Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166930/5/Br/REI

Linz, 11.05.2012

                                                                                                                                                        

                                                                                                                         

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn C K, geb. x, p.A. y, Deutschland, vertreten durch die Rechtsanwaltssozietät, x, S, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 29. März 2012, Zl.: VerkR96-1641-2011, zu Recht:

 

 

 

I.   Der Berufung wird

      im Punkt 1.) mit der Maßgabe Folge gegeben, als unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird;

      im Punkt 2.) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und  

      3) unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

 

 

 

II. Für das Berufungsverfahren entfällt zu Punkt 1.) u. 3.) ein Verfahrenskostenbeitrag. Im Punkt 2.) werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren 14 Euro an Kosten auferlegt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 51e Abs.2 Z3 VStG.

Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 u. § 65  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber drei Geldstrafen (100 Euro, 70 Euro und 193,70 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20, 32 u. 39 Stunden ausgesprochen, weil er am 31.03.2011, 12:00 Uhr, in St. Florian am Inn, G 4339 Höbmannsbacher Straße 4339 unmittelbar vor der Einmündung zur B 137, als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen, x,

1) sich als Lenker, obwohl es ihm zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugte, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprach, da festgestellt wurde, dass er für das Fahrzeug der Klasse N3 keine geeigneten Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder mitführte, obwohl während des Zeitraumes von jeweils 1. November bis 15. April der Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klassen M2, M3, N2 und N3 sowie eines von einem solchen Fahrzeug abgeleiteten Kraftfahrzeuges geeignete Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder mitzuführen hat;

2) das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen "Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen" nicht beachtet habe und

3) als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges zur obigen Zeit auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen keine handschriftlichen Auszeichnungen oder sonstige schriftliche Bestätigung über lenkfreie Tage am 03.03.2011, 04.03.2011, 08.03.2011, 17.03.2011, 18.03.2011, 21.03.2011 und 28.03.2011 ausgefolgt habe, obwohl der Lenker auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers oder des Kontrollgerätes gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie die mitgeführten Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen, die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus dem digitalen Kontrollgerät für Zeiträume, in denen ein Fahrzeug mit digitalem Kontrollgerät gelenkt worden ist, und die Fahrerkarte sowie allfällige Bestätigungen über lenkfreie Tage auszuhändigen habe.

Dadurch habe er gegen §§ 102 Abs.9 KFG, 52 lit.a Z7a StVO und 102 Abs.1a KFG verstoßen.

Ausgesprochen wurde nach § 39 Abs.5 VStG auch der Verfall der vorläufig eingehobenen Sicherheit in der Höhe von 400 Euro.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte unter Darstellung des Verfahrensganges in der Begründung des Strafausmaßes im Ergebnis aus, dass bei der Bemessung des Strafausmaßes die bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen sei. Erschwerungsgründe fand die Behörde keine.

Die verhängten Strafsätze wurden dem Verschulden entsprechend bemessen erachtet und im untersten Bereich der jeweiligen Strafrahmen festgesetzt. Der Sinn und Zweck der Verhängung von Verwaltungsstrafen wurde darin begründet dargestellt, dass die Allgemeinheit, aber auch der Einzelne zur Einhaltung der entsprechenden Vorschriften zu bewegen sei. Mit unverständlichen milden Verwaltungsstrafen könne dies mit dem erwähnten Zweck nicht mehr in Einklang gebracht werden, weshalb diese Strafsätze aus general- und spezialpräventiven Gründen unbedingt geboten erscheinen.

Diese waren den persönlichen Verhältnissen bemessen anzusehen, wobei ein Monatliches Nettoeinkommen von 870,- Euro, keine Sorgepflichten, kein Vermögen zu Grunde gelegt wurden.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht vom Berufungswerber persönlich eingebrachten und nur gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung führt der Berufungswerber inhaltlich Folgendes aus:

"Vorab verweise ich nochmal auf meine Rechtfertigung vom 18.08.2011. Dem möchte ich noch folgendes hinzufügen.

 

Noch nie musste ich, seit ich Lkw fahre, weder in Deutschland noch in Tschechien, irgendeine Strafe bezahlen. Stets achte ich darauf, dass ich mich im Straßenverkehr den Vorschriften entsprechend verhalte. Warum es zu diesem bedauerlichen Verstoß kam, wissen Sie bereits. Ehrlich gesagt, fehlt mir das „Fingerspitzengefühl" der kontrollierenden Vollzugsbeamten. Wahrscheinlich geben Ihnen Ihre Gesetzt auch Recht. Inwieweit dieses Strafmaß jedoch menschlich gesehen gerecht ist, sei dahingestellt. Zu keinem Zeitpunkt gefährdete ich den Straßenverkehr und mein Fahrzeug ist immer Top in Ordnung. Darauf achte ich immer. Ist dies die Belohnung dafür? Bei meinem Monatsverdienst ist dieses Strafmaß in keinster Weise angemessen. Ich habe Familie und Kinder sowie eine Mietwohnung die bezahlt werden muß.

 

Eines möchte ich ebenfalls noch erwähnen, mir blieb nicht verborgen, dass die kontrollierenden Beamten, ein intensives Telefonat mit meinem Chef hatten. Sollte ich der Leidtragende für diesen Streit sein? Die Beamten machten keinen Hehl daraus, indem sie andeuteten, die Strafe kann so oder so ausfallen. Was damit gemeint war, ist mir jetzt klar geworden. Aber, ist dies fair? Hier geht es einzig und alleine um mich und wie ich „bestraft" werde. Richtig sind die Schneeketten sowie die 3,5to Straße. Die Tachoscheiben hingegen waren alle lückenlos und vollständig. Soviel ich weiß, wurden Ihnen bereits die entsprechenden Tachoscheiben zur Überprüfung vorgelegt.

 

Überdenken Sie bitte nochmal die Höhe dieses Strafmaß. Wenn Sie vielleicht noch berücksichtigen, da ich als ausländischer Fahrer nicht ortskundig bin und somit auf mein Navi angewiesen war, verstehen Sie vielleicht, wie es zu diesem Verstoß kam. Urteilen Sie bitte fair und vor allem, meiner Person und den Umständen entsprechend, ausgewogen und angemessen. Mehr verlange ich nicht. In positiver Erwartung, verbleibe ich

 

Mit freundlichem Gruß                                                                                C K"

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung konnte, da sich die Berufung nur gegen den Strafausspruch richtet u. mangels gesonderten Antrages unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Erhoben wurde im Rahmen eines Parteiengehörs das Vollmachtsverhältnis im Wege des Arbeitgebers und des im Akt aufscheinenden Rechtsvertreters.

Im Wege der Behörde erster wurde die in diesem Zusammenhang gegen den Arbeitgeber des Berufungswerbers erstattete Anzeige, VerkR96-1661-2011 und die Mitteilung über die Verfahrenseinstellung gegen diesen vom 7.6.2011 beigeschafft und zum Akt genommen.

 

 

3.2.  Zur Anzeige gegen den Zulassungsbesitzer ist zu bemerken, dass wegen der fehlenden und vom Arbeitgeber auszustellen gewesenen Bestätigungen bereits in der Anzeige kein Vorwurf erhoben wurde. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass dieser Vorwurf nur gegen den Lenker erhoben wurde, nämlich keine vom Zulassungsbesitzer und Arbeitgeber auszustellenden Bestätigungen über lenkfreie Tage vorgewiesen zu haben.  Ebenso trifft dies auf den Vorwurf der fehlenden Schneeketten zu, wobei das Verfahren gegen den Zulassungsbesitzer in diesem Punkt eingestellt wurde. Ebenfalls wurde gegen den Zulassungsbesitzer der Vorwurf wegen nicht zur Verfügung gestellter Warntafel eingestellt. Dieser Punkt wurde wiederum nicht dem Berufungswerber zur Last gelegt.

Ingesamt entbehrt es mit Ausnahme des Punktes 2. der sogenannten VStV-Anzeige sowohl einer inhaltlichen Schlüssigkeit und sachlicher Nachvollziehbarkeit. Insbesondere lässt sich der Anzeigepunkt 3 iVm der Anzeige gegen den Zulassungsbesitzer nicht nachvollziehen. Dies muss hier jedoch angesichts des in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruches auf sich bewenden bleiben. Da die Behörde erster Instanz das Verfahren gegen den Zulassungsbesitzer wohl kaum grundlos einstellte und gegen diesen keine dem Punkt 3. entsprechende Anzeige erfolgte, kann daher hier eine sachgerechte Lösung nur in der Anwendung des § 21 VStG gefunden werden.

 

 

4. Zur Strafzumessung hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der bislang gänzlich unbescholtene Berufungswerber verfügt über ein Monatseinkommen von 876,90 Euro. Er hat laut eigenen Angaben im Gegensatz zur behördlichen Annahme und zu den Angaben im Schriftsatz des Rechtsanwaltes vom 18.11.2011 aber Sorgepflichten für Familie und Kinder. Der Berufungswerber ist bei seinem Arbeitgeber nicht ausschließlich als Fahrer beschäftigt.

 

Zu Punkt 1.)

Da zur fraglichen Zeit und den an diesem Tag glaubhaft gemachten Temperaturen, sowie an der genannten Örtlichkeit herrschenden Höhenlage mit keinen kettenpflichtigen Fahrbahnverhältnissen zu rechnen war, waren ob der fehlenden Schneeketten keinerlei nachteilige Folgen verbunden. Auch das Verschulden des Berufungswerbers kann in diesem Punkt als bloß geringfügig bezeichnet werden. Im Übrigen wurde in diesem Punkt gegen den Zulassungsbesitzer das Verfahren von der Behörde erster Instanz sogar eingestellt.

 

Im Punkt 2.)

kann sich der Berufungswerber im Falle der Missachtung eines Fahrverbotes jedoch nicht mit Erfolg auf das GPS berufen. Diesbezüglich muss wohl von einem Berufskraftfahrer die Kenntnisnahme eines entsprechenden Verbotszeichens erwartet werden. Dass es nicht leicht fallen mag umzudrehen und einen Umweg zu fahren übersieht die Berufungsbehörde dabei keinesfalls.

Trotz des unterdurchschnittlichen Einkommens des Berufungswerbers kann in diesem Punkt ein Ermessensfehler in der Strafzumessung nicht erblickt werden.

 

Zu Punkt 3.) ist auf die Festsstellungen im Punkt 3.2. (oben) zu verweisen.

Da der Berufungswerber offenbar der deutschen Sprache wenig mächtig ist, mag dieser Anzeigepunkt auf einen Kommunikationsmangel zurückzuführen sein, wobei die Anzeige erst vier Tage nach der Amtshandlung in das VStV-System gestellt wurde.

 

 

5. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folge der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

 

 

Dazu wird festgestellt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG ein Rechtsanspruch auf die Anwendung dieser Bestimmung besteht (VwGH 13.12.1990 90/09/0141 und VwGH 27.2.1992, 92/02/0033).

Dies muss insbesondere auch für den Fall gelten, wenn – wie hier - der  in Rechtskraft erwachsene Schuldspruch zweifelhaft ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

 

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