Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253036/3/Py/Hu

Linz, 02.05.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen die mit Bescheid vom 30. Dezember 2011, SV96-80-2011-Sc, ausgesprochene Ermahnung wegen Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 30. Dezember 2011, SV96-80-2011-Sc, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 iVm § 111 Abs.2 Z1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl.Nr. 189/1955 idF BGBl.I.Nr. 31/2007, eine  Ermahnung ausgesprochen.

 

Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird der Bw folgender Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt:

 

"Sie haben es als Verantwortlicher der x mit Sitz in x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeber nachstehende ausländische Staatsangehörige, bei welchen es sich um in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Personen handelt – in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt, welches über der sog. 'Geringfügigkeitsgrenze' des § 5 Abs.2 ASVG lag – beschäftigt haben, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger zur Pflichtversicherung als vollversicherte Personen angemeldet wurden. Sie wären als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung nicht erstattet.

 

1.         x, geb. x, Staatsangehörigkeit: Slowakische Republik; beschäftigt vom 26.04.2011 bis zumindest 08.06.2011, Montag bis Freitag, ca. 50 – 60 Stunden je Woche; Entlohnung: 12 Euro/Stunde

2.         x, geb. x, Staatsangehörigkeit: Slowakische Republik; beschäftigt vom 02.05.2011 bis zumindest 08.06.2011, Montag bis Freitag, ca. 50 – 60 Stunden je Woche; Entlohnung: 12 Euro/Stunde

3.         x, geb. x, Staatsangehörigkeit: Slowakische Republik; beschäftigt vom 09.05.2011 bis zumindest 08.06.2011, Montag bis Freitag, ca. 50 – 60 Stunden je Woche; Entlohnung: 12 Euro/Stunde

 

Beschäftigungsort: x

Beschäftigung: Bau von Stahlgerüsten für ein Förderband"

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges aus, dass aufgrund des Vorliegens sämtlicher E101-Formulare nur ein zu vernachlässigendes Verschulden an der vorgeworfenen Tat vorliegt, weshalb – mit Zustimmung des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr – eine Ermahnung über den Bw auszusprechen war.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 17. Jänner 2012. Darin bringt der Bw  zusammengefasst vor, dass im Zuge der Erfüllung eines übernommenen Auftrages die Firma x von der Firma x als Subunternehmer beauftragt wurde. Dieses hatte u.a. das Verbrauchsmaterial, Werkzeugcontainer, Hebewerkzeuge und andere Werkzeuge, Gerüste, Personal, Arbeitskleidung, Schutzausrüstung und Unterkunft für das Personal bereit zu stellen. Für die Erfüllung dieses Auftrages hat die Firma x sozial-, kranken- und unfallversicherte Fachkräfte eingesetzt, wie sich aus den vorliegenden E101-Formularen für sämtliche eingesetzte Arbeitnehmer ergibt. In Gesamtbetrachtung aller Umstände waren daher die Arbeitnehmer in keiner Hinsicht von der Firma x persönlich oder wirtschaftlich abhängig.

 

3. Mit Schreiben vom 19. Jänner 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

4.1. Anlässlich einer Kontrolle durch das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr am 8. Juni 2011 in x, wurden die slowakischen Staatsbürger Herr x, geb. x, Herr x, geb. x und Herr x, geb. am x, bei Schlosserarbeiten angetroffen. Diese gaben an, für die Firma x mit Sitz in der Slowakei tätig zu sein. Für alle drei slowakischen Staatsangehörigen lagen zum Kontrollzeitpunkt E101-Bestätigungen vor.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 33 Abs.2 ASVG gilt Abs.1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

5.2. Den im gegenständlichen Straferkenntnis angeführten slowakischen Staatsangehörigen wurde vom slowakischen Sozialversicherungsträger Bescheinigungen ausgestellt, wonach sie zum Tatzeitpunkt den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften dieses Mitgliedsstaates unterworfen waren. Im Erkenntnis vom 16. März 2011, Zl. 2010/08/0231, hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass für den Fall, dass in einem Mitgliedsstaat ein Formular E101 ausgestellt wurde, wonach eine Person den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften dieses Mitgliedsstaates unterworfen ist, der zuständige Träger eines anderen Mitgliedsstaates an die Angaben in der Bescheinigung gebunden ist und den fraglichen Arbeitnehmer nicht seinem eigenen System der sozialen Sicherheit unterstellen kann, so lange die Bescheinigung nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wird. Das entsprechende Formular ist ein die anderen Mitgliedsstaaten bindendes Instrument zur Feststellung der Anwendbarkeit der Rechtsvorschriften jenes Staates, der eine solche Bescheinigung ausgestellt hat. Bei Zweifel über die Richtigkeit der Anwendung der EG-Verordnungen durch den Entsendestaat kann die "Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer" um Vermittlung angerufen werden. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 26. Jänner 2006 in der Rechtssache C-2/05 (Herbosch Kiere NV) zur Vorlagefrage, ob und in wie weit eine Bescheinigung E101 die innerstaatliche Rechtsordnung des Gaststaates (auch) im Hinblick auf das Bestehen einer arbeitsrechtlichen Bindung zwischen entsendendem Unternehmen und entsandten Arbeitnehmer während der Dauer der Entsendung bindet, ausgeführt, dass es für die Anwendung von Art. 14 Abs.1 A der Verordnung Nr. 1408/71 erforderlich ist, dass zwischen dem Unternehmen mit einer Betriebsstätte in einem Mitgliedsstaat und den Arbeitnehmern, die dieses Unternehmen in das Gebiet eines anderen Mitgliedsstaates entsandt hat, während der Dauer ihrer Entsendung weiterhin eine arbeitsrechtliche Bindung besteht. In der Bescheinigung erklärt der zuständige Träger des Mitgliedsstaates, dass sein eigenes System der sozialen Sicherheit auf die entsandten Arbeitnehmer während der Dauer der Entsendung anwendbar bleibt. Wegen des Grundsatzes, dass die Arbeitnehmer einem einzigen System der sozialen Sicherheit angeschlossen werden sollen, hat diese Bescheinigung damit notwendig zur Folge, dass das System der sozialen Sicherheit des anderen Mitgliedsstaates nicht angewandt werden kann.

 

§ 1 ASVG knüpft den Geltungsbereich des ASVG an sich bloß an den Beschäftigungsort im Inland an (vgl. VwGH vom 4. Juli 1989, VwSlG. 1294/A). Die vom zuständigen slowakischen Sozialversicherungsträger für die drei gegenständlichen slowakischen Personen gültig ausgestellten Bescheinigungen stellen bindend fest, dass in den vorliegenden Fällen österreichisches Sozialversicherungsrecht nicht zur Anwendung gelangt.

 

Im Hinblick auf die vorliegenden Bescheinigungen für die gegenständlichen Beschäftigungsverhältnisse der drei im Spruch angeführten slowakischen Staatsangehörigen kann daher dem Bw die Übertretung österreichischer sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften nicht zur Last gelegt werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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