Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600116/4/Kof/REI

Linz, 17.04.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine
3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Johann Fragner; Berichter: Mag. Josef Kofler; Beisitzer: Mag. Gottfried Zöbl) über den Devolutionsantrag des Herrn W W, geb. x, H, V vertreten durch Herrn Rechtsanwalt x, S, L im Verfahren Vorstellung gegen den Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 22. November 2011, VerkR21-21-286-2011 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Devolutionsantrag wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 73 Abs.1 AVG  iVm § 29 Abs.1 FSG

§ 73 Abs.2 AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der nunmehrige Antragsteller (ASt) steht im Verdacht, am 11. November 2011 um ca. 16.30 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemluftalkoholgehalt: 1,07 mg/l) einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in BL gelenkt zu haben.

 

 

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel zitierten Mandatsbescheid (§ 57 Abs.1 AVG) dem/den ASt gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

·     die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von sechs Monaten

    – vom 11.11.2011 bis einschließlich 11.05.2012 – entzogen

·     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines

    in § 32 Abs.1 FSG genannten Kraftfahrzeuges ausdrücklich verboten

·     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt,

von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen

·     verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer

·         eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren

·         eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen

·         ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung (§ 8 FSG) beizubringen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der ASt innerhalb offener Frist Vorstellung erhoben –

diese ist am 12. Dezember 2011 bei der BH Urfahr-Umgebung eingelangt.

 

Da innerhalb von drei Monaten (§ 29 Abs.1 FSG) über diese Vorstellung nicht entschieden wurde, hat der ASt bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung einen Devolutionsantrag (§ 73 Abs.2 AVG) eingebracht, welcher am 15. März 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) vorgelegt wurde.

 

Hierüber hat der UVS durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige
3. Kammer (§ 67a AVG) erwogen:

 

§ 73 Abs.1 AVG iVm § 29 Abs.1 FSG lautet auszugsweise:

Die Behörden sind verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

 

§ 73 Abs.2 AVG lautet auszugsweise:

Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung – wenn gegen den Bescheid Berufung an den UVS erhoben werden könnte – auf diesen über (Devolutionsantrag). 

Der Devolutionsantrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf

ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

 

 

Bei der Prüfung eines Devolutionsantrages ist einzig und allein auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Einbringung abzustellen.

Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein etwaiges überwiegendes behördliches Verschuldens vorliegt, ist der Zeitabschnitt zwischen

-  jenem Tag, an welchem die Entscheidungspflicht der Behörde begründet wurde     und

- jenem Tag, an dem der Devolutionsantrag beim UVS eingelangt ist;

Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 106 und RZ 126 zu § 73 AVG

mit Judikaturhinweisen.

 

Im gegenständlichen Verfahren ist "maßgeblicher Zeitabschnitt" somit der Zeitraum

·         12.12.2011 (= Einlangen der Vorstellung bei der BH Urfahr-Umgebung) bis  

·         15.03.2012 (= Einlangen des Devolutionsantrages beim UVS).

 

Bei der von den Kraftfahrbehörden im Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung zu prüfenden Frage, ob eine Person eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO begangen hat und damit eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z1 FSG vorliegt, handelt es sich um eine Vorfrage iSd § 38 AVG;

auch dann, wenn die beiden Verfahren bei derselben Behörde zu führen sind;

ständige Rechtsprechung des VwGH, z.B. Erkenntnis vom 07.04.1992, 91/11/0152 mit Vorjudikatur; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I,
2. Auflage, E7 zu § 38 AVG (Seite 506) mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde – auch im Verfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung – berechtigt, ein Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage auszusetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet.

Dazu bedarf es keines Aussetzungsbescheides nach § 38 AVG.

Die Kraftfahrbehörde kann vielmehr – sofern die Voraussetzungen für einen Aussetzungsbescheid vorliegen – auch ohne Erlassung eines solchen den Ausgang des über die Vorfrage anhängigen Verfahrens abwarten;

Die Anordnung kürzerer Entscheidungsfristen (§ 29 Abs.1 FSG) ändert nichts an der Berechtigung der Behörde zur Unterbrechung des Verfahrens nach § 38 AVG.

Die Tatsache, dass der Betreffende aufgrund der mit dem Mandatsbescheid verfügten Entziehung der Lenkberechtigung bereits erhebliche Rechtsnachteile in Kauf zu nehmen und daher ein erhebliches rechtliches Interesse an der raschen Beendigung des Entziehungsverfahrens hat, stellt kein rechtliches Hindernis für die Aussetzung des Verfahrens dar.

Ist die Behörde gemäß § 38 AVG berechtigt, die Entscheidung einer Vorfrage abzuwarten, ist ein allfälliger Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs.2 AVG abzuweisen.

VwGH vom 25.8.1998, 97/11/0391 mit Vorjudikatur; vom 11.4.2000, 99/11/0349; vom 14.03.2000, 2000/11/0046; vom 20.2.2001, 2001/11/0023; vom 30.05.2001, 2001/11/0121; vom 26.11.2002, 2002/11/0083; vom 14.09.2004, 2002/11/0258;

Beschlüsse vom 27.09.2007, 2007/11/0074 und vom 19.06.2007, 2007/11/0073;

VfGH vom 02.03.1985, B248/83 ua. = VfSlg Nr. 10375

 

Im gegenständlichen Fall war bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung seit 17.11.2011 – an diesem Tag wurde die „Aufforderung zur Rechtfertigung“ vom 16.11.2011, VerkR96-6110-2011 zur Post gegeben – das Verwaltungs-strafverfahren nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO anhängig.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mittlerweile das Straferkenntnis vom 12.03.2012, VerkR96-6110-2011 – die Zustellung erfolgte am 15. März 2011 – erlassen.

Der ASt hat dagegen innerhalb offener Frist eine begründete Berufung erhoben.

Das Verwaltungsstrafverfahren nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO ist somit auch zum heutigen Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

 

Betreffend den entscheidungswesentlichen Zeitraum: 12.12.2011 bis 15.03.2012

ist somit festzustellen:

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung völlig zu Recht ausgesetzt, da betreffend die Vorfrage –
ob der ASt eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO begangen hat – bereits ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig, aber noch nicht rechtskräftig entschieden war.

 

Die Erlassung eines "Aussetzungsbescheides" ist/war nicht erforderlich.

 

Es war daher der Devolutionsantrag als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen -
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

 

 

 

 

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