Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101107/13/Fra/Ka

Linz, 25.05.1993

VwSen - 101107/13/Fra/Ka Linz, am 25. Mai 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Schieferer) über die Berufung des A L, Cgasse 33/23-25, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G T, Vstraße, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19. Jänner 1993, VerkR96/5145/1992-Stei/Ga, betreffend Übertretung des § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, nach der am 13. Mai 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen, hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung jedoch insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 25.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Tage herabgesetzt wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51 und 51e Abs.1 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 2.500 S.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 19. Jänner 1993, VerkR96/5154/1992-Stei/Ga, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 28.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 672 Stunden) verhängt, weil er am 11. August 1992 gegen 2.00 Uhr das Motorfahrrad, Kennzeichen O auf der P-Bundesstraße von G in Richtung L bis Str.km. und wieder retour in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren erster Instanz in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe sowie gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 zum Ersatz der Barauslagen für den Alkomaten in Höhe von 10 S verpflichtet.

I.2. Gegen das unter Ziffer I.1. angeführte Straferkenntnis wurde rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Sie legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor und löste dadurch dessen Zuständigkeit aus. Dieser entscheidet, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer (§ 51c VStG).

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13. Mai 1993. Aufgrund des Ergebnisses dieser Verhandlung ist der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatbestand erwiesen.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Unstrittig ist, daß der Beschuldigte am 11. August 1992 gegen 2.00 Uhr das in Rede stehende Motorfahrrad gelenkt hat. Nicht bestritten wird seitens des Berufungswerbers weiters das mittels Alkomat am 11. August 1992, um 6.24 Uhr erzielte Meßergebnis von 0,58 mg/l Atemluftalkoholgehalt (die 2. Messung um 6.26 Uhr erbrachte als Ergebnis einen Atemluftalkoholgehalt von 0,59 mg/l).

Der Beschuldigte behauptet in seinem Rechtsmittel, daß er um 2.00 Uhr früh des Tattages nicht alkoholisiert gewesen sei. Er dürfte sich zwischen 2.00 Uhr und 4.00 Uhr im Lokal "Giovanni" in G aufgehalten und vier bis fünf Bier und ein bis zwei Schnaps getrunken haben, wobei ihm jedoch die genaue Trinkmenge nicht mehr erinnerlich sei. Nach 4.00 Uhr habe er sein Motorfahrrad nicht mehr gelenkt. Durch die Trinkmenge von vier bis fünf Bier und ein bis zwei Schnaps zwischen 2.00 Uhr und 4.00 Uhr ergebe sich auch ein möglicher Atemalkoholgehalt von 0,58 mg/l. Er wiederhole daher die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.

I.3.2. Die Behauptung des Berufungswerbers bezüglich des getätigten Nachtrunkes ist unglaubwürdig. Es ist festzustellen, daß der Berufungswerber diese Behauptung erstmals im Berufungsschriftsatz aufgestellt hat. In der Anzeige des Gendarmeriepostens G vom 22. September 1992 wurde ein Nachtrunk verneint. Wenn der Berufungswerber die Auffassung vertritt, daß die Anzeige keinen Beweis zu liefern vermag, zumal diese nicht unterfertigt wurde, ist auf die Zeugenaussage des Meldungslegers Rev.Insp. S N im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hinzuweisen, wonach von diesem die Beilage zu dieser Anzeige erst nachträglich ausgefertigt wurde. Der Berufungswerber hat weiters am 25. November 1992 vor der Bezirkshauptmannschaft B angegeben, am 10. August 1992 nachmittags bis zum 11. August 1992 um 2.00 Uhr in verschiedenen Lokalen ca. acht Halbe Bier zu je einem halben Liter und ca. drei bis vier Schnäpse getrunken zu haben. Von einem Nachtrunk hatte er nichts erwähnt. Es ist daher die Behauptung des Berufungswerbers, daß ihm niemals Gelegenheit gegeben worden sei, im erstinstanzlichen Verfahren Stellung zu nehmen, unrichtig. Wie erwähnt hat der Berufungswerber nun die Nachtrunkbehauptungen erstmals in seinem Berufungsschriftsatz aufgestellt. Er hat jedoch nicht einmal den Versuch unternommen, diese Behauptungen durch Beweismittel zu belegen. Sie werden daher als Schutzbehauptungen gewertet. Der Berufungswerber wird in diesem Zusammenhang auf § 25 Abs.2 VStG hingewiesen. Aus dieser Bestimmung ist abzuleiten, daß der im Verwaltungsstrafgesetz vorherrschende Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens die Partei nicht von der Verpflichtung befreit, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Der Berufungswerber hat dem unabhängigen Verwaltungssenat keinerlei Namen, beispielsweise des Bedienungspersonals im Lokal "Giovanni" bekanntgegeben, weshalb sich der unabhängige Verwaltungssenat auch nicht veranlaßt sah, Ermittlungen dahingehend durchzuführen, wer sich allenfalls an den behaupteten Konsum des Berufungswerbers in der besagten Zeit erinnern könne.

Ausgehend davon wird daher das bei der Berufungsverhandlung erstattete medizinische Gutachten mit der Annahme des behaupteten Nachtrunkes nicht weiter weil nicht entscheidungsrelevant - erörtert.

Die medizinische Amtssachverständige, Frau Dr. H kam in diesem Gutachten in schlüssiger Weise zum Ergebnis, daß der Berufungswerber ohne Annahme eines Nachtrunkes zum Tatzeitpunkt mindestens eine Blutalkoholkonzentration von 1,47 Promille aufgewiesen hat. Sie ging von dem am 11. August 1992 um 6.24 Uhr mittels Alkomat gemessenen Atemalkoholgehalt von 0,58 mg/l aus. Um auf den Tatzeitpunkt um ca. 2.00 Uhr rückrechnen zu können, rechnete sie den Atemalkoholgehalt in Blutalkoholgehalt um, welches nach dem Zugunstenprinzip mit dem niedrigsten Umrechnungsfaktor von 1,8 erfolgte (in der Literatur sind Schwankungsbreiten von 1,8 bis 2,6 beschrieben). Bei diesem Faktor entspricht der Atemalkoholgehalt, einem Blutalkoholgehalt von 1,04 Promille. Für die Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt um ca. 2.00 Uhr des 11. August 1992, also etwa 4 Stunden 20 Minuten früher, nahm sie zugunsten des Betroffenen eine stündliche Abbaurate von 0,1 Promille an (minimale Elimination 0,1 Promille und maximale Elimination 0,2 Promille). Daraus errechnete sie zum Tatzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1,47 Promille als theoretisch niedrigstmöglichen Blutalkoholgehalt. Diese Berechnung ist schlüssig, eindeutig nachvollziehbar und wurde auch vom Beschuldigten nicht in Zweifel gezogen.

I.3.3. Ausgehend von einem Alkoholkonsum in der Zeit des 10. August 1992, Beginn 19.00 Uhr bis 11. August 1992, 2.00 Uhr, von acht Halbe Bier sowie von vier Schnäpsen führte die Sachverständige gutachtlich folgendes aus:

"Acht halbe Bier entsprechen, bezogen auf das reduzierte Körpergewicht des Betroffenen 3,0 Promille. Vier große Schnäpse ergeben eine Blutalkoholkonzentration von 0,9 Promille. Acht halbe Bier und vier große Schnäpse ergeben somit eine Blutalkoholkonzentration von 3,9 Promille. Die Elimination von 19.00 Uhr bis 2.00 Uhr morgens, also sieben Stunden, muß dahingehend berücksichtigt werden, daß minimal 0,7 und maximal 1,4 Promille in Abzug gebracht werden. Es errechnet sich somit eine Blutalkoholkonzentration von 2,5 Promille bzw. 3,2 Promille." Auch diese Berechnung ist einwandfrei nachvollziehbar und wurde vom Beschuldigten und auch von seinem Vertreter nicht in Zweifel gezogen.

Wenn der Berufungswerber diesbezüglich in den Raum stellt, daß er aufgrund des abgegebenen med. Gutachtens unzurechnungsfähig gewesen sei, so ist darauf hinzuweisen, daß er laut seinen Angaben eine längere Strecke gefahren ist, bei Str.km. 11,3 im Ortschaftsbereich K, Gemeinde E, zu Sturz gekommen ist und sodann die Fahrt wieder Richtung G fortgesetzt hat. Er hat auch beim Gendarmerieposten G den hier relevanten Sachverhalt selbst angegeben. Eine Unzurechnungsfähigkeit im Sinne des § 3 VStG ist daher nicht anzunehmen, wenn man von dem errechneten Blutalkoholgehalt von 3,2 Promille zur Tatzeit ausgehen würde.

Der von der med. Amtssachverständigen errechnete unterste Wert zur Tatzeit, ausgehend von den angegebenen acht Halben Bier sowie vier Schnäpsen in der Zeit von 19.00 Uhr bis 2.00 Uhr beträgt 2,5 Promille Blutalkoholgehalt. Doch auch dieser Wert kann nicht auf den Blutalkoholgehalt von 1,04 Promille zum Untersuchungszeitpunkt abgebaut werden. Daraus folgt, daß auch die oben angegebenen Trinkmengen nicht den Tatsachen entsprechen können, weshalb sie ebenfalls nicht als entscheidungsrelevant angesehen werden.

I.3.4. Als erwiesen steht daher fest, daß der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt mindestens einen Blutalkoholgehalt von 1,47 Promille aufgewiesen hat. Er hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand zu verantworten.

I.4. Zur Strafbemessung: Der gesetzliche Strafrahmen für die gegenständliche Übertretung beträgt 8.000 S bis 50.000 S. Im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe kann eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen verhängt werden. Gemäß § 100 Abs.1 StVO 1960 kann, wenn eine Person einer Verwaltungsübertretung nach § 99 leg.cit. schuldig ist, derentwegen sie bereits schon einmal bestraft worden ist, anstelle der Geldstrafe eine Arreststrafe im Ausmaß der für die betreffende Tat angedrohten Ersatzfreiheitsstrafen verhängt werden.

Daraus folgt, daß der Unrechtsgehalt der sogenannten "Alkoholdelikte" erheblich ist, zumal die durch die Strafdrohung geschützten Interessen der Verkehrssicherheit im besonderen Maße beeinträchtigt werden.

Die Erstbehörde hat zu Recht als erschwerend die Tatsache gewertet, daß der Berufungswerber eine einschlägige Vormerkung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 aufweist. Auch eine wegen dieser Übertretung verhängte Geldstrafe in Höhe von 22.000 S konnte den Berufungswerber nicht davon abhalten, neuerlich einschlägig gegen die Straßenverkehrsordnung 1960 zu verstoßen. Dem Berufungswerber ist daher wegen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung - auch im Hinblick auf den erheblichen Alkoholisierungsgrad - kein geringfügiges Verschulden anzulasten. Mildernde Umständen sind nicht zutage getreten.

Der unabhängige Verwaltungssenat hielt es aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Situation des Beschuldigten (12.500 S monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) für vertretbar, die Strafe zu reduzieren. Mit der gegenständlichen Strafe wird die Hälfte des gesetzlichen Strafrahmens ausgeschöpft. Sie ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates tatund schuldangemessen und erscheint geeignet, den Beschuldigten in Hinkunft von Übertretungen gleicher Art abzuhalten.

Der Berufungswerber wird auf die Möglichkeit hingewiesen, bei der Erstbehörde ein Ansuchen um Bezahlung der Strafe in Raten einzubringen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Da die Strafe reduziert wurde, hat der Berufungswerber gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der nunmehr verhängten Strafe.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. K l e m p t

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