Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-350095/23/Re/Hk

Linz, 27.04.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die - im Rahmen der Berufungsverhandlung auf das Strafausmaß eingeschränkte - Berufung des D M, L W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C N, W, W, vom 23. November 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 02. November 2011, UR96-224-2011/Bru/Pos, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach den Bestimmungen des Immissionsschutzgesetzes–Luft, nach Durchführung zweier öffentlicher mündlicher Verhandlungen am 25. Jänner 2012 und am 21. März 2012 zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird insoferne Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe auf 400 Euro und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 70 Stunden herabgesetzt wird.

 

II.              Der Berufungswerber hat zum Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

              Der Kostenbeitrag zum Verfahren 1. Instanz verringert sich auf    

         40,- Euro.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG), iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft  Linz-Land vom 02. November 2011, UR96-224-2011/Bru/Pos, wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 30 Abs.1 Immissionsschutzgesetz–Luft in Verbindung mit § 4 Abs.1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, mit der eine Geschwindigkeitsbegrenzung für eine Teilstrecke der  W angeordnet wird, LBGl. Nr. 101/2008, eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 168 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kraftfahrzeuges (PKW) mit dem polizeilichen Kennzeichen , die gemäß § 4 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich festgelegte maximale Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 71 km/h überschritten hat. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde dabei bereits zu seinem Gunsten abgezogen. Tatort ist die , , im Gemeindegebiet A bei Kilometer  in Fahrtrichtung W, Tatzeit der 13. März 2011, 08.54 Uhr. Dies im Wesentlichen mit der Begründung der Tat liege die Anzeige des Landespolizeikommandos für Oö., Landesverkehrsabteilung, vom 15. März 2011  zugrunde. Der Inhalt der Anzeige sei durch Aussagen der beiden Polizeibeamten sowie vorliegender Videoaufzeichnung erwiesen. Anlässlich einer Nachfahrt sei mittels Multavision-Anlage eine Geschwindigkeit von 179 km/h festgestellt worden. Unter Abzug der vorgesehenen Messtoleranz ergebe dies eine Geschwindigkeit von 171 km/h. Die Multavisions-Anlage sei zum Tatzeitpunkt geeicht gewesen. Dem Polizeibeamten sei das Ablesen des polizeilichen Kennzeichens jedenfalls zuzubilligen; sie seien im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in der Lage, über Geschwindigkeit, Kennzeichen, Wagentyp, Wagenfarbe sowie Vorgänge im Straßenverkehr Feststellungen zu treffen und verlässliche Angaben darüber machen zu können. Diese Aussagen der unter Wahrheitspflicht stehenden Polizeibeamten als Zeugen seien glaubwürdig und unbedenklich. Zur Tatzeit sei laut Mitteilung der Abteilung Umweltschutz der gemäß Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich LGBl. Nr. 101/2008 relevante Schwellenwert überschritten worden und daher unter anderem am 13. März 2011 im Zeitraum von 06.40 Uhr bis 09.10 Uhr die Tempo-100-Beschränkung ausgewiesen worden. Die Geschwindigkeitsbeschränkung war somit zum Tatzeitpunkt um 08.54 Uhr zu Recht und ordnungsgemäß kundgemacht. Die Strafermessung sei unter Berücksichtigung des § 19 Abs.2 VStG erfolgt, wobei als strafmildernd die Unbescholtenheit im Verwaltungsbezirk als  straferschwerend die gravierende Geschwindigkeitsüberschreitung gewertet wurde.

 

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C N, W, mit Schriftsatz vom 23. November 2011 innerhalb offener Frist Berufung erhoben und beantragt, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, er bestreite, die Tat begangen zu haben. Die Messung könne nur auf einer Fehlerhaftigkeit des Messgerätes  oder einer Fehlmessung aufgrund einer Fehlbedienung beruhen. Die Behörde habe zu erheben, ob die Eichung des Messgerätes durch Zeitablauf ihre Gültigkeit verliere bzw. ob einer der im § 48 MEG angeführten Gründe gegeben sei. Die Messorgane seien über Inbetriebnahme und Bedienung des Messgerätes einzuvernehmen und die Angaben mit der Bedienungsanleitung zu vergleichen. Aus der Videoaufzeichnung sei nicht ersichtlich, dass es sich beim verfolgten Fahrzeug um jenes des Berufungswerbers handle, das Kennzeichen sei nicht entzifferbar. Bestritten werde, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung mit 100 km/h gesetzmäßig verordnet worden sei. Aus dem Messprotokoll der Luftmessstelle gingen Werte hervor, wonach die Geschwindigkeit am 13.03.2011 zwischen 07.00 und 10.00 Uhr auf 100 km/h zu beschränken gewesen sei. Entsprechend der Auskunft der A sei das Tempolimit während dieses Zeitraumes jedoch zweimal ausgesetzt worden. Es werde bestritten, dass die Grenzwerte überschritten worden seien.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung mit Schreiben vom 30. November 2011 samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei aufgrund der Tatsache, dass keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde sowie durch Anberaumung und Durchführung von mündlichen Berufungsverhandlungen am 25. Jänner 2012 und am 21. März 2012, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber hat an den mündlichen Verhandlungen nicht teilgenommen, sondern war jeweils durch seinen Rechtsvertreter vertreten, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters war der verkehrstechnische Amtssachverständige geladen und hat dieser im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25.01.2012 gutachtliche Äußerungen zur Auswertungen der dem Berufungswerber bekannten und im Akt befindlichen Videoaufzeichnungen über die Geschwindigkeitsmessung abgegeben und dem Straferkenntnis zugrunde liegende Daten wie Tattag, Tatzeit, Nachfahrdistanzmessdauer, Messwerte, gemessene Geschwindigkeit etc. bestätigt bzw. unbestritten festgestellt. Ausdrücklich festgehalten wurde, dass sich der Tiefenabstand zwischen dem Fahrzeug der Polizeibeamten und dem Fahrzeug des Berufungswerbers während der Messdauer nicht wesentlich geändert hat und somit konstant war, Veränderungen, die das Messergebnis beeinflussen, somit nicht vorliegen. Eine wesentliche Verringerung des Abstandes zum Fahrzeug des Berufungswerbers, was eine neuerliche Berechnung erforderlich gemacht hätte, hat nicht stattgefunden. Elemente, die bei der gegenständlichen Geschwindigkeitsfeststellung einer Eichung bedürfen, sind lediglich der Tacho sowie der Abrollumfang des Reifens des Polizeifahrzeuges. Der diesbezügliche Eichschein liegt im Akt auf, ist der Vertretung des Berufungswerbers bekannt und wird in der Folge nicht bezweifelt. Nach den Aussagen des Amtssachverständigen ist eine Bedienung der Kamera lediglich durch Ein- und Ausschalten notwendig, ab dem Einschalten werden alle relevanten Daten betreffend Geschwindigkeit und zurückgelegter Wegstrecke sowie Durchschnittsgeschwindigkeit angezeigt. Weiters wurde vom Amtssachverständigen beim Betrachten des gesamten Videos ausdrücklich festgestellt, dass das Kennzeichen des Fahrzeuges des Berufungswerbers zweifelsfrei ablesbar war. Es wurde spätestens bei wiederholtem Abspielen des Videos zweifelsfrei als  abgelesen. Dieser Feststellung wurde von der Vertreterin des Berufungswerbers nicht widersprochen und keine weitere Erklärung abgegeben.

Von den die Amtshandlung durchführenden Polizeiorganen wird im Rahmen der unter Wahrheitspflicht stattgefundenen zeugenschaftlichen Einvernahme übereinstimmend ausgeführt, dass zum Tatzeitpunkt der sogenannte "IG-L 100er" geschaltet war. Das Fahrzeug des Berufungswerbers sei aufgrund erhöhter Geschwindigkeit aufgefallen und die Videoeinrichtung eingeschaltet und nach Einhaltung eines annähernd gleichbleibenden Abstands die Messung mit Drücken des Startknopfes gestartet worden. Die Messung habe über eine Strecke von zumindest 1000 m stattgefunden, ein Eichschein sei vorhanden und seien die vorgesehenen Reifen in der Dimension 205/55/R16 montiert gewesen. Zweifelsfrei und im Video unbestritten feststellbar war darüber hinaus die Tatsache, dass die auf Überkopfwegweiser IG-L-Geschwindigkeitsbegrenzung zum Tatzeitpunkt – somit am Video sichtbar – zweifelsfrei eingeschaltet war. Festgehalten von den befragten Polizeiorganen wird auch die Tatsache, dass sich im Zeitraum der durchgeführten Messung eine wesentliche Abstandsverringerung zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht stattgefunden hat.

 

Im Rahmen der durchgeführten Fortsetzungsverhandlung am 21. März 2012 hat schließlich der Vertreter des Berufungswerbers ausdrücklich erklärt, seine Berufung auf die Strafhöhe einzuschränken und ersucht, die ausgesprochene Strafe unter Berücksichtigung der gleichzeitig vorgelegten Unterlagen betreffend Sorgepflicht, Familienbeihilfe sowie Notstandshilfe entsprechend herabzusetzen. In der gleichzeitig vorgelegten Lohn/Gehaltsabrechnung von Jänner 2012 wird ein Monatslohn von 185 Euro bzw. ein Tagesgeld in der Höhe von 33 Euro ausgewiesen. Weiters vorgelegt wurde eine Mitteilung des AMS über die Leistung von Notstandshilfe für den Zeitraum zwischen 11. Oktober 2011 bis zum 25. März 2012 und eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe des Finanzamtes Wien, wonach er sorgepflichtig für zwei Kinder ist, nämlich für M D, geb.  und M D, geb.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 30 Abs.1 Z4 Immissionsschutzgesetz–Luft (IG-L) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, wer einer gemäß §§ 14 und 16 Abs.1 Z4 erlassenen und entsprechend kundgemachten Anordnung gemäß § 10 zuwider handelt.

 

Mit Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Oktober 2008, LGBl. Nr. 101/2008, ausgegeben und versendet am 31. Oktober 2008 wurde eine solche Anordnung (Geschwindigkeitsbeschränkung) grundsätzlich erlassen. Die Kundmachung dieser Verordnung erfolgte - § 14 Abs.6c in Verbindung mit § 5 Abs.1 IG-L entsprechend – mittels Verkehrsbeeinflussungs­system. Die gesetzmäßige Verordnung der Geschwindigkeitsbegrenzung ist somit aktenkundig, liegt der ständigen Judikatur des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich als ordnungsgemäß kundgemachte Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Oktober 2008, LGBl. Nr. 101/2008, zugrunde und hat bereits der Überprüfung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes standgehalten.

 

5.2. Die belangte Behörde hat grundsätzlich die objektiven und subjektiven Strafermessungsgründe nach § 19 Abs.1 und 2 VStG herangezogen und auch Erschwerungs- und Milderungsgründe angeführt. Weitere Erschwerungs- und Milderungsgründe hat der Berufungswerber in seiner Berufung nicht vorgebracht und sind im Zuge des Berufungsverfahrens auch nicht hervorgekommen. Die Heranziehung von geschätzten Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen erfolgte von der belangten Behörde mangels eingeforderter Angaben durch den Berufungswerber im Verfahren 1. Instanz zu Recht .

Im Zuge der zweiten Berufungsverhandlung hat der Vertreter des Berufungswerbers jedoch ergänzende Unterlagen im Bezug auf Einkommens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers vorgelegt und nachgewiesen, dass der Berufungswerber für zwei minderjährige Kinder unterhaltspflichtig ist und dass er Familienbeihilfe bezieht. Vom AMS wird mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 bestätigt, dass der Berufungswerber zumindest bis zum 25. März 2012 Notstandshilfe im Ausmaß von 13,25 Euro pro Tag erhält. Die Gehaltsabrechnung Jänner 2012 weist ein lohnsteuerpflichtiges Monatsgehalt von 185 Euro sowie eines Tagesgeldes von 33 Euro auf.

 

Auf Grund dieser, die Höhe der erstinstanzlich vorgenommenen Schätzung nicht erreichenden Einkommenssituation war es aus Sicht der Berufungsbehörde erforderlich, die verhängte Geldstrafe entsprechend herabzusetzen. Dies obwohl die belangte Behörde bei der Festsetzung des verhängten Strafbetrages ohnehin im unteren Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens, welcher Geldstrafen bis zu 2.180 Euro vorsieht, blieb und obwohl eine wesentliche Übertretung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorlag. Letzteres ist auch der Grund, dass eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe nicht mehr möglich war und die verhängte Geldstrafe somit nach Auffassung der Berufungsbehörde nunmehr jedenfalls auch als tat- und schuldangemessen anzusehen ist.

 

Es sind für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates jedoch keinerlei Gründe ersichtlich, die ein Absehen von der verhängten Strafe rechtfertigen würden. Es liegen die Voraussetzungen nach §§ 20 und 21 VStG keinesfalls vor und wurden solche auch nicht vorgebracht.

 

5.3. Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Berufungswerber somit durch das vorliegende Straferkenntnis zu Recht bzw. nunmehr im entsprechenden Ausmaß bestraft wurde .

 

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe erschien unter Berücksichtigung des § 16 Abs.2 VStG im Vergleich zur nur mäßigen Ausschöpfung des Strafrahmens bei der Bemessung der Geldstrafe als nicht schlüssig nachvollziehbar und war daher im Verhältnis zur verhängten Geldstrafe herabzusetzen.

 

Insgesamt war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

Zu II.: Aufgrund des Ergebnisses des Berufungsverfahrens war dem Berufungswerber für das Berufungsverfahren kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vorzuschreiben und der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens entsprechend zu vermindern. Dies ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

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