Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720320/2/SR/ER/JO

Linz, 15.05.2012

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der X, geboren am X, StA von Rumänien, dzt. X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 29. März 2012, AZ. 1067144/FRB, mit dem ein Antrag der Berufungswerberin auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlage

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 4. Februar 2011, AZ. 1067144/FRB, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden Bw) ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

 

In der Begründung stützte sich die belangte Behörde maßgeblich auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 3. August 2010, 61 Hv 41/10x, mit dem die Bw wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1 und 143 2. Fall STGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren (nach Berufung herabgesetzt auf 6 Jahre) verurteilt worden war und setzte sich mit den Tatumständen, der Urteilsbegründung und der Verantwortung der Bw, sowie mit ihrem sozialen Umfeld auseinander. Darauf aufbauend erstellte die belangte Behörde eine Gefährdungsprognose. In dieser bezog sie sich auf die Verurteilung der Bw und die Tatsache, dass die Bw den Tatplan entwickelte, um ihrer tristen finanziellen Situation zu entkommen. Die Bw habe eine tragende Rolle bei der Begehung des Raubes innegehabt und es bestehe kein Zweifel, dass ihr Verhalten auch künftig eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle, weshalb – nach Abwägung sämtlicher Umstände – die Erlassung eines auf zehn Jahre befristeten Aufenthaltsverbots zulässig sei.

 

1.2. Die gegen den vorliegenden Bescheid eingebrachte Berufung wies der Unabhängige Verwaltungssenat (im Folgenden: UVS) von Oberösterreich mit Bescheid vom 7. März 2011, Zl. VwSen-720290/2/Sr/Sta, als unbegründet ab. Begründend führte der UVS aus, dass das Verhalten der Bw das Grundinteresse der Gesellschaft, strafbare Handlungen zu verhindern, berührt habe. Dies manifestiere sich auch darin, dass der von der Bw begangene schwere Raub vom Landesgericht und dem Oberlandesgericht Linz als Verbrechen eingestuft wurde. Bei der Erstellung der Gefährdungsprognose ging der UVS vom Gesamtverhalten der Bw im Vorfeld der Verhängung des Aufenthaltsverbots aus. Dabei bezog sich der UVS auf illegale Einreisen der Bw und ihre Versuche, die unrechtmäßigen Aufenthalte trotz entgegenstehender behördlicher Entscheidungen unter Inkaufnahme von Gesetzesverletzungen zu verlängern. Auch zahlreiche Verwaltungsübertretungen würden die negative Grundeinstellung der Bw der österreichischen Rechtsordnung gegenüber belegen. Ferner sei die Bw eine Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger eingegangen, die zwar nicht als Scheinehe im strafrechtlichen Sinn zu beurteilen sei, die Gründe, die zum Eingehen dieser Ehe geführt hätten, ließen aber auf den Charakter der Bw schließen.

Der besonders verwerfliche Charakter der Bw sei bei den Vorbereitungshandlungen zum schweren Raub in Erscheinung getreten. Die triste finanzielle Lage, die die Bw zur Straftat bewogen habe, sei überwiegend von ihr selbst zu vertreten, da die Bw nur in sehr eingeschränktem Ausmaß versucht habe, an einer sozialen und beruflichen Integration in Österreich zu arbeiten und stattdessen versucht habe, ihren Lebensunterhalt durch Zuwendungen Dritter zu bestreiten.

Die erhebliche kriminelle Energie, die im Umfeld der Straftat zum Vorschein gekommen sei, lasse nur den Schluss zu, dass die Bw im Falle finanzieller Engpässe keine Skrupel kenne, massive Gewalt zur Erreichung des geplanten Ziels einzusetzen und sich dabei schlagkräftiger Mittäter zu bedienen. Dies lasse im Ergebnis nur die Prognose zu, dass die Bw auch künftig eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die Grundwerte der Gesellschaft darstelle.

Der UVS stellte fest, dass die Bw vor ihrer Inhaftierung kein Familienleben im engeren Sinn geführt habe, zumal sie situationsbedingt ihre Kinder über längere Zeiträume in Obhut Dritter gegeben habe. Ihre Ehe mit dem österreichischen Staatsbürger sei als Zweckgemeinschaft geführt worden, von einem nachfolgenden Ehemann sei sie noch vor Begehung der Straftat verlassen worden. Auch in ihrer Berufung habe die Bw nicht vorgebracht, mit ihren Kindern leben zu wollen. Der Hinweis, dass ihre Kinder auch in Österreich leben würden, lasse vielmehr auf ein loses Nebeneinander als auf ein Familienleben schließen. Eine besondere soziale Integration lasse sich nicht erkennen, zumal die Bw laut Aktenlage im Jahr 2008 lediglich zwei Monate geringfügig beschäftigt gewesen sei und sie ihre finanzielle Lage durch eine Straftat zu verbessern versucht habe. Selbst in der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Linz habe die Bw ihren Tatunwert nicht eingesehen und kein Geständnis abgelegt, was ihr mangelndes Rechtsempfinden und massive Charakterdefizite erkennen lasse.

Im Ergebnis sei das Aufenthaltsverbot zu bestätigen gewesen.

 

2. Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2011 beantragte die Bw die Aufhebung des Aufenthaltsverbotsbescheides. Begründend führte sie im Wesentlichen an, dass ihre ganze Familie in Österreich lebe und sich das Grab ihrer Tochter hier befinde. Durch das Aufenthaltsverbot würde die Bw ihre ganze Familie verlieren und hätte keine Möglichkeit, ihre schwere Krankheit behandeln zu lassen. Die Bw beteuert, ihre Straftat zu bereuen und ersucht, bei ihren Kindern und Enkelkindern leben zu dürfen.

 

2.1. Mit Bescheid vom 29. März 2012, AZ. 1067144/FRB, wies die belangte Behörde den Antrag der Bw gemäß § 69 Abs. 2 FPG ab.

 

Nach Zusammenfassung des Antrags auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots und Wiedergabe und Erläuterung der angewendeten Rechtsgrundlage hält die belangte Behörde der Bw entgegen, dass angesichts ihres massiven strafrechtlichen Fehlverhaltens von ihr eine maßgebliche Gefährdung ausgehe.

Die Behörde habe bezugnehmend auf den Antrag der Bw festzustellen, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbots die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend waren, zugunsten der Bw geändert hätten und diese gegeneinander abzuwägen.

Hier sei festzustellen, dass die nachteiligen Folgen einer Aufhebung des Aufenthaltsverbots um vieles schwerer wögen als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation der Bw. Bezugnehmend auf ihre gerichtliche Verurteilung sei auch jetzt eine negative Zukunftsprognose zu erstellen, zumal sich an der tristen finanziellen Situation, die die Bw begründend für die Begehung der Straftat angeführt hat, nichts geändert habe. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass das bei ihr festgestellte massive kriminelle Potenzial nicht mehr gegeben sei. Die ursprüngliche Prognoseentscheidung müsse daher aufrechterhalten bleiben.

Ein für die Gefährdungsprognose relevantes Wohlverhalten sei nach der Aktenlage erst nach der Entlassung aus der Strafhaft zu berücksichtigen. Zudem sei der seit der Erlassung des Aufenthaltsverbots verstrichene Zeitraum viel zu kurz, um eine günstige Zukunftsprognose erstellen zu können. Es könne in Anbetracht der Schwere des Verbrechens nicht abgesehen werden, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbots geführt haben, wegfallen würden.

Die gesamte familiäre Situation sei bereits bei der Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes vollinhaltlich berücksichtigt worden und habe sich nicht geändert.

Zusammengefasst könne festgehalten werden, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbots nur dann zum Erfolg führen könne, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert hätten. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag sei auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen. Da bei einer Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots die Rechtmäßigkeit des Bescheids, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden könne, sei für den Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheids nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbots wegen einer Änderung der Umstände zugunsten des Fremden weggefallen seien.

Demzufolge sei der maßgebliche Zeitpunkt für die zu treffende Prognose der Zeitpunkt der rechtskräftigen Erlassung des Aufenthaltsverbots. Schon damals hätten ihre familiären Verhältnisse die Bw nicht davon abhalten können, in Österreich massive kriminelle Handlungen zu setzen. Auch sei der verstrichene Zeitraum seit der Erlassung des Aufenthaltsverbots viel zu kurz, um eine Änderung in den maßgeblichen Umständen nur durch Zeitablauf annehmen zu können.

 

2.2. Gegen diesen am 2. April 2012 zugestellten Bescheid erhob die Bw mit Schriftsatz vom 10. April 2012 – Poststempel vom 13. April 2012 – rechtzeitig Berufung ("Beschwerde"). Diese begründet sie damit, dass sie während ihrer Haft das Unrecht ihrer Tat eingesehen habe und in Zukunft nicht mehr straffällig werde. Die Beziehung zu ihren Kindern habe sich in den letzten Monaten intensiviert, die Bw bekomme regelmäßig Besuch von ihren Töchtern und sei mittlerweile Großmutter geworden. Ihre Ehe sei bereits geschieden worden.

Die Bw sei erstmals 1990 nach Österreich eingereist und habe sich seither fast durchgehend in Österreich aufgehalten. Auch ihre Kinder würden hier leben. Österreich sei über die Jahre zu ihrer Heimat geworden und die Bw habe alle ihr wichtigen familiären Bindungen hier. Nach der Entlassung könne die Bw bei ihrer Tochter Unterkunft nehmen, auch habe sich ihr Gesundheitszustand verbessert, weshalb sie anstrebe, wieder zu arbeiten. In der Justizanstalt sei sie beschäftigt, nach der Haftentlassung habe sie Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung.

Abschließend ersucht die Bw um Überprüfung ihrer Aufenthaltsverfestigung und um Aufhebung des Aufenthaltsverbots, um ihr ein Leben bei ihren Kindern zu ermöglichen.

 

3.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 16. April 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat vor.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von den unter den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten unbestritten gebliebenen Sachverhaltsteilen aus.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 38/2011, sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

4.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des      § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat sich somit mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff im Sinne des   § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes weiterhin dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

4.2.2. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG keinesfalls dazu geeignet sein kann, Umstände, die bei der Erlassung des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes gewürdigt wurden und durch die Rechtskraft der Entscheidung gedeckt sind, neu oder anders zu beurteilen, da dies in Hinblick auf § 68 Abs. 1 AVG unzulässig wäre. Umstände, die bei Beurteilung im Rahmen der Verhängung der Maßnahme unverändert bestanden, unterliegen daher nicht den Überprüfungsmöglichkeiten im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens. Weiters kann bei Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden.

 

 

4.3. Im vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, dass die Bw – wie anhand ihrer kriminellen Aktivitäten vor ihrer Inhaftierung eindrucksvoll verdeutlicht wird – ein besonders hohes kriminelles Potenzial aufwies. Die Bw wurde rechtskräftig wegen schweren Raubes verurteilt, wobei vom Landesgericht Linz erschwerend ihre Rolle als Urheberin und Anstifterin ihrer Unbescholtenheit und objektiven Schadensgutmachung gegenübergestellt wurde. Dass die Bw den Tatplan entwickelt, das Unternehmen organisiert und die Mittäter bestimmt hat wurde vom Gericht als Beweis für ihre erhebliche kriminelle Energie und einen besonderen Gesinnungsunwert gewertet.

 

Besonders ist bei einer Gefahrenprognose hervorzuheben, dass die Bw in vollem Bewusstsein und hartnäckig die Planung der Tat vorantrieb, indem sie – wie vom Landesgericht Linz festgestellt wurde – den ursprünglichen Widerstand einer Mittäterin durch Manipulation und Schüren von Ängsten ausschaltete. Noch in der Berufungsverhandlung hat sie ihren Tatunwert nicht erkannt. Auch ihr Versuch, die begangene Tat mit ihrer tristen finanziellen Lage zu rechtfertigen, ohne einzusehen, dass die Rechtsgutbeeinträchtigung auf Seiten des Opfers nicht im geringsten mit der angeblichen finanziellen Notlage in Relation gebracht werden kann, wirft ein ungünstiges Licht auf die – nunmehr beteuerte – Einsicht.

 

Der festgestellte relevante Sachverhalt lässt nicht erkennen, dass das bei der Bw festgestellte massive kriminelle Potenzial nicht mehr gegeben ist und sich tatsächlich ein umfangreicher Gesinnungswandel vollzogen hat.

 

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass – auch wenn der Bw ein gewisses Maß an Reue zugebilligt wird - zum Entscheidungszeitpunkt noch keinesfalls das Maß an Nachhaltigkeit des Gesinnungswandels gegeben ist, das ein Abweichen von der ursprünglichen Gefährdungsannahme erlauben würde.

Diesbezüglich ist auf die ständige Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach ein Gesinnungswandel, der zu einer günstigeren Gefährdungsprognose führen könnte, nur daran gemessen wird, wie lange ein Straftäter sich nach der Enthaftung wohlverhalten hat. Vgl. dazu folgende Zitate: 

"Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes primär daran zu prüfen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2011, Zl. 2008/21/0032, mwN)."

"Unter dem Blickwinkel des hier maßgeblichen Fremdenrechts ist im Übrigen ein allfälliger Gesinnungswandel [...] in erster Linie daran zu messen, innerhalb welchen Zeitraums er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft in Freiheit wohlverhalten hat (siehe beispielsweise das Erkenntnis vom 19. Mai 2011, Zl. 2008/21/0486, mwN)."

"[...]; zutreffend hat die belangte Behörde aber ausgeführt, dass bei der Prüfung eines allfälligen Gesinnungswandels in erster Linie auf das in Freiheit gezeigte Wohlverhalten abzustellen ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Mai 2011, Zl. 2007/18/0272, mwN)."

 

Allfälliges Wohlverhalten während der Haft bleibt demnach unberücksichtigt. 

In diesem Sinn ist also abschließend festzustellen, dass die ursprüngliche Prognoseentscheidung, wonach im Fall der Bw ein besonders hohes, gegenwärtiges und nachhaltiges Gefährdungspotential vorliegt, weiterhin aufrecht erhalten werden muss.

 

4.4. Insofern die Bw – im Rahmen der Interessensabwägung nach nunmehr § 61 FPG – auf das familiäre Umfeld in Österreich abstellt, waren die Feststellungen, dass die Bw in Österreich langjährig aufhältig ist und ihre Kinder im Bundesgebiet leben, schon im ursprünglichen Verfahren bekannt und erlauben daher keine neuerliche Abwägung im Sinne des § 61 FPG. Dass ihre Ehe mittlerweile geschieden ist, vermag nicht im Sinne des § 61 FPG zugunsten der Bw auszuschlagen. Dass die Bw mittlerweile Großmutter geworden ist, ändert tatsächlich ihre familiäre Situation, jedoch ist hier festzustellen, dass Enkelkinder nicht zur Kernfamilie im Sinne des § 2 Z 12 FPG zählen. Die Bindung zur Kernfamilie der Bw – nämlich zu ihren Kindern und ihrem (mittlerweile Ex‑)Ehemann – wurde im ursprünglichen Verfahren abschließend gewürdigt. Dass die Beziehung zu ihren Töchtern durch regelmäßige Besuche in der Justizanstalt intensiviert worden seien, vermag nichts an der bereits im ursprünglichen Verfahren festgestellten Tatsache zu ändern, dass nach der voraussichtlichen Enthaftung der Bw alle Kinder volljährig sein werden und schon dadurch die Bindung im Sinne einer Kernfamilie relativiert wird.

 

Weitere Umstände, die als Neuerungsgründe im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG iVm. § 61 FPG zu berücksichtigen wären, sind nicht bekannt, ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage und wurden vom Bw nicht vorgebracht.

 

4.5. Zum Antrag der Bw, ihre Aufenthaltsverfestigung möge im gegenständlichen Verfahren erneut überprüft werden, ist auf die jüngste Judikatur des VwGH vom 24. Jänner 2012, Zl. 2011/18/0267, hinzuweisen, wonach "[...] in § 125 Abs. 3 FPG nicht – wie in § 114 Abs. 3 zweiter Satz FrG – vorgesehen [ist], dass Aufenthaltsverbote (auch) dann aufzuheben wären, wenn sie bei fiktiver Geltung des FPG im Zeitpunkt ihrer Verhängung nicht hätten erlassen werden dürfen." Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die noch im § 114 Abs. 3 FrG vorgesehene Anordnung beseitigt hat, ergibt sich, dass nunmehr eine Änderung der Rechtslage unbeachtlich ist. Im rechtskräftigen Bescheid über die Verhängung des Aufenthaltsverbots lag nach der im Zeitpunkt der Erlassung  anzuwendenden Rechtslage keine Aufenthaltsverfestigung vor. Ob nach geltender Rechtslage der Aufenthalt der Bw verfestigt sein könnte ist weder nach dem Willen des Gesetzgebers noch der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu überprüfen.

 

4.6. Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine Änderung der maßgeblichen Umstände im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG vorliegt, weshalb der Antrag – von der belangten Behörde völlig zurecht – als unbegründet abgewiesen wurde.

 

4.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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