Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253047/12/BMa/Hk

Linz, 27.04.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des P D, vertreten durch Mag. G F K, Rechtsanwalt in A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 16. Jänner 2012, SV96-172-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

  II.      Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

§ 66 Abs.1 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma T mit Sitz in B G, U M , wonach Sie gemäß § 9 VStG für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt haben, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie im Sinne des §35 Abs. 1 ASVG zumindest am 27.10.2011 in  B G, U M

 

Herrn B A W, geb.

als pflichtversicherten Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt haben. Der in Rede stehende Beschäftigte war Ihnen organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Es hat eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden.

Obwohl Herr W in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung verpflichtend zu versichern war, nämlich vollversichert, und nicht gemäß § 5 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen ist, wurde hierüber eine Meldung/Anzeige, entweder in einem (vollständige Anmeldung) oder in zwei Schritten (Mindestangabenmeldung), bei der Oö. Gebietskrankenkasse als zuständigen Sozialversicherungsträger vor Arbeitsantritt nicht erstattet.

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 111 Abs. 1 Ziff. 1 iVm. § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz       idgF.

 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von         - falls diese uneinbringlich ist,              Gemäß

  Ersatzfreiheitsstrafe von

730,00 Euro         112 Stunden                       §111 Abs. 1 und 2 ASVG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 73 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:

803 Euro"

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Bw habe keine Stellungnahme zum angelasteten Sachverhalt abgegeben, er habe damit auch die Beschäftigung des Herrn W nicht bestritten.

Weil der Dienstnehmer W als Beschäftigter von der Versicherung im Sinne des ASVG nicht ausgenommen sei und keine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet worden sei, sei der vorgeworfene Tatbestand in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands habe der Bw keine Stellungnahme abgegeben. Er sei daher dafür verantwortlich, dass er seinen Arbeitnehmer vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger nicht ordnungsgemäß angemeldet habe.

 

1.3. Gegen dieses dem Bw am 17. Jänner 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 30. Jänner 2012.

 

1.4. Die Berufung ficht das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach an wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Abschließend wurde der Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und die Angelegenheit zur allenfalls neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, B A W sei vom B P als Aushilfe dem Bw zur Verfügung gestellt worden. Darüber habe der Arbeitgeber des Herrn W, nämlich das B P, ordnungsgemäß Rechnung gelegt. Die diesbezügliche Rechnung Nr.: 10121000 vom 05. Dezember 2011 werde vorgelegt.

 

3. Mit Schreiben vom 30. Jänner 2012 übermittelte die belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat den erstinstanzlichen Verwaltungsakt. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und hat am 23. März 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Berufungswerber in rechtsfreundlicher Vertretung gekommen ist. Als Zeuge wurde B A W einvernommen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevante Sachverhalt wird festgestellt:

 

B A W war zur vorgeworfenen Tatzeit Arbeitnehmer des A W, des Betreibers des B P in  B G, und er war als dessen Arbeitnehmer gemäß ASVG versichert.

 

Weil der Bw am 27.10.2011 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T in B G, der Betreiberin des Hotels L, eine zusätzliche Arbeitskraft benötigt hat, hat er den befreundeten Hotelier W um Überlassung einer Arbeitskraft für den 27. Oktober 2011 ersucht. W ist dem Ersuchen nachgekommen und hat für die Überlassung der Arbeitskraft am 05. Dezember 2011 an den Bw Rechnung gelegt, wonach dieser für die Überlassung des Herrn W zur Aushilfe 120 Euro bezahlt hat.

 

W hatte vor Arbeitsantritt keinen Kontakt zum Bw, er wurde vom Bw nicht entlohnt und von diesem auch nicht verköstigt.

Er stand zum Bw nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit und wurde von diesem nicht gegen Entgelt beschäftigt.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich aus der nachträglich vorgelegten Rechnung vom 05.12.2011 ergeben hat, dass der Bw für die Aushilfe des W den Betrag von 120 Euro an das B P gezahlt hat. W hat in der mündlichen Verhandlung unwiderlegbar angegeben, er selbst habe keine Entlohnung vom Bw erhalten und sei vom Betreiber des B P zur Aushilfe in das Hotel L für ein paar Stunden vor Eröffnung des Hotels geschickt worden.

 

Dass W zur Tatzeit als Arbeiter des A W zur Sozialversicherung gemeldet war, ergibt sich aus dem im vorgelegten Akt einliegenden Versicherungsdatenauszug vom 18. November 2011.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.   Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.   Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.   Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.   gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Gemäß § 539a Abs 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3 ASVG).

 

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Arbeiter W vom Bw nicht entlohnt wurde. Er stand zu diesem daher auch nicht im Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit. Vielmehr wurde er von dem zum Bw befreundeten Hotelier für seine Tätigkeit entlohnt und von diesem auch zur Sozialversicherung angemeldet.

 

Weil bereits der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Ein weiteres Eingehen auf das Berufungsvorbringen erübrigt sich daher.

 

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt im Falle der Einstellung eines Strafverfahrens die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 

 

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