Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166806/10/Bi/Kr

Linz, 10.05.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S B, H, A, vertreten durch Herrn RA Mag. X, X, X, vom 23. Februar 2012 gegen Punkt 1. des Straferkenntnisses des Bezirkshaupt­mannes von Vöckla­bruck vom 13. Februar 2012, VerkR96-16904-2011-Heme, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 7. Mai 1012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 58 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Punkt 1. des oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.2e StVO 1960 eine Geldstrafe von 290 Euro (108 Stunden EFS) verhängt, weil er am 10. Juli 2011, 3.50 Uhr, den Pkw X, Mercedes–Benz CLK 230K, in der Gemeinde Gampern, Bundesstraße 1 von km 252.600 bis 251.800 in Fahrtrichtung Vöcklabruck, in einem Bereich außerhalb des Ortsgebietes, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundge­machte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 60 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 29 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 7. Mai 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters Herrn RA Mag. X, der Vertreterin der Erstinstanz Frau A H, des Zeugen Meldungsleger GI C M (Ml), PI Schörfling, und des kfztechnischen Amtssachverständigen Dipl.HTL-Ing R H (SV), bei km 252,200 der B1 durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Umstände der Nachfahrt seien nicht geklärt, insbesondere die Eigengeschwindigkeit des Polizeifahrzeuges, Beginn der Nachfahrtstrecke, erforderliche Beschleunigung, ua seien nicht festgestellt worden, weshalb es nicht möglich sei, den Tatvorwurf auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Es sei kein Ortsaugenschein durchgeführt und kein kfztechnisches SV-Gutachten dazu eingeholt worden. Die Erstinstanz wäre sonst zur Verfahrenseinstellung oder einer bei weitem geringeren Strafe aufgrund einer geringeren Geschwindigkeitsüberschreitung gelangt. Er habe eine geringe Geschwindigkeitsüberschreitung zugestanden, möglicherweise rund 100 km/h, aber sicher nicht 140 km/h. Dieser Wert könnte von einer Beschleunigung bei der Nachfahrt oder von einem nicht gleichbleibenden Abstand kommen. Da keine objektiven Beweise vorlägen, könnte die Behörde auch zu einem anderen Ergebnis gelangen. Beantragt wird Verfahrenseinstellung, in eventu Strafherab­setzung, jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der beide Parteien gehört, der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen und die Nachfahrstrecke an Ort und Stelle nachvollzogen sowie dazu ein kfztechnisches SV-Gutachten eingeholt wurde.

 


Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Bw mit dem Pkw X am
7. Juli 2011 gegen 3.50 Uhr auf der B1 in Richtung Vöcklabruck unterwegs war. Dort befindet sich bei der Kreuzung mit der Gamperner Straße etwa bei km 253,7 ein Kreisverkehr und in Richtung Vöcklabruck ab km 252,6 bis 251,8 eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h.

Zum Vorfallszeitpunkt fuhr der Ml als Beifahrer in einem Zivilstreifenfahrzeug einem Pkw nach, wobei beide Fahrzeuge nach dem Kreisverkehr vom Pkw des Bw überholt wurden. Daraufhin entschlossen sich der Ml und der Lenker des Zivilstreifenfahrzeuges, eines X, dem Pkw des Bw nachzufahren und diesen anzuhalten. Nach dem Überholen des zuerst verfolgten Pkw begann der Ml die Nachfahrt etwa 500 bis 600 m nach Ende des Kreisverkehrs, dh bei ca km bei km 252,7, mit einem Abstand zum Pkw des Bw von etwa 150 m, wobei der Tacho des Zivilstreifenfahrzeuges laut Ml 140 km/h zeigte. Ab Beginn der
70 km/h-Beschränkung bei km 252.6 blieb das Zivilstreifenfahrzeug bei dieser Geschwindigkeit, während beide beobachteten, dass sich der vom Bw gelenkte Pkw von ihnen entfernte, dh schneller war als das Zivilstreifenfahrzeug. Der Ml gab in der Verhandlung an, sie hätten nach dem Ende der Geschwindigkeits­beschränkung aufgeschlossen und nach dem Ablesen des Kennzeichens Blaulicht verwendet, worauf der Bw von sich aus zur Seite fuhr. Der Ml bestätigte, er habe während der Fahrt vom Tacho des Zivilstreifenfahrzeuges – dieses besitzt einen analogen und einen digitalen Tacho im Rundinstrument – die Geschwindigkeit von 140 km/h abgelesen. Das Zivilstreifenfahrzeug sei später mit derselben Bereifung (Reifendimension) insofern mittels Lasermessung überprüft worden, als bei 140 km/h Tachogeschwindigkeit mittels Lasermessung eine Geschwindigkeit von 132 km/h festgestellt worden sei.

 

Der Bw blieb in der Berufungsverhandlung dabei, er sei vielleicht etwas zu schnell gewesen, sei aber sich nicht 140 km/h gefahren. Er habe den Kreis­verkehr passiert und dann beschleunigt.

 

Der SV hat unter Berücksichtigung des bei Geschwindigkeitswerten über
100 km/h vorgeschriebenen 3%igen Toleranzabzuges bei Lasermessgeräten ausge­führt, dass die mittels Lasermessung ermittelte Geschwindigkeit von 132 km/h bei 140 km/h Tachogeschwindigkeit tatsächlich 128 km/h ergeben habe – 3 % von 132 km/h sind aufgerundet 4 km/h, diese werden zusätzlich abgezogen. Die Tachovoreilung sei in diesem Ausmaß normal. 800 m Nachfahrstrecke – diese erstreckte sich auf die gesamte Strecke der 70 km/h-Beschränkung – seien ausreichend, Ablesefehler beim Tacho sind nicht zu berücksichtigen. Daher seien die 128 km/h die minimalste Geschwindigkeit, die der Bw eingehalten hat und der Tatvorwurf ist aus technischer Sicht als richtig nachzuvollziehen. Ein Ablesen der Tachogeschwindigkeit vom Beifahrersitz aus hat der SV für möglich erachtet.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindig­keits­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Gemäß § 99 Abs.2e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Mit Verordnung des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 6. Juni 2011, VerkR01-1114-171-2010 und VerkR01-1114-172-2010, wurde gemäß
§§ 94b Abs.1 lit.b und 43 Abs.1 lit.b Z2 StVO 1960 auf der B1 Wiener Straße in beiden Fahrtrichtungen von km 251.805 bis 252,6 eine Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) auf 70 km/h verordnet, die, wie bei Ortsaugen­schein festgestellt wurde, ordnungsgemäß kundgemacht ist.

 

Unter Zugrundelegung der laut SV-Gutachten heranziehbaren tatsächlichen Geschwindigkeit des zur Vorfallszeit vom Bw gelenkten Pkw 128 km/h war davon auszugehen, dass dieser die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um zumindest
58 km/h überschritten hat.

Er hat damit den ihm zur Last gelegten Tatbestand (... außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h...) unzweifelhaft verwirklicht und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal von einer Glaubhaft­machung mangelnden Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann. Vielmehr war von vorsätzlicher Begehung auszugehen – gemäß § 5 Abs.1 StGB ist "dolus eventualis" wie folgt definiert: "Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet." Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung ist im übrigen am Tachometer je nach Druck auf das Gaspedal ablesbar, weil auch der Tacho des vom Bw gelenkten Pkw mehr anzeigt als tatsächlich gefahren wird, dh der Bw konnte nicht nur das Ausmaß seiner Geschwindigkeitsüberschreitung selbst ablesen, sondern musste sich auch über seine Übertretung dahingehend völlig im Klaren sein.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs 2e StVO 1960 von 150 bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von 48 Stunden bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Erstinstanz hat bei der Strafbemessung laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ein Einkommen des Bw von 1.300 Euro bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten angenommen und einschlägige Vormerkungen erschwerend berücksichtigt. Der Bw hat in der Berufungsverhandlung sein Einkommen als Kellner mit 1.100 Euro angegeben. Er weist Vormerkungen aus dem Jahr 2009 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung und wegen verbotenen Überholens auf, die beide im ggst Fall einschlägig und damit erschwerend zu werten waren.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz im ggst Fall den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgend einer Weise überschritten hat. Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft zur Einhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen anhalten.

Es steht dem Bw frei, unter Nachweis seines aktuellen Einkommens bei der Erstinstanz um die Möglichkeit der Bezahlung der Geldstrafe im Teilbeträgen anzusuchen. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe bemessen. Ansätze für eine Strafeherabsetzung finden sich damit nicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 


 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahren (Tachoabweichung mit Laser festgestellt + 3 % Abzug) -> 70 km/h Beschränkung -> 128 km/h tatsächlich gefahren – mehr als 50 km/h Überschreitung gemäß § 99 Abs.2e StVO

 

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