Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390307/2/Gf/Rt

Linz, 10.05.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des M H, vertreten durch die RAe Dr. W E, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 11. Mai 2011, Zl. 11221/2011, wegen zwei Übertretungen des Verbraucherkreditgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 7 Stunden herabgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass es in dessen Spruchpunkt a) anstelle des Satzes "Herr M D wurde weder vor Vertragsabschluss über die Kreditbedingungen informiert noch wurde das Informationsformular nach Anhang II verwendet." nunmehr "Das Informationsformular nach Anhang II zum Verbraucherkreditgesetz wurde nicht verwendet." zu heißen hat und in Spruchpunkt b) die Wendungen "Z 1: Die Art des Kredites", "Z 4: der Gesamtkreditbetrag und die Bedingungen für die Inanspruchnahme", "Z 6: der Sollzinssatz" und "Z. 9: Recht auf Tilgungsplan" jeweils zu entfallen haben.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf insgesamt 40 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 11. Mai 2011, Zl. 11221/2011, wurden gegen den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 17 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: jeweils 50 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 1.100 Euro) verhängt, weil er es als Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser mit einem Dritten eine Vereinbarung bezüglich Vermittlungsgebühren in einer Höhe von mehr als 200 Euro abgeschlossen worden sei, ohne jenen zuvor über die Kreditbedingungen informiert sowie in den Kreditvertrag sämtliche gesetzlich zwingend vorgesehenen Angaben aufgenommen zu haben. Dadurch habe er eine Übertretung der §§ 6 und 9 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 25 Abs. 1 des Verbraucherkreditgesetzes, BGBl.Nr. I 28/2010 (im Folgenden: VKrG), begangen, weshalb er nach § 28 Z. 9 i.V.m. Z. 2 bzw. Z. 4 VKrG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete Verhalten auf Grund einer Anzeige der Arbeiterkammer Oberösterreich und weiterer Erhebungen der belangten Behörde als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei als erschwerend zu werten gewesen, dass bereits eine Vormerkung vorliege. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien in diesem Zusammenhang entsprechend berücksichtigt worden (monatliches Nettoeinkommen: 1.572,69 Euro; Sorgepflichten ein Kind).

1.2. Gegen dieses ihm am 31. Mai 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. Juni 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber – auf das Wesentliche zusammengefasst – vor, dass dem Kunden der GmbH kein entgeltlicher Zahlungsaufschub gewährt worden und das VKrG somit auf den vorliegenden Fall gar nicht anwendbar sei. Davon ganz abgesehen sei auch die Heranziehbarkeit jener von der belangten Behörde bemängelten Vertragsklausel hier ohnedies explizit ausgeschlossen worden. Da sich der der Kunde von Anfang an für eine Ratenzahlung entschieden habe, sei weder die entsprechend günstigere Summe für den Fall einer sofortigen Gesamtzahlung zum Vertragsinhalt erklärt noch ein Zahlungsaufschub vereinbart worden. Außerdem seien sowohl die Art des Kredits, der Gesamtkreditbetrag, der effektive Jahreszinssatz und der Verzugszinssatz jeweils hinreichend deutlich dargestellt worden, während ein verbundener Kreditvertrag entgegen der Annahme der Erstbehörde nicht vorliege und ein Hinweis auf ein außergerichtliches
Beschwerde- und Schlichtungsverfahren – wegen des Nichtbestehens eines solchen – nicht erforderlich gewesen sei.

Da infolge fehlender Judikatur und Literatur zum erst kürzlich erlassenen VKrG die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsauffassung nicht als unvertretbar angesehen werden könne und somit – wenn überhaupt – bloß ein geringfügiges Verschulden vorliege, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe bzw. die Erteilung einer bloßen Ermahnung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 11221/2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 28 Z. 9 VKrG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro zu bestrafen, der gemäß § 28 Z. 2 i.V.m. § 6 VKrG die gesetzlich gebotenen vorvertraglichen Informationspflichten nicht oder nicht vollständig erfüllt, sowie derjenige, der nach § 28 Z. 4 VKrG nicht alle i.S.d. § 9 VKrG vorgesehenen Angaben in einen Kreditvertrag aufnimmt.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass die GmbH des Rechtsmittelwerbers einem (damals 21 Jahre alten) Konsumenten am 9. November 2011 den Abschluss einer fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung mit einem in Luxemburg ansässigen Versicherungsunternehmen vermittelt und hierfür mit ihm eine "Vermittlungsgebührenvereinbarung" (im Folgenden kurz: "Vereinbarung") abgeschlossen hat. Hauptinhalt dieser Vereinbarung war die Leistung einer Vermittlungsgebühr, und zwar nach Wahl des Kunden entweder (laut Pkt. 3.1. dieser Vereinbarung) in Form einer Einmalzahlung in einer Höhe von 7,195% der Gesamtprämiensumme der Versicherung ( 8.041,48 Euro) oder (laut Pkt. 3.2. dieser Vereinbarung) in Form von Teilzahlungen (60 Monatsraten á 145,18 Euro) in einer Höhe von (insgesamt) 7,794% der Gesamtprämiensumme ( 8.710,80 Euro) mit einem effektiven Jahreszinssatz von 3,36%, wobei sich der Konsument hier (durch Ankreuzen des dafür vorgesehen Kästchens auf dem Vertragsformular) für die Letztere dieser beiden Alternativen entschieden hat.

Dadurch ist gesamthaft betrachtet ein Verbraucherkreditvertrag i.S.d. § 2 Abs. 1 bis 3 VKrG (arg. "oder eine sonstige Kreditierung einräumt"; vgl. § 2 Abs. 1 VKrG) zu Stande gekommen, für den die Bestimmungen des 2. Abschnitts, d.s. die §§ 4 bis 17 des VKrG, gelten.

 

3.3. In diesem Zusammenhang sieht § 6 Abs. 1 VKrG u.a. zwingend vor, dass für die Mitteilung der in § 6 Z. 1 bis Z. 19 VKrG angeführten Informationen das gemäß Anhang II zum VKrG vorgesehene Formular "Europäische Standardinformationen für Kreditierungen nach dem Verbraucherkreditgesetz" heranzuziehen ist.

 

Dass dieses Formular im gegenständlichen Fall jedoch zweifelsfrei nicht verwendet wurde, wird auch vom Beschwerdeführer selbst gar nicht in Abrede gestellt, sodass er insoweit tatbestandsmäßig gehandelt hat.

 

Hingegen trifft – wie sich aus den "Allgemeinen Bedingungen für die Vermittlungsgebührenvereinbarung" (im Folgenden kurz: "Allgemeine Bedingungen) ergibt, auf die in Pkt. 7 der Vereinbarung auch explizit hingewiesen wurde – die Anlastung, dass der Kreditnehmer vor Vertragsabschluss über die Kreditbedingungen überhaupt nicht informiert worden wäre, (jedenfalls in der im Spruch des Straferkenntnisses formulierten Allgemeinheit) nicht zu.

 

3.4. Weiters sieht § 9 Abs. 2 VKrG unmissverständlich vor, dass in Verbraucherkreditverträgen u.a. die Art des Kredits (Z. 1), der Gesamtkreditbetrag und die Bedingungen für die Inanspruchnahme (Z. 4), der Sollzinssatz (Z. 6), das Recht auf einen Tilgungsplan (Z. 9), der Verzugszinssatz (Z. 12), die Rechte aus verbundenen Kreditverträgen (Z. 17) und das allfällige Bestehen eines Zugangs zu einem außergerichtlichen Beschwerde- oder Schlichtungsverfahrens (Z. 20) jeweils klar und prägnant anzugeben sind.

 

Während die im vorliegenden Fall getroffene Vereinbarung (samt den ihr angeschlossenen Allgemeinen Bedingungen) zweifelsfrei keine Hinweise über einen Verzugszinssatz, über Rechte aus verbundenen Kreditverträgen (um einen solchen handelt es sich hier jedenfalls zufolge der weiten Begriffsbestimmung des § 13 Abs. 1 Z. 2 lit. b VkrG) und das Bestehen oder Nichtbestehen eines außergerichtlichen Beschwerde- oder Schlichtungsverfahrens enthält, sieht der Oö. Verwaltungssenat dem gegenüber die darin in Verbindung mit den Allgemeinen Bedingungen enthaltenen Informationen über die Art des Kredits (nämlich: Ratenzahlung), den Gesamtkreditbetrag (nämlich: Gesamtsumme aller Raten minus Höhe einer allfälligen Einmalzahlung), den Sollzinssatz (nämlich: "effektiver Jahreszinssatz") und einen Tilgungsplan (nämlich: 60 Monatsraten) unter Zugrundelegung eines durchschnittlich gebildeten und interessierten Verbrauchers als (teilweise noch) ausreichend an; insoweit erweist sich daher die Tatanlastung unter Spruchpunkt b) des angefochtenen Straferkenntnisses als unzutreffend.

 

3.5. Indem der Rechtsmittelwerber jedoch im Übrigen solche Anforderungen, die sich unmittelbar und unzweideutig bereits aus dem Gesetzestext ergeben, nicht erfüllt hat, ist ihm auch kein entschuldigender Rechtsirrtum zugute zu halten, sondern vielmehr zumindest fahrlässiges, weil die in Verkehrskreisen des Beschwerdeführers objektiv zu erwartende Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen habendes Handeln anzulasten.

 

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben, wobei die Folgen der Übertretung aus der Sicht des Kreditnehmers angesichts eines Differenzbetrages von nahezu 700 Euro (der ca. einem Drittel seines monatlichen Nettoeinkommens entspricht) auch nicht als "unbedeutend" i.S.d. § 21 Abs. 1 VStG angesehen werden können.

 

3.6. Aus allen diesen Gründen findet es daher der Oö. Verwaltungssenat insbesondere unter Berücksichtigung der eingeschränkten Tatanlastung und der Einkommens- und Vermögenssituation des Rechtsmittelwerbers als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die verhängte Geldstrafe gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG auf jeweils 200 Euro und davon ausgehend die Ersatzfreiheitsstrafe auf jeweils 7 Stunden herabzusetzen.

 

Im Übrigen war die Berufung hingegen als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, dass es in dessen Spruchpunkt a) anstelle des Satzes "Herr M D wurde weder vor Vertragsabschluss über die Kreditbedingungen informiert noch wurde das Informationsformular nach Anhang II verwendet." nunmehr "Das Informationsformular nach Anhang II zum Verbraucherkreditgesetz wurde nicht verwendet." zu heißen hat und in dessen Spruchpunkt b) die Wendungen "Z 1: Die Art des Kredites", "Z 4: der Gesamtkreditbetrag und die Bedingungen für die Inanspruchnahme", "Z 6: der Sollzinssatz" und "Z. 9: Recht auf Tilgungsplan" jeweils zu entfallen haben.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf insgesamt 40 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Beschwerdeführer hingegen gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

Dr.  G r ó f

 

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