Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523106/5/Zo/Bb/Rei

Linz, 30.04.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung des S G, geb. , H, M, vom 1. März 2012, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 23. Februar 2012, GZ VerkR21-27-2011, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klasse B, zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

iVm §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.1 Z2 und Abs.3 Z9, 7 Abs.4, 24 Abs.1 Z1 und 25 Abs.3 Führerscheingesetz 1997 – FSG. 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Perg hat in Bestätigung des vorangegangenen Mandatsbescheides vom 23. November 2011, GZ VerkR21-27-2011, mit Bescheid vom 23. Februar 2012, GZ VerkR21-27-2011, S G (dem nunmehrigen Berufungswerber) die von der Bezirkshauptmannschaft Perg für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG für die Dauer von sieben Monaten, gerechnet ab 20. Dezember 2011 (Zustellung des Mandatsbescheides) bis einschließlich 20. Juli 2012, entzogen und festgestellt, dass für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung keine Lenkberechtigung neu erteilt werden darf.

Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 29. Februar 2012, hat der Berufungswerber rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 1. März 2012 – Berufung erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern,  dass ihm das Lenken von M (seinem Wohnsitz) bis St. X  zur Baustelle U (Arbeitsplatz) und zurück gestattet werde.  

 

Begründend führt er an, seit Jänner bei der Firma U, A, als Schichtarbeiter beschäftigt zu sein. Durch die Entziehung der Lenkberechtigung werde ihm jedoch die Chance genommen, einer geregelten Arbeit nachzugehen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Perg hat die Berufungsschrift ohne Berufungsvorentscheidung unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 5. März 2012, GZ VerkR21-27-2011, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg und in die Berufung sowie in das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 12. April 2012, GZ 33 Hv 14/11x.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat – aus den genannten Beweismitteln - folgender rechtlich relevanter Sachverhalt, der seiner Entscheidung zu Grunde liegt: 

 

Der Berufungswerber wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19. Jänner 2011, GZ 23 Hv 167/10x, wegen des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach § 87 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß der Dauer von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren gemäß § 43a Abs.3 StGB bedingt nachgesehen wurde. Der unbedingte und zu vollziehende Teil der Freiheitsstrafe beträgt demnach 7 Monate. Das strafgerichtliche Urteil ist seit 19. Jänner 2011 rechtskräftig.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Berufungswerber am 26. Juli 2010 in x einer männlichen Person eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs.1 StGB) und zwar eine Stichwunde am Brustkorb hinten links mit Eröffnung des Brustraumes und daraus resultierend einen Pneumothorax sowie eine Stichwunde an der linken Mittelbauchgegend mit Eröffnung des Bauchraumes, welche operativ versorgt werden mussten, dadurch absichtlich zugefügt hat, dass er mit einem Messer (Klingenlänge 8 cm) zweimal auf die Person einstach. Im Hinblick auf die Strafbemessung wurde seitens des Strafgerichtes als mildernd das reumütige Geständnis des Berufungswerbers gewertet, als erschwerend eine Vorstrafe und der rasche Rückfall.

 

Dieser Vorfall vom 26. Juli 2010 war Anlass für die Erlassung des nunmehr angefochtenen Entziehungsbescheides.

 

Festzuhalten ist weiters, dass der Berufungswerber im Strafregister weitere strafgerichtliche Verurteilungen aufweist. Bereits mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 22. Jänner 2010, GZ 23 Hv 191/2009z, war der Berufungswerber rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 4 Monaten zunächst unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren wegen §§ 50 Abs.1/2 WaffG, 83 Abs.2, 83 Abs.1 StGB (Körperverletzung), 125 StGB (Sachbeschädigung) und 107 Abs.1 StGB (gefährliche Drohung) verurteilt worden. Auf Grund des Vorfalles vom 26. Juli 2010 wurde bezüglich der damals bedingt verhängten Freiheitsstrafe von 4 Monaten die Probezeit gemäß § 494a Abs.6 StPO auf 5 Jahre verlängert.

 

Weiters wurde er mit Urteil des Bezirksgerichtes Enns, GZ 2U 64/2010d vom 1. September 2010 wegen Verstoßes gegen § 27 Abs.1 Z1 1. und 2. Fall und Abs.2 SMG (unerlaubter Umgang mit Suchtgiften – Erwerb und Besitz) rechtskräftig bestraft.

 

Die bislang letzte strafgerichtliche Verurteilung ist im Jahr 2011 aktenkundig. Der Berufungswerber wurde damals mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 12. April 2011, GZ 33 Hv 14/11x, wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15 Abs.1, 144 Abs.1, 145 Abs.1 Z1 StGB und der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs.1 StGB, der Körperverletzung gemäß § 83 Abs.1 StGB, der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs.1 StGB, der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs.1 StGB und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel gemäß § 241e Abs.3 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wobei die Freiheitsstrafe im Umfang von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dieser Vorfall hatte sich am 14. Jänner 2011 ereignet.

 

Laut den Eintragungen im Zentralen Führerscheinregister handelt es sich gegenständlich um die erste führerscheinrechtliche Maßnahme (Entziehung der Lenkberechtigung) zum Nachteil des Berufungswerbers.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat hierüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2  FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

 

5.2. Der Berufungswerber wurde mit rechtskräftigem Strafurteil des Landesgerichtes Linz vom 19. Jänner 2011, GZ 23 Hv 167/10x, wegen des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt. Er hat demnach eine strafbare Handlung nach § 87 Abs.1 StGB begangen, welche eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z9 FSG darstellt und gemäß § 7 Abs.4 FSG einer Wertung zu unterziehen ist.

 

Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben (sogenannte Gewaltdelikte) stellen einen besonders schweren Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar und sind daher als besonders verwerflich und gefährlich anzusehen. Der gegenständliche Vorfall vom 26. Juli 2010 hat gezeigt, dass der Berufungswerber eine überdurchschnittlich hohe Bereitschaft zur Gewaltanwendung aufweist. Sein Verhalten ist als besonders verwerflich zu beurteilen, da er letztlich eine Person absichtlich durch zwei Messerstiche am Brustkorb und im Bauchbereich so schwer verletzte, dass eine operative Versorgung der zugefügten Verletzungen erforderlich war.

 

Nach der sich darstellenden Aktenlage liegt gegenständlich kein Fall der Erstmaligkeit der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung vor, vielmehr ist der Berufungswerber sowohl vor als auch nach dem Vorfall vom 26. Juli 2010 wegen Verwirklichung strafgerichtlicher Tatbestände verurteilt worden. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass er bereits am 22. Jänner 2010 wegen Körperverletzung (§§ 83 Abs.2, 83 Abs.1 StGB) - und damit auch bereits wegen eines Aggressionsdeliktes – sowie nach §§ 50 Abs.1/2 WaffG, 107 Abs.1 StGB (gefährliche Drohung) und 125 StGB (Sachbeschädigung) rechtskräftig schuldig erkannt wurde.

 

Weiters ist nachteilig zu berücksichtigen, dass er am 1. September 2010 wegen unerlaubtem Umgang mit Suchtgiften nach § 27 Abs.1 Z1 1. und 2. Fall und Abs.2 SMG verurteilt wurde.  

 

Bislang letztmalig wurde der Berufungswerber am 14. Jänner 2011 straffällig: Mit Urteil vom 12. April 2011 wurde er wiederum wegen Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB, weiters wegen versuchter schwerer Erpressung (§§ 15 Abs.1, 144 Abs.1, 145 Abs.1 Z1 StGB), Freiheitsentziehung (§ 99 Abs.1 StGB), dauernder Sachentziehung (§ 135 Abs.1 StGB), Urkundenunterdrückung (§ 229 Abs.1 StGB) und Entfremdung unbarer Zahlungsmittel (§ 241e Abs.3 StGB) rechtskräftig für schuldig befunden. Diese Delikte beging er großteils unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges.

 

Der Berufungswerber ist damit innerhalb eines Zeitraumes von rund 1 Jahr insgesamt vier Mal strafgerichtlich in Erscheinung getreten, wobei er anlässlich des ersten und letzten Vorfalles jeweils mehrere Vergehen bzw. Verbrechen verwirklicht hat.

Seit dieser letzten Tat (14. Jänner 2011) hat der Berufungswerber zwar offensichtlich keine weiteren Straftaten begangen, jedoch erscheint dieser Zeitraum seines Wohlverhaltens viel zu kurz, als dass er seine Verkehrszuverlässigkeit bereits wiedererlangt hätte. Es darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass in diesem Zeitraum das gerichtliche Strafverfahren durchgeführt und auch das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung anhängig war und daher einem Wohlverhalten - wenn überhaupt - nur untergeordnete Bedeutung zukommen kann.

 

Selbst wenn es sich gegenständlich um die erstmalige Entziehung seiner Lenkberechtigung handelt, ist unter Berücksichtigung sämtlicher innerhalb kürzester Zeit begangenen Straftaten zu befürchten, dass der Berufungswerber bei Belassung der Lenkberechtigung wegen der damit verbundenen erhöhten Mobilität weitere schwere strafbare Handlungen begehen würde. Es bedarf daher insgesamt durchaus der von der Bezirkshauptmannschaft Perg verfügten Entziehungsdauer im Ausmaß von 7 Monaten, bis der Berufungswerber seine Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt. Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit beträgt insgesamt (gerechnet ab der letzten begangenen Straftat am 14. Jänner 2011) circa 18 Monate. Diese Dauer erscheint im Hinblick auf die Brutalität mit der der Berufungswerber bei der Begehung der Tathandlungen teilweise vorgegangen ist, durchaus angemessen und steht auch in Einklang mit der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Unterschreitung dieser festgesetzten Entzugsdauer ist auf Grund der Verwerflichkeit der begangenen Taten nicht möglich.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen (VwGH 22. Oktober 2002, 2001/11/0108).

 

Persönliche und berufliche Interessen des Berufungswerbers am Besitz der Lenkberechtigung haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses außer Betracht zu bleiben. Seinem Berufungsbegehren, ihm das Lenken vom Wohnsitz bis zum Arbeitsplatz und zurück zu gestatten, konnte damit in diesem Sinne kein Erfolg beschieden werden.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle der Verkehrsunzuverlässigkeit eines Inhabers einer Lenkberechtigung begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

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