Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101100/8/Bi/Shn

Linz, 07.05.1993

VwSen - 101100/8/Bi/Shn Linz, am 7 Mai 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des M B, vom 11. Februar 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Jänner 1993, VerkR96/5783/1991, aufgrund des Ergebnisses der am 21. April 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG, § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960. zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe: zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 22. Jänner 1993, VerkR96/5783/1991, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 400 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 20. Februar 1991 um 11.30 Uhr den LKW auf der A.straße B-151 von V kommend in Richtung A gelenkt hat, wobei er im Ortsgebiet von S bei Kilometer 7,9 die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 20 km/h überschritten hat. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 40 S auferlegt.

2. Der Rechtsmittelwerber hat rechtzeitig Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Am 21. April 1993 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelswerbers sowie des Meldungslegers, Abteilungsinspektor R Sch, durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei mit seinem Firmenwagen um ca. 11.30 Uhr des 20. Februar 1991 auf der B 151 von L Richtung S unterwegs gewesen, wobei er an Insp. Sch bereits im Bereich der Zufahrt zum Autohaus vorbeifuhr. Dieser setzte sein Gendarmeriefahrzeug unmittelbar nach der Vorbeifahrt in Bewegung und fuhr in angemessenem Abstand hinter ihm her, wobei ihm dies sehr wohl bewußt war und er die Fahrgeschwindigkeit genau den Vorschriften anpaßte. Als ihn der Meldungsleger wegen Schnellfahrens im Bereich S bestrafen wollte, habe er ihm sofort gesagt, daß er sich genau an die Beschränkungen gehalten habe. Der Meldungsleger argumentierte aber, er sei ja schon im Bereich Autohaus L zu schnell unterwegs gewesen, weshalb er ihm ja auch nachgefahren sei.

Der Rechtsmittelwerber führt weiters aus, er hätte es wohl verstanden, wenn er für die eingehaltene Geschwindigkeit im Bereich des Autohauses Legat bestraft worden wäre, weshalb es ihm in erster Linie nicht um die verfügte Geldstrafe sondern ums Prinzip ginge. Er könne nicht verstehen, daß ihm sozusagen als Fahrtgeld für das Nachfahren, da sonst nach genauer Kontrolle der Fahrzeugpapiere sowie des Fahrzeuges selbst alles in Ordnung war, eine Geldstrafe aufgebrummt würde, bei der er keinen Beweis erbringen könne. Er fahre im Jahr ca. 40.000 Kilometer ohne irgendwelche Probleme.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Meldungsleger, Abteilungsinspektor R Sch, zeugenschaftlich einvernommen wurde.

Nach der Schilderung des Meldungslegers stand dieser am Vorfallstag gegen 11.30 Uhr mit dem Streifenwagen am Beginn der 70 km/h-Beschränkung bei der Zufahrt zur Karosseriespenglerei L in S und beobachtete den Verkehr, wobei ihm ein VW-Kastenwagen auffiel, der ihm aufgrund der Gewichtsverlagerung in der Kurve zu schnell erschien, sodaß er beschloß, diesem nachzufahren. Im Ortsgebiet von S schloß der Meldungsleger, bedingt durch den Fahrzeugverkehr, auf den Kastenwagen auf, wobei dieser eine Geschwindigkeit von 50 km/h exakt einhielt, und fuhr ihm in einigem Abstand nach. Am Beginn der 60 km/h-Beschränkung beschleunigte der Lenker des Kastenwagens auf ca. 80 km/h, worauf ihm der Meldungsleger zum Gasthaus St nachfuhr, ihn dort anhielt und auf seine Geschwindigkeitsübertretung hinwies. Der Tacho des Streifenwagens VW Golf ist radarüberprüft und weist eine Abweichung von etwa 5 % auf. Beim Nachfahren habe die Tachonadel etwas über 80 km/h angezeigt, sodaß von einer tatsächlichen Geschwindigkeit von 80 km/h auszugehen war.

Der Lenker des Kastenwagens, Herr B, habe ihm gegenüber bestritten, 80 km/h gefahren zu sein und auch sein Argument, die Steigung im Bereich der 60 km/h-Beschränkung sei bis zur Kreuzung mit der Seewalchner Bezirksstraße so groß, daß er mit einem voll beladenen Kastenwagen die Geschwindigkeit von 80 km/h gar nicht erreichen konnte, treffe nicht zu.

Nach Schilderung des Rechtsmittelwerbers ist dieser am gegenständlichen Tag mit dem voll beladenen VW-Kastenwagen, einem Firmenfahrzeug der Firma M, auf der B 151 Richtung S gefahren, wobei er im Bereich des Autohauses L eine höhere Geschwindigkeit als erlaubt eingehalten hat, weil er dies selbst am Verhalten des von ihm gelenkten Fahrzeuges bemerkte. Er sah außerdem das Gendarmeriefahrzeug in der Zufahrt zum Autohaus L stehen und bemerkte auch, daß sich das Gendarmeriefahrzeug unmittelbar nach seiner Vorbeifahrt in Bewegung setzte und ihm der Meldungsleger durch das Ortsgebiet S nachfuhr. Er hielt sich daraufhin genau an die erlaubte Höchstgeschwindigkeit und beschleunigte auch am Beginn der 60 km/h-Beschränkung auf 60 km/h. Ca. 300 Meter danach bog er bei der Kreuzung mit der S Bezirksstraße nach rechts in diese ein, zumal er im Gasthaus St Servicearbeiten vorzunehmen hatte. Vor dem Gasthaus St hielt ihn der Meldungsleger an, kontrollierte die Papiere und das Fahrzeug und konfrontierte ihn mit dem Vorwurf, er habe in der 60 km/h-Beschränkung eine Geschwindigkeit von 80 km/h eingehalten.

Der Rechtsmittelwerber legte im Rahmen der mündlichen Verhandlung dar, er könne sich vorstellen, daß ihn der Meldungsleger wegen der beim Autohaus L eingehaltenen erhöhten Geschwindigkeit bestrafen wollte und deshalb versucht habe, eine Übertretung festzustellen, jedoch seien seine Papiere in Ordnung und auch am Fahrzeug kein Mangel feststellbar gewesen, worauf ihm der Meldungsleger gesagt habe: "Und außerdem sind Sie in der 60 km/h-Beschränkung 80 gefahren." Er sehe ein, daß er für etwas bestraft werde, was er wirklich getan habe, nicht aber, daß er im gegenständlichen Fall gegenüber dem Gendarmeriebeamten als Lügner dastehe. Er habe sich außerdem für die Verhandlung Urlaub genommen, ohne den Verdienstentgang verrechnen zu können, wobei es ihm nicht um die 400 S gehe, sondern schlichtweg ums Prinzip. Die Schilderung des Meldungslegers von der Nachfahrt und der Tachoabweichung klinge durchaus plausibel und sie schiene ihm dann glaubwürdig, wenn er selbst nicht bei dem Vorfall anwesend gewesen wäre. Auch die Äußerung des Meldungslegers, er sei bereits Postenkommandant und habe eine Anzeigeerstattung "nicht notwendig", beeindrucke ihn nicht. Er sei bislang unbescholten und ersuche, seiner Berufung Folge zu geben.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffasssung, daß im gegenständlichen Fall sowohl der Meldungsleger als auch der Rechtsmittelwerber bei der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterließen, wobei beide Schilderungen aus der jeweiligen Sicht nachvollziehbar sind.

Der Rechtsmittelwerber hat telefonisch mitgeteilt, er sei die Strecke noch einmal abgefahren und habe dabei festgestellt, daß vom Beginn der 60 km/h-Beschränkung bis zur Kreuzung 320 Meter laut Tacho zurückzulegen seien, wobei er im vierten Gang mit dem vollbeladenen Firmenfahrzeug eine Geschwindigkeit von 62 km/h erreicht habe.

Wie mittlerweile im Rahmen eines Ortsaugenscheines festgestellt wurde, kann von einer "Steigung" im gegenständlichen Fall fast nicht gesprochen werden, sodaß die Strecke im vierten Gang ohne weiteres befahrbar ist. Daß der Rechtsmittelwerber dabei lediglich eine Geschwindigkeit von 62 km/h erreichen konnte, erscheint daher fraglich.

Trotzdem vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß im gegenständlichen Fall die Argumente des Rechtsmittelwerbers nicht zweifelsfrei zu widerlegen sind. Aus diesem Grund wird nach eingehender Überlegung und Abwägung der zu wahrenden Interessen unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" die im Spruch dargelegte Lösung für gerechtfertigt erachtet, ohne die Integrität sowohl des Meldungslegers als auch des Rechtsmittelwerbers anzuzweifeln.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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