Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231297/2/Gf/Rt

Linz, 25.04.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des R L, vertreten durch RA Dr. H H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 5. April 2012, Zl. Sich96-74-2011, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.      

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 5. April 2012, Zl. Sich96-74-2011, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 62 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 8 Euro) verhängt, weil er am 17. Dezember 2011 um 3:55 Uhr in A behördliche Erhebungen durch ständig beleidigende Worte gegenüber den amtshandelnden Organen massiv erschwert habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 33/2011 (im Folgenden: SPG), begangen, weshalb er nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete Verhalten auf Grund entsprechender zeugenschaftlicher Wahrnehmungen der einschreitenden Sicherheitsorgane als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 5. April 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 18. April 2012 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass es die belangte Behörde verabsäumt habe, auch die von ihm benannten Zeugen einzuvernehmen. Zudem sei wegen dieses Vorfalls seitens des LG Wels bereits für den 20. April 2012 eine Hauptverhandlung angesetzt worden.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung, in eventu eine Aussetzung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Eferding zu Zl. Sich96-74-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 SPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

3.2.1. Im gegenständlichen Fall hat die PI A wegen des verfahrensgegenständlichen Vorfalles in ein und demselben Schriftsatz vom 1. Februar 2012, Zl. B6/5086/2011, nicht nur wegen des Verdachtes einer Übertretung des § 82 Abs. 1 SPG eine Anzeige an die belangte Behörde, sondern auch wegen des Verdachtes eines Vergehens gegen § 88 SPG eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wels erstattet (wobei wegen letzterer seitens des LG Wels eine Hauptverhandlung für den 20. April 2012 terminisiert wurde).

 

3.2.2. In seinem Urteil vom 10. Februar 2009, 14939/03, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nunmehr klargestellt, dass eine Verletzung des Verbotes der Doppelverfolgung bzw. der Doppelbestrafung i.S.d. Art. 4 des 7.ZPMRK stets dann vorliegt, wenn wegen ein und desselben Sachverhalts ("identical or substantially the same facts") eine mehrfache Bestrafung erfolgt. In Abkehr von seiner früheren, sog. "essential elements"-Judikatur ist daher eine parallele Bestrafung nach unterschiedlichen, wenngleich in ihrer rechtspolitischen Zielsetzung (Intention) entsprechend divergierenden Rechtsvorschriften nicht mehr zulässig, wenn und soweit dieser dieselbe Faktenlage zu Grunde liegt (vgl. näher A. Grof, Ne bis in idem – das "Zoltukhin-Urteil" des EGMR, Spektrum der Rechtswissenschaft 1/2011,V&VJ, 1 ff).

 

Gerade dies trifft jedoch – wie sich aus der einheitlichen Anzeige der PI Aschach vom 1. Februar 2012 ergibt – bezüglich des vorliegend bekämpften Straferkenntnisses zu.

 

3.3. Davon ausgehend war der gegenständlichen Berufung sohin schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.


 

Dr.  G r o f

 

 

 

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