Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166873/2/Br/REI

Linz, 17.04.2012

                                                                                                                                                        

                                                                                                                         

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn M V, geb. x, P, T (CZ),  vertreten durch RA H, G, W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 19. März 2012, Zl. S-54151/11-4, zu Recht:

 

 

 

I.   Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben als die Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage ermäßigt wird.

 

 

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 20 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, , 51 und 51e Abs.2 Z3 VStG.

Zu II.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber als Lenker eines Klein-LKW, obwohl es ihm zumutbar gewesen wäre, sich von dessen Gesamtgewicht nicht überzeugt habe, wobei die Überladung 2.480 kg betragen habe, wobei die höchste zulässige Gesamtmasse 3.500 kg betragen habe. Nach § 102 Abs.1 KFG iVm     § 101 Abs.1 lit.a KFG u. § 134 Abs.1 KFG 1967 wurde eine Geldstrafe von 800,00 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit dreizehn Tage  Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte unter Darstellung des Verfahrensganges in der Begründung des Strafausmaßes im Ergebnis aus, dass derartige Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis zu 5000 €, im Falle ihrer Unein­bringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen seien.

Der von ihm gelenkte LKW mit dem Kennzeichen x (CZ) sei am 01.11.2011 um 19:40 Uhr, in Linz, Regensburger Straße, gegenüber Nr. 5 angehalten, kontrolliert und auf der Brückenwaage der L AG verwogen worden, wobei die oben angeführte Überladung festgestellt worden sei.

Zur Strafhöhe wurde erwogen, dass sowohl die eingehobene Sicherheitsleistung als auch die damit kor­respondierende Höhe der nunmehr verhängten Verwaltungsstrafe den vom Amt der oberösterreichischen Landesregierung mit Schreiben vom 28.8.2006 (VerkR-110.017/106-2006-Vie) vorgeschriebenen Beträgen entspreche. Demnach sei bei einer Überladung von 50% des höchst zulässigen Gesamtgewich­tes ein Betrag von € 500,- vorgeschrieben; für jeden weiteren 2,5%-Schritt sind weitere € 36,- vorge­sehen. Bei dieser Berechnung ergibt sich bei der gegenständlichen Überladung von 170,85% der ver­hängte Betrag von € 800,-.

Durch das mit einer derartig massiven Überladung verursachte geänderte Fahrverhalten eines Kraft­fahrzeuges (Verlängerung des Bremsweges, Veränderung des Fahrzeugschwerpunktes, etc.) und das damit einhergehende erhöhte Unfallrisiko konnte die Behörde aus general- und spezialpräventiven Gründen mit einer geringeren Strafe das Auslangen nicht finden.

 

 

2. In der dagegen fristgerechten vom ausgewiesenen Berufungswerber ausdrücklich nur gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung wird Folgendes ausgeführt:  

"In der umseits bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte gegen die Straferkenntnis der BPD Linz vom 19.3.2012 , S-54151 /11-4, innerhalb offener Frist

 

BERUFUNG.

 

 

Der Bescheid wird zur Gänze wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.

 

Zunächst hat der Beschuldigte nie die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens - nämlich die tatsächliche Überladung - bestritten.

Nur bezüglich der subjektiven Tatseite hat er ausgeführt, dass er sich als Lenker zunächst auf die Gewichtsangaben im Lieferschein bzw. CMR-Papier verlassen hat, wo ja  unmissverständlich  ein Gewicht von „3 Colli" mit 850 kg angegeben wird.

Richtig ist, dass im Zweifelsfalle vor dem Fahrtantritt eine Verwiegung durchgeführt werden müsse, um das tatsächliche Gesamtgewicht des Fahrzeuges feststellen zu können. Aber auch dies kommt allenfalls dann in, Frage, wenn tatsächlich ein "Zweifelsfall" vorliegt oder aber begründete Bedenken an der Richtigkeit des in den Frachtpapieren angeführten Gewichts gegeben, sind.

 

All dies war vorliegend aber nicht der Fall, zumal sowohl der Lenker, als auch der Zulassungsbesitzer sehr wohl das Gesamtgewicht des leeren KFZ und die daraus resultierende gesetzeskonforme Gesamtbeladung von höchstens sehr wohl gekannt haben, so dass im Hinblick auf das in den Frachtpapieren angeführte Gesamtgewicht jedenfalls noch eine "Reserve"  verblieben ist.

 

Ein „allgemeiner Erfahrungssatz"., dass sehr oft das in den Frachtpapieren angegebene Gewicht nicht mit dem tatsächlichen Gewicht der Ladung übereinstimmt ist wohl nicht anzunehmen, jedenfalls nicht in einer derart erheblichen Differenz, dass jeder LKW-Lenker/Zulassungsbesitzer immer bzw. regelmäßig verpflichtet wäre, ohne weiteres die Gewichtsangabe in den Frachtpapieren sofort anzuzweifeln und somit immer und unter allen Umständen stets verpflichtet wäre, sein beladenes Fahrzeug regelmäßig nachzuwiegen.

 

Ein Lenker/Zulassungsbesitzer ist daher zu einer Nachwiegung im „Zweifelsfalle" verpflichtet, wozu allerdings bestimmte Tatsachen bzw. Umstände gehören, welche eben Zweifel an der Richtigkeit aufkommen lassen - diese Lagen nach dem festgestellten Sachverhalt nicht vor.

 

Selbstverständlich hat dies vorliegend keinen Einfluss auf die grundsätzliche Strafbarkeit, zumal ja ein fahrlässiges Verhalten bereits genügt, sodass wenn es dem Beschuldigten insofern auch nicht an jedweden Verschulden mangelt, so ist es unter den gegebenen Umständen - gerade noch - als geringfügig einzusehen.

 

2.) Strafhöhe:

Völlig unklar und in Endeffekt gesetzwidrig ist zunächst die Heranziehung eines „Schreibens des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung vom 28.8.2006, VerkR-110.017/106-2006-Vie " mit irgendwelchen %/€ - gestaffelten Strafbeträgen bei der Strafzumessung.

 

Die hier herangezogenen relevanten Strafbestimmungen des KFG sind Sache der Bundesgesetzgebung, wobei § 134 Abs 1 KFG ausdrücklich einen Strafrahmen von bis zu 5.000,- bestimmt und eine Geldstrafe sohin ausschließlich gem. den für die Strafbemessung maßgeblichen Grundsätzen des § 19 VStG auszumessen ist

 

Danach obliegt es der - insoweit eine Ermessensentscheidung treffenden - Strafbehörde, die Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens (hier: gemäß § 134 KFG) an Hand der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts (§ 19 Abs.1 VStG) und der subjektiven Kriterien des Schuldgehalts (§19 Abs.2 VStG) zu bewerten und entsprechend dieser Bewertung die Strafe festzusetzen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (sinngemäß sind hiefür heranzuziehen: §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches) gegeneinander abzuwägen. Im ordentlichen Strafverfahren sind schließlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Für die Heranziehung irgendwelcher „Schreiben des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung" bei der Ausmessung der Strafe besteht daher überhaupt kein Raum, zumal einem derartigen) regelmäßig nicht entsprechend publizierten, „Schreiben" (auf welcher gesetzlichen Grundlage?) insofern überhaupt keine "Normenqualität" zukommt.

 

Schließlich ist vorliegend jedenfalls aus den persönlichen Verhältnissen, nämlich Einkommens- und Vermögens- bzw. Familienverhältnisse des Berufungswerbers ein Grund für eine (allenfalls spürbare) Herabsetzung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe abzuleiten. Die verhängte Geldstrafe von € 800 mag womöglich auch für derartige Überschreitungen von Lenkern aus Österreich bzw. alten EU-Ländern angemessen sein, welche allerdings über ein Vielfaches am monatlich Nettoeinkommen ins Verdienen bringen, sodass eine Geldstrafe in der Höhe von gcs. € 800, also bei der gebotenen Berücksichtigung der persönlichen Verhältnissen, nämlich Einkommens- und Vermögens- bzw. Familienverhältnisse des Berufungswerbers, nicht als angemessen, ja vorliegend (das 2,5-fache des Netto-Monatseinkommens !) für eine ganze Familie sogar existenzbedrohend erscheint, zumal der Beschuldigte mit umgerechnet € € 357 nur rund 30% des sogenannten Existenzminimums verdient (UVS Bgl. E 002/11/2009.134/002 u.a.)

 

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist eine derartig Hohe Geldstrafe in konkreto auch weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Überlegungen erforderlich gewesen, um den Beschuldigten von derartigen Übertretungen abzuhalten.

 

Angesichts des eher noch als geringfügig anzusehenden Verschuldens des Beschuldigten, seiner geständigen Verantwortung, der Tatsache, dass die gegenständliche Übertretung konkret mit keinerlei Folgen verbunden, war, der Beschuldigte bisher unbescholten (Milderungsgründe überwiegen beträchtlich) ist die Geldstrafe von € 800 (in Form einer einbehaltenen Sicherheitsleistungen) jedenfalls konkret den Beschuldigten persönlich überaus hart treffen würde, wird daher ersucht,

 

im Sinne des § 21 Abs. 1 VSTG von der Verhängung einer Strafe abzusehen; in eventu

 

wird beantragt, die allenfalls zu verhängende Strafe unter Berücksichtigung des geringfügigen Verschuldens sowie der Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten allenfalls spürbar herabzusetzen, zumal die gegenständliche Strafnormen keine Strafuntergrenze vorsehen.

 

W, am 17.2.2012                                                                                                       M V"

 

 

2.1. Diesen Ausführungen kommt weitgehend Berechtigung zu!

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung konnte mangels gesonderten Antrages unterbleiben       (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Recherchiert im Internet wurde die Lohnsituation in Tschechien.

 

 

4. Der Bruttomonatslohn für Kraftfahrer liegt in Tschechien zwischen 540 - 864 Euro (Quelle: Website der Bundesagentur f. Arbeit [Deutschland] - http://www.ba-auslandsvermittlung.de).

Die Behörde erster Instanz lässt hier offenbar außer acht, dass einerseits  "übliche oder von Oberbehörden festgesetzte Sätze für einzuhebende Sicherheitsleistungen" nicht die Bestimmungen des § 19 VStG berühren noch Strafsätze an sich vorgegeben werden können welche die Einkommenssituation eines Betroffenen völlig außer acht lassen dürfen.

Daher ist es nicht nachvollziehbar, dass hier das in Tschechien herrschende Lohnniveau gänzlich unberücksichtigt blieb. Eine Orientierung der Geldstrafe an der Sicherheitsleistung aus praktikablen Überlegungen hinsichtlich der Zahlungsabwicklung vermöchte eine völlig überzogene Geldstrafe ebenso wenig rechtfertigen.

Wenngleich die Überladung als krass bezeichnet werden muss, lassen sich andererseits die näheren Umstände der Überladung und damit das den Berufungswerber treffende Schuldausmaß nicht nachvollziehen, wenngleich wohl von fahrlässiger Begehungsweise zweifelsfrei ausgegangen werden muss.  

In Berücksichtigung der vom Berufungswerber vorgetragenen Umstände, insbesondere jedoch dessen glaubhaft gemachtes Einkommen, scheint mit der nunmehr festgelegten Geldstrafe das Auslangen gefunden zu sein. Geht man beim Berufungswerber von einem zumindest um ein Viertel unter dem österreichischen Durchschnitt liegenden Arbeitereinkommen aus, so entspricht das nunmehr ausgesprochene Strafausmaß auch mit Blick auf den Strafzweck den Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers bzw. ist das Strafausmaß als sachgerecht zu bezeichnen.

Andererseits scheidet die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG jedenfalls angesichts nicht bloß unbedeutender Tatfolgen ex lege aus.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

 

 

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