Linz, 14.05.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 24. Februar 2012, GZ.: Sich96-325-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 100,00 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG
zu II.: § 64 VStG
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 24. Februar 2012, GZ.: Sich96-325-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) auf Basis der §§ 120 Abs. 1a iVm. § 31 Abs. 1 FPG idgF. eine Geldstrafe in Höhe von 500,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 50 Stunden) verhängt. Die belangte Behörde führt dabei unter der Überschrift Straferkenntnis wie folgt aus:
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 13. März 2012.
Darin wird das Straferkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit aufgrund von Verfahrensmängeln zur Gänze angefochten.
Sich40-36661 vorliege, sodass keine Bestrafung nach dem FPG zulässig sei.
§ 24 Abs 1 NAG normiert. Solange also das Verfahren über diesen gestellten Verlängerungsantrag nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, könne von keinem unrechtmäßigen Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet der Republik Österreich gesprochen werden, weshalb dem Straferkenntnis die rechtliche Grundlage fehle.
2.1. Mit Schreiben vom 16. März 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.
2.2. Der UVS des Landes Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.
Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt – auch vom Bw völlig unbestritten - feststand, keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, lediglich die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen war und dem sachverhaltsbezogenen Angaben des Bw ohnehin volle Glaubwürdigkeit zugemessen wird, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG in Zusammenschau mit der Judikatur des VwGH auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden.
Insbesondere ist zu betonen, dass die Tatsachen,
- dass der Bw bei der Einreise in das Schengengebiet am 9. November 2011 nicht beanstandet wurde,
- dass die schengenweite Ausschreibung der in Deutschland ausgesprochenen unbefristeten Ausweisung zu diesem Zeitpunkt noch nicht im SIS eingetragen war, sowie
- dass der Bw am 15. November 2011 im Besitz eines biometrischen Reisepasses war, den er im Rahmen der Stellung seines Verlängerungs- bzw. Wiederaufnahmeantrages betreffend Aufenthaltstitel der belangten Behörde vorlegte,
jedenfalls außer Zweifel stehen und keiner besonderen Beweiswürdigung bedürfen. Die Einholung eines Rechtsgutachtens betreffend die Geltung von – von EWR-Staaten ausgesprochenen – unbefristeten Ausweisungen bzw. Aufenthaltsverboten erscheint allerdings nicht angebracht. Ein dezidierter Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde im Übrigen nicht gestellt und auch keinerlei über die oben beschriebenen hinausgehenden Beweisthemen vorgebracht.
2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter dem Punkt 1.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.
Zusätzlich ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Schengener Informationssystem (SIS), dass das unbefristete Einreise- und Aufenthaltsverbot mit 17. November 2011 eingetragen wurde.
2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).
3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
3.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;
5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)
6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs- gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebe- willigung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder
7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
3.4.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
3.4.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
Der Bw machte jedoch keinerlei Umstände geltend, die geeignet wären, einen entsprechenden Schuldentlastungsbeweis darzustellen. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form zumindest grob fahrlässigen Verhaltens auszugehen. Der Bw musste sich des Umstandes seines illegalen Aufenthalts in vollem Umfang bewusst sein, weshalb hier sogar die Annahme Deckung finden würde, dass von bedingtem Vorsatz auszugehen sein würde.
3.5.1. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass diese ohnehin mit der gesetzlichen Mindeststrafe am untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt wurde. Es ergeben sich keine Umstände von dieser Strafhöhe abzugehen.
3.5.2. Mangels Überwiegen der Milderungsgründe, mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam eine Anwendung des § 20 bzw. des § 21 VStG nicht in Betracht.
3.6. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die Berufung als unbegründet abzuweisen, das Straferkenntnis zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden war.
4. Gemäß § 64 VStG war dem Bw zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, somit von 100,00 Euro, aufzuerlegen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Bernhard Pree