Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101102/2/Bi/Rd

Linz, 19.08.1993

VwSen - 101102/2/Bi/Rd Linz, am 19.August 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der B D, vertreten durch H D, vom 31. Jänner 1993 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 19. Jänner 1993, VerkR96/3148/6-1991/Pi/Rö, zu Recht:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51 idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 49 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52 idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 19. Jänner 1993, VerkR96/3148/6-1993/Pi/Rö, den Einspruch der Beschuldigten vom 16. Mai 1992 gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 12. November 1991, VerkR96/3148/1991, auf der Grundlage der Bestimmung des § 49 Abs.1 iVm Abs.3 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin, vertreten durch ihren Ehegatten, rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da in der zugrundeliegenden Strafverfügung keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin macht geltend, es gäbe in dem von ihr bewohnten Ortsteil von H eine Familie ihres Namens, der allerdings nicht mit doppeltem, sondern nur mit einfachem "r" geschrieben werde. Dies habe in der Vergangenheit mehrfach zu Fehlleitungen von Postsendungen geführt. Sie erinnere sich an die versuchte Zustellung eines Einschreibebriefes, bei der sie der Zusteller auf der Straße angesprochen und ihr ein Formular zur Quittung des Briefempfanges übergeben habe. Sie habe ohne vorherigen Empfang des Briefes unterschrieben und gesehen, daß ihr Name falsch geschrieben gewesen sei. Da der Zusteller den Brief in der Hand gehalten habe, und sie nur einen kurzen Blick darauf werfen konnte, könne sie nicht sagen, ob die Anschrift zutreffend angegeben war, sie glaube sich aber zu erinnern, daß die Hausnummer nicht zutreffend angegeben war. Woher der Brief gekommen sei, habe sie nicht erfahren, da sie keine Gelegenheit hatte, den Brief näher in Augenschein zu nehmen. Da ihr bewußt sei, daß gerade bei einem Einschreibebrief eine zutreffende Zustellung bedeutsam sei und eine Fehlleitung vermieden werden müsse, habe sie den Brief an den Zusteller zurückgegeben, mit dem Bemerken, daß der Adressat überprüft werden müsse. Daraufhin habe der Zusteller ihre Unterschrift auf der Quittierung gestrichen. Sie vermute, daß er eine Annahmeverweigerung vermerkt habe. Da im gegenständlichen Fall der Empfänger nicht eindeutig und unverwechselbar gekennzeichnet gewesen sei, könne nicht von der Fiktion des Zuganges gesprochen werden. Es sei für sie nicht einmal erkennbar gewesen, ob es sich um ein behördliches Schreiben handelte. Sie ersuche daher um Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Bei der Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz war festzustellen, daß auf der Grundlage einer Anzeige vom 13. August 1991, betreffend eine mit Radargerät festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung des Lenkers des deutschen PKW am 31. Juli 1991 um 14.25 Uhr bei km 14,600 der Bundesstraße 131 im Gemeindegebiet von H/D in Richtung E, und der Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes in F, wonach der Halter des PKW Frau B D, sei, an diese die Strafverfügung vom 12. November 1991, VerkR96/3148/1991, mittels internationalem Rückschein-Brief abgesendet wurde. Auf diesem Rückschein wurde vom Sachbearbeiter der Erstinstanz der Name des Empfängers mit "D B" an die Adresse, ebenso deutlich in Maschinschrift angebracht wie der Vermerk, an wen der Rückschein zurückzusenden sei, nämlich an die Bezirkshauptmannschaft Eferding, Stefan Fadingerstraße 2, in 4070 Eferding, Oberösterreich. In der Rubrik "Datum und Unterschrift des Empfängers" auf dem Rückschein ist eine mit schwarzem Kugelschreiber geschriebene und mehrfach durchgestrichene Unterschrift "Dürrfeld" ersichtlich. Auf dem Briefumschlag befindet sich ein Stempelabdruck, auf dem der Vermerk "verweigert" angestrichen ist, was offensichtlich von einem Zusteller (das Kurzzeichen ist absolut unleserlich) des Bezirkes 44 am 22. November (1991) erfolgte. Mit dem genannten Vermerk wurde das Schriftstück an die Bezirkshauptmannschaft Eferding retourniert, wo es am 28.

November 1991 einlangte.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates davon auszugehen, daß die Adressatin der Strafverfügung zweifelsfrei mit der Rechtsmittelwerberin ident ist. Auch wenn sowohl auf dem internationalen Rückschein als auch auf der Strafverfügung selbst der Familienname der Rechtsmittelwerberin irrtümlich mit nur einem "r" geschrieben wurde, war dieser Fehler nicht so gravierend, daß ernstzunehmende Zweifel an der Identität der Adressatin entstehen konnten. Selbst wenn die Ehegattin des in der Berufung angeführten H D den selben Vornamen hätte - was nicht einmal von der Rechtsmittelwerberin behauptet wird - so ergibt sich aus dem Namen in Verbindung mit der vom Kraftfahrt-Bundesamt in F angegebenen Anschrift eindeutig und zweifelsfrei, daß damit nur die Rechtsmittelwerberin gemeint sein konnte. Entgegen ihren Behauptungen ist weder auf dem Briefumschlag der Strafverfügung noch auf dem internationalen Rückschein die Straße bzw. Hausnummer falsch bezeichnet, sodaß das diesbezügliche Rechtsmittelvorbringen ins Leere geht. Auch wenn aufgrund der unleserlichen Unterschrift der Name des Zustellers nicht eruiert werden kann, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, daß ein vom Zusteller angesprochener Adressat eines Einschreibebriefes in erster Linie Interesse daran hat, den Absender des Einschreibebriefes zu erfahren, eben um überprüfen zu können, ob es sich dabei um eine "unverlangt zugesandte Ware oder eine unberechtigte Nachnahmesendung" handelt. Gerade weil die Rechtsmittelwerberin offensichtlich die Meinung vertritt, daß bei einem Einschreibebrief die zutreffende Zustellung bedeutsam sei, und eine Fehlleitung vermieden werden müsse, war sie im eigenen Interesse geradezu verpflichtet, den Rückschein umzudrehen bzw. den Briefumschlag auf einen eventuellen Absender zu untersuchen. Unglaubwürdig ist daher ihre Schilderung, der Zusteller hätte den Brief so in der Hand gehalten, daß sie nicht in der Lage gewesen sei, diesen näher in Augenschein zu nehmen. Zum einen ist nicht einzusehen, warum ein Zusteller eines Einschreibebriefes Interesse daran haben sollte, den Absender zu verheimlichen, zum anderen ist er an seine Zustellordnung gebunden, was aber nicht heißt, daß er verpflichtet wäre, annahmeunwilligen Adressaten ein Schriftstück "aufzudrängen". Allein aus dem Vermerk auf der Rückseite des Briefumschlages, daß die Annahme des Schriftstückes verweigert wurde - von einem Zustellversuch an die Familie D, ist im gesamten Verfahrensakt nicht die Rede -, ergibt sich nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates eindeutig und zweifelsfrei, daß das Verhalten der Rechtsmittelwerberin selbst für den Zusteller als Verweigerung anzusehen war.

Ob nach der deutschen Rechtsordnung eine Verpflichtung für den Zusteller bestanden hätte, das nicht angenommene Schriftstück zu hinterlegen oder irgendwo zurückzulassen, kann dahingestellt bleiben, weil davon auszugehen ist, daß der Zusteller die für ihn maßgeblichen Bestimmungen kennt und sich mit Sicherheit danach verhalten hätte. Aus welchem Grund ein vom Adressaten nicht angenommener Einschreibebrief "am Ort der Zustellung (?) zurückzulassen" sein sollte, vermag nicht einmal die Rechtsmittelwerberin zu erklären. Überdies widerspricht sie sich bei ihrer Schilderung insofern, als sie zunächst kritisierte, der Zusteller habe den Brief nicht herausgerückt und andererseits angab, sie habe den Brief an den Zusteller zurückgegeben mit dem Bemerken, daß der Adressat überprüft werden müsse. Wer tatsächlich die zunächst (irrtümlich?) geleistete Unterschrift der Rechtsmittelwerberin auf dem Rückschein durchgestrichen hat, kann nicht eruiert werden; jedoch ist aufgrund des Vermerkes auf dem Briefumschlag, daß die Annahme des Schriftstückes verweigert wurde, davon auszugehen, daß das Durchstreichen der Unterschrift zumindest mit dem Willen der Rechtsmittelwerberin geschehen ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß das Verhalten der Rechtsmittelwerberin eindeutig und zweifelsfrei als Verweigerung der Annahme eines Schriftstückes zu qualifizieren ist (diesbezüglich wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen), wobei es für die Rechtsmittelwerberin nicht erkennbar war, daß es sich bei dem Schriftstück um die Strafverfügung vom 12. November 1991 handelte. Daß die Rechtsmittelwerberin aufgrund ihres eigenen Verhaltens nicht in der Lage war, innerhalb der vierzehntägigen Rechtsmittelfrist - in der Rechtsmittelbelehrung wäre diesbezüglich genaues zu erfahren gewesen - Einspruch zu erheben, ist nicht der Erstinstanz, sondern der Rechtsmittelwerberin zuzurechnen. Daß diese sich letztlich entschlossen hat, die zur Kenntnis nochmals übermittelte Strafverfügung doch anzunehmen, ändert nichts daran, daß der Einspruch vom 16. Mai 1992 als verspätet anzusehen war.

Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, daß gemäß § 32 Abs.2 VStG als Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (zB eine Strafverfügung) anzusehen ist, und zwar auch dann, wenn die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Um die Verfolgungsverjährung zu unterbrechen, muß die genannte Verfolgungshandlung gemäß der Bestimmung des § 31 Abs.2 VStG innerhalb von sechs Monaten nach Abschluß des strafbaren Verhaltens gesetzt werden. Im gegenständlichen Fall begann die Frist mit 31. Juli 1991 zu laufen und endete demnach am 31. Jänner 1992. Die Strafverfügung wurde am 19. November 1991 seitens der Erstinstanz zur Post gegeben, sodaß Verfolgungsverjährung bislang nicht eingetreten ist.

Die Rechtskraft des gegenständlichen Erkenntnisses hat die Rechtskraft und damit die Vollstreckbarkeit der in Rede stehenden Strafverfügung zur Folge.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden, ohne auf die materiellen Argumente der Rechtsmittelwerberin einzugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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