Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281402/2/Kl/BRE

Linz, 03.05.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn X, X, vertreten durch X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6. März 2012, Ge96-103-2011-Bd/Dm, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

I.                 Der Berufung wird stattgegeben, dass angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen eingetretener Verjährung eingestellt.

II.             Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs. 1 Z. 3 und 51, Verwaltungsstrafgesetz 1991/VStG.

zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6. März 2012, Ge96-103-2011-Bd/Dm, wurden über dem Berufungswerber Geldstrafen von

1. 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden, und

2. 700 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 i.V.m.

1. § 58 Abs. 3 BauV und

2. § 65 Abs. 4 BauV, verhängt, weil er als Bauherr der Baustelle in X, X, Herrn X, geb. X, auf einem 3-4-etagigen Metallgerüst mit Fassadenarbeiten beschäftigt hat, wobei das Gerüst folgende Mängel aufwies:

1. in der 2., 3. und 4. Etage des Metallgerüstes waren trotz einer Absturzhöhe von ca. 3 bis 7 m die Gerüstlagen mit keinen Fuß- und Mittelwehren, bzw. ein Feld der 2. und 3. Etage des Metallgerüstes im südöstlichen Eckbereich des Objektes auch mit keiner Brustwehr versehen.

Dadurch wurde § 58 Abs. 3, 1. Satz BauV übertreten, wonach bei Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Z. 4 BauV die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 BauV versehen sein müssen.

2. keiner der Steher des etwa 15-20-feldigen, mehrreihigen, freistehend nicht standsicheren Metallgerüstes war verankert.

 

Dadurch wurde § 65 Abs. 4, 1. Satz BauV übertreten, wonach jeder Steher eines mehrreihigen, freistehend nicht standsicheren Metallgerüstes verankert sein muss.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass es sich um eine Privatbaustelle des Berufungswerbers handle und der angetroffene X ein guter Bekannter des Berufungswerbers sei, der im Rahmen der Freundschaftshilfe ausgeholfen habe. Dieser sei weder in einem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis zum Berufungswerber oder zu einem anderen dritten Arbeitgeber. Auch leide das Straferkenntnis unter wesentlichen Feststellungsmängel, weil keine Beweise aufgenommen worden seien. Auch entziehe sich die Höhe der verhängten Strafe jeder Nachvollziehbarkeit. Der Berufungswerber sei unbescholten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass der Bescheid aufzuheben war, war eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG nicht durchzuführen.

 

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Diesen Anforderungen kommt das angefochtene Straferkenntnis insofern nicht nach, als dem Straferkenntnis die Nennung einer Tatzeit bzw. eines Tatzeitpunktes fehlt. Dies ist aber ein wesentliches Tatbestandselement nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Die Anführung der Tatzeit dient im Wesentlichen zur Konkretisierung der Tat und zum Schutz des Beschuldigten davor, wegen derselben Tat noch einmal zur Verantwortung gezogen zu werden.

Aus dem Akt ist ersichtlich, dass weder die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. November 2011 als 1. Verfolgungshandlung noch die niederschriftliche Einvernahme des Berufungswerbers am 22. November 2011 noch ein anderer Verwaltungsakt der belangten Behörde auf den Tatzeitpunkt Bezug nimmt.

Weil seit der Tatbegehung am 6.10.2011, zu entnehmen aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 12.10.2011, die gemäß § 31 Abs. 2 VStG festgesetzte Verfolgungsverjährungsfrist von 6 Monaten bereits verstrichen ist, ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG war daher, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs. 1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Tatzeit, Tatkonkretisierung, Verjährung

 

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