Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523150/2/Sch/Bb/Eg

Linz, 07.05.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der I. L., geb. x, wh, vom 12. April 2012, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 29. März 2012, GZ VerkR21-273-2012/LL, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klasse B wegen Nichtbefolgung der Anordnung zur Absolvierung der zweiten Führerscheinausbildungsphase und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 4a Abs.1, 4b Abs.1, 4c Abs.2, 24 Abs.3 achter Satz, 29 Abs.3 und 30 Abs.1 Führerscheingesetz 1997 - FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann des Bezirks Linz-Land hat mit Bescheid vom 29. März 2012, GZ VerkR21-273-2012/LL, I. L. (der nunmehrigen Berufungswerberin), die für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung bis zur Absolvierung der zweiten Führerscheinausbildungsphase (erste Perfektionsfahrt, Fahrsicherheitstraining und verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist und zweite Perfektionsfahrt), gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen, für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auch das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen und sie aufgefordert, den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein unverzüglich nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuliefern.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 3. April 2012, hat die Berufungswerberin rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 12. April 2012 - Berufung erhoben und um Fristverlängerung für die Absolvierung der fehlenden Stufen der Mehrphasenausbildung ersucht.

 

Im Einzelnen führt sie dazu an, dass sie als alleinerziehende Mutter eines 3-jährigen Sohnes die letzen 1 1/2 Jahre insgesamt 4-mal den Wohnsitz wechseln habe müssen. Diese häufigen Umzüge und die dadurch resultierende finanzielle Lage seien der Grund dafür, dass sie die Ausbildungsphase noch nicht absolvieren habe können. Die erste Perfektionsfahrt werde sie nunmehr am 17. April 2012 ableisten.

 

Seit September 2011 wohne sie wieder in Traun, wobei sie am 14. März 2012 wieder angefangen habe zu arbeiten, da ihr die Kinderbetreuung ihres Sohnes dies endlich ermögliche. Da sie jeden Morgen ihren Sohn in den Kindergarten bringen und anschließend an ihren Arbeitsplatz nach L gelangen müsse, wäre es schlimm, den Führerschein zu verlieren, da damit auch der Verlust des Arbeitsplatzes verbunden und sie wieder auf Arbeitslosengeld angewiesen sei. Sie beteuert wieder ein geregeltes Leben, mit Arbeit und einem schönen Zuhause führen zu wollen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 16. April 2012, GZ VerkR21-273-2012/LL, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und in die Berufung.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages der Verfahrensparteien und der Tatsache, dass der für das Verfahren relevante Sachverhalt ausreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen: 

 

Der Berufungswerberin wurde am 19. Juli 2010 von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land unter GZ 09224898 erstmals die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt.

 

Sie war daher entsprechend der gesetzlichen Bestimmung des § 4a Abs.1 FSG, wonach Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klasse B anlässlich des erstmaligen Erwerbes dieser Lenkberechtigungsklasse innerhalb des in § 4b leg.cit. vorgesehenen Zeitraumes eine zweite Ausbildungsphase zu durchlaufen haben, zur Durchführung der zweiten Ausbildungsphase (Mehrphasenausbildung) verpflichtet.

 

Gemäß § 4b Abs.1 FSG hat die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer der Lenkberechtigung für die Klasse B folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:

1. eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von zwei bis vier Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung;

2. ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie

2. eine weitere Perfektionsfahrt im Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.

...

Zwischen der Perfektionsfahrt gemäß Z1 und der Perfektionsfahrt gemäß Z3 hat ein Zeitraum von mindestens drei Monaten zu liegen.

 

Nachdem die Berufungswerberin diese zwingend zu absolvierende zweite Ausbildungsphase für die Führerscheinklasse B (erste Perfektionsfahrt,  Fahrsicherheitstraining samt verkehrspsychologischem Gruppengespräch und zweite Perfektionsfahrt) nicht innerhalb der gesetzlichen Frist und der Nachfrist von vier Monaten nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert hat, wurde die Absolvierung der fehlenden Stufen der zweiten Ausbildungsphase zunächst behördlich mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28. November 2011, GZ 224898-2009, angeordnet. Trotz Setzung der gesetzlich festgelegten Nachfrist von weiteren vier Monaten hat die Berufungswerberin die erste Perfektionsfahrt, das Fahrsicherheitstraining, das verkehrspsychologische Gruppengespräch und die zweite Perfektionsfahrt nicht - bis spätestens 19. März 2012 - absolviert.

 

§ 4c Abs.2 iVm § 24 Abs.3 achter Satz FSG sieht in solchen Fällen grundsätzlich zwingend die Entziehung der Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung vor, weshalb der Berufungswerberin mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. März 2012 die Lenkberechtigung für die Klasse B bis zur Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen wurde.

 

Lediglich wenn die betreffende Person besonders berücksichtigungswürdige Gründe nachweist, aus denen hervorgeht, dass sie innerhalb der festgesetzten Zeit den oder die fehlenden Teil(e) der Mehrphasenausbildung nicht absolvieren konnte, kann auf Antrag für eine angemessene Zeit von der Entziehung der Lenkberechtigung abgesehen werden (§ 4c Abs.2 vorletzter Satz FSG).

 

Ausdrücklich hat der Gesetzgeber festgelegt, dass jedoch nur "besonders berücksichtigungswürdige Gründe", welche überdies nachgewiesen werden müssen, das Absehen von der Entziehung der Lenkberechtigung für eine angemessene Zeit begründen würden. Als besonders berücksichtigungswürdiger Grund könnte etwa eine längere schwere Krankheit oder dgl. gelten (vgl. Grundtner/Pürstl, FSG⁴ [2010] § 4c Abs.2 Anm 6, Seite 43).

 

Die von der Berufungswerberin vorgetragenen Gründe, nämlich die in der Berufung angeführte finanzielle und beruflichte Situation, ihre zahlreichen Umzüge oder auch der Umstand, dass ihre Lenkberechtigung berufsnotwendig und sie allein erziehend ist, stellen nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates hingegen keine ausreichenden Entschuldigungsgründe dar, die ein Absehen von der Entziehung der Lenkberechtigung rechtfertigen würden, zumal der Gesetzgeber ohnedies eine angemessen lange Frist zur Absolvierung der einzelnen Stufen vorgesehen hat und es der Berufungswerberin somit durchaus hätte möglich sein müssen, trotz der von ihr vorgetragenen Umstände entsprechende Dispositionen so rechtzeitig zu treffen, dass eine fristgerechte Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase möglich gewesen wäre.

 

Mittlerweile hat die Berufungswerberin am 17. April 2012 zwar die erste Perfektionsfahrt absolviert. Dieser Umstand vermag allerdings an der gegenständlichen Beurteilung nichts zu ändern, da das Fahrsicherheitstraining mit dem verkehrspsychologischen Gruppengespräch sowie die zweite Perfektionsfahrt noch nicht absolviert und damit die zweite Ausbildungsphase noch nicht abgeschlossen wurde.  

Auf Grund dieses zu Grunde liegenden Sachverhaltes muss der Berufungswerberin daher die Lenkberechtigung angesichts der eindeutigen Regelung in § 4c Abs.2 FSG entzogen werden. Anzuführen ist jedoch, dass die Lenkberechtigung der Klasse B lediglich solange zu entziehen ist, bis die zweite Ausbildungsphase vollständig absolviert wurde.

 

Es ist gut nachvollziehbar, dass diese Entscheidung für die Berufungswerberin mit erheblichen persönlichen und beruflichen Problemen verbunden ist. Diese Problematik trifft aber jeden Besitzer eines Mehrphasenführerscheines in annähernd gleicher Weise bei nicht fristgerechteter Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase, sofern er keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe nachweisen kann, die ein Absehen von der Entziehung zu rechtfertigen geeignet sind.

 

Die Aberkennung des Rechts von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen stützt sich auf die gesetzliche Bestimmung des  § 30 Abs.1 FSG und ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls dann auszusprechen, wenn die Voraussetzungen für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen.

 

Die Verpflichtung, den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuliefern, gründet sich auf die Bestimmung des § 29 Abs.3 FSG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

S c h ö n

 

 

 

 

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