Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523140/2/Ki/CG

Linz, 16.04.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des x, x, x, vom 04. April 2012 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 27. März 2012, VerkR21-49-2012, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung sowie Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und weiterer Anordnungen zu Recht erkannt:

 

Bezüglich der Punkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird der angefochtene Bescheid behoben.

Bezüglich Punkt III. wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und diesbezüglich der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Auftrag wie folgt lautet:                                               "Sie haben sich innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides einer amtsärztlichen Untersuchung zur Beurteilung Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B zu unterziehen."

Rechtsgrundlagen:

zu §§ 7 und  24 FSG iVm § 66 Abs.4 AVG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1.         Mit Bescheid vom 27. März 2012, VerkR21-49-2012, hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding dem Berufungswerber

 

I.                   wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit  seine Lenkberechtigung der Klassen A und B für die Dauer von 5 Monaten entzogen, wobei festgestellt wurde, dass die Entziehung der Lenkberechtigung mit Rechtskraft des Bescheides rechtswirksam werde bzw. er nach Rechtskraft des Bescheides unverzüglich seinen Führerschein entweder bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding oder bei seiner zuständigen Polizeiinspektion abzugeben habe.

 

II.                das Recht aberkannt, allenfalls von einem ausländischen Führerschein während der Dauer der Entziehung seiner Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

III.             darüber hinaus die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung im Sinne § 8 FSG 1967 angeordnet.

 

Als bestimmte Tatsache legte die belangte Behörde der Entscheidung zu Grunde, dass der Berufungswerber mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 28. Februar 2012 wegen §§ 83 Abs.1 und 84 Abs.1 StGB und §§ 107 Abs.1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bedingt auf 3 Jahre rechtskräftig verurteilt wurde.

 

Bezüglich Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens argumentierte die Bezirkshauptmannschaft Schärding, dass in einem Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie vom 14. Oktober 2010 eine Alkoholabhängigkeit diagnostiziert bzw. in einem amtsärztlichen Gutachten vom 19. Jänner 2011 eine erhöhte Alkoholrückfallgefährdung festgestellt wurde.

 

Der Vorfall vom 23. Jänner 2012 mit einer massiven Alkoholisierung von 2,16 ‰ Blutalkoholgehalt werfe angesichts der diagnostizierten Alkoholabhängigkeit und der erhöhten Rückfallgefährdung jedoch Bedenken der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auf.

 

1.2.         Dagegen hat der Rechtsmittelwerber am 04. April 2012 Berufung erhoben, mit welcher sowohl die Entziehungsdauer als auch der Auftrag zur Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens bekämpft werden.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit  Schreiben vom 06. April 2012 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das lt. Geschäftsverteilung zuständigen Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich war. Im Übrigen wurde eine solche auch von keiner Verfahrenspartei beantragt.

 

2.5.         Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 28. Februar 2012, 23 Hv 6/12f, wurde der Berufungswerber der Begehung strafbarer Handlungen, nämlich das Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs.1, 84 Abs.1 StGB und das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs.1 und 2 StGB für schuldig befunden und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt. Weiters wurde gemäß § 50 StGB eine Bewährungshilfe angeordnet.

 

Straferschwerend wurde das Zusammentreffen zweier Vergehen, strafmildernd das Geständnis, die Unbescholtenheit und die Alkoholisierung (1,08 mg/l Atemluftalkoholgehalt) gewertet.

 

Im Verfahrensakt findet sich ferner eine fachärztliche Stellungnahme einer Fachärztin für Psychiatrie vom 14. Oktober 2010, in welcher zusammenfassend ausgeführt wird, dass aus der Anamnese und den vorliegenden Befunden hervorgeht, dass bei x eine Alkoholabhängigkeit vorliegt, weshalb lediglich eine bedingte Fahrtauglichkeit attestiert werde.

 

In einem amtsärztlichen Gutachten vom 19. Jänner 2011 wird unter anderem festgehalten, dass beim Berufungswerber medizinisch noch eine erhöhte Alkoholrückfallgefährdung bestehe.

 

3.                In der Sache selbst der hat Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1.         Gemäß § 3 Abs.1 Z.2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

 

 

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

 

1.     

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z.9 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75,76,84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z.14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit die Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

Der Berufungswerber wurde mit dem oben zitierten Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis für schuldig befunden, das Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs.1 sowie 84 Abs.1 StGB und weiters das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs.1 und 2 StGB begangen zu haben. Es stellt dieser Umstand in Anbetracht der – wenn auch erstmaligen – Verurteilung nach § 84 Abs.1 StGB eine bestimmte Tatsache dar, welche eine Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person indiziert. Letztlich hat die Verwirklichung dieser bestimmten Tatsache die Entziehung der Lenkberechtigung zur Folge, deren Dauer die Behörde im Rahmen einer Wertung festzusetzen hat.

 

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch die Entscheidungsgründe für die von ihr festgelegte Entziehungsdauer dargelegt, sie kam zum Ergebnis, dass bis zur Wiedererlangung der Verkehrszuververlässlichkeit eine Entziehungsdauer von 5 Monaten erforderlich sei, die allerdings erst mit Rechtskraft des Bescheides rechtswirksam werden würde.

 

Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die prognostizierte Dauer der Verkehrs-unzuverlässigkeit bereits ab dem Zeitpunkt der Verwirklichung der bestimmten Tatsache, dass war im vorliegenden Falle der 23. Jänner 2012, zu berechnen war. Bei der von der Erstbehörde gewerteten Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit würde diese daher mit Ablauf des 22. Juni 2012 enden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtssprechung zu § 25 Abs.3 FSG ausgesprochen, dass eine Entziehungsdauer von weniger als 3 Monaten nicht festgesetzt werden darf. Trifft daher in Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht mehr zu, so darf die Entziehung der Lenkberechtigung nicht ausgesprochen bzw. von der Berufungsbehörde nicht bestätigt werden. Ausdrücklich hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Auffassung, § 25 Abs.3 FSG sehe ein Mindestentziehungsdauer in dem Sinne vor, dass schon die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG zu einer Entziehung der Lenkberechtigung für eine bestimmte Dauer führen müsse, unzutreffend sei (VwGH 2009/11/0207 vom 26. Jänner 2010 u.a.).

 

Nachdem im vorliegenden Falle bei der Annahme einer 5 Monate andauernden Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers diese zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr als 3 Monate andauern wird, kann zum nunmehrigen Zeitpunkt von einer noch 3 Monate andauernden Verkehrsunzuverlässigkeit im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr ausgegangen werden, aus diesem Grunde konnte der Berufung hinsichtlich der Punkte I. und II. des angefochtenen Bescheides Folge gegeben werden.

 

3.2. Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Lt. ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung, das ist im Fall einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides, bei der Behörde begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, welche von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Dabei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in die Richtung bestehen, welche die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige Bedenken sind in einem Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen (VwGH 16. April 2009, 2009/11/0020 u.a.).

 

Unter Berücksichtigung der oben erwähnten fach- bzw. amtsärztlichen Stellungnahmen einerseits und der aktenkundigen Umstände, welche zur verfahrensgegenständlichen Verurteilung durch das Landesgericht Ried im Innkreis geführt haben, erachtet auch der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass im vorliegenden Falle begründete Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers bestehen, welche entsprechende Maßnahmen geboten erscheinen lassen. Die festgesetzte Frist von 4 Wochen erscheint angemessen. Es konnte daher in diesem Punkt der Berufung keine Folge gegeben werden, der Spruch war entsprechend zu konkretisieren.

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. In diesem Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen

 

Mag. Alfred Kisch


 

VwSen-523140/2/Ki/CG vom 16. April 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

FSG §25 Abs3

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 25 Abs 3 FSG ausgesprochen, dass eine Entziehungsdauer von weniger als 3 Monaten nicht festgesetzt werden darf. Trifft daher die Annahme, der Betroffene werde für einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten verkehrsunzuverlässig sein, nicht mehr zu, so darf die Entziehung der Lenkberechtigung nicht ausgesprochen bzw von der Berufungsbehörde nicht bestätigt werden. Ausdrücklich hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Auffassung, § 25 Abs 3 FSG sehe eine Mindestentziehungsdauer in dem Sinne vor, dass schon die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 FSG zu einer Entziehung der Lenkberechtigung für eine bestimmte Dauer führen müsse, unzutreffend sei (VwGH 26.1.2010, 2009/11/0207 ua).

 

 

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