Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240835/2/MB/JO

Linz, 16.05.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung der X, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 27. Juni 2011, zu GZ: SanRB96-38-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tabakgesetz, zu Recht erkannt:

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des  Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64ff. VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 27. Juni 2011, GZ.: SanRB96-38-2010, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Stunden) verhängt. Die belangte Behörde führt dazu im Spruch wie folgt aus:

"Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma "X." mit Sitz in X, die Inhaberin des Gastronomiebetriebs (Pizzeria/Restaurant) "X" im Einkaufszentrum "X" ist, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass für den als "X" bezeichneten Bereich des Teils des Raumes des öffentlichen Orts Einkaufszentrum "X", nicht dafür Sorge getragen wurde, dass trotz des dort bestehenden generellen Rauchverbots durch Gäste des Betriebs zu folgenden Zeiten unter den genannten Umständen nicht geraucht wurde:

Am 06.04.2010 um 11:46 Uhr wurde von den Gästen an den Tischen, die zum Gastronomiebetrieb (Pizzeria/Restaurant) "X" gehören, geraucht.

Beim Gastronomiebetrieb (Pizzeria/Restaurant) "X" handelt es sich mangels räumlicher Abtrennung zum Mallbereich um einen Teil des Raumes des öffentlichen Ortes Einkaufszentrum "X" im Sinne des § 13 Tabakgesetz und nicht um einen Gastronomiebetrieb im Sinne des § 13a Tabakgesetz, weshalb dort ein generelles Rauchverbot besteht. Aus diesem Grund ist auch die Ausnahmebestimmung des § 13a Abs. 3 Z 1 Tabakgesetz für den Gastronomiebetrieb (Pizzeria/Restaurant) "X" nicht anwendbar, da diese nur für vom Mallbereich räumlich abgetrennte Gastronomiebetriebe gilt."

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden die §§ 13 Abs 1 iVm 13c Abs 1 Z 2 und Abs 2 Z 3 und 14 Abs 4 des Tabakgesetzes (TabakG; BGBl Nr. 431/1995, idF BGBl I Nr 120/2008) genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde in einer eingehenden Begründung sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als erfüllt an. Die Strafbemessung sei tat- und schuldangemessen erfolgt. Zumindest die wiederholte Begehung von derselben Art von strafbaren Handlungen, nämlich die Verletzung von Durchsetzungs- und Bemühungspflichten nach dem Tabakgesetz, sei eindeutig gegeben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Bw rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 14. Juli 2011.

 

Darin führt sie aus, dass sie keine Inhaberin im Sinne des Tabakgesetzes des Raumes des öffentlichen Ortes sei und überdies eine Mall nicht als öffentlicher Raum qualifiziert werden könne. Auch könne aufgrund von Überlegungen zur Funktion des § 13c Abs. 2 Tabakgesetz als Sonderbestimmung zu einem Generaltatbestand eine eigenständige Bestrafung ohne die Erfüllung des § 13c Abs. 1 Tabakgesetz nicht in Frage kommen. Auch sei seitens der belangten Behörde keine ausreichende Konkretisierung im Hinblick auf die unterschiedlichen Deliktsgruppen des § 14 Tabakgesetz vorgenommen worden und daher der Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet. Auch die Tatsache, dass Aschenbecher aufgestellt wurden, lasse keine Rückschlüsse auf eine Sorgfaltsverletzung zu, zumal auch die Bw für diesen Bereich des Raumes nicht verantwortlich ist. Abschließend wird in eventu vorgebracht, dass das Verschulden als gering zu bezeichnen und die verhängte Strafe nicht tat- und schuldangemessen sei.

 

Daher stellte die Bw die Anträge, es möge eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem UVS anberaumt werden und sodann der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.06.2011, SanRB 96-3 8-2010, dahingehend abgeändert werden, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde, in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen, in eventu die Strafe wesentlich herabgesetzt werde.

 

2.1. Mit Schreiben vom 15. Juli 2011 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt.

 

2.3. Da nach der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51c Abs. 2 VStG zu entfallen.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes, BGBl. I Nr. 431/1995, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 120/2008, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 leg. cit. gegen eine im
§ 13c Abs. 2 leg. cit. festgelegten Obliegenheiten verstößt und ist mit Geldstrafe bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro, zu bestrafen.

Nach § 13c Abs. 2 Tabakgesetz hat jeder Inhaber gemäß Abs. 1 insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass in den Räumen eines öffentlichen Orts nicht geraucht wird, soweit nicht die Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 Tabakgesetz zum Tragen kommt (vgl. Z. 3) bzw., dass in den Räumen der Betriebe gemäß § 13a Abs. 1, soweit Rauchverbot besteht oder das Rauchen gemäß § 13a Abs. 4 nicht gestattet werden darf, weil für den Betrieb ein Kollektivvertrag gemäß § 13a Abs. 4 Z. 1 bis 4 nicht gilt, nicht geraucht werden (vgl. Z. 4).

3.1.2. Inhaber nach § 13c Abs. 1 Z. 2 Tabakgesetz ist der Inhaber eines öffentlichen Raums gemäß § 13 leg. cit.

Nach § 13 Abs. 1 Tabakgesetz gilt – außer in hier nicht anwendbaren Ausnahmefällen – in Räumen öffentlicher Orte Rauchverbot.

Gemäß § 13 Abs. 2 leg. cit. können als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 in jenen von Abs. 1 umfassten Einrichtungen, die über eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird.

Die Ausnahme des § 13 Abs. 2 Tabakgesetz kommt nur in Betracht, wenn entsprechende (abgetrennte) Räume bereits vorhanden sind.

Das Tatbild der genannten Verwaltungsübertretung begeht daher eine (natürliche oder juristische) Person, die als Inhaber eines Raums eines öffentlichen Orts nicht dafür Sorge trägt, dass in einem solchen Raum – sofern keine gesetzliche Ausnahme besteht – nicht geraucht wird.

3.2.1. Die im hier relevanten Tatbestand verwendeten Begriffe sind zum Teil unbestimmte Gesetzesbegriffe, die der Auslegung bedürfen:

3.2.2. Entsprechend dem aus der Einheit der Rechtsordnung zu folgernden Grundsatz der Einheit der Rechtssprache ist bei der Auslegung des Begriffs „Inhaber“ von jenem Bedeutungsgehalt auszugehen, den die Privatrechtsordnung geprägt hat. Inhaber ist demnach – entsprechend insbesondere auch § 309 ABGB – diejenige Person, die eine Sache in ihrer Macht oder Gewahrsame hat (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 25. Februar 1993, 92/04/0231). Die Innehabung wird dabei auch als äußere Erscheinung der Herrschaft über den Gegen-stand nach Maßgabe der Verkehrsauffassung verstanden. Ein typisches Beispiel eines Inhabers ist der Mieter oder sonstige Bestandnehmer einer Sache (vgl. für viele Spielbüchler in Rummel, ABGB, zu § 309, mwN.).

Die Bw war – mit der belangten Behörde folgernd – zum möglichen Tatzeitpunkt unbestritten Bestandnehmerin und damit Inhaberin des als Pizzeria/Restaurant "X" bezeichneten Bereichs im Einkaufszentrum "X", da sie durch die Aufstellung der Tische auf der Bezug habenden Fläche diese zumindest "inne" hatte.

3.2.3. Öffentlicher Ort ist nach der Legaldefinition des § 1 Z. 11 Tabakgesetz jeder Ort, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden kann. Es ist wohl unbestritten, dass ein Einkaufszentrum unter diesem Begriff zu subsumieren ist, da es für einen nicht von vornherein beschränkten Personenkreis geöffnet und daher öffentlicher Ort iSd. Tabakgesetzes ist.

3.2.4. Raum iSd. Bestimmungen des Tabakgesetzes ist ein allseits (oben, unten, links, rechts, vorne und hinten – also durch vertikale und horizontale Elemente) abgegrenzter oder umschlossener dreidimensionaler Bereich, Ort oder Platz (vgl. etwa für den Anwendungsbereich der Oö. Bauordnung 1994 das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2000, 2000/05/0081, mwN.).

Ein Einkaufszentrum ist als Teil eines Gebäudes ein allseits umschlossener Bereich und soweit er eben nicht als Gastronomiebetrieb gem. §§ 13a ff Tabakgesetz zu werten ist, ein öffentlicher Ort.

3.2.5. Dennoch gilt es zu beachten, dass § 14 Abs. 4 iVm § 13c Abs. 2 Z 3 Tabakgesetz als Tathandlung der Bw das "Nicht-dafür-Sorge-tragen" im Hinblick auf den in der Obliegenheit des § 13c Abs. 2 Z 3 Tabakgesetz geforderten "Erfolg" verlangen. Insofern setzt der Straftatbestand in dieser Hinsicht auch die Umschreibung einer entsprechenden Tat voraus und hat der Spruch selbiges zu enthalten. MaW: Es ist für die Bezeichnung der Tat (= Lebenssachverhalt) auch erforderlich, das Geschehen, als jenes eine Vorschrift übertretende Verhalten des Beschuldigten (!) hinreichend genau nach Zeit und Ort zu umschreiben. Dieses Verhalten ist sodann einer rechtlichen Würdigung zu unterziehen.

3.2.6. In dem der Gesetzgeber die Tathandlung in der verwiesenen Norm mit dem "dafür-Sorge-tragen" umschreibt, ist es zur Formulierung eines dem Gesetz (§ 44a Z 1 VStG) entsprechenden Tatvorwurf unumgänglich das dahinter stehende tatsächliche Verhalten der Bw festzustellen.

3.2.7. Wie bereits unter Pkt. 1.1. dargelegt, umfasst der Spruch des Straferkenntnisses bloß die Anführung des Gesetzeswortlautes "...nicht dafür Sorge getragen wurde, ...". Auch die Wendung "... unter den genannten Umständen ..." bezieht dahingehend kein Tatgeschehen mit ein. Der insofern taugliche Tatvorwurf im Hinblick auf die Verletzung der "Sorgfaltspflicht" findet sich lediglich im Bereich der Bescheidbegründung in der Erwiderung auf die 4. Einwendung der Bw im Einspruch zum Straferkenntnis, bzw. auf S 10 des Straferkenntnisses, wo der Bw vorgeworfen wurde, dass sie Aschenbecher auf den Tischen bereit gestellt habe. Weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17. Mai 2010, noch in der Anzeige oder der Strafverfügung wird auf diesen Tatvorwurf Bezug genommen. Der Spruch erweist sich daher im Bereich der als erwiesen angenommenen Tat als mit Rechtswidrigkeit behaftet, da der Bw dahingehend keine Tathandlung angelastet wurde, die über die Wiederholung des Gesetzestextes hinausging.

Die Tatsache alleine, dass allenfalls geraucht wurde (ohne nähere Erhebung der Umstände wie etwa die Dauer, die Duldung, die Information an die Bediensteten über deren Vorgehen bei Verstößen, das Vorhandensein von Rauchverbotsschildern oder Aschenbecher, udgl) ist nicht geeignet die Verletzung von Sorgfaltspflichten und somit des Tatbildes ohne weiteres zu bejahen.

3.2.8. Insofern war es auch dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, den Spruch dahingehend zu verbessern, da jede Änderung in diesem Bereich aufgrund der Verfolgungsverjährung verhindert war.

3.3. Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass im vorliegenden Fall schon die objektive Tatseite nicht als gegeben anzusehen ist, weshalb das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß §§ 65f. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Markus Brandstetter

 

 

 

 

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