Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150905/2/Lg/HUE

Linz, 02.04.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des R S, vertreten durch Rechtsanwalt A K, S, H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 3. November 2011, Zl. BauR96-79-2011, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach angewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 34 Stunden herabgesetzt.   

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
3 Tagen verhängt, weil er am 3. April 2011, 10.40 Uhr, als Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X die A8, km 75, Gemeinde Suben, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Auf dem Kfz sei eine Mautvignette nicht mautordnungsgemäß (mit dem Originalkleber) angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungs­effekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde.  

 

2. In der Berufung verwies der Vertreter des Bw auf seine bisherigen Stellungnahmen und brachte vor, dass die Vignette ordnungsgemäß befestigt gewesen sei. Ausdrücklich sei angeboten worden, die Vignette direkt in Augenschein zu nehmen und zu prüfen. Dies sei durch das Zeugnis von Frau F R unter Beweis gestellt.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 3. April 2011 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei die Vignette nicht mautordnungsgemäß (mit dem Originalkleber) auf dem Kfz angebracht gewesen. Anlässlich der Betretung sei dem Bw gem. § 19 Abs.2 BStMG mündlich die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht nachgekommen worden. Zusätzlich finden sich folgende Ergänzungen in der Anzeige: "V mit Zwischenfolie + Klebeband. Fotos!"

 

Nach Strafverfügung vom 7. Juni 2011 brachte der Vertreter des Bw vor, dass der Vorwurf, die Vignette wäre mit Zwischenfolie und Klebeband angebracht worden, so nicht richtig sei. Die Vignette sei mit dem Originalkleber angebracht gewesen. Das Klebeband sei zusätzlich angebracht worden.

 

Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG der belangten Behörde am 13. Ok­tober 2011 vier Beweisfotos.

 

Anlässlich seiner Zeugeneinvernahme sagte das kontrollierende Mautaufsichtsorgan am 20. Oktober 2011 Folgendes aus: "Ich verweise zunächst zu diesem Einspruch auf meine Anzeige. Von mir wurden damals die Vignette laut Anzeige geprüft. Fotos habe ich ebenfalls bereits der Behörde vorgelegt. Es ist leicht zu erkennen, dass diese Vignette mit Klebestreifen links und rechtsseitig befestigt war. In der Regel frage ich den Lenker in solchen Fällen, ob ich die Vignette näher hin überprüfen kann. Das wurde mir vom Lenker im gegenständlichen Fall untersagt. Die von mir vorgelegten Fotos belegen, dass eine Schutzfolie Verwendung fand. Bei Betrachtung der Vignette ist diese Schutzfolie, die hier angebracht wurde, in einer Breite von 1 – 2 mm zu sehen, wie sie über die gelbe Vignette hinaus ragt bzw. auf diese Weise zurecht geschnitten wurde. Wie bereits oben angemerkt, wurde sodann links und rechts ein Tixoband angebracht, um die Vignette damit zu befestigen. Meine Anzeige halte ich daher aufrecht."

 

Dazu rechtfertigte sich der (Vertreter des) Bw dahingehend, dass die Aussage des Zeugen nicht richtig sei. Es sei nicht gefragt worden, ob er die Vignette im Auto direkt untersuchen dürfe. Vielmehr habe die Beifahrerin, Frau R, dem Mautaufsichtsorgan erklärt, er möge die Befestigung selbst in Augenschein nehmen. Dies habe der Zeuge abgelehnt. Die auf dem Foto zu sehenden Klebestreifen würden lediglich zur Befestigung von Verkehrshinweisen und Routenempfehlungen dienen. Diese Ausführungen könnten von zwei namentlich genannten Zeugen bestätigt werden.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben ist, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen) ist. Jede andere Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.  

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

4.2. Trotz Zweifel geht der Oö. Verwaltungssenat von dem vom Bw angebotenen Sachverhalt aus, weshalb zeugenschaftliche Einvernahmen entbehrlich waren: Demnach wurde die gegenständliche Jahresvignette auf die Windschutzscheibe zunächst mit dem Originalkleber und anschließend mit Klebeband ("Tixo") zusätzlich befestigt. Die verwendeten Klebebänder sind überdies auf den vorliegenden Beweisfotos eindeutig erkennbar.

 

Zu klären ist deshalb die Rechtsfrage, ob mit dieser Befestigungsmethode der Vignette der Nachweis einer ordnungsgemäßen Mautentrichtung erbracht wurde. Diese Frage ist eindeutig zu verneinen, da gem. Punkt 7.1 der Mautordnung die Verwendung von zusätzlichen Klebestreifen nicht gestattet ist und den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung verwirkt. Rechtlich unerheblich ist, ob diese Klebestreifen auf der Vignette (zusätzlich) der Befestigung von Verkehrshinweisen etc. dienen sollen. 

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine allenfalls vorliegende Unkenntnis der österreichischen Rechtslage wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 18.12.1997, Zl. 97/06/0224). Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, und zwar in dem Sinne, dass sich der Bw vor Benützung einer Mautstrecke nicht (ausreichend) über die Anbringungsvorschriften von Vignetten in Kenntnis gesetzt hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin lediglich die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die (bei ausländischen Kraftfahrern häufig gegebene) Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG denkbar wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind. Die – hier im Zweifel anzunehmende – fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG). Insbesondere ist der Schuldgehalt beim ermittelten Sachverhalt als nicht gering zu veranschlagen. Bei Anwendung derselben Strafbemessungsgründe war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabzusetzen. Damit entfällt die Vorschreibung der Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

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