Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166719/6/Zo/REI

Linz, 14.05.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn G F, geb. x vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. X, X vom 22.02.2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Steyr-Land vom 14.02.2012, Zl. VerkR96-4682-2011, wegen einer Übertretung des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. April 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.           Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 12.10.2011 um 07.27 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X in Sierning im Bereich der Kreuzung Lagerhausstraße – Neustraße während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung telefoniert habe. Dies sei bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt worden und er habe die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl ihm diese angeboten worden sei. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.3 fünfter Satz KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.3c KFG eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 6 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er damals nicht telefoniert habe. Dies habe er bereits im erstinstanzlichen Verfahren durch Vorlage eines Einzelgesprächsnachweises bewiesen. Weiters verfüge sein KFZ über eine Freisprecheinrichtung und er telefoniere im Fahrzeug niemals ohne Verwendung dieser. Die Behörde habe hingegen ausschließlich den Angaben des anzeigenden Polizeibeamten Glauben geschenkt, ohne zu berücksichtigen, dass dieser den Berufungswerber bereits im Rahmen der Amtshandlung völlig unsachlich behandelt habe.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Steyr-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. April 2012. An dieser haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt. Weiters wurde der Meldungsleger, GI G zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten PKW. In Sierning bei der Kreuzung der Lagerhausstraße mit der Neustraße bog er nach rechts ab, wobei er unmittelbar danach vom Polizeibeamten G zu einer Verkehrskontrolle angehalten wurde.

 

Strittig ist, ob der Berufungswerber während dieses Rechtsabbiegevorganges mit einem Mobiltelefon ohne Verwendung einer Freisprecheinrichtung telefoniert hat oder nicht. Der Berufungswerber gibt dazu an, dass er den rechten Arm auf der Mittelarmlehne aufgestützt und den Kopf auf die rechte Hand gelegt hatte. Er räumt auch ein, dass er möglicherweise die Lippen bewegt hat, weil er beim Ansichtigwerden des Polizeibeamten sich wegen des vorherigen Hupens über sich selbst geärgert und möglicherweise ein kurzes Selbstgespräch geführt hatte. Er habe jedoch keinesfalls ein Mobiltelefon in der Hand gehalten und auch nicht telefoniert. Er verfüge lediglich über ein einziges Mobiltelefon, wobei er in der Verhandlung ein entsprechendes weißes Telefon vorwies. Zumindest mit diesem Telefon hatte der Berufungswerber entsprechend dem im Akt befindlichen Einzelgesprächsnachweis zur Tatzeit kein aktives Gespräch geführt. Ob er selbst angerufen wurde, ist aus dem Einzelgesprächsnachweis (Rechnung) nicht ersichtlich.

 

Der PKW des Berufungswerbers verfügt jedenfalls über eine Freisprecheinrichtung und eine sogenannte "Bluetooth-Funktion", welche sich selbsttätig aktiviert, sobald das Fahrzeug gestartet wird und das dabei eingestellte Telefon sich im Fahrzeug befindet.

 

Der Zeuge G führte dazu aus, dass er den Berufungswerber während des Rechtsabbiegens und des Zufahrens zu seinem Standort wahrgenommen habe. Das Fahrzeug ist in diesem Bereich ganz langsam gefahren und er habe gesehen, dass der Lenker die rechte Hand am Kopf im Bereich des Ohres hatte und einen Gegenstand, höchstwahrscheinlich ein Handy, in der Hand hatte. Er habe auch gesehen, dass der Lenker die Lippen bewegt habe. Während des Anhaltens habe der Lenker die rechte Hand herunter genommen und offenbar das Handy weggelegt. Der Lenker habe während der Amtshandlung vorerst behauptet, nicht telefoniert zu haben und seine Verantwortung dann dahingehend geändert, dass er eben mit Verwendung der Freisprecheinrichtung telefoniert habe. Während der Amtshandlung sei ein Mobiltelefon im Bereich der Mittelkonsole abgelegt gewesen. Diese habe sich nicht in einer weißen Hülle befunden und es habe sich um ein dunkles Gerät gehandelt.

 

4.2. Dazu hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Sowohl die Rechtfertigung des Berufungswerbers als auch die Angaben des Zeugen sind jeweils für sich schlüssig und nachvollziehbar. Es ist einerseits durchaus denkbar, dass der Berufungswerber tatsächlich lediglich den Kopf mit der rechten Hand abgestützt hatte, andererseits ist es aber auch möglich, dass er tatsächlich telefoniert hat. Auch der persönliche Eindruck sowohl des Berufungswerbers als auch des Zeugen bei der Verhandlung lassen beide Möglichkeiten offen, weil sowohl der Zeuge als auch der Berufungswerber einen durchaus glaubwürdigen Eindruck hinterließen.

 

Zu berücksichtigen ist, dass das Fahrzeug des Berufungswerbers über eine Bluetooth-Funktion verfügt und es durchaus naheliegend ist, dass diese auch aktiviert war. Der Berufungswerber hatte daher die Möglichkeit mit seinem Mobiltelefon unter Verwendung einer Freisprecheinrichtung zu telefonieren.

 

Natürlich ist es auch denkbar, dass zum vorgeworfenen Zeitpunkt die Bluetooth-Funktion nicht mit dem vom Berufungswerber verwendeten Mobiltelefon abgestimmt war oder der Berufungswerber ein anderes Mobiltelefon verwendet hat. Der Zeuge führte dazu glaubwürdig aus, dass er während der Amtshandlung ein dunkles Mobiltelefon im Bereich der Mittelkonsole abgelegt gesehen hatte. Dies bedeutet jedoch noch nicht zwingend, dass der Berufungswerber kurz vor der Anhaltung während der Fahrt mit diesem Gerät telefoniert hatte. Es ist zwar durchaus möglich, dass dies der Fall war und für den Zeugen hatte sich die Situation anlässlich seiner Amtshandlung auch so dargestellt, es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass sich der Zeuge bei der Beobachtung des Fahrzeuges unmittelbar vor der Anhaltung bzgl. des Mobiltelefons geirrt hat. Bei Abwägung aller Umstände erscheint es zwar durchaus möglich, dass der Berufungswerber tatsächlich während der Fahrt mit einem in der rechten Hand gehaltenen Mobiltelefon ein Gespräch geführt hatte, andererseits kann aber auch seine Rechtfertigung nicht widerlegt werden. Die dem Berufungswerber von der Erstinstanz vorgeworfene Übertretung kann daher nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen werden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann und daher keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Wie bereits oben dargestellt wurde, kann nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen werden, dass der Berufungswerber tatsächlich während der angeführten Fahrt mit einem Mobiltelefon ohne Verwendung der Freisprecheinrichtung telefoniert hat. Es war daher der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

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