Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550604/3/Wim/Rd

Linz, 11.05.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der X AG, X, X, vom 4. Mai 2012 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der X Xgesellschaft mbH betreffend das Vorhaben "X", zu Recht erkannt:

 

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin  X X mbH die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 4. Juli 2012, untersagt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 68/2010.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 4. Mai 2012 hat die X (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu unter­sagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschal­gebühren in Höhe von insgesamt 7.500 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin hiezu im Wesentlichen aus, dass das vorliegende Beschaffungsvorhaben im Wege eines offenen Verfahrens durch Einladung zur Angebotsabgabe vom 19.1.2012 zur Zahl GBM-BT-340005/0118-2012-PFE/HIE, eingeleitet worden sei. Gegenständlich handle es sich um einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich und erfolge der Zuschlag nach dem Billigstbieterprinzip. Die Antragstellerin habe ein ausschreibungs- und vergabe­rechtskonformes Angebot gelegt und habe am 29.2.2012 um 9.30 Uhr die Angebotseröffnung stattgefunden.

 

Aus dem Angebotsöffnungsprotokoll sind nachstehend angeführte Bieter samt deren Angebote ersichtlich:

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

 

Beim Bieter 10 sei in der Spalte "vorgelesene Beilagen" kein Begleitschreiben angeführt worden – dies im Gegensatz zur Antragstellerin, welche ein Begleitschreiben mit einer Erklärung gemäß § 106 Abs.7 letzter Satz BVergG 2006 abgegeben habe und dieser Umstand auch im Protokoll festgehalten wurde.

 

Als Leitprodukt hinsichtlich der OG 01 KG 20 Brandmeldeanlage sei von der Auftraggeberin in der Ausschreibung ein Fabrikat der Firma X angegeben worden. Im Zusammenhang mit der Erstellung des Anbots seien von der Antragstellerin Anbote verschiedener Unternehmen für Brandmeldeanlagen eingeholt worden.

Es sei speziell für dieses Projekt von der Firma X (als möglicher Lieferant) der Antragstellerin gegenüber ein preislich überaus günstiges Angebot für eine Brandmeldeanlage abgegeben worden. Auf Anfrage habe sich herausgestellt, dass für die Firma X das Projekt des Neubaus der X ein wichtiges Referenzprojekt darstelle, weshalb von der Firma X ein sehr günstiges Angebot einer aus ihrer Sicht gleichwertigen Brandmeldeanlage abgegeben worden sei. Es sei davon auszugehen, dass ein solches Produkt auch anderen Bietern angeboten wurde und somit der präsumtive Zuschlagsempfänger das Produkt der Firma X angeboten habe.

 

In der Ausschreibung sei seitens der Auftraggeberin unter der Pos. 0120 H 100 A ff als Leitprodukt für die Brandmeldeanlage ein System der Firma X "IQ 8 Control" ausgeschrieben worden. Die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Produkte seien von der Firma X, Produktreihe "x".

 

Die hauptsächlichen Unterschiede seien in den einzelnen Komponenten der jeweiligen Systeme zu finden. Brandmeldeanlagen sind in sich geschlossene, mikroprozessgesteuerte Systeme, welche untereinander nicht kompatibel seien. Dies bedeute, dass man einzelne Komponenten des einen Systems nicht an ein anderes System anschließen könne. Somit folge, wenn nur eine Komponente nicht den Ausschreibungsbedingungen entspreche, der gesamte Bereich der Brandmeldeanlage nicht der Ausschreibung entspreche, weil man nicht nur einen Teil vom Leitprodukt verwenden und diesen dann mit einem Alternativprodukt zusammenschließen könne. Dies sei technisch unmöglich.

 

In der Ausschreibung sei unter Pkt. 01 20H411E Folgendes angeführt:

"Mit integrierter, busversorgter Blitzleute, Warntonalarmgeber ….

… Bis zu 19 anwählbare unterschiedliche Tonmuster im Melder verfügbar. .. Einstellbare Lautstärkenregelung in 8 Stufen möglich.

…. Schallpegel 92 dB(A) +/2dB(A) bei 1m, DIN ton, 90° …."

 

Das entsprechende Bauteil, welches von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angeboten worden sei, weise folgende maßgeblichen Eckdaten auf (lt. Datenblatt Zwischensockel akustisch bzw Zwischensockel optisch/akustisch FDSB221, FDSB229 Sinteso TM ):

"Zwischensockel akustisch FDSB221 und Zwischensockel optisch/akustisch FDSB229

-           11 Tonarten wählbar, 2 Auslösestufen programmierbar

-           Schallpegel bis zu 83 dBA einstellbar

….

Schallpegel (Alarmlautstärke) 77 … 83 dBA 77 … 83 dBA".

 

Angemerkt sei auch, dass beim Produkt der Firma X die Signalgebung des Brandmelders – nicht wie beim Leitprodukt der Ausschreibung angegeben – sich nicht im Melder selbst befinde, sondern in dessen Sockel, also in einem anderen Bauteil.

 

Das von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Produkt sei gemäß den in der bestandfest gewordenen Ausschreibung ausdrücklich angeführten Parametern, dem dort angeführten Leitprodukt nicht gleichwertig. Dies ergebe sich schon unzweifelhaft einerseits aus dem Ausschreibungstext und aus den Produktdatenblättern des von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Produkts andererseits.

 

Um zu illustrieren, wie weit die Abweichungen reichen, werde auf den Umstand verwiesen, dass einerseits die Bauart der einzelnen Brandmelder völlig unterschiedlich sei (Signalgeber beim Leitprodukt im Melder selbst, beim angebotenen Produkt im Sockel) und dass andererseits die Lautstärke des Signalgebers der Brandmeldeanlage um nahezu 10 dB voneinander abweicht (Siemens: 83 dB, Leitprodukt: 92 dB). Nachdem es sich bei der physikalischen Einheit Dezibel (dB), mit welcher der Schalldruckpegel angegeben wird, um keine lineare Skala handelt, sei ein Abweichen von hier 10% nicht gleichbedeutend mit einem lediglich 10% leiseren Signalgeber. Es gelte als  Faustregel, dass sich bei einem Schalldruck von 10 dB mehr die vom menschlichen Ohr wahrgenommene Lautstärke verdoppelt. Das angebotene Alternativprodukt sei also nur halb so laut. Die Lautstärke sei für eine Signaleinrichtung, die Menschen vor Brandgefahr in einem Gebäude warnen, aber eine essentielle Eigenschaft. Des Weiteren besitze das Leitprodukt 19 verschiedene anwendbare Tonarten, das von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Produkt lediglich 11.

 

Diese Abweichungen wären durch eine ordnungsgemäße Überprüfung des Angebots hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Alternativprodukte ersichtlich geworden. Die Pflicht zur Prüfung der Angebote ergebe sich aus der Zusammenschau der Bestimmungen der §§ 106 Abs.7, 123 Abs.1 und 2 BVergG 2006. Dies bedeute, dass es Aufgabe des Auftraggebers im Zuge einer ordnungsgemäß durchgeführten Angebotsprüfung sei, die Übereinstimmung des Angebots mit den von ihm geforderten technischen Spezifikationen zu überprüfen und auch festzustellen, ob eine Gleichwertigkeit vorliege. Dabei sei es nicht ausreichend, bloß eine schriftliche allgemeine Bestätigung der Gleich­wertigkeit der angebotenen Produkte mit dem Leitprodukt zu verlangen bzw rein auf die Angaben des Bieters zu vertrauen und keine speziellen Nachweise zu fordern. 

 

Mit Telefax vom 25.4.2012 habe die vergebende Stelle die Zuschlags­entscheidung – datiert mit 20.4.2012 – bekannt gegeben, dass beabsichtigt sei, der X GmbH den Zuschlag zu erteilen. Begründet wurde dies damit, dass das Angebot den niedrigsten Preis habe. Gesonderte Ablehnungsgründe für das Angebot der Antragstellerin seien nicht mitgeteilt und das Angebot der Antragstellerin auch nicht ausgeschieden worden.

 

Die Antragstellerin bekundete ihr Interesse am Vertragsabschluss und führte zum drohenden Schaden aus, dass sich dieser im gegenwärtigen Verfahrensstadium auf insgesamt ca 8.400  Euro (frustrierte Aufwendungen, Kosten zur Prüfung der Rechtslage, Kosten für Verfassung des Nachprüfungsantrages) belaufe. Des Weiteren drohe der Verlust des entgangenen Gewinnes von ca 3% des Auftragswertes und der Verlust eines wichtigen Referenzprojekts.

 

Im Übrigen erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens, insbesondere auf Gleichbe­handlung aller Bieter, darauf, in einem vergaberechtskonformen Vergabever­fahren den Zuschlag zu erlangen sowie auf Durchführung eines Vergabever­fahrens, das insbesondere den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs sowie des Transparenzgebotes entspricht, verletzt.

 

Hinsichtlich der öffentlichen Auftraggeberin wurde ausgeführt, dass die X X mbH zu 100% im Eigentum der x GmbH, deren Anteile wiederum zu 100% im Eigentum der X GmbH stehe. Zudem sei das X zu 100% Eigentümer der X GmbH. Es handle sich daher bei der X mbH um eine klassische öffentliche Auftraggeberin iSd § 3 Abs.1 Z2 BVergG 2006 iVm § 1 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 und unterliege die Rechts­schutzkontrolle dem Oö. Verwaltungssenat.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin zunächst auf die Ausführungen im Hauptantrag und bringt weiters im Wesentlichen vor, dass weder ein Interesse der Auftraggeberin noch ein besonderes öffentliches Interesse an der Erlassung der einstweiligen Verfügung entgegenstehen und die Interessensabwägung ergeben würde, dass das Interesse der Antragstellerin bei weitem überwiege.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die X X mbH als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Eine Stellungnahme hinsichtlich der Erlassung der einstweiligen Verfügung langte bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ein.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die X mbH steht in 100%igem Eigentum der X GmbH, deren Anteile wiederum zu 100% im Eigentum der X GmbH und somit im Eigentum des X stehe. Die Vergabe fällt daher in den Vollzugsbereich des Landes iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2. Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antrag­steller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabe­verfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art.2 Abs.5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechts­schutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessens­abwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftrag­geber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des dis­kriminier­ten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlos­sen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialver­fahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungs­verfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessens­abwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

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