Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166728/5/Bi/Kr

Linz, 18.05.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H P, S,  K, vom 25. Februar 2012 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 10. Februar 2012, VerkR96-117-2012-Hof, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eine Ermahnung ausgesprochen wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 21 Abs.1 und 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 102 Abs.1 iVm 36 lit.a und
134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 110 Euro (60 Stunden EFS) verhängt, weil er am 8. Jänner 2012, 14.30 Uhr, in der Gemeinde Kollerschlag vom Anwesen S kommend auf der öffentlichen Gemeindestraße (Orts­durch­fahrt) in Richtung Lourdeskapelle den Motorschlitten Rotax Bombardier 600 ccm gelenkt habe, obwohl dieser nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 11 Euro auferlegt.

 


2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, seit 12 Jahren benutze er einen Motorschlitten, um seinen Verpflichtungen als technischer Wart des Fernwasser­behälters nachkommen zu können – dieser sei auf ca 850 m Höhe nordseitig gelegen. Er habe außerdem als Jagdorgan Wildfütterungen durchzuführen und die Fütterungsstellen seien im Winter aufgrund extremer Schneeansammlungen bei extremen Witterungsverhältnissen praktisch ohne Motorschlitten nicht zu erreichen. Um die genannten Stellen zu erreichen, benütze bzw quere er einen Güterweg auf ca 40 m Länge. Er habe sich um eine konkrete rechtliche Auskunft zur Benützung von Motorschlitten bemüht, aber nur die Auskunft erhalten, es gebe dazu kein Gesetz und dieselbe Problematik bestehe bei Staplerfahrzeugen die oft beim Wechsel von Firmengeländen ebenfalls Güterwege oder öffentliche Straßen auf Strecken bis zu 150 m benützten und es sei noch nie zu Bean­standungen gekommen. Er bemühe sich seit Jahren um eine Zulassung des Motorschlittens, erhalte aber nur absagende Auskünfte. Nachdem Kraftfahr­zeuge, die öffentliche Straßen nur überquerten oder auf kurzen Strecken befahren, vom KFG ausgenommen seien, sein Motorschlitten nicht zugelassen werden könne und er seine Arbeitsstellen nur durch Befahren eines Güterweges auf 40 m Länge erreichen könne, beantrage er Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

 

Daraus geht hervor, dass der Bw vom Zeugen K N (N), einem Nachbarn, angezeigt wurde, weil er mit dem Motorschlitten am 8. Jänner 2012 gegen 14.30 Uhr den Güterweg S im Ortsgebiet K auf Höhe des Hauses Nr.X, in dem der Zeuge wohnt, befahren hat. Der Bw hat vor der PI Peilstein ausgesagt, er habe als Jäger nördlich von S ein Jagdrevier mit Futter­stationen für Rehwild, für deren Versorgung er mit dem in seinem Eigentum stehenden Motorschlitten den Wald befahre. Er habe vom Haus S x aus den Güterweg über etwa 35 bis 40 m Länge befahren, wobei er am Haus des Zeugen vorbeigefahren sei; es gebe keine andere Möglichkeit. Der Freund seiner Tochter, der Zeuge D P (P), sei mitgefahren. Der Zeuge N habe gerade vor dem Haus Schnee geschaufelt, sei auf die Fahrbahn gesprungen und habe ihn angehalten. Für den Fall des Weiterfahrens habe ihm der Zeuge eine Anzeige angedroht, worauf der Bw gesagt habe, dann solle er ihn eben anzeigen. Daraufhin habe ihm der Zeuge N, der den Bw nach seiner Aussage bereits 2010 wegen nicht den Motorschlitten betreffender Angelegenheiten angezeigt hatte, mit der Schneeschaufel zuzuschlagen gedroht, worauf der Bw weitergefahren und nach dem Haus Nr.X die Fahrbahn über die Wiese verlassen habe. Die Anzeige erfolge laut Bw deshalb, weil er sich vom Zeugen N genötigt und bedroht gefühlt habe.

Der Zeuge N hat bei seiner Einvernahme vor der PI Peilstein den Vorfall sinngemäß ebenso geschildert und ausgeführt, er habe telefonisch Anzeige erstattet, weil man mit einem Motorschlitten nicht auf der Fahrbahn fahren dürfe.

Der Zeuge P bestätigte vor der PI Peilstein den Vorfall ebenfalls. Der Bw sei ein kurzes Stück auf der Ortsdurchfahrt gefahren und vom Zeugen N angehalten worden, der mit seiner Schneeschaufel auf die Fahrbahn gesprungen sei. Als der Bw ihm widersprochen habe, habe der Zeuge N ihm die Schaufel direkt vor das Gesicht gehalten und ihm gedroht, sie beide vom Motorschlitten zu schlagen. Der Bw sei weitergefahren über die Wiese in den Wald. Bei der Rückfahrt hätten sie einen anderen Weg genommen.

 

Der Bw hat auf die von der Erstinstanz ergangene Aufforderung zur Recht­fertigung eine Auskunft des Marktgemeindeamtes K vom 30. Jänner 2012 vorgelegt, die auf eine Auskunft des Gemeindebundes verweist. Darin ist festgehalten, dass die Gemeinde keine Genehmigungen für Motorschlitten ausstellen könne, aber als Grundbesitzer keine Einwendungen habe, wenn er zum Zweck der Kontrolle beim Hochbehälter der Wassergemeinschaft S teilweise öffentliche Straßen mit dem Motorschlitten befahre; das sollte aber nur bei Schneefahrbahn und nur im unbedingt nötigen Ausmaß (zB wenn es keine andere technische Möglichkeit gebe) erfolgen.

 

Der Bw hat einen Lageplan vorgelegt und ausgeführt, er befahre seit 12 Jahren mit dem Motorschlitten diesen Abschnitt. Es sei nicht möglich, ohne auf der Ortsdurchfahrt zu fahren, zum Fernwasserbehälter auf Parzelle X und zur Wildfütterungsstelle auf Parzelle Y zu gelangen.

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wurden die beiden vom Bw anzufahrenden Stellen – am Vorfallstag war es offenbar die Wildfütterungsstelle, beides liegt im Wald hinter der Loudeskapelle – im DORIS nachvollzogen.

Die Häuser S X und x liegen einander gegenüber, getrennt durch eine Gemeindestraße, die sich westlich beider Häuser in zwei Äste teilt. Der auf der anderen Seite des Hauses x vorbei führende Ast führt direkt zur Loudes­kapelle und weiter in den Wald, der aber auch über den anderen Ast erreichbar ist. Schräg gegenüber vom Haus des Bw befinden sich die Häuser Nr. Y und Z; diese können südlich davon über Wiesengrundstücke (Parzellen A, B und C) umfahren werden. Wenn der Bw und der Zeuge P am Vorfallstag auf dem Weg zur Wildfütterungsstelle (Parzelle Y) waren, ergibt sich augenscheinlich ein etwa gleich langer Weg sowohl über die Kreuzung beim Haus Nr. x als auch über die Gemeinde­straße südlich davon. In beiden Fällen musste der Bw jedenfalls zumindest einen Güterweg überqueren. Wenn der Bw dem Zeugen N über die Wiese ausgewichen ist, befuhr er die Parzelle A, dh der Weg auf der Straße mit öffentlichem Verkehr betrug laut DORIS vom Haus Nr. X ausgehend etwa 50 m

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf ein Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. 

Gemäß § 36 lit.a KFG 1967 dürfen Kraftfahrzeuge und Anhänger ... unbeschadet der – hier nicht anzuwendenden – Bestimmungen des §§ 82, 83 und 104 Abs.7 auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn die zum Verkehr zugelassen sind oder mit ihnen behördlich bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten durchgeführt werden.

 

Ein Motorschlitten ist ein Kraftfahrzeug, mit dem ein Befahren von Straßen mit öffentlichem Verkehr (das sind gemäß § 1 Abs.1 StVO 1960, auf den § 1 Abs.1 KFG 1967 verweist, Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können – dazu zählen auch Güter­wege, Gemeindestraßen und Haus­zufahrten, egal ob in öffentlichem oder privatem Eigentum) verboten ist. Die §§ 102 Abs.1 und 36 lit.a KFG gelten gemäß § 1 Abs.2 lit.b KFG ua nicht für Sonderkraftfahrzeuge im Sinne des § 2 Z23 KFG, mit denen im Rahmen ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung Straßen mit öffentlichem Verkehr nur überquert oder auf "ganz kurzen Strecken" befahren werden.

 

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates kann der vom Bw gewählte Weg über die Kreuzung der beiden Gemeindestraßen, die ohne Zweifel beide Straßen mit öffentlichem Verkehr sind, nicht mehr als "ganz" kurze Strecke gewertet werden. Dabei ist sowohl der Zweck der Fahrt irrelevant als auch die Länge eines in Kauf zu nehmenden Umweges. Der Zeuge P hat überdies bestätigt, am Rückweg seien sie damals nicht mehr am Haus Nr. x vorbei gefahren. Damit relativiert sich die Aussage des Bw in der Berufung, es gebe keinen anderen Weg. Auch im DORIS ist die Möglichkeit der Benützung des beim Bw vorbei führenden Astes der Gemeindestraße über eine "ganz" kurze Distanz erkennbar.      

 

Die dem Bw im Spruch vorgeworfene Fahrt mit dem Motorschlitten fällt nur dann nicht unter die Tatanlastung der §§ 102 Abs.1 iVm 36 lit.a KFG, wenn die Bestimmungen des § 1 Abs.2 lit.b KFG eingehalten werden, dh tatsächlich nur eine Überquerung einer Straße mit öffentlichem Verkehr erfolgt oder eine Benützung einer solchen Straße in einem Ausmaß, das einer solchen Über­querung von der Streckenlänge her gleichzuhalten ist. Die vom Bw befahrene Strecke von etwas weniger als 50 m – bei Einhaltung der Rechtsfahr­ordnung im Doris ausgemessen – kann entgegen der Auffassung des Bw wohl nicht mehr als "ganz kurz" angesehen werden.

 

Damit hat der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist und er sich gemäß § 5 Abs.2 VStG über die für ihn geltenden Bestimmungen bzw den Umfang möglicher Ausnahmen entsprechend informieren muss. Die von ihm in Anspruch genommene Auslegung des Begriffs "ganz kurzer Weg" war zu großzügig. 

 

Allerdings hatte die ggst Übertretung keine Folgen und das Verschulden des Bw kann im ggst Fall deshalb noch als geringfügig im Sinne des § 34 Abs.1 Z7 und
9 StGB  angesehen werden, weil er offenbar aufgrund langjährigen Verhaltens der Meinung war, im Recht zu sein. Die Anwendung des § 21 VStG war damit für den ggst Fall gerade noch gerechtfertigt – g
emäß dieser Bestimmung kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Da der Bw aber in Zukunft weiterhin mit dem Motorschlitten unterwegs sein wird (müssen), war eine Ermahnung auszusprechen, um ihn auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam zu machen. Verfahrenskosten­beiträge fallen damit nicht an.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Motorschlitten "ganz kurze Strecke"

 

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