Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550313/40/Kü/Ba

Linz, 01.06.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über den Antrag der X Gesellschaft m.b.H., vertreten durch X, Rechtsanwaltspartnerschaft, X, X, vom 18. November 2011 auf Erlassung eines Feststellungsbescheides im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich betreffend das Bauvorhaben "X" zu Recht erkannt:

 

 

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 12 Abs.4, 13 Abs.1, 24 und Art. II Abs.2 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006), LGBl.Nr. 130/2006 idF LGBl.Nr. 68/2010

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 18. November 2011 beantragte die X. (im Folgenden: Antragstellerin) die Feststellung, dass wegen eines Verstoßes gegen bundesgesetzliche Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens oder die hiezu ergangenen Verordnungen oder wegen eines Verstoßes gegen unmittelbarer anwendbares Gemeinschaftsrecht im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich betreffend das Bauvorhaben "X" der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt wurde. Zudem wurde der Ersatz der von der Antrag­stellerin entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Zur Begründung des Antrages wurde festgehalten, dass die Antragstellerin in der gegenständlichen Vergaberechtssache bereits mit Nachprüfungsantrag vom 21.12.2006 die mit Schreiben vom 15.12.2006 bekannt gegebene Zuschlagsent­scheidung zugunsten der X angefochten habe. Im Wesentlichen habe die Antragstellerin die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung damit begründet, dass die in der Zuschlagsentscheidung genannte evaluierte Zuschlagsempfängerin in ihrem Angebot in 5 Positionen negative Einheitspreise angeboten habe, welche allesamt betriebswirtschaftlich weder erklär- noch nachvollziehbar gewesen seien, sodass das Angebot der evaluierten Zuschlagsempfängerin gemäß § 129 Abs.1 Z 3 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen wäre.

 

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 15.2.2007, VwSen-550313/15/Kü/Hu, VwSen-550315/11/Kü/Hu, VwSen-550316/7/Kü/Hu, sei der Nachprüfungsantrag trotz eines diesbezüglichen Antrages der Antragstellerin ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe die Antragstellerin Beschwerde an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben, welcher mit Erkenntnis vom 22.6.2011, zustellt am 29.7.2011, stattgegeben worden sei. In seiner Begründung führe der VwGH aus, dass die im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung zu beantwortende ent­scheidende Frage, ob die Preise im Angebot der evaluierten Zuschlagsempfänge­rin betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar seien, in der Regel auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens zu beantworten sei.

 

Obgleich die Antragstellerin von der Antragsgegnerin nicht formell in Kenntnis darüber gesetzt worden sei, dass ein Zuschlag in dem dem Nachprüfungsantrag zugrunde liegenden Vergabeverfahren erteilt worden sei, gehe die Antrag­stellerin davon aus, dass der in der Zuschlagsentscheidung genannten evaluierten Zuschlagsempfängerin X tatsächlich der Zuschlag erteilt worden sei. Diese Zuschlagserteilung zugunsten eines auszuscheidenden Angebotes mit einer unplausiblen spekulativen Preisgestal­tung verletze die Antragstellerin insbesondere in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung an sie als eigentliche Billigstbieterin, in ihrem Recht auf Unterbleiben einer vergaberechtswidrigen Zuschlagserteilung und in ihrem Recht auf vergabe­rechtskonforme Beendigung des Vergabeverfahrens.

 

2. Der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides wurde in Wahrung des Parteiengehörs den weiteren Verfahrensparteien, und zwar dem Land Ober­österreich sowie der Zuschlagsempfängerin, der X, zur Stellungnahme übermittelt.

 

2.1. In ihrer Stellungnahme vom 2.12.2011 führt die X aus, dass davon auszugehen sei, dass die Antragstellerin bereits vor Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes am 29.7.2011 von der erfolgten Zuschlagserteilung an die Einschreiterin Kenntnis gehabt habe. Die mögliche Kenntnisnahme über die erfolgte Zuschlagsentscheidung sei der tatsächlichen Kenntnisnahme gemäß § 13 Oö. VergRSG 2006 gleichzuhalten. Dagegen würden nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. VfGH 10.6.2002, B1353/99). Bereits ab gehöriger Bekanntmachung des vergebenen Auftrages sei die mögliche Kenntnis des Auftrages zu unterstellen. Der Verfassungsgerichtshof gehe zudem davon aus, dass es dem Antragsteller zumutbar sei, sich im Wege einer Auskunft oder der Einsicht in den Vergabeakt Kenntnis über die näheren Details der Zuschlagsentscheidung zu verschaffen.

 

Gemäß § 24 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 sei nach Aufhebung eines Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates durch den Verwaltungsgerichtshof, welche nach dem Inkrafttreten des Oö. VergRSG 2006 erfolgt sei, das Verfahren nach den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006 idF LGBL.Nr. 68/2010, fortzuführen.

 

Gemäß § 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 sei ein Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens als Feststellungsverfahren gemäß § 12 Abs.1 Z 1 und 5 sowie Abs.4 binnen sechs Wochen ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Antragsteller vom Zuschlag bzw. vom Widerruf Kenntnis erlangt habe oder Kenntnis hätte erlangen können, längstens jedoch innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten, nachdem der Zuschlag erteilt worden sei.

 

Die subjektive Frist zur Stellung eines Feststellungsantrages von sechs Wochen sei während der Zeit des anhängigen Verfahrens vor den Höchstgerichten gehemmt. Nach der Zustellung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes mit 29.7.2011 sei die Frist zur Stellung des Fortsetzungsantrages jedenfalls weiter gelaufen. Da die Antragstellerin bereits vor Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes Kenntnis von der Zuschlagsentscheidung und des Auftragnehmers gehabt habe, habe die sechswöchige Frist zur Stellung eines Antrages spätestens mit Zustellung des Erkenntnisses zu laufen begonnen. Der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens als Feststellungsverfahren hätte daher spätestens am 9.9.2011 gestellt werden müssen.

 

2.2. Vom Land Oberösterreich (im Folgenden: Auftraggeber) wurde in der Stellungnahme vom 15. Dezember 2011 zur Unzulässigkeit des Feststellungsantrages Stellung bezogen. Festgehalten wurde, dass es sich beim Antrag auf Feststellung gemäß § 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 um einen "normalen" Feststellungsantrag handle, für den auch die allgemeinen Regelungen über Inhalt (Formvorschriften) und Frist gelten würden. Auch bei einem fortgesetzten Antrag auf Feststellung gemäß § 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 müssten daher die Antragsvoraus­setzungen des Interesses am Vertragsabschluss und des eingetretenen oder drohenden Schadens vorliegen. Im Feststellungsantrag würden sich keine Angaben über den behaupteten eingetretenen Schaden finden. In Anbetracht der Bestimmung des § 111 Abs.1 BVergG 2006, wonach Angebote grundsätzlich ohne gesonderte Vergütung zu erstellen seien, sei zum einen fraglich, ob der Antragstellerin überhaupt ein Schaden entstanden sei bzw. überhaupt entstehen habe können. Besondere Ausarbeitungen seien im Rahmen der gegenständlichen Ausschreibung nicht verlangt worden. Kosten im Feststellungsverfahren würden keine ersatzfähigen Schäden darstellen. Zum anderen seien allfällige Schaden­ersatzansprüche bereits verjährt. Der Antrag auf Feststellung sei daher schon mangels eingetretenen oder drohenden Schadens als unzulässig zurückzuweisen.

 

Zudem wurde vom Auftraggeber die betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvoll­ziehbarkeit der Preise im Angebot der Zuschlagsempfängerin dargestellt.

 

3. In der Replik der Antragstellerin vom 20. Jänner 2012 zu den Ausführungen der X sowie des Auftraggebers führt diese aus, dass die Behauptung, es würden im Feststellungsantrag die Angaben zum eingetretenen Schaden fehlen, unrichtig seien. Im Feststellungsantrag sei nämlich auf den Nachprüfungsantrag verwiesen worden, in dem die diesbezüg­lichen Angaben bereits gemacht worden seien. Im Übrigen würde im Fall des § 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 ohnehin das Nachprüfungsverfahren als Feststellungsverfahren weitergeführt. Es würde sich somit um ein und dasselbe Verfahren handeln, weshalb das bereits im Nachprüfungsantrag erstattete Vorbringen nicht (unnötigerweise) wiederholt zu werden brauche.

 

Zudem wird in der Replik von der Antragstellerin den Ausführungen des Auftrag­gebers zur Angemessenheit der Preise im Angebot der Zuschlagsempfängerin widersprochen.

 

Den Ausführungen der X als mitbeteiligter Partei zur nicht fristgerechten Einbringung des Feststellungsan­trages wird entgegen gehalten, dass diese Ausführungen auf einer simplen Verwechslung beruhen würden. Konkret verwechselt würden die Übergangsbe­stimmungen zum Inkrafttreten des Oö. VergRSG 2006 (LGBl.Nr. 130/2006), welche sich im § 24 Abs.2 bis 4 dieses Gesetzes befinden würden, mit der hier anzuwendenden Übergangsbestimmung zum Inkrafttreten der Oö. Vergabe­rechtsschutzgesetz-Novelle 2010 (LGBl.Nr. 68/2010), welche sich in Art. II Abs.2 des Gesetzes LGBl.Nr. 68/2010 befinden würde.

 

Die Zuschlagsentscheidung sei im gegenständlichen Fall am 15.12.2006 bekannt gegeben, der Nachprüfungsantrag gegen die Zuschlagsentscheidung am 21.12.2006 eingebracht worden. Zu diesem Zeitpunkt war das Oö. VergRSG 2006 in der Stammfassung LGBl.Nr. 130/2006 bereits in Kraft. Die das Inkrafttreten dieses Gesetzes betreffenden Übergangsbestimmungen in § 24 Abs.2 bis 4 leg.cit. seien daher für das gegenständliche Verfahren von Anfang an hier relevant gewesen, da das gegenständliche Verfahren ohnedies erst nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitet worden sei.

 

Der über den Nachprüfungsantrag ergangene Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates sei am 16.2.2007 zugestellt und beim VwGH sodann ange­fochten worden. Das VwGH-Erkenntnis sei am 29.7.2011 zugestellt worden. Die Zeit des Verfahrens vor dem VwGH sei aber nach der Stammfassung des Oö. VergRSG 2006 in die Fristen des § 13 Abs.1 nicht einzurechnen.

 

Die Oö. Vergaberechtsschutzgesetz-Novelle 2010 (LGBl.Nr.58/2010) sei mit Ablauf des 21.10.2010 in Kraft getreten. Die dazugehörige Übergangs­bestimmung des Art. II Abs.2 leg.cit. bestimme aber ausdrücklich, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige Verfahren nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen seien. Daran, dass das gegenständliche Verfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle bereits "anhängig" gewesen sei, könne aber kein Zweifel bestehen. Wie gesagt sei der Nach­prüfungsantrag schon am 21.12.2006 gestellt worden. Dass es sich um ein anhängiges Verfahren handle, verdeutliche im Übrigen die Bestimmung des § 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006: Diese sehe ausdrücklich vor, dass ein Nachprüfungs­verfahren im Fall der Aufhebung des UVS-Bescheides durch den VwGH als Feststellungsverfahren "weiterzuführen" sei; bis zur Stellung des Feststellungs­antrages "ruht das Verfahren"; würde ein Feststellungsantrag nicht fristgerecht eingebracht, sei "das Verfahren formlos einzustellen". Aus all dem folge, dass das Verfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle eindeutig anhängig gewesen sei.

 

Das Oö. VergRSG 2006 in seiner Stammfassung sehe aber in § 13 Abs.1 vor, dass ein Feststellungsantrag binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt zu stellen sei, in dem der Antragsteller vom Zuschlag Kenntnis erlangt habe oder Kenntnis hätte erlangen können, längstens jedoch sechs Monate nach Zuschlagserteilung. Da das VwGH-Erkenntnis am 29.7.2011 zugestellt worden sei, habe der Fest­stellungsantrag somit binnen sechs Monaten danach, also bis 29.1.2012 gestellt werden können.

 

Die mitbeteiligte Partei komme in ihrer Stellungnahme bloß deshalb zu einem abweichenden Ergebnis, weil sie irrtümlich die Übergangsbestimmungen zum Inkrafttreten der Stammfassung des Oö. VergRSG 2006 (§ 24 Abs. 2 bis 4 leg.cit) auf den gegenständlichen Fall anwenden möchte. Diese würden zwar ebenfalls vorsehen, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits anhängige Verfahren nach der alten Rechtslage fortzuführen seien, würden jedoch eine Ausnahme für Verfahren machen, die nach Aufhebung des UVS-Bescheides durch den VfGH oder VwGH fortgeführt würden (§ 24 Abs.3). Eine dem § 24 Abs.3 entsprechende Ausnahmeregelung enthalte die Übergangsbestimmung zur Novelle 2010 (Art. II Abs.2 LGBl.Nr. 68/2010) freilich nicht. Dass sich § 24 Abs.3 – selbstverständlich – nur auf das Inkrafttreten der Stammfassung des Oö. VergRSG 2006, LGBl.Nr. 130/2006, beziehe und nicht auf das Inkrafttreten der Novelle 2010 ergebe sich – abgesehen von der historischen und systematischen Interpretation – schon aus dem Wortlaut des § 24 Abs.3 (arg "dieses Landesge­setzes").

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Unbestritten steht fest, dass am 15.12.2006 vom Auftraggeber im Vergabeverfahren betreffend X – X bekannt gegeben wurde, dass eine Zuschlagsentscheidung zugunsten des Billigstbieters X getroffen wurde. Diese Zuschlagsentscheidung wurde von der Antragstellerin fristgerecht angefochten. Mit Erkenntnis des UVS vom 15.2.2007, VwSen-550313/15/Kü/Hu, VwSen-550315/11/Kü/Hu und VwSen-550316/7/Kü/Hu, wurde der Nachprüfungsantrag der Antrag­stellerin abgewiesen. Die Antragstellerin hat am 2.4.2007 gegen den Bescheid des UVS Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Der Verwaltungsgerichts­hof hat mit Erkenntnis vom 22.6.2011, Zl. 2007/04/0076-6, den Bescheid des UVS aufgehoben. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde den Verfahrensparteien am 29.7.2011 zugestellt. Mit Eingabe vom 18.11.2011 beantragte die Antragstellerin die Erlassung eines Feststellungsbescheides.

 

4.2. Folgende Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF. LGBl. Nr. 68/2010 sind für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Feststellungsantrages maßgeblich.

 

§ 12 Abs.4  Oö. VergRSG 2006:

Wird während eines anhängigen Nachprüfungsverfahrens der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen, ist das Verfahren auf Antrag des Unternehmers bzw. der Unternehmerin, der bzw. die den Nachprüfungsantrag gestellt hat, als Feststellungsverfahren weiterzuführen. Dies gilt auch, wenn ein Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vom Verfassungsgerichtshof oder vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde und vor der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs oder des Verwaltungsgerichtshofs der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen worden ist. Bis zur Stellung eines Antrags gemäß dem ersten Satz ruht das Verfahren; wird bis zum Ablauf der Frist gemäß § 13 Abs. 1 kein Antrag im Sinn dieses Absatzes gestellt, ist das Verfahren formlos einzustellen. § 13 Abs. 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzurechnen ist.

 

§ 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 (Fristen):

Anträge gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 und 5 sowie Abs. 4 sind binnen sechs Wochen ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Antragsteller bzw. die Antragstellerin vom Zuschlag bzw. vom Widerruf Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können, längstens jedoch innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten, nachdem der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen wurde.

 

§ 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 (Fristen) idF. LGBl. Nr. 130/2006:

Das Recht auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Zuschlags, des Widerrufs oder der rechtswidrigen Wahl des Vergabeverfahrens erlischt, wenn der Antrag gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 bis 3 oder Abs. 4 nicht binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt gestellt wird, in dem der Antragsteller bzw. die Antragstellerin vom Zuschlag, vom Widerruf bzw. von der rechtswidrigen Wahl des Vergabeverfahrens Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können, längstens jedoch sechs Monate nach Zuschlagserteilung oder Widerruf des Vergabeverfahrens.

 

§ 24 Abs.2 Oö. VergRSG 2006:

Im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Landesgesetzes beim unabhängigen Verwaltungssenat anhängige Verfahren sind nach den Bestimmungen des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes, LGBl. Nr. 153/2002, fortzuführen. Ist ein Nachprüfungsverfahren im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Landesgesetzes bereits anhängig, so gelten für das Verfahren zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen die Bestimmungen des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes, LGBl. Nr. 153/2002.

 

§ 24 Abs.3 Oö. VergRSG 2006:

Nach einer Aufhebung eines Bescheides des unabhängigen Verwaltungssenats durch den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof, welche nach dem In-Kraft-Treten dieses Landesgesetzes erfolgt, ist das Verfahren nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes fortzuführen. Bieter bzw. Bieterinnen, die einen Teilnahmeantrag gemäß § 5 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002, gestellt haben, besitzen auch in diesem fortgesetzten Verfahren Parteistellung.

 

Artikel II Abs.2 (Anm: Übergangsrecht zur Nov. LGBl.Nr. 68/2010):

Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes beim unabhängigen Verwaltungssenat anhängige Verfahren sind nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen.

 

4.3. Die Aufhebung des Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof bewirkt, dass die Sache in die Lage zurücktritt, in der sie sich vor Erlassung des Bescheides befunden hat (vgl. § 42 Abs.3 VwGG). Die Bindungswirkung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes erstreckt sich nicht auf den vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen Sachverhalt. Die Behörde ist nicht gehindert, später eingetretene Änderungen der Rechtslage oder des Sachverhalts wahrzunehmen.

 

Unbestritten ist, dass das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes der Antragstellerin am 29.7.2011 zugestellt worden ist. Die Antragstellerin hat ihren Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides am 18. November 2011 eingebracht. Die Antragstellerin geht davon aus, dass im gegenständlichen Fall die Übergangsbestimmung des Art. II Abs.2 Oö. VergRSG 2006 idF der Novelle LGBl.Nr. 68/2010 zur Anwendung kommt und im gegenständlichen Fall die Fristberechnung für die rechtzeitige Einbringung des Antrages auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 idF LGBl.Nr. 130/2006 vorzunehmen ist, wonach der gegenständliche Antrag nach aufhebender Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt zu stellen ist, in dem die Antragstellerin vom Zuschlag Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können, längstens jedoch sechs Monate nach Zuschlagserteilung.

 

Auf der Internetseite des Landes Oberösterreich (   www) ist in der Rubrik Verkehr – Straßenprojekte auch das gegenständliche Projekt X, X, X, abrufbar. Aus den im pdf-Format dargestellten Projektsunterlagen, welche im Impressum auf das Erstellungsdatum Mai 2009 hinweisen, ergibt sich, dass das gegenständliche Baulos nach acht Monaten Bauzeit am 23. November 2010 für den Verkehr freigegeben wurde. Unter der Rubrik Daten und Fakten scheint als bauausführende Firma die X auf. Somit war ab Mai 2009 für jedermann, auch für nicht am gegenständlichen Vergabeverfahren Beteiligte, ersichtlich, dass der Zuschlag für die Bau­durchführung an die X erteilt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war es daher auch für die Antragstellerin möglich, Kenntnis von der Zuschlagserteilung zu erlangen. § 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 bestimmt, dass § 13 Abs.1 leg.cit. mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungs- oder vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzurechnen ist. Zum Zeitpunkt der Darstellung der Daten und Fakten des gegenständlichen Bauvorhabens durch den Auftraggeber im Mai 2009 war das höchstgerichtliche Verfahren anhängig, weshalb die in § 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 bestimmte Frist erst nach Abschluss des höchstgerichtlichen Verfahrens, daher mit Zustellung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes am 29.7.2011 zu laufen begonnen hat, da ab diesem Zeitpunkt für die Antragstellerin bei gehöriger Aufmerksamkeit jedenfalls die Möglichkeit bestanden hat, vom erteilten Zuschlag Kenntnis zu erlangen.

 

Strittig bleibt daher im gegenständlichen Fall allein die Frage, ob die Frist für die Stellung des Antrags auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 idF LGBl.Nr. 130/2006, welche von sechs Monaten ab Möglichkeit der Kenntnisnahme ausgeht oder gemäß § 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 idF LGBl.Nr. 68/2010, welcher von einer Frist von sechs Wochen ab Kenntnisnahme­möglichkeit ausgeht, anzuwenden ist.

 

Die Antragstellerin stützt ihre Rechtsansicht, wonach auch für den vorliegenden Feststellungsantrag die Frist des § 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 idF LGBl.Nr. 130/2006 maßgeblich ist, auf die Bestimmung des Art. II Abs.2 Oö. VergRSG 2006 des Übergangsrechts zur Novelle LGBl.Nr. 68/2010, wonach die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landes­gesetztes beim Unabhängigen Verwaltungssenat anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen sind. Die wesentlich zu klärende Frage ist daher die des "anhängigen Verfahrens" im Sinne der genannten Bestimmung.

 

Nach den verfahrensrechtlichen Grundsätzen bestimmt der Inhalt eines Antrages den Gegenstand des Verfahrens, erst der Antrag bewirkt die Einleitung des Verfahrens. Nach der Stellung eines entsprechenden Antrages bis zur behörd­lichen Entscheidung gilt das Verfahren als anhängig. Im Sinne der Bestimmungen des AVG erfolgt die Erledigung eines Verfahrens mit Bescheid und beendet dieser Bescheid grundsätzlich das Verfahren. Bei eingliedrigem Instanzenzug, wie im Oö. VergRSG 2006 vorgesehen, tritt mit der Zustellung des Bescheides die formelle Rechtskraft ein und ist mit diesem Zeitpunkt das Verfahren damit beendet. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat über den ursprünglichen Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 21.12.2006, welcher auf die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung gerichtet war, mit Erkenntnis vom 15.2.2007, VwSen-550313/15/Kü/Hu, VwSen-550315/11/Kü/Hu, VwSen-550316/7/Kü/Hu ent­schieden und damit das Nachprüfungsverfahren beendet. Diese Entscheidung bewirkte daher, dass beim Unabhängigen Verwaltungssenat kein Nachprüfungs­verfahren zur Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung mehr anhängig ist.

 

§ 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 regelt im Satz 1 den Grundsatz, dass während des anhängigen Nachprüfungsverfahrens, also vor einer Entscheidung des Unab­hängigen Verwaltungssenates über diesen Antrag, der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen wird, auf Antrag des Unternehmers ein Fest­stellungsverfahren weiterzuführen ist. Durch den 2. Satz des § 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 wird klargestellt, dass diese Grundsätze auch dann Anwendung zu finden haben, wenn im Nachprüfungsverfahren ein Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates erlassen wurde, es danach zur Beendigung des Vergabe­verfahrens durch Erteilung des Zuschlags gekommen ist und erst später der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom Verwaltungsgerichtshof oder vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wird. Die Aufhebung des Bescheides aus dem Nachprüfungsverfahren hat zwar Rückwirkung, ändert aber nichts daran, dass das Vergabeverfahren durch den Auftraggeber bereits durch Zuschlagserteilung beendet wurde. Eine Fortführung des Nachprüfungsverfahrens kommt daher auch in dieser Situation nicht mehr in Betracht, weil der Unab­hängige Verwaltungssenat zur Nichtigerklärung einer Entscheidung des Auftrag­gebers nur bis zur Beendigung des Vergabeverfahrens zuständig ist (vgl. R.Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel Bundesvergabegesetz 2006 – Kommentar Rz. 28 zu § 331).

 

Die Formulierung "dies gilt auch" in Satz 2 des § 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 ist so zu verstehen, dass auch bei Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht wie in anderen Verwaltungsverfahren der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls eine Ersatzentscheidung zu treffen hat, sondern diese Ersatzentscheidung von einem weiteren Antrag des Unternehmers abhängig gemacht wird. Die Formu­lierung führt aber nicht – wie die Antragstellerin im gegenständlichen Antrag ausführt – zur Annahme, dass während des Verfahrens vor dem Verwaltungsge­richtshof beim Unabhängigen Verwaltungssenat noch ein Nachprüfungsverfahren anhängig gewesen ist. Somit kann sich auch der 3. Satz des § 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 nur auf den 1. Satz des § 12 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 beziehen, da nur in den dort genannten Fällen noch ein Nachprüfungsverfahren tatsächlich anhängig ist. Die Formulierung "ruht das Verfahren" kann daher nicht, wie von der Antrag­stellerin gemeint, als Argument für ein anhängiges Verfahren herangezogen werden. Erst durch den weiteren Antrag wird von der Antragstellerin ihr Rechtsschutzbedürfnis aufrecht erhalten und ein Feststellungsverfahren nach aufhebender Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in die Wege geleitet. All dies führt aber nicht zum Ergebnis, dass auf Grund der aufhebenden Entscheidung des Ver­waltungsgerichtshofes das ursprüngliche Nachprüfungsverfahren noch anhängig gewesen wäre. Schon aus dieser Sichtweise ergibt sich, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle des Oö. VergRSG 2006, LGBl.Nr. 68/2010, und zwar am 22. Oktober 2010 kein Nachprüfungsverfahren im Sinne des Art. II Abs.2 Oö. VergRSG 2006 idF LGBl.Nr. 68/2010 anhängig gewesen ist.

 

Auch die Regelungen in § 24 Abs.2 und 3 Oö. VergRSG 2006 zeigen, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass ein anhängiges Verfahren und die Situation nach Aufhebung eines Bescheides durch den VfGH/VwGH jedenfalls unterschiedlich zu werten sind, zumal bei gleichem Verständnis unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Anwend­barkeit von Bestimmungen entbehrlich wären. Würde der Gesetzgeber auch nach Aufhebung durch VfGH/VwGH von einem anhängigen Verfahren ausgehen, wäre die Bestimmung des § 24 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 entbehrlich gewesen. Daraus kann nur gefolgt werden, dass der Gesetzgeber schon bei den Übergangsbestimmungen zur Stammfassung des Oö. VergRSG 2006 davon ausgegangen ist, dass nach Aufhebung durch VfGH/VwGH kein Nachprüfungsverfahren mehr anhängig ist und deswegen eine Sonderregelung für diesen Fall getroffen hat. An diesem Verständnis hat auch die Übergansbestimmung in Art. II zur Novelle LGBl.Nr. 68/2010 nichts geändert.

 

All diese Überlegungen führen zum Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall für die Beurteilung der fristgerechten Einbringung des Antrags auf Feststellung nur die in § 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 idF. LGBl.Nr. 68/2010 geregelten Fristen maßgeblich sein können.

 

Ausgehend von den obigen Darstellungen hinsichtlich der Möglichkeit der Kenntnisnahme der Zuschlagsentscheidung durch die Antragstellerin ist festzu­stellen, dass zwischen der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Ver­waltungsgerichtshofes am 29.7.2011 und der Antragstellung am 18.11.2011 jedenfalls mehr als sechs Wochen vergangen sind. In Zusammenschau der Bestimmungen des § 12 Abs.4 iVm § 13 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 idF LGBl.Nr. 68/2010 ist daher der Antrag auf Feststellung als verspätet eingebracht zu werten. Aus diesen Gründen war daher der Antrag der Antragstellerin zurückzu­weisen.

 

5. Im gegenständlichen Verfahren sind für die Antragstellerin Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 31.01.2013, Zl.: 2012/04/0093-6 

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