alle sonstigen von einem Mitgliedstaat einem Drittstaatsangehörigen ausgestellten Dokumente, die zum Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet oder zur Wiedereinreise in sein Hoheitsgebiet berechtigen, ausgenommen vorläufige Aufenthaltstitel, die für die Dauer der Prüfung eines ersten Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Buchstabe a oder eines Asylantrags ausgestellt worden sind;

 

Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich gemäß Art 21 Abs 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) idF der Verordnung (EG) Nr. 265/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. März 2010 aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen.

 

illegaler Aufenthalt  iSd Art 3 Z 2 der Rückführungsrichtlinie ist die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 des Schengener Grenzkodex oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats;

 

Die Frage, ob ein nicht rechtmäßiger bzw "illegaler" Aufenthalt iSd § 31 FPG bzw Artikel 3 Z 2 Rückführungsrichtlinie vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob der Drittstaatsangehörige die Einreisevoraussetzungen des Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) nicht oder nicht mehr erfüllt.

 

§ 31 Abs 1 FPG bestimmt weiters, dass sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten je Sechsmonatszeitraum gelten gemäß Artikel 5 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:

a) Er muss im Besitz eines oder mehrerer gültiger Reisedokumente sein, die ihn zum Überschreiten der Grenze berechtigen.

b) Er muss im Besitz eines gültigen Visums sein, falls dies nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (1), vorgeschrieben ist, außer wenn er Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels ist.

c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in

den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

d) Er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der

Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

 

Unter welchen Voraussetzungen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit iSd Artikel 5 Abs 1 lit e cit VO vorliegt, ergibt sich grundsätzlich aus § 53 FPG.

 

So ist ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs 2 FPG , vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbe-schäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens

1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechts-kräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Geht ein Fremder, der über einen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaats der EU verfügt, einer unerlaubten Erwerbstätigkeit iSd § 31 Abs 1 Z 3 FPG nach, ist sein Aufenthalt nicht rechtmäßig. Im Fall einer unerlaubten Erwerbstätigkeit liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung iSd Artikel 5 lit e Schengener Grenzkodex vor, wobei nicht weiter relevant ist, ob es sich um eine selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit handelt.

 

Im Verfahren hat sich – ungeachtet der zwischenzeitigen An- und Abmeldung eines Hauptwohnsitzes - nicht ergeben, dass sich der Bw im Bundesgebiet niedergelassen hat. Der Aufenthalt am 13. April 2011 und am 24. August 2011 bilden somit keine Tateinheit. Der Aufenthalt des Bw stellt jeweils von der Einreise bis zur Ausreise aus dem Bundesgebiet – sofern er gemäß § 31 Abs.1 FPG nicht rechtmäßig war – eine gesonderte Verwaltungsübertretung dar (vgl VwGH vom 20. September 1999, GZ 98/21/0137).

 

Für Zeiträume vor dem 1. Juli 2011 ist § 120 Abs.1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 17/2011 maßgeblich. Für die Zeit danach gelten die mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) BGBl. I Nr. 38/2011 in Kraft getretenen Änderungen des – von der belangten Behörde herangezogenen - § 120 Abs.1a FPG.

 

Das FRÄG führte einen neuen Strafrahmen ein. An der Regelung der Zuständigkeit hat sich mit dem FrÄG aber nichts geändert. Gemäß § 120 Abs.1 FPG idF BGBl. I Nr. 17/2011 wie auch in § 120 Abs.1a FPG idF BGBl. I Nr. 38/2011 gilt als Tatort der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes.

 

Für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen des Aufenthalts im Bundesgebiet am 13. April 2011 war die Bezirkshauptmannschaft Braunau örtlich zuständige Verwaltungsstrafbehörde. Diese hat den Akt mit Schreiben vom 13. April 2011 an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, in dessen Sprengel sich der vom Bw angegebene Wohnsitz befand, übermittelt. Angemerkt wird, dass dieser erst mit 20. April 2011 einen Nebenwohnsitz im Bezirk Linz-Land begründet hat. Da diese Abtretung aber nicht unter Bezug auf die Bestimmung des § 29a VStG erfolgte, ging die Zuständigkeit nicht auf die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Behörde, in deren Sprengel der Bw seinen Aufenthalt hatte, über. In weiterer Folge konnte daher auch die Abtretung durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 5. August 2011 keine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land gemäß § 29a VStG begründen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land nahm zu Recht die Zuständigkeit für den Aufenthalt des Bw am 24. August 2011 in Anspruch, da er sich zu diesem Zeitpunkt in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich aufhielt. Im Straferkenntnis fehlt aber die gemäß § 44a Z 1 VStG erforderliche Angabe des Tatorts (Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthalts). Dabei ist zu beachten, dass das Amtsgebäude der BH WL, in dem die Niederschrift aufgenommen wurde, jedenfalls dann nicht als Tatort in Betracht kommt, wenn der Bw zwangsweise vorgeführt wurde. Denn gemäß § 120 Abs 5 Z 4 FPG liegt keine Verwaltungsübertretung vor, solange dem Fremden die persönliche Freiheit entzogen ist. Als Tatort wäre der Ort, an dem die Exekutivorgane den Bw angetroffen haben, anzugeben gewesen.

 

Der Bw ist als bosnischer Staatsangehöriger Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG. Er verfügt über einen slowenischen Aufenthaltstitel. Er wurde am 13. April 2011 um 10.00 Uhr im Zuge einer Kontrolle durch Beamte des Finanzamtes Braunau- Ried – Schärding auf einer Baustelle der X in der X in X während Arbeiten an einer Fenstermontage betreten. Er ging daher im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nach. Eigenen Angaben zufolge war er als selbstständiger Unternehmer mit der Durchführung ganz konkreter Projekte beauftragt, es sei eine entsprechende Montagevereinbarung mit der Firma X vorgelegen. Er berief sich dabei auf die Dienstleistungsfreiheit. Gemäß Artikel 56 (ex Artikel 49 EGV) iVm Artikel 54 und 62 des Vertrags über die Europäische Union  (AEUV) gilt die Dienstleistungsfreiheit  nur für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Gesellschaften, die nach dem Recht eines Mitgliedsstaats gegründet wurden. Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß Artikel 56 AEUV gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen, dass die Dienstleistungsfreiheit auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind. Von dieser Bestimmung wurde bislang aber nicht Gebrauch gemacht. Der Bw ist eigenen Angaben zufolge selbstständiger Einzelunternehmer. Für ihn als bosnischen Staatsangehörigen kommt die Dienstleistungsfreiheit nicht zur Anwendung. Abgesehen davon ist auf Grund der Anmeldung zur Sozialversicherung erwiesen, dass der Bw am 13. April 2011 als Arbeiter bei Frau X geringfügig beschäftigt war.

 

Der Bw verfügte über kein Visum iSd § 24 Abs. 1 Z 1 FPG zur Aufnahme einer bloß vorübergehenden selbständigen Erwerbstätigkeit und auch über kein Visum für die Aufnahme einer bloß vorübergehenden unselbständigen Tätigkeit iSd § 24 Abs.1 Z2 FPG.  Der Bw verfügte über keine Gewerbeberechtigung im Sinn der GewO 1994. § 3 AuslBG idF BGBl I Nr. 99/2006 regelt die am 13. April 2011 geltenden Voraussetzungen für eine unselbstständige Beschäftigung. Für den Bw wurde gemäß dieser Bestimmung weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine Zulassung als Schlüsselkraft, noch eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt. Der Bw besaß weder eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein noch eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" noch einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EG" noch einen Niederlassungsnachweis. Der Bw ging am 13. April 2011 um 10.00 Uhr einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nach und hat damit die Bedingung seines Einreisetitels, des slowenischen Aufenthaltstitels, überschritten. Die in § 31 Abs 1 FPG geregelten Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt nicht erfüllt. Der Bw hielt sich daher am 13. April 2011 um 10.00 Uhr nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Die belangte Behörde sieht den Grund für die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes am 24. August 2011 unter anderem in der Überschreitung der zulässigen Aufenthaltsdauer. Konkret wurde dem Bw angelastet, er habe sich seit April 2011 durchgehend (bis 24. August 2011) im Bundesgebiet, ausgenommen Samstag, aufgehalten und sei er lediglich maximal 90 Tage innerhalb eines Halbjahres mit einem slowenischen Aufenthaltstitel für touristische Zwecke für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen. Der Aufenthalt sei daher am 24. August 2011 nicht rechtmäßig gewesen. Der Bw hat der von der Behörde angenommenen Aufenthaltsdauer in der Berufung nicht widersprochen.

Der Einwand, er habe sich hier im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit aufgehalten, ändert daran nichts. Es wurde oben bereits schon ausgeführt, dass es dem Bw nach der geltenden Rechtslage nicht erlaubt ist, im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

 

Eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nach § 120 Abs 1a FPG kommt rechtens nur in Betracht, wenn keine der im § 31 Abs. 1 leg. cit. angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes gegeben ist (vgl. VwGH vom 18. Mai 2004, Zl 2001/21/0103). Im Spruch des Straferkenntnisses ist die als erwiesen angenommene Tat daher, um den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG zu entsprechen, durch Verneinung aller im § 31 Abs. 1 FPG genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben.

 

Es reicht nicht aus, wenn in der Begründung des Straferkenntnisses lediglich § 31 Abs 1 Z 1 und Z 6 FPG angeführt werden (vgl VwGH vom 18. Mai 2004, GZ 2001/21/0103). Es wurde bislang keine ausreichend konkretisierte Verfolgungshandlung gesetzt, in der auf die für die Rechtmäßigkeit eines Aufenthalts maßgeblichen Bestimmung des § 31 FPG ausreichend Bezug genommen wurde (vgl VwGH vom 18. Mai 2004, GZ 2001/21/0103). Der Bw reiste am 15. April 2011 oder 16. April 2011 aus. Es ist zu Gunsten des Bw anzunehmen, dass er nach Erlassung des Straferkenntnisses – wie in den Wochen davor – am Wochenende (27. bzw 28. August 2011) das Bundesgebiet verließ. Mit der Ausreise begann jeweils die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG zu laufen, weshalb mittlerweile Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Aus diesem Grund war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

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