Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252717/16/Lg/Ba

Linz, 07.05.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Reichenberger, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Wimmer) über die Berufung des R B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P F, R, T, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Wels-Land vom 31. Jänner 2011, Zl. SV96-54-2009/La, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäfti­gungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) vier Geldstrafen in Höhe von je 4.000 Euro bzw.  vier Ersatzfrei­heitsstrafen in Höhe von je 132 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als der gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung Berufene der Firma M H Immobilien GmbH mit Sitz in M, A, am 20.10.2009 auf einer Baustelle in R die vier polnischen Staatsangehörigen D K, A P, M P und P S beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbe­schäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung bezieht sich das angefochtene Straferkenntnis im Wesentlichen auf die Anzeige des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 12.11.2009 sowie auf die Stellungnahme des Berufungswerbers vom 19.8.2010. Beweiswürdigend wird festgehalten, dass auf Grund der Feststellungen des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck sowie der im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der im Spruch genannten Ausländer von einer Beschäftigung durch die Firma M H Immobilien GmbH am 20.10.2009 auszugehen sei. Die seitens des Bw in Aussicht gestellten Werkverträge seien nicht vorgelegt worden. Ein Werk im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei nicht ersichtlich.

 

Hinsichtlich der Bemessung der Strafhöhe wird die wiederholte Verletzung des AuslBG als straferschwerend gewertet. Ein Milderungsgrund sei nicht ersichtlich.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

1. Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften

 

Im bislang abgeführten Strafverfahren wurden durch die bescheiderlassende Behörde bis dato weder der Berufungswerber noch die genannten ausländischen Staatsangehörigen persönlich einvernommen.

Ebenso wenig wurde im Rahmen einer Einvernahme des Berufungswerbers diesem das Recht auf Parteiengehör eingeräumt.

&ei Einvernahme der ausländischen Staatsangehörigen aber auch des Geschäftsführers der Firma M H, wäre die bescheiderlassende Behörde jedenfalls zum Ergebnis gelangt, dass die genannten polnischen Staatsangehörigen am 20.10.2009 nicht - wie fälschlicherweise von der erkennenden Behörde vermeint - im Auftrag der Firma M H Arbeiten bei dem Bauvorhaben in R durchgeführt haben.

Richtig ist, dass bis zu der ordnungsgemäßen Anstellung der vier genannten polnischen Per­sonen im Unternehmen der Firma M H diese auf Werkvertragsbasis für das Unternehmen M H Arbeiten ausgeführt haben.

Richtig ist auch, dass die Firma M H in R einige Baustellen betreut hat, jedoch wur­den nicht sämtliche Baustellen durch die Firma M H abgewickelt. Jedenfalls waren die noch im Herbst 2009 auf Werksvertragsbasis für die Firma M H tätigen vier genannten polnischen Personen mit keiner werkvertraglichen Abwicklung für Bauvorhaben in R betraut.

Möglich erscheint es sohin, dass die vier genannten polnischen Arbeiter direkt von Bauherren mit Arbeiten beauftragt wurden.

Tatsache ist jedoch, dass am 20.10.2009 die vier genannten polnischen Personen für das Un­ternehmen der Firma M H keine Tätigkeiten ausgeführten haben.

Bei korrekter Einvernahme des Beschwerdeführers aber auch der ausländischen Staatsangehö­rigen hätte die bescheiderlassende Behörde jedenfalls zum Ergebnis gelangen müssen, dass am 20.10.2009 die vier genannten polnischen Personen nicht im Auftrag der Firma M H Arbeiten beim Bauvorhaben in R ausgeführt haben.

 

Es ergeben sich weder aus dem Straferkenntnis noch aus der Anzeige konkrete Angaben da­hingehend, bei welchem konkreten Bauvorhaben in R die polnischen Personen Arbeits­leistungen ausgeführt haben.

 

Um jedoch einen Zusammenhang zwischen einer Auftragsvergabe durch die Firma M H an die vier genannten polnischen Personen herstellen zu können, bedarf es jedoch einer kon­kreten Zuordnung, bei welchem Bauvorhaben in R tatsächlich die vier genannten polni­schen Personen tätig waren.

 

Diesbezüglich haftet gegenständlichem Straferkenntnis jedenfalls ein wesentlicher Verfahrensmangel an, als im Rahmen des Straferkenntnisses nicht konkret zuordenbar ist, bei wel­chem Bauvorhaben in R tatsächlich die vier polnischen Personen Arbeitsleistungen durchgeführt haben.

 

Um diesen tatbildmäßigen Erfolg der Firma M H zuordnen zu können, wäre es jedoch notwendig, konkret das Bauvorhaben, bei welchem die vier polnischen Personen aufgegriffen wurden, zu nennen. Gleichzeitig wird es erforderlich sein, abzuklären, ob die vier genannten polnischen Personen tatsächlich bei einem Bauverfahren tätig waren, welches der Firma M H zuzurechnen ist bzw. ob nicht Bauherren - die wiederum selbst gleichsam in Eigenregie Bauarbeiten durchführen - Auftraggeber der vier polnisch genannten Werkunternehmen wa­ren.

 

In diesem Sinne fehlt es daher an wesentlichen Tatbestandselementen und haftet gegenständ­lichem Straferkenntnis ein wesentlicher Verfahrensmangel an.

 

 

2. Unrichtige Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung

 

Die bescheiderlassende Behörde hat zudem die vorliegende Beweisergebnisse einer unzutref­fenden Beweis Würdigung unterzogen.

 

So fehlt es gegenständlichem Straferkenntnis an Feststellungen, bei welchem konkreten Bau­vorhaben in R die polnischen Personen beschäftigt waren. Wie bereits ausgeführt, hat die Firma M H tatsächlich einige Baustellen in R abgewickelt. Gleichzeitig ist jedoch festzuhalten, dass die Firma M H nicht bei sämtlichen Bauvorhaben in R als bauausführendes Unternehmen tätig war. Mangels konkreter Ortsangabe bzw. mangels konkreter Baustellenbezeichnung kann aus vorliegendem Straferkenntnis daher nicht abgeleitet werden, dass tatsächlich bei einem Bauvorhaben der Firma M H die vier genannten polnischen Personen am 20.10.2009 für die Firma M H tätig waren.

 

Aus den Arbeitsaufzeichnungen bzw. werkvertraglichen Unterlagen, die wiederum mit den vier polnischen Personen abgeschlossen waren, zeigt sich vielmehr, dass die vier genannten polnischen Personen am 20.10.2009 für die Firma M H keine Werkleistungen erbracht haben.

Aus diesem Grund liegt sohin der logische Schluss nahe, dass die vier polnischen Personen am 20.10.2009 nicht im Auftrag der Firma M H tätig waren.

 

In diesem Sinne hätte daher jedenfalls die erkennende Behörde zur Auffassung gelangen müs­sen, dass mangels konkreter Zuordnung der Baustelle der rechtliche Schluss, wonach die vier polnischen Personen für die Firma M H Arbeiten durchgeführt haben, nicht gezogen wer­den hätte dürfen.

 

In diesem, Sinne hätte daher jedenfalls mit einer Einstellung des Strafverfahrens vorgegangen werden müssen.

 

3. Unrichtige rechtliche Beurteilung

 

Der von der bescheiderlassenden Behörde festgestellte Sachverhalt wurde zudem einer un­richtigen rechtlichen Beurteilung unterzogen.

 

Entgegen der Auffassung der bescheiderlassenden Behörde lässt sich beim Straferkenntnis nicht abschließend entnehmen, ob die vier polnischen Personen tatsächlich am 20.10.2009 für die Firma M H tätig waren. Es wird weder die Baustelle noch der entsprechende Bauherr genannt, sodass bereits aus diesen fehlenden konkreten Ortsangaben nicht abgeleitet werden kann, ob die vier polnischen Personen tatsächlich am 20.10.2009 für die Firma M H eine Baustelle der Firma M H abgewickelt haben.

 

Mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellung haftet gegenständlichem Straferkenntnis jedenfalls eine unrichtige rechtliche Beurteilung an.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher das Strafverfahren ersatzlos eingestellt wer­den müssen.

 

Auch die Höhe der ausgesprochenen Strafe erscheint jedenfalls überhöht.

Bei gegenständlicher Verwaltungsübertretung ist eine Mindeststrafe von
€ 1.000,00 anzuset­zen, sodass die nunmehr angenommene Mindeststrafe von
€ 4.000,00 als überhöht angesehen werden muss."

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Strafantrag vom 12.11.2009 enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Am 20.10.2009 wurde gegen 14:05 Uhr auf der Baustelle "M H Wohnpark" in R, K, von Organen des Finanzamtes Gmunden/Vöcklabruck (S, L), Abt. KIAB, eine Kontrolle nach dem AuslBG und Erhebungen nach § 89 Abs. 3 EStG durchgeführt.

 

Hierbei wurden nachfolgende Personen in Arbeitskleidung mit der Aufschrift "M H", bei Bauarbeiten (Montage von Fertigwänden) für die Firma M H Immobilien GmbH mit Sitz in M, A, betreten.

 

D K, poln. StA, geb. X

A P, poln. StA, geb. X

M P, poln. StA, geb. X

P S, poln. StA, geb. X

 

Die poln. StA gaben gegenüber den Kontrollorganen an, dass sie selbständige Unternehmer seien, und als Subunternehmer für die Fa. M H Immobilien GmbH auf der o. a. Baustelle tätig seien.

K, P und S gaben in den mit ihnen aufgenommenen Personenblättern an, dass sie einen Stundenlohn von Euro 18,- erhalten und sie wöchentlich 30 Std. bis 40 Std. arbeiten würden.

P erhält laut seinen Angaben im Personenblatt einen Stundenlohn von Euro 13,- bis Euro 14,- und arbeitet ebenfalls 30 Std. bis 40 Std. wöchentlich. Auf die Baustelle seien sie gemeinsam mit dem Firmenfahrzeug der Firma M H Immobilien GmbH gekommen.

 

Über Befragung der Kontrollorgane gaben die poln. StA an, dass ein schriftlicher Werkvertrag zwischen ihnen und der Firma M H Immobilien GmbH nicht abgeschlossen wurde. Der Auftrag wurde lediglich in mündlicher Form erteilt.

 

Im Zuge der weiteren Ermittlungen konnte auf Grund ho. durchgeführten Abfragen festgestellt werden, dass K und S im Besitz einer Gewerbeberechtigung mit dem Gewerbewortlaut" Aufstellung und Montage von mobilen Trennwänden durch Verschrauben fertig bezogener Profile und Systemwände unter Ausschluss jeder an einen Befähigungsnachweis gebundenen Tätigkeit" sind.

P und P besitzen eine Gewerbeberechtigung mit dem Gewerbewortlaut "Aufstellen und Montage von mobilen, statisch belanglosen Trenn- und Ständerwänden durch Schrauben oder zusammenstecken von fertig bezogenen Elementen".

 

Die Firma M H Immobilien GmbH hat auf Grund der Angaben der poln. StA und der Erhebungen vor Ort, K, P, P und S auf der Baustelle "M H Wohnpark" in R, zumindest am 20.10.2009 mit Bauarbeiten betraut. Somit standen diese zumindest in einem arbeitnehmerähnlichen Arbeitsverhältnis zur Firma M H Immobilien GmbH, da

-   das benötigte Arbeitsmaterial von der Firma M H Immobilien GmbH zur Verfügung gestellt wird.

-   die polnischen Staatsangehörigen lediglich ihre Arbeitskraft einbringen.

-   die vorgeblichen Werkvertragsnehmer durch Vereinbarungen die Abrechnungen für die erbrachten Leistungen nach Stunden erfolgt und keine Auftragssummen vereinbart wurde.

 

-zumindest stille Autorität ausgeübt wird. Die Entlohnung erfolgt nicht als Pauschalbetrag für das Werk, sondern für die einzelnen erbrachten Arbeitsstunden. Bislang wurden keine Werkverträge vorgelegt, in welchen Elemente eines Werkvertrages enthalten sind, die die Erbringung eines klar abgegrenzten Werkes unter branchenüblichen, werkvertragstypischen Haftungs- und Risikoverteilungsregeln erkennen lassen würden und woraus sich gegenteilige Sachverhaltsannahmen ergeben könnten. Zusammenfassend kann somit davon ausgegangen werden, dass die vorgeblichen Werkvertragsnehmer dem Willen des Auftragsgebers in gleicher Weise unterworfen sind, wie dies bei einem Dienstnehmer der Fall ist.

 

Zusammenfassend ist das konkrete und erhobene Gesamtbild der Tätigkeiten, die von den polnischen Staatsangehörigen geleistet wurden so beschaffen, dass nachstehend ausgeprägte und charakteristische Merkmale eines arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisses vorhanden sind:

-   die Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer

-   eine gewisse Regelmäßigkeit und Dauer der Tätigkeit

-   Beschränkung der Entscheidungsfreiheit durch Weisungsgebundenheit

-   organisatorische Eingliederung in die Firma M H Immobilien GmbH, sodass sie nicht mehr in der Lage waren, ihre Arbeitskraft anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen

-   die Arbeitsleistungen der Firma M H Immobilien GmbH zugute gekommen sind

 

Da zur Beurteilung, ob ein Übertretungsbestand nach dem AuslBG vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform maßgeblich ist, und auf Grund des Sachverhaltes die Elemente einer Verwendung unter arbeitnehmerähnlichen Bedingungen überwiegen, ist von einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung nach dem AuslBG auszugehen."

 

In den beiliegenden Personenblättern gaben die Ausländer an, für die Firma M H zu einem bestimmten Stundenlohn zu arbeiten. Als Chef gaben sie ihren eigenen Namen an. Als tägliche Arbeitszeit ist 30 – 40 Std. pro Woche angegeben.

 

Zur Rechtfertigung aufgefordert äußerte sich der Berufungswerber mit Schreiben vom 18.8.2010 wie folgt:

 

"Entgegen der Auffassung der anzeigenden Behörde hat der Einschreiter die genannten Verwaltungsübertretungen nicht begangen.

 

Der Sachverhalt verhält sich tatsächlich wie folgt:

 

Die in der Aufforderung zur Rechtfertigung genannten polnischen Staatsangehörigen haben bei der genannten Baustelle als selbständige Unternehmer im Auftrag der Firma M H Immobilien GmbH Werkleistungen ausgeführt. Basis der erbrachten Werkleistungen waren vorab mit den genannten polnischen Unternehmen abgeschlossene Werkverträge. Für den werkmäßigen Erfolg hatten die beigezogenen Unternehmer für die entsprechenden Gewährleistungsansprüche einzustehen. Erst nach mangelfreier Abnahme des Gewerkes wurden die vereinbarten Werklöhne an die Subunternehmer bezahlt.

 

Beweis: PV

 

Aufgrund des obigen Vorbringens wird der Antrag gestellt, das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Einschreiter ersatzlos zur Einstellung zu bringen."

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde der Bw befragt, was sich im Vergleich zum vom Verwaltungsgerichtshof bestätigten Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 5.3.2010, Zl. VwSen-252184/27/Lg/Sta, geändert hat, zumal es sich um dieselben Ausländer wie im gegenständlichen Fall handelte. Der Vertreter des Bw legte dazu dar, dass im Unterschied zur damaligen Situation hier der Tätigkeit der Ausländer ein Werkvertrag zwischen der Firma M H und einer aus den vier polnischen Professionisten gebildeten ARGE vorgelegen sei. Das Werk habe darin bestanden, beim Bau des Bauherrn B die Ziegelfertigwände aufzustellen und die Ober­geschossdecke zu verlegen. Die vier Polen hätten als ARGE auf werkver­traglicher Basis auch für andere Auftraggeber gearbeitet. Mittlerweile würden sich drei der vier Polen in einem regulären Arbeitsverhältnis zur Firma M H befinden; der vierte Pole sei mittlerweile verstorben.

 

Dazu legte der Vertreter des Bw den gegenständlich einschlägigen, am 25.9.2009 vom Bw einerseits und den vier Ausländern andererseits unterzeichneten Werkver­trag vor. Dieser hat folgenden Wortlaut:

 

"Auftraggeber:           Fa. M H Immobilien GmbH, A, M

 

Auftragnehmer:          ARGE D K, P S, M P P                                

                                   A P, G, L

 

Die Firma M H beauftragt die ARGE

mit nachstehend angeführten Arbeiten zum

Aufstellen von Ziegelfertigwände und Verlegung einer Decke

für das Bauvorhaben B in R

 

Leistungsumfang:

 

-        Aufstellen der Erd- und Obergeschoßwände laut übergebenen Einreichplan mit allen tragenden und nicht tragenden Wänden, sowie der Stiege EG / OG und Verlegung der Erdgeschossdecke des Rostes im Obergeschoß

 

-        Räumen der Baustelle und Schuttbeseitigung mit beigestellten Container

 

Für die oben genannten Arbeitsleistungen wird ein Pauschalbetrag von € 9.760,--exkl. Mwst vereinbart.

 

Die Abrechnung erfolgt nach dem nachstehenden Zahlungsplan und nach tatsächlichem Baufortschritt:

 

EG

OG

Rest bei Fertigstellung   

Summe exkl. Mwst.

€   4.000,--

€   3.500,--

€   2.260,--

€   9.760,--

 

 

Die Bezahlung erfolgt 2 Werktage nach Fertigstellungsmeldung durch den Auftragnehmer und Abnahme der ausgeführten Leistung durch den Bauleiter Herrn W des Auftraggebers.

 

Die Bauzeit der beauftragten Gewerke beträgt 20 Werktage.

 

Das Material wird vom Auftraggeber beigestellt.

 

Das für die durchzuführenden Arbeiten benötigte Werkzeug muss vom Auftragnehmer mitgebracht werden.

 

Für die Dauer der Arbeiten bzw. um größere Arbeitsgeräte zu Transporttieren wird vom Auftraggeber ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Dafür Verpflichtet sich der Auftragnehmer, während der beauftragten Arbeiten, für Werbezwecke, eine zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung zu tragen."

 

Die Auskunft der Ausländer gegenüber den Kontrollorganen, dass es keinen schriftlichen Vertrag gegeben habe, sei unrichtig. Ebenso unrichtig sei, dass die Ausländer nach Stundenlöhnen bezahlt wurden.

 

Dass die Ausländer Arbeitskleidung mit der Aufschrift M H trugen, sei so vereinbart gewesen. Als Gegenleistung hätten die Ausländer das Firmen­fahrzeug benutzen dürfen. Der Bw räumte weiters ein, dass sich auf der Baustelle (nur) ein Firmenschild der Firma M H befunden habe (gemeint: jedoch keines der ARGE).

 

Das Werkzeug hätten die Ausländer selbst gehabt. Sämtliche Ausländer hätten über einen Gewerbeschein verfügt.

 

Die Arbeiten seien nach einzelnen Bauabschnitten vom Bauleiter der Firma M H, Herrn W, abgenommen worden. Es sei ein Rückhalt vereinbart gewesen. Die letzte Bezahlung sei erst vorgenommen worden, als das Werk als mängelfrei abgenommen worden sei (Endabnahme durch den Bauleiter W).

 

Der Zeuge K sagte aus, die vier Ausländer hätten auf der Basis eines Werkvertrags auf der gegenständlichen Baustelle gearbeitet. Nach Einschau identifizierte der Ausländer den vom Vertreter des Bw vorgelegten Vertrag als den genannten. An eine frühere Aussage, wonach es nur einen mündlichen Vertrag gegeben habe, vermochte sich der Zeuge nicht zu erinnern. Der Vertrag sei dem Zeugen zu Hause übersetzt worden. An den genauen Inhalt könne er sich nicht mehr erinnern. Die Ausländer hätten auf mehreren Baustellen, meist aufgrund mündlicher Verträge, gearbeitet.

 

Die Bezahlung sei jeweils nach Beendigung eines Bauabschnitts bzw. nach Rechnungslegung erfolgt. Die Rechnungen würden sich beim Steuerberater befinden. Die Aufteilung sei zu gleichen Teilen erfolgt. Dabei sei es möglich gewesen, dass die Bezahlung für alle vier Ausländer gemeinsam oder getrennt erfolgte.

 

Der Zeuge bestätigte die Gründung einer ARGE, vermochte diese aber juristisch nicht auf den Begriff zu bringen. Der Sinn sei vor allem darin gelegen gewesen, dass nur einer der Ausländer, nämlich der verstorbene, gut Deutsch gekonnt habe.

 

Zum im Personenblatt angegebenen Lohn von 18 Euro pro Stunde sagte der Zeuge, er habe, "damit endlich Ruhe sei", den Betrag in einen Stundenlohn umgerechnet. Es habe nie einen Stundenlohn gegeben.

 

Auf der Baustelle habe der Bauleiter erklärt, was zu tun ist. Außer den Ausländern sei "niemand da" gewesen (gemeint: keine Arbeitskräfte der Firma M H). Der Bauleiter habe am Schluss die Arbeit abgenommen.

 

Die Ausländer hätten nicht nur für die Firma M H gearbeitet.

 

Das Werkzeug hätten die Ausländer selbst gehabt.

 

Die Wohnung hätten die Ausländer selbst bezahlt.

 

Dass die Ausländer Arbeitsleidung der Firma M H trugen, sei aus Reklamegründen auf Wunsch der Firma M H geschehen.

 

Der Zeuge P sagte aus, die Ausländer hätten aufgrund eines Vertrages mit dem Bw auf der gegenständlichen Baustelle gearbeitet. Es sei glaublich ein schriftlicher "gemeinsamer" Vertrag gewesen. An den Inhalt könne sich der Zeuge nicht mehr erinnern, es seien glaublich Wände aufzu­stellen gewesen. An den Preis könne sich der Zeuge nicht mehr erinnern. Zwischen den Ausländern sei vereinbart gewesen, die Summe durch vier zu teilen.

 

Die Stundenlohnangabe im Personenblatt beruhe auf einem sprachlich begründeten Missverständnis. Es habe sich um eine "Vorstellung" gehandelt, "wie viel ich umgerechnet in der Stunde bekommen würde".

 

Die Bezahlung sei, soweit sich der Zeuge erinnern könne, durch den Bw in bar erfolgt.

 

Die vier Ausländer hätten auf der gegenständlichen Baustelle gleichzeitig zu arbeiten begonnen.

 

Der Zeuge bestätigt, dass der vorgelegte Werkvertrag derjenige für die gegenständliche Baustelle war, und die Echtheit seiner Unterschrift.

 

Der Zeuge S erkannte seine Unterschrift auf dem gegenständlichen Werkvertrag wieder. An den Vertragsinhalt könne er sich nicht mehr erinnern. Alle vier Ausländer hätten den Vertrag gemeinsam unterschrieben.

 

Den Eintrag des Stundenlohns im Personenblatt habe der Zeuge möglicher­weise "von jemandem" abgeschrieben. Die Bezahlung sei jedenfalls aufgrund des bestehenden Werkvertrags für die gesamte verrichtete Arbeit erfolgt, und zwar nach Abnahme durch den Bauleiter. Bauleiter sei Herr W gewesen. Dieser sei "sehr oft" auf der Baustelle gewesen.

 

Die Ausländer hätten ihr eigenes Werkzeug benutzt und seien mit ihren Privatfahrzeugen auf die Baustelle gekommen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Bei der Feststellung des Sachverhaltes ist von dem vom Bw vorgelegten Werkvertrag auszugehen. Dass dieser gegenständlich der Arbeit der Ausländer zugrunde lag, wurde von diesen zeugenschaftlich bestätigt. Demnach waren die Ausländer mit dem Aufstellen der Erdgeschoss- und Obergeschosswände inklusive Stiege sowie der Verlegung des Rostes im Obergeschoss laut Plan samt Schuttbeseitigung zu einem Gesamtpreis von 9.760 Euro betraut. Sie kannten das Werk von vorneherein (vgl. das Datum des Vertrages), nicht erst durch Anleitungen vor Ort (lt. Vertrag: Arbeit nach Plan). Dem steht nicht entgegen, dass der Bauleiter möglicherweise vor Ort einzelne Anleitungen gab. Dafür, dass die Ausländer im Arbeits­verbund mit Arbeitskräften der Firma M H gearbeitet oder vom Personal der Firma M H Arbeitsanweisungen erhalten hätten oder einer an stille Autorität heranreichender Kontrolldichte unterlegen wären, ist nicht erwiesen. Dafür gibt es weder durch erhobene Fakten fundierte Anhaltspunkte in der Anzeige noch ist derlei im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungs­senat hervorgekommen. Auch kann nicht gesichert von einer seitens der Firma M H vorgeschriebenen Regelung der Arbeitszeit ausgegangen werden. In den Personenblättern ist nur ein tägliches Arbeitsvolumen ange­geben, nicht jedoch mit ausreichender Klarheit ein vorgeschriebener Arbeitszeitbeginn oder ein vorgeschriebenes Arbeitszeitende. Weiters brachten die Ausländer in den Personenblättern zum Ausdruck, ihrer Auf­fassung nach selbstständig zu sein (selbst "Chef" zu sein). Dies ist als Negierung eines Weisungsverhältnisses zu deuten. Das Material wurde den Ausländern zur Verfügung gestellt, das Werkzeug brachten sie nach eigener Aussage selbst mit. Das Tragen von Arbeitskleidung der Firma M H erfolgte aus dem im Vertrag angegebenen Grund. Die Abrechnung erfolgte nicht nach einem Stundenlohnsystem sondern nach Abnahme und Rechnungslegung. Der Sachlogik entsprechend ist davon auszugehen, dass bei mangelhafter Erfüllung die Abnahme nicht erfolgt wäre. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Ausländer auch für andere Auftraggeber tätig waren. In der Anzeige zum "Parallelakt" nach ASVG ist festgehalten, dass die Ausländer im Besitz einer Gewerbeberechtigung und zur Sozialversicherung als gewerberechtlich Selbstständige angemeldet waren.

 

Zweifel an dieser Sachverhaltsdarstellung ergeben sich aus dem Wechsel der Rechtfertigungsargumente des Bw im Verlaufe des Verfahrens, der späten Vorlage des Werkvertrags und den Widersprüchen zu ursprünglichen Angaben der Ausländer hinsichtlich des Vorliegens eines schriftlichen Ver­trages und des Entlohnungssystems. Dem gegenüber ist auf den den Unabhängigen Verwaltungssenat bindenden Unmittelbarkeitsgrundsatz in Verbindung mit den zeugenschaftlichen Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung hinzuweisen. Dennoch verbleibende Zweifel sind durch den Grundsatz in dubio pro reo entkräftet.

 

In rechtlicher Hinsicht ist zu bemerken:

Geht man von der geschilderten Sachverhaltsannahme aus, fallen die wesentlichen dort genannten Indizien der Anzeige für die Annahme der Unselbstständigkeit weg (Stundenlohn statt vertraglich vereinbarter Auftragssumme, Fehlen eines Werkvertrags mit umschriebenem Werk, Weisungsgebundenheit bzw. stille Autorität, Einbindung in die Betriebs­organisation der Firma M H, einseitig vorgegebene Arbeitszeit). Die Verwendung des zur Verfügung gestellten Materials, eventuell auch des Fahrzeuges der Firma M H (obwohl einer der Ausländer in der Berufungsverhandlung angab, die Ausländer seien im privaten Pkw zur Baustelle gekommen) in Verbindung mit der Verwendung von Arbeitskleidung der Firma M H reicht für die Annahme der Dienstnehmereigenschaft bzw. eines arbeit­nehmerähnlichen Verhältnisses nicht aus. Die Bindung des Lohnes an die Abnahme des haftungsfähigen Werkes bewirkt unternehmerisches Risiko. Die Verwendung eigenen Werkzeugs, die Stellung von Rechnungen in Verbindung mit der Befassung eines Steuerberaters indiziert eine zumindest rudimentäre Betriebsorgani­sation.

 

Da sohin die für eine Selbstständigkeit sprechende Momente überwiegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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