Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253108/2/BMa/Hk

Linz, 24.04.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann aus Anlass der Berufung des Ing. A H, vertreten durch B Z, Rechtsanwälte  in  L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz Land vom 15. Februar 2012, Zl. SV96-290-2010/Gr, wegen Übertretung des Allgemeines Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

  II.      Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, idgF . BGBl. I Nr. 100/2011, iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, idgF BGBl. I Nr. 100/2011

zu II.: § 66 Abs.1 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz Land vom 15. Februar 2012, SV96-290-2010/Gr, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sehr geehrter Herr Ing. H!

 

Sie haben es als Obmann und somit als gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Person der Firma B , P, S S, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Arbeitgeber Ihrer Verpflichtung, einen von dieser in der Unfallversicherung (Teilversicherung) pflichtversicherten beschäftigten Dienstnehmer - vor Arbeitsantritt - beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden insofern nicht nachgekommen ist, als die angeführte Unternehmung als Dienstgeber zumindest am 8.5.2009 von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr im I, I, L, Werbestand der Firma, die Dienstnehmerin Frau M I, geb., wohnhaft in W,  H, österreichische Staatsbürgerin als Werbedame und somit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit geringfügig - im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 2 ASVG teilversichert - gegen Entgelt - Sachbezug von Käse - beschäftigt hat, ohne diese Arbeitnehmerin - vor Arbeitsantritt - beim zuständigen Krankenversicherungsträger, nämlich der O mit Sitz in L, G   ,   angemeldet  zu   haben. Es bestand keine Ausnahme von der Versicherungspflicht.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 33 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) in der zur Tatzeit geltenden Fassung

 

Spruch:

Von der Verhängung einer Strafe wird abgesehen und Ihnen auf Grund Ihres geringfügigen Verschuldens und der unbedeutenden Folgen der Übertretung eine Ermahnung erteilt.

Rechtsgrundlage:

§ 21 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991"

 

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der relevanten Rechtsgrundlagen aus, das Verschulden des Bw liege darin, dass die Firma B die Arbeitnehmerin I M am 09. Mai 2009 ab 08.00 Uhr beschäftigt habe, ohne sie vor Arbeitsbeginn mit einer zumindest mit den Mindestangaben ausgestatteten Meldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die entsprechende Anmeldung sei erst nach der Kontrolle erfolgt.

 

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass durch die nachträgliche Anmeldung sämtliche Versicherungsbeiträge geleistet worden seien und gegen den Bw bislang keine einschlägigen Verwaltungsübertretungen bekannt seien, habe mit der Erteilung einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden können. Auch die überlange Verfahrensdauer sei als strafmildernd zu werten.

 

1.3. Gegen diesen, dem Bw am 24. Februar 2012 und seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter am 21.03.2012 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung, die am 03. April 2012 bei der belangten Behörde eingebracht wurde.

 

1.4. Die Berufung weist unter Anführung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf die Rechtzeitigkeit der Einbringung hin, weil die angefochtene Ermahnung der ausgewiesenen Rechtsvertreterin erst am 21. März 2012 zugestellt worden sei. Weiters macht sie die Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften und die Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, denn es sei gänzlich unterlassen worden, den Sachverhalt durch die Einvernahme von Zeugen zu ermitteln. In Missachtung der gestellten Beweisanträge des Berufungswerbers liege eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung, überdies sei das angefochtene Straferkenntnis mangelhaft begründet. Auch sei der bekämpfte Bescheid unrichtig rechtlich beurteilt, so würde ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fehlen. I M sei weder in persönlicher noch in wirtschaftlicher Abhängigkeit noch gegen Entgelt von der B beschäftigt gewesen, es sei daher keine Verpflichtung zur Anmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger gemäß § 33 ASVG vorgelegen.

Es wurden die Beweisanträge auf Zeugeneinvernahme der I M, des H S, der H R, des Mag. K W und die Anträge gestellt, die erteilte Ermahnung ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren gegen den Bw einzustellen, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen und danach die angefochtene Ermahnung des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 15. Februar 2012, Gz: SV96-290-2010/Gr, ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen, in eventu von der Erteilung einer Ermahnung gemäß § 21 VStG abzusehen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz Land als belangte Behörde hat die Berufung mit Schreiben vom 04. April 2012, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 19. April 2012, zur Entscheidung vorgelegt.

Da keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. Juli 2009 wurden dem Bw die anlässlich einer Kontrolle am 08. Mai 2009 durch Organe des Finanzamts Linz festgestellte Übertretung zur Kenntnis gebracht. In der darauf folgenden Stellungnahme vom 01. September 2009 wurde die Einvernahme von nunmehr auch im Berufungsverfahren angeführten Zeugen beantragt. Das Finanzamt, als Organpartei, hat am 30. September 2009 eine Stellungnahme abgegeben. Daraufhin erfolgte eine neuerliche Stellungnahme des rechtsfreundlich vertretenen Bw am 11. November 2009, in dem wiederum die Anträge auf Einvernahme der I M und des H S, weiters der H R und des Mag. K W unter Angabe eines Beweisthemas gestellt wurden.

Bei der zeugenschaftlichen Einvernahme der I M am 22. Dezember 2009 bei der Bezirkshauptmannschaft Eferding hat diese angegeben, sie sei für eine erkrankte Werbedame eingesprungen, weil ein ehemaliger Arbeitskollege, der ebenfalls im Krankenstand gewesen sei, sie darum ersucht hätte. Sie habe zugesagt, die Präsentation zu übernehmen, diese aber aus gesundheitlichen Gründen eventuell vor 17.00 Uhr abzubrechen.

Ob das Ersuchen des ehemaligen Arbeitskollegen S der Firmenleitung überhaupt bekannt gewesen sei, könne sie nicht beurteilen. Es sei nicht über eine finanzielle Abgeltung gesprochen worden, sie habe ihre Hilfe aus reiner Kollegialität zugesagt, weil die Firma ihr gegenüber in der Zeit ihres Krankenstandes vor der Pensionierung auch sehr großzügig gewesen sei. Konkrete Arbeitszeiten seien nicht vereinbart worden. Sie habe ihre freiwillige unbezahlte Arbeit nicht als Beschäftigung angesehen, weil sie sich auch keine Käseprodukte der Verkostware mitgenommen habe, diese seien nämlich den ganzen Tag ungekühlt bei Zimmertemperatur gelagert gewesen. Daraufhin erging am 15. Februar 2012 die nunmehr bekämpfte Ermahnung. Der Bescheid wurde dem Bw am 24. Februar 2012 und seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter am 21.03.2012 nachweislich zugestellt.

 

3.2. Der angeführte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Der Verwaltungsakt wurden dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit dem Anfang April 2012 bekämpften Bescheid am 19. April 2012, also ca. zweieinhalb Wochen vor Eintritt der Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs.3 VStG, wonach ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden darf, wenn seit dem Tatzeitpunkt 3 Jahre vergangen sind, vorgelegt.

Innerhalb der dem Unabhängigen Verwaltungssenat verbleibenden Zeit bis 8. Mai 2012 ist es unter Beachtung der dem Bw zuzugestehenden 14-tägigen Vorbereitungsfrist und dem üblichen Postlauf zur Ladung der Parteien und Zeugen nicht mehr möglich, ordnungsgemäß eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und durchzuführen. Eine solche aber kann, weil sie von der Partei beantragt wurde, gemäß § 51e VStG nicht entfallen. Durch das Unterbleiben der beantragten Einvernahme von Zeugen ist im erstinstanzlichen Verfahren der Sachverhalt nicht ausreichend geklärt worden; insbesondere wurde das Verschulden des Bw nicht ausreichend geprüft. Da eine mündliche Verhandlung auf Grund der verbleibenden Zeit von lediglich zweieinhalb Wochen nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt werden kann (siehe oben), kann der Sachverhalt vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht mit dem für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit (Artikel 6 MRK) festgestellt werden. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aus Mangel an Beweisen aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Damit erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf das Berufungsvorbringen.

 

4. Da das gegenständliche Strafverfahren einzustellen war, entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 

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