Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101094/16/Sch/Rd

Linz, 01.09.1993

VwSen - 101094/16/Sch/Rd Linz, am 1.September 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des G. S. vom 23. Februar 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 8. Februar 1993, VerkR-96/4267/1992-Hu, zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 1.) und 3.) behoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt wird.

Hinsichtlich Faktum 2.) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt bestätigt.

II. Soweit der Berufung Folge gegeben wurde, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Hinsichtlich des abweisenden Teils der Berufung hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 300 S (20% der bezüglich Faktum 2.) verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten. Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und 45 Abs.1 Z3 VStG. Zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft .. hat mit Straferkenntnis vom 8. Februar 1993, VerkR-96/4267/1992-Hu, über Herrn G.S., wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 4 Abs.1 lit.b StVO 1960, 2.) § 4 Abs.5 StVO 1960 und 3.) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 2.000 S, 2.) 1.500 S und 3.) 2.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 48 Stunden verhängt, weil er am 5. Februar 1992 um 00.10 Uhr in L.auf der .., Abfahrt U.straße, den PKW mit dem Kennzeichen .. gelenkt und es dabei nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand und als dessen Folge Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten waren, unterlassen habe, 1.) die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen, weil er die Unfallstelle nicht entsprechend abgesichert habe, 2.) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift zwischen ihm und dem Vermögensgeschädigten unterblieben sei, und 3.) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er sich von der Unfallstelle entfernt habe und somit nicht mehr festgestellt habe werden können, ob er fahrtüchtig gewesen sei.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 550 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Am 25. Juni 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Am von der Erstbehörde vorgelegten Verfahrensakt fällt auf, daß sich diese innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG damit begnügt hat, die dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in folgender oberflächlicher Weise zu formulieren: "Verd.d.Übertr.n. §§ 20/1 + 4/1 b + c + 4/5 StVO Vorfall vom 5.2.1992" (Tatvorwurf laut Ladung vom 2. Juni 1992).

Dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers wurde jedoch unbestrittenerweise innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist Akteneinsicht gewährt (dieser verweist in seiner Stellungnahme vom 30. Juni 1992 selbst auf die erfolgte Akteneinsicht), sodaß zumindest hinsichtlich Faktum 2.) die Frist des § 31 Abs.2 VStG unterbrochen worden ist. Diesbezüglich wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, der das Zurkenntnisbringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller, der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, als taugliche Verfolgungshandlung gewertet hat (VwGH verst. Sen. 19.9.1984, Slg. 11525A u.a.). Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß es die Erstbehörde nicht für erforderlich erachtet hat, die Tatsache der erfolgten Akteneinsichtnahme aktenkundig zu machen.

Hinsichtlich Faktum 2.), nämlich der Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960, kann das Zurkenntnisbringen der Verkehrsunfallanzeige vom 10. März 1992 als taugliche Verfolgungshandlung gewertet werden. Es geht aus der Anzeige einerseits zweifelsfrei hervor, daß durch den Verkehrsunfall fremder Sachschaden entstanden ist, und andererseits, daß keine Meldung des Verkehrsunfalles ohne unnötigen Aufschub bei der nächsten Sicherheitsdienststelle erfolgt ist. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vermag nicht zu erkennen, inwiefern der entsprechende Spruchteil des angefochtenen Straferkenntnisses - wie vom Berufungswerber behauptet - unvollständig sein soll.

Zur Frage der vom Berufungswerber angeführten angeblichen Dispositionsunfähigkeit des Berufungswerbers zwischen dem Unfallzeitpunkt und dem Aufsuchen seines Bekannten R. W. ist zu bemerken, daß ihm die Glaubhaftmachung dieses Umstandes nicht gelungen ist. Diesbezüglich wird auf das überzeugende und schlüssige Gutachten der der Berufungsverhandlung beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen verwiesen.

Bei der rechtlichen Beurteilung der Frage, ob der Berufungswerber den Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub gemeldet hat oder nicht, ist es ohne Bedeutung, daß allenfalls der von der Erstbehörde angenommene Unfallzeitpunkt (geringfügig) vom tatsächlichen abweichen kann. Es kann in Anbetracht des auch zur Nachtzeit noch gegebenen Verkehrsaufkommens auf der M. im Tatortbereich, nämlich einer sogenannten "Stadtautobahn", angenommen werden, daß sich der Verkehrsunfall nur sehr unwesentlich vor der Meldung desselben durch nachkommende Fahrzeuglenker bzw. sonstige Personen ereignet haben konnte. Da die Unfallmeldung durch den Berufungswerber erst geraume Zeit nach dem Verkehrsunfall erfolgt ist (ca. 18 Stunden danach), kommt dieser Frage keine rechtliche Bedeutung zu.

Zur Strafzumessung ist in diesem Punkt folgendes zu bemerken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der Zweck des § 4 StVO 1960 ist es, klarstellen zu können, mit wem sich ein Unfallgeschädigter hinsichtlich der Schadensregelung auseinanderzusetzen haben wird (VwGH 19.12.1975, 20/85/74). Ist ein gegenseitiger Identitätsnachweis nicht erfolgt, ist ein Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub bei der nächsten Sicherheitsdienststelle zu melden.

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 1.500 S kann bei einem Strafrahmen von bis zu 10.000 S als noch im untersten Bereich des Strafrahmens festgesetzt angesehen werden. Dazu kommt noch, daß der Berufungswerber bereits einmal wegen einer einschlägigen Verwaltungsübertretung bestraft werden mußte. Dieser Umstand stellt einen Erschwerungsgrund dar. Milderungsgründe lagen nicht vor. Den von der Erstbehörde angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Berufungswerbers wurde in der Berufung nicht entgegengetreten, sodaß sie auch der Berufungsentscheidung zugrundegelegt werden konnten. Diese lassen erwarten, daß der Berufungswerber zur Bezahlung der über ihn verhängten Geldstrafe ohne Beeinträchtigung seiner Lebensführung in der Lage sein wird.

Bezüglich der Fakten 1.) und 3.) ist zu bemerken, daß die Erstbehörde keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt hat und sohin die Frist des § 31 Abs.2 VStG abgelaufen ist. Die Verkehrsunfallanzeige vom 10. März 1992 enthält zwar den Hinweis, daß der Berufungswerber die Unfallstelle nicht abgesichert habe, diese Formulierung entspricht aber nicht den verba legalia des § 4 Abs.1 lit.b StVO 1960. Diese Ansicht dürfte auch die Erstbehörde teilen, da sie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses eine dieser Bestimmung entsprechende Formulierung gewählt hat. Das gleiche gilt auch im Hinblick auf Faktum 3.), zumal in der eingangs angeführten Anzeige von einer Verletzung der Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, nicht die Rede ist. Die Anzeige enthält im übrigen auch keinerlei Mutmaßungen in bezug auf die möglicherweise nicht gegeben gewesene Fahrtüchtigkeit des Berufungswerbers zum Unfallzeitpunkt, wie sie die Erstbehörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu Faktum 3.) angestellt hat.

Lediglich der Ordnung halber ist darauf hinzuweisen, daß der Berufung im Hinblick auf das Ergebnis der Berufungsverhandlung auch bezüglich dieser beiden Fakten kein Erfolg beschieden gewesen wäre, sofern rechtzeitige taugliche Verfolgungshandlungen vorgelegen wären.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n 6

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