Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531152/50/Re/Ba

Linz, 04.05.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von M F, R, A P, Mag. Dr. M T F, R,  A-P, C F, R, 4 A-P, N, R,  A-P, F L , R,  A-P, E P, R, A P, M M, J T, M L, I O, F D, M G, A K, M P, sämtliche R, A-P, letztere vertreten durch E P, R, A-P, P G, R,  A-P, N Ö, R,  A P, im eigenen Namen sowie N Ö als Vater und gesetzlicher Vertreter der mj. Z Ö, mj. E Ö, mj. E Ö, sämtliche vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M S-B, Dr. F V, Dr. C M, Mag. C A, M,  G, vom 18. Mai 2011, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. April 2011, Ge20-03-54-02-2011, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung einer bestehenden Betriebsanlage nach § 81 GewO 1994 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Februar 2012,  zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. April 2011, Ge20-03-54-02-2011 wird behoben und die beantragte Betriebsanlagen-änderungsgenehmigung nicht erteilt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Z.1 und 67d Abs.1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und  74 Abs.2 Z.2, 77 Abs.1 und 2 sowie § 81 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft  Vöcklabruck  hat mit dem Bescheid vom
29. April 2011, Ge20-03-54-02-2011, über Antrag des H G, A-P, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Fleischhauereibetriebsanlage durch Betrieb eines Schlacht- und Zerlegebetriebes im Standort  A-P, R, Gst. Nr. der KG. A-P, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und Einwendungen von Nachbarn zum Teil als unzulässig zurückgewiesen und zum Teil als unbegründet abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das Ermittlungsverfahren, insbesondere die mündlichen Augenscheinsverhandlungen vom 22. April 2010 und vom 21. September 2010 und die schlüssigen Gutachten des technischen Amtssachverständigen, des Amtssachverständigen für Veterinärmedizin, des Amtssachverständigen für Humanmedizin sowie des Amtssachverständigen für Chemie und Luftreinhaltung – haben ergeben, dass durch die Errichtung und den Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen voraussehbare Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden. Zum Schutz der gemäß § 74 Abs.2 sowie der gemäß § 77 Abs.3 und 4 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen seien die im Spruch enthaltenen Aufträge zu erteilen gewesen. Trotz Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 359b GewO 1994 sei von der Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens abgesehen worden. Durch Fahrversuch mit einem Klein-Lkw sei festgestellt worden, dass ein Zurückschieben bzw. Reversieren des Fahrzeuges ohne Inanspruchnahme von Fremdgrund möglich sei, außerdem das Zufahrttor zum Schlachtbetrieb verbreitert werde. Der verkehrstechnische Sachverständige habe keine Bedenken gegen die Erteilung der Genehmigung vorgebracht. Auch die A könne die Abholung der Schlachtabfälle spätestens 1 Tag nach der Schlachtung ohne Befahren des Nachbargrundstückes bewerkstelligen. Bei der Beurteilung allfälliger unzumutbarer Geruchsbelästigungen sei vom Amtssachverständigen somit von einem ganztägigen Betrieb der Lüftungsanlage und so von einer Geruchsbeeinträchtigung von max. 13 % der Jahresstunden ausgegangen worden. Unter Berücksichtigung der Schlachtzeit und somit der Betriebsdauer der Lüftungsanlage sei jedoch von 6 Stunden pro Schlachttag auszugehen und ergebe sich eine Gesamtgeruchsbelastung von ca. 624 Jahresstunden, somit einen Wert von ca. 7 % der Jahresstunden. Dieser liege unter dem von der Akademie der Wissenschaft herangezogenen Wert zur Beurteilung der Zumutbarkeit von emittentenspezifischen Geruchsbelastungen von 8 %. Weiters werde ein Aktivkohlefilter eingebaut, welcher bei ordnungsgemäßer Konfiguration und Betriebsweise der Anlage Wirkungsgrade von bis 95 % erreichen und könne bei der gegenständlichen Betriebsanlage davon ausgegangen werden, dass ein Großteil (ca. 80 %) der Geruchsstoffe in der Aktivkohlefilteranlage gebunden würden, dies laut Planungsunternehmen der Lüftungsanlage. Unter Berücksichtigung der Reduktion der Geruchsemissionen durch die Aktivkohlefilteranlage von ca. 80 % ergebe sich eine Gesamtstundengeruchsbelastung betreffend der Lüftungsanlage von höchstens 125 Jahresstunden, wodurch die gegenüber Nachbarn entstehenden Belästigungen als zumutbar einzustufen seien. Die Zumutbarkeitsgrenze für Geruchsbelästigungen werde auch durch Geruchsemissionen, die durch das kurzweilige Öffnen des Garagentores entweichen, nicht überschritten. Bei der lärmtechnischen Beurteilung würden die Feststellungen laut Lärmprojekt der T vom 15.6.2010 sowie die hiezu getroffenen Feststellungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen als schlüssig und nachvollziehbar angesehen. Bei Umsetzung und Vorschreibung der Projektsvorgaben würden die Lüftungsgeräusche immissionsseitig im Bereich des am niedrigsten gemessenen Basispegels tagsüber liegen. Die örtliche Ist-Situation werde lediglich im Irrelevanzbereich verändert. Während der ungünstigsten Stunden (Lebendviehanlieferung) komme es zu einer Anhebung der Ist-Situationsverhältnisse um rund 3 dB, wobei es sich um kurzzeitige Schallereignisse an max. 2 Ereignissen an 2 Tagen pro Woche handle. An Messpositionen mit besonders ruhigen Umgebungsgeräuschverhältnissen würden die betrieblichen Beurteilungspegel für den Tageszeitraum zu einer Anhebung der örtlichen Situationsverhältnisse um bis zu 3 dB führen. Gemäß ÖAL-Richtlinie Nr. 3 habe sich jedoch die schrittweise Anhebung in Gebieten mit geringer Vorbelastung um einen Wert von 3 dB als medizinisch vertretbar erwiesen. An Spitzenpegeln sind Lkw-Fahrgeräusche, Rangiergeräusche sowie Quiekgeräusche der Schlachttiere im Fahrzeuge relevant. Die Verladung der Tiere erfolge im Gebäudeinneren bei geschlossenem Tor. Betriebliche Spitzen würden im Bereich der Umgebungsspitzen liegen. Die zur Fleischlagerung betriebene Kühlanlage in der ursprünglichen Betriebsanlage sei als rechtswirksam genehmigter Bestand anzusehen. Der Einwand, dass der medizinische Grenzwert des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für Gebiete mit ständiger Wohnnutzung auf der Terrasse des Wohnhauses R überschritten werde, gehe ins Leere, da dieser bereits im Ist-Bestand Tag überschritten werde und sich aus den angeführten Gründen keine Anhebung der Ist-Situation ergebe. Als Übergang zur Gesundheitsgefährdung werde in der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 ein Dauerschallpegel von LAeq = 65 dB(A) definiert. Die Abluftführung sei im schalltechnischen Projekt berücksichtigt worden. Im Rahmen der humanmedizinischen Beurteilung habe der Sachverständige festgestellt, dass die prognostizierten Schallimmissionen der Dauergeräusche die definierten umweltmedizinischen Forderungen erfüllen würden. Fahrbewegungen würden in Intensitäten und Häufigkeiten auftreten, die in die Bestandssituation wahrnehmungsakustisch integrierbar seien und diese nicht maßgeblich verändern. Tierlaute könnten zwar sehr wohl wahrgenommen und aus der akustischen Umgebung differenziert werden, eine genaue Zahl und Häufigkeit sei jedoch nicht prognostizierbar. Diese stellen jedoch in der ruhigen innerstädtischen Wohnumgebung eine deutliche Veränderung dar, die keineswegs mit der Erwartungshaltung an ein innerstädtisches Wohngebiet in Einklang stehe. Belästigungsreaktionen, die auch ein erhebliches Ausmaß erreichen, seien nachvollziehbar. Auf Grund gutachtlicher Feststellungen und der abschließenden Stellungnahme des ASV für Humanmedizin sei davon auszugehen, dass es durch die nach außen nicht oder kaum wahrnehmbaren Schlachtvorgänge zu keiner psychischen Beeinträchtigung von Kindern komme, die im Nahbereich der Betriebsanlage wohnen. Die Beurteilung beziehe sich im Sinne des § 77 GewO auf einen gesunden normalen empfindenden Erwachsenen bzw. auf ein normal empfindendes Kind. Da die Schlachtvorgänge in einer Schlachtbox durchgeführt würden und nach außen akustisch kaum wahrnehmbar seien, könne davon ausgegangen werden, dass es bei einem genehmigungskonformen Betrieb der Schlachtvorgänge zu keinen psychischen Beeinträchtigungen von im Nahbereich wohnenden Kindern kommen werde. Einwendungen betreffend Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz durch Entwertung der Liegenschaften wurden mangels Vorliegens ebenfalls keine Folge gegeben. Als Betriebszeiten wurde jeweils Montag und Mittwoch von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr, für den Fleischabtransport Montag bis Freitag von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr festgelegt.

 

2. Gegen diesen Genehmigungsbescheid haben die eingangs angeführten Anrainer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M S-B, G, mit Schriftsatz vom 18. Mai 2011 innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies mit der Begründung, die Voraussetzungen für die Durchführung eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens lägen trotz entsprechender Äußerungen der Erstbehörde keinesfalls vor. Das Maschinenverzeichnis verweise nur auf die Prüfbücher der bewilligten Kälteanlage. Es sei keine komplette Maschinenaufstellungsliste mit kW-Angaben vorgelegt worden. Ob die vorhandene Heizung ausreiche, sei nie nachgewiesen worden. Gleiches gelte für die erforderliche Kühlleistung bei den neuen Schlachtzahlen in Relation mit den gegebenen Kühlleistungen der alten Kühlanlagen. Ein Nachweis im Sinne des § 359b Abs.1 Z1 GewO 1994 sei nicht erbracht worden. Projektsergänzungen, das völlig neue Lüftungsprojekt H sowie das Lärmprojekt T mit ständigen Betriebszeiteinschränkungen und Schlachtzahlreduktion lassen die Schlussfolgerung zu, dass auf Grund der geplanten und eingerichteten Ausführungen der Anlagen Gefährdungen und Belästigungen und Beeinträchtigungen sowie nachteilige Einwirkungen auf die Umwelt von vorne herein keineswegs ausgeschlossen werden könnten. Zu Recht sei von der Behörde I. Instanz kein vereinfachtes Verfahren eingeleitet worden. Bereits bei der ersten anberaumten Verhandlung habe sich herausgestellt, dass die Projektsunterlagen zur Beurteilung in keinster Weise ausreichen. Weiters sei der Verfahrensgegenstand durch den verfahrenseinleitenden Antrag des Antragstellers begrenzt und könne nicht abgeändert werden. H G habe lediglich um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für den Betrieb einer Betriebsanlage: Schlacht- und Zerlegebetrieb gestellt. Im angefochtenen Bescheid sei jedoch die Genehmigung zur Änderung (Erweiterung) der bestehenden Fleischhauerei-Betriebsanlage durch Errichtung und Betrieb eines Schlacht- und Zerlegebetriebes im Standort A-P, R, erteilt worden, obwohl ein solcher Antrag in der bewilligten Form nicht gestellt worden sei. Im Ansuchen vom 8.3.2010 sei das Wort "Errichtung" durchgestrichen und beziehe sich daher sein Antrag ausschließlich auf den "Betrieb eines Schlacht- und Zerlegebetriebes".

Weiters verfüge der südöstliche Schlachthausanbau zum Teil über keinen baurechtlichen Konsens und lägen daher grobe baurechtliche Widersprüche zur Oö. Baugesetzgebung vor. Es werde der gesetzliche Mindestbauwich von 1 m mit rund 70 cm im Grundriss unterschritten. Abänderungspläne seien bautechnisch noch nicht überprüft worden und bis heute keine Baubewilligung erteilt. Ein Teilbenützungsbewilligungsbescheid sei mit groben Mängeln behaftet und rechtswidrig. Es dürfe daher eine Betriebsanlagengenehmigung mit verbreitertem Einfahrtstor nicht erteilt werden, da nicht klar sei, ob hiefür eine Baubewilligung erwirkt werden könne. Es würden dadurch in die Rechte des N Ö, Eigentümer des Nachbargrundstückes Nr. , eingegriffen. Die Projektsunterlage stimme auch mit den Grundbuchsurkunden nicht überein. Mit einer Verbreiterung des Einfahrtstores würde in die Eigentumsrechte von N Ö eingegriffen. Beantragt werde, diese Vorfrage nach § 38 AVG nach eigenen Anschauungen zu beurteilen und diese Beurteilung dem Bescheid zu Grunde zu legen.

Auch die Beurteilung der ausreichenden Zufahrtsmöglichkeit sei fehlerhaft durchgeführt worden. Die Tatsache, dass beim Rückfahrversuch mit einem Tiertransporter mit dem linken Vorderreifen das Nachbargrundstück Nr.  bzw.  des Herrn P nicht überfahren worden sei, sei kein technisch ausreichender Beweis. Tatsächlich sei das Nachbargrundstück mit der linken Stoßstangenaußenkante überfahren worden, weshalb der Antragsteller beabsichtige, das Tor um 50 cm zu verbreitern, was jedoch – wie oben dargestellt – nicht möglich sei, da die Feuermauer offenbar auf dem Nachbargrundstück vorgenommen worden sei. Auch die Fahrbewegungen mit Lkw der A würden in die bestehende Einfahrt nicht stattfinden können, ohne die Nachbargrundstücke benützen zu müssen. Dies sei nicht überprüft worden.

Auch das Lüftungsprojekt der Fa. H stehe einer Torverbreiterung zur Verbesserung der Einfahrtsverhältnisse entgegen. Auch werde im Lüftungsprojekt die tragende Zwischenwand zur Lüftungszentrale vom Tor in 5,80 m Abstand dargestellt, laut Einreichplan sei eine Mittelmauerunterfangung zur Verlängerung der Entladehalle um 8,30 m vorgesehen. Auch diese Hinweise auf diesen Widerspruch seien von der Behörde I. Instanz ungerechtfertigter Weise übergangen bzw. negiert worden.

Weiters sei nicht nachvollziehbar, wie Auflagepunkt 9. des angefochtenen Bescheides, wonach Entsorgung von Konfiskaten und Blut bei geschlossenem Tor der Entladehalle zu erfolgen habe, bei einer Länge von 5,80 m von der Außenwandinnenseite zur Zwischenwand geschlossen werden könne. Auch die Versetzung der statisch tragenden Innenwand um ca. 2,5 m begründe schlüssig dass das Lüftungsprojekt so wie es vom Antragsteller eingereicht worden sei, nicht zur Ausführung gelangen könne. Grundriss und Schnitt zeigen bei 5,8 m Mauerlichte die tragende Zwischenwand und in 6,40 m das abgehängte Zuluftrohr. Für Mitarbeiter verbleibe lediglich eine Resthöhe von 1,80 m beim Runtertreiben auf der Ladehöhe des Aufbaubodens. Auch der Einbau eines Rolltores sei unmöglich, da die an der Massivdecke abgehängten Zu- und Abluftrohre die Funktionsweise des Rolltores unmöglich machen würden. Das Lüftungsprojekt sei daher zu überarbeiten und den baulichen und funktionell betriebsbedingt nötigen Anforderungen anzupassen und sei daher mangelhaft.

Durch mehrfach geänderte Betriebsbeschreibungen seien die Betriebszeiten der Lüftungsanlage unter den 13 % Grenzwert für die Jahresstunden hingetrimmt worden. Gegenüber dem Verhandlungsprotokoll vom 21. September 2010 (Montag und Dienstag zwischen 7.00 Uhr und 13.00 Uhr höchstens 35 Schweine bzw. 4 Rinder und 3 Kälber) werde in der nachträglich vorgelegten Beschreibung die Anzahl der zu tötenden Schweine mit 30 Stück in 3 Stunden und ca. 2 Stunden Schlachthausreinigung angegeben. Derart geringe Durchschnittszeiten seien nur in großen Schlachthäusern mit optimierten Betriebsabläufen und Zerlegeeinrichtungen Realität, nicht jedoch bei der hier gegenständlichen Schlachthausausstattung. Bei der Schlachtung von Rind und Kalb ergäben sich täglich 7,5 Stunden Schlachthausbetrieb. Dazu käme noch die Abladezeit vom Lkw in den Wartestall mit ca. 30 Minuten. Die in der Begründung des Bescheides angeführte Betriebsdauer werde daher ad absurdum geführt. Richtiger müsste man bei 35 Schweinen mit 11 Stunden Schlachthausbetrieb rechnen, bei 30 Schweinen mit ca. 9,5 Stunden. Die Gesamtgeruchsbelastung sei somit bei 52 Wochen mit 884 Stunden angesetzt. Der Grenzwert von 8 % der Jahresstunden werde eindeutig überschritten. Es ist offensichtlich versucht worden, die Immissionsbelastung unter die zulässigen Grenzwerte hinzutrimmen.

Auch die Angaben betreffend das Öffnen und Schließen des Tores samt Aus- und Einfahrten mit Lkw seien unrealistisch. Das Aus- und Einfahren nähme mit Sicherheit mehr Zeit in Anspruch als die angesetzte 1 Minute. Außerdem würden die Tore für die Anlieferung von Lebendvieh, von Abtransport von Fleisch, die Entsorgung von Schlachtabfällen sowie den Abtransport von Blut geöffnet, sodass das Tor an Schlachttagen mindestens 6 bis 8 mal geöffnet werden müsste, was zu einer massiven Geruchsbelästigung im Hof zwischen den Häusern P – Ö und R führen werde. Im Summe sei jedenfalls von einer Grenzwertüberschreitung der jährlich zugelassenen Gesamtgeruchsbelastung auszugehen.

Die Behörde unterliege bei der Beurteilung des Aktivkohlefilters einem groben Irrtum. Es werde nur die Abluft vom Stall und der Entladehalle über einen 2 m3 Aktivkohlefilter geführt, jene von der Schlachthaushalle jedoch nur über ein organisches Taschenfilter mit nachgeschaltetem Tröpfchenabscheider. Dieses sei zur Reduktion von Luftinhaltsstoffen völlig ungeeignet. Ausnahmslos mittels Aktivkohlefilter wäre eine spürbare Geruchsreduktion zu schaffen. Weiters sei die zusätzliche Quellhöhe der geruchsintensiven Abluft zu gering gehalten und lasse bei Schönwetterperioden die Geruchsinhaltsstoffe direkt auf das in rund 10 m Abstand liegende westliche Wohngebäude im 3. OG ausströmen. Vom immissionstechnischen Amtssachverständigen sei übersehen worden, welchen Abscheidegrad der Taschenfilter bzw. der Tröpfchenabscheider in Relation zur durchgesetzten Abluftmenge aufzuweisen habe. Es liege keine gutachterliche Aussage vor, wie viel Prozent der Geruchsinhaltsstoffe aus der Schlachthalle zurückgehalten würden. Zusammenfassend seien somit die lufttechnischen Projektsunterlagen für eine schlüssige Beurteilung der Auswirkungen auf die Nachbarschaft völlig unzureichend. Eine ergänzende Beurteilung durch technische und medizinische Amtssachverständige sei erforderlich.

 

Zum Thema Lärmbelastungen verweisen die Bw zunächst auf die Aussage des Amtssachverständigen für Humanmedizin in der Verhandlungsschrift vom 21. September 2010, wonach eine wesentliche umweltmedizinische Forderung darin bestehe, dass Dauergeräusche, wie etwa Lüftungs-, Kühlanlagen, so zu reduzieren, dass sie immissionsseitig im Bereich des Basispegels liegen. Weiters sei zu beachten, dass keine wahrnehmbaren Tonhaltigkeiten enthalten sind. Vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen werde gefordert, dass das Tor im Anlieferungsbereich ein bewertetes Bauschalldämmmaß von mindestens R'w = 22 dB aufweisen müsse und das Tor während der Entladung geschlossen zu halten sei. Weiters widerspreche sich das eingereichte Projekt, da im Ein­reichplan eine Innenlichte von 8,30 m, im Lüftungsbereich eine solche von nur 5,80 m Länge aufzeige. Außerdem könne das Rolltor mit seiner konstruktiv nötigen Baukastenhöhe samt Aufrollmechanismus bei einer Unterkante der Lüftungs­leitungen mit gemessenen 2,50 bzw. 2,90 m nicht eingebaut werden. Die Auflage sei daher technisch nicht umsetzbar und somit schalltechnisch unwirksam. Weiters sei für den dominantesten Lärmanteil, nämlich die Zu- und Abluftanlage, kein Anpassungszuschlag in der Höhe von + 5 dB angebracht worden. Gemäß dem von den Bw beigebrachten schalltechnischen Messbericht eines nichtamtlichen Sachverständigen betrage die Basispegelanhebung ohne Anpassungszuschlag Lz = + 5 dB für das Lüftungsgeräusch allein LA,95 = 37 dB. Der Entfall des Anpassungszuschlages des ASV für Humanmedizin mit Lz = + 5 dB sei nirgends schlüssig begründet worden, obwohl dieser ausführte, dass Dauergeräusche von Lüftungs- und Kühlungsanlagen so zu reduzieren seien, dass sie immissionsseitig im Bereich des Basispegels liegen. Das erstinstanzliche Verfahren sei daher grob mangelhaft geblieben. Trotz der Betriebszeitenein­schränkung sei das Projekt für Nachbarn unzumut­bar und seien langfristig Gesundheitsgefährdungen nicht auszuschließen.

Durch die Einschränkung der Tieranlieferungszeit erst ab 7.00 Uhr sei zwar eine grundsätzlich verbesserte Lärmbelastung bezüglich der Aufwachreaktionen am Morgen für Erwachsene und auch Kinder zu bestätigen, Tierschreie seien jedoch für Kinder, wie das vorgelegte medizinische Privatgutachten von Prof. Dr. W G ausführe, gesundheitsbedrohend, im Wohngebiet absolut ortsunüblich und daher besonders belastend. Verwiesen werde in Bezug auf die Beurteilung des Tiergebrülls im Innenhof auf die medizinische Beurteilung. Dabei sei die Fahrweg­länge von der R bis zum Einfahrtstor, Öffnen und Schließen des Rolltors sowie Rangiervorgang mit Vor- und Rückwärtsfahren und gleich­zeitiger Beunruhigung der Tiere und die gesamte zeitliche Komponente zu be­rücksichtigen. Laut ASV für Humanmedizin sei als Grenzwert für Gebiete mit ständiger Wohnnutzung ein LA,max  = 80 dB anzusehen. Laut TAS Schreiner seien in der Entladehalle Spitzenpegel bis zu 110 dB, somit im Freien im 1,0 m vor dem geschlossenen Tor Spitzenpegel bis zu 88 dB oder in 10 m Distanz ein max. Spitzenpegel von LA,max = 88 – 20 = 68 dB, also deutlich hörbare Tierlaute, zu erwarten. Auch am Lkw seien diese Spitzenpegel von 110 dB möglich, zur Einfahrt in die Entladehalle stehe der Lkw in max. 5 m Distanz zur Dachterrasse über den Garagen bzw. den nächstliegenden Fenstern des Hauses R der Bw. Das ergebe einen immissionsseitigen LA,max von 96 dB, womit der medizinische Grenzwert von LA,max  = 80 dB gravierend überschritten werde und der Humanmediziner dazu feststelle, dass Belästigungsreaktionen ein nachvollziehbares erhebliches Ausmaß erreichen würden (VHS vom 21.9.2010, Seite 28). Weiters würden die Aussagen des ASV für Humanmedizin die Schluss­folgerungen des gerichtlich beeideten Sachverständigen in seinem von den Bw vorgelegten Gutachten nicht widerlegen. Es dürfe nicht übersehen werden, dass insgesamt 6 Minderjährige ihren unmittelbaren Wohnsitz und Aufenthalt in der Nähe der geplanten Betriebsanlage hätten und sei gemäß der Bestimmung des § 77 Abs.2 GewO als Vergleichsmaßstab jener des gesunden, normal empfindenden Kindes bzw. Erwachsenen ausschließlich zur Beurteilung der Zumutbarkeit einer Belästigung im Sinne des § 74 Abs.2 Z. 2 GewO heranzu­ziehen. Durch die räumliche Nähe zu den Schlachtvorgängen sei unzweifelhaft mit erheblichen Belästigungsreaktionen insbesondere Angstzuständen, Schlaf­störungen und anderen Phobien der Kinder zu rechnen. Den Ausführungen des ASV für Humanmedizin in seiner Stellungnahme vom 7.4.2011 sei dessen eigene Aussage entgegenzuhalten, welche nach wie vor aufrecht sei, wonach Belästi­gungsreaktionen der Anwohner sehr wohl ein erhebliches Ausmaß erreichen. Aus Sicht der Nachbarschaft seien sie bei 16 dB Überschreitung des Grenzwertes für den LA,max  = 80 dB absolut unzumutbar. Es sei nicht auszuschließen, dass Schweine oder Rinder in der Entladehalle oder im Wartebereich vor der Schlacht­halle brüllen, wenn das Anlieferungstor für den 2. oder 3. Transport geöffnet werde. Beantragt werden die ergänzenden Begutachtungen durch einen gewerbe­technischen und durch einen Amtssachverständigen für Humanmedizin. Zusammenfassend werde beantragt, den Bescheid nach Durchführung ergänzen­der Ermittlungen und Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung zu beheben und die beantragte Genehmigung zu versagen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994 i.V.m. § 67a Abs.1 AVG.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-03-54-02-2011 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Februar 2012 und wurden dieser Verhandlung Amtssachverständige für Lärmtechnik, Lufttechnik, Gewerbe- und Anlagentechnik, Veterinärmedizin und Humanmedizin beigezogen. Weiters waren von den Bw M F, K M, E P und N Ö, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M S-B, anwesend.

 

4.1. Im Rahmen dieser von der Berufungsbehörde durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wird vom Konsenswerber ausdrücklich festgestellt, dass im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens eine Änderung des Konsensantrages dahingehend erfolgt ist, als Schlachttage nicht wie bisher Montag und Dienstag wöchentlich sondern jeweils Montag und Mittwoch wöchentlich sein sollen, so wie es auch im bekämpften Bescheid festgestellt wurde.

Weiters wird im Rahmen dieser Verhandlung ausdrücklich außer Streit gestellt, dass im gegenständlichen Verfahren Voraussetzungen zur Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 359b GewO 1994 eindeutig nicht vorliegen, dies insbesondere aus dem Grund, als die Summe sämtlicher zur Betriebsanlage zählenden Räumlichkeiten jedenfalls den Grenzwert von 800 m2 überschreite, da auch die im Keller befindlichen Aufstell­flächen für die Kühlaggregate zu den Betriebsflächen hinzuzuzählen sind.

Weiters wird im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Konsenswerber über Befragen klargestellt, dass sich der Genehmigungsantrag auf eine Änderung einer bestehenden Betriebsanlage durch Errichtung und Betrieb des Einbaus eines Schlachtbetriebes bezieht.

 

4.2. In Vorbereitung für die Durchführung der mündlichen Berufungsverhandlung wurde von der Berufungsbehörde u.a. ein ergänzendes lärmtechnisches Gutachten zur Behandlung der im Rahmen der Berufungsschrift aufgeworfenen lärmtechnischen Fragen eingeholt. Dieses Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oö. Landes­regierung vom 30. November 2011, US-571562/1-2011-Sh/Ho, wurde den Verfahrensparteien bereits vor Anberaumung der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Darin kommt der Amtssachverständige in schlüssiger Weise zu folgenden Ergebnissen:

 

"Zum Vorhaben wurde hinsichtlich der schalltechnischen Auswirkungen vom Büro T SV-GmbH ein Projekt (Gz: 10-0139T vom 15.6.2010) erstellt. In diesem Projekt wurden die örtliche Lärm-Ist-Situation und die betriebliche Situation bzw. die daraus resultierende Gesamtsituation dargestellt.

 

Mit Datum vom 5.8.2010 wurde von Dipl.-Ing. L ein schalltechnischer Messbericht samt Privatgutachten zum gegenständlichen Vorhaben erstellt. Im Gegensatz zum Projekt T SV-GmbH wurde bei den messtechnischen Bestandsaufnahmen auch Messungen bei den vom Straßenverkehr abgeschirmten Nachbarbereichen durchgeführt. Die dargestellten Ergebnisse bestätigen zum einen die Ergebnisse der vom Büro T SV-GmbH gemachten Erhebungen, zum anderen zeigen sie, dass im abgeschirmten Nachbarbereich rund 8,6 dB geringere Bestandswerte für den energieäquivalenten Dauer­schallpegel vorhanden sind. In Bezug auf den Basispegel liegen die Werte um rund 2 bis 3 dB niedriger.

 

Unter Einbeziehung der Ergebnisse von Dipl.-Ing. L hat das Büro T SV-GmbH in einer ergänzenden Stellungnahme vom 19.8.2010 eine überarbeitete Zusammenfassung der gesamten Schallimmissionssituation gemacht, welche dann auch in der Beurteilung des Amtssach­verständigen im erstinstanzlichen Verfahren zugrunde gelegt wurde.

 

Von den Berufungswerbern wird nun vorgebracht, gestützt auf die Ausführungen des Privat­gutachtens Dipl.-Ing. L, dass bei der Bewertung und Beurteilung der Lüftungsgeräusche kein 'Anpassungswert von Lz = 5 dB' berücksichtigt wurde. Aus fachlicher Sicht ist dazu auszuführen, dass nach der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 bei der individuellen Beurteilung, und in dieser Phase ist das Verfahren, kein genereller Anpassungswert berücksichtigt werden darf, sondern ausschließlich ein Anpassungswert nach dem Stand der Technik. Dem Stand der Technik entsprechend sind Anpassungswerte für besondere Geräuschcharakter zu geben, wie Impulshaltigkeit, Tonhaltigkeit und Informationshaltigkeit. Bei Lüftungsanlagen ist grundsätzlich nur die Tonhaltigkeit ein Thema. Das Projekt sieht vor, die Lüftungsanlagen und die erforderlichen Schallschutzmaßnahmen so zu dimensionieren, dass keine Tonkomponenten im Sinne der ÖNORM S 5004 auftreten. Es ist daher begründeterweise für die Geräusche der Lüftungsanlagen kein Anpassungswert gegeben worden.

 

Der vom Privatgutachter Dipl.-Ing. L angeführte 5-dB-Zuschlag für Monotonie des Geräusches entspricht einer überholten Beurteilungspraxis und ist mit keiner aktuellen Norm bzw. Richtlinie mehr begründet. Wie vom medizinischen Amtssachverständigen bereits im erst­instanzlichen Verfahren ausgeführt, besteht die umweltmedizinische Forderung, dass Dauer­geräusche so weit reduziert werden, dass sie immissionsseitig im Bereich des Basispegels liegen. Mit der Begrenzung der Dauergeräusche auf die Größenordnung des örtlichen Basispegels ist der besonderen Geräuschart bereits Rechnung getragen. Ein Anpassungswert ist im Sinne der technischen Richtlinien nur mehr dann zu geben, wenn zB Tonhaltigkeit gegeben bzw. zu erwarten ist. Nachdem die Projektierung mit der technischen Auslegung der Lüftung auf diesen Umstand bereits Rücksicht nimmt, ist keine Anpassungswert zu berücksichtigen.

 

In Bezug auf die Lüftungsanlagen ist somit festzustellen, dass die Ermittlung der maßgeblichen Schallimmissionen bei den relevanten Nachbarbereichen vom Büro T SV-GmbH dem Stand der Technik entsprechend erfolgt ist. Die errechneten Immissionen von diesen Anlagenteilen liegen allesamt im Bereich bzw. unter dem örtlichen Basispegel, wobei hinsichtlich dem relevanten Basispegel hier bereits die abgeminderte Situation bei den Nachbarn im 'Schallschatten' berücksichtigt ist.

 

Im Zusammenhang mit den betriebsbedingten Spitzenpegeln wird festgestellt, dass sowohl das Büro T SV-GmbH als auch der Privatgutachter Dipl.-Ing. L zu annähernd gleichen Ergebnissen kamen. Das Büro T SV-GmbH wies im Projekt diesbezüglich im ungünstigsten Fall Werte von LA,max = 77 bis 81 dB aus, der Privatgutachter Dipl.-Ing. L LA,max = 78 dB. In der Berufungsschrift werden höhere Werte dargestellt, die jedoch nicht nachvollziehbar sind bzw. die nicht unter korrekter Berücksichtigung von physikalischen Gesetzmäßigkeiten bei der Schallaus­breitung ermittelt wurden. Sie basieren auch nicht auf dem Privatgutachten von Dipl.-Ing. L. Für die Beurteilung sind daher nach wie vor jene Werte maßgeblich, die bereits im erstinstanz­lichen Verfahren der Begutachtung zugrunde lagen.

 

Ein Thema wird in den Berufungsvorbringen noch angeführt. Es ist dies das Thema Kühlanlage. Wie bei den Erkundigungen in Erfahrung gebracht, sind die Kühlanlagen ohne betriebliche bzw. betriebszeitliche Einschränkungen genehmigt. Ein allenfalls möglicher verstärkter Betrieb durch die geplante Schlachtung hat somit keinen Einfluss auf den genehmigten Zustand und damit entstehen auch keine berücksichtigungswürdigen zusätzlichen Auswirkungen.

 

Aus fachlicher Sicht ist zusammenfassend festzustellen, dass sich anhand der fachlichen Prüfung der im Verfahrensakt enthaltenen Unterlagen keine Änderungen im Zusammenhang mit den Prognosewerten vom Büro T SV-GmbH ergeben haben. Diese Prognosen werden zum Teil durch das Privatgutachten Dipl.-Ing. L bestätigt. Bei den Lüftungsanlagen ist den Ausführungen T SV-GmbH zu folgen, welche konkrete Bedingungen für die schalltechnische Gestaltung der Lüftungsanlagen festgelegt hat. Den Ausführungen von Dipl.-Ing. L ist bei den Lüftungsanlagen nicht zu folgen, da diese Betrachtung nicht dem heutigen Stand der Technik entspricht."

 

4.2.1. Zu dieser lärmtechnischen Begutachtung des Amtssachverständigen wurden insbesondere von den Bw im Rahmen des Parteiengehörs Gegenäuße­rungen vorgebracht. Zu diesen Gegenäußerungen stellt der lärmtechnische Amtssachverständige im Rahmen der Berufungsverhandlung beantwortend und ergänzend fest:

 

"Zu den Gegenäußerungen vom Vertreter der Bw ist in Bezug auf das Vorbringen der fehlenden Berücksichtigung eines 5 dB-Zuschlages für Monotonie des Geräusches bzw. Tonhaltigkeit des Geräusches aus der Lüftungsanlage auf die Feststellungen in der gutachtlichen Stellungnahme vom 30.11.2011, Seite 2, zu verweisen. Es wird dort festgehalten, dass im Sinne der gültigen technischen Richtlinien und Normen für Lüftungsgeräusche rein theoretisch nur ein Anpassungswert für Tonhaltigkeit möglich ist. Nach der schalltechnischen Planung (siehe schallt. Projekt T vom 15.6.2010) sind die Zu- und Abluftführungen der Lüftungsanlage so zu gestalten, dass durch ausreichende Dimensionierung von Schalldämpfern sowohl ein max. zulässiger Schallleistungspegel einhaltbar ist, als auch eine Tonhaltigkeit des Betriebsgeräusches vermieden wird.

Auf das Vorbringen im Zusammenhang mit Beurteilungen und Bewertungen im Abend- und Nachtzeitraum wird nicht weiter eingegangen, die die Betriebszeiten nur zur Tageszeit stattfinden und hier für ausreichende schalltechnische Erhebungen der Ist-Situation als auch Prognosen für die Betriebssituation vorhanden sind. Wie im Schreiben vom 30.11.2011 festgestellt, kommen sowohl das Planungsbüro T SV-GmbH als auch der Privatgutachter DI L zu nahezu identen Ergebnissen.

Auf die Ausführungen in Zusammenhang mit dem planungstechnischen Grundsatz wird ebenfalls auf die Ausführungen im Schreiben vom 30.11.2011 verwiesen. Gemäß den Festlegungen der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 ist im gegenständlichen Verfahren eine individuelle Beurteilung durchzuführen und erübrigen sich damit weitere Feststellungen im Hinblick auf Einhaltung des planungstechnischen Grundsatzes.

Zu dem nunmehr vorliegenden Lüftungsprojekt der Fa. H mit Datum 24.2.2012 ist aus schalltechnischer Sicht festzuhalten, dass sich durch dieses Projekt die örtliche Lage der Zu- und Abluftführung nicht geändert hat, mit Ausnahme dessen, dass die Abluftführung nunmehr um 2,5 m höher ist als ursprünglich. Im Lüftungsprojekt sind auf Seite 5 von 9 Schalldaten der Ansaug- und Ausblasöffnung angeführt. Bei den angeführten Werten handelt es sich um A-bewertete Schalldruckpegel in einem Abstand von 1 m zur Schallquelle. Rechnet man diese Schallwerte auf einen Schallleistungspegel um, so ergeben sich um jeweils 1 dB geringere Schallleistungspegelwerte als im Projekt T als Mindestanforderung für die Ansaugöffnung und die Ausblasführung festgelegt. Es ist dem lüftungstechnischen Projekt jedoch nicht zu entnehmen, ob bei diesen Schalldaten auch die Rohrabstrahlung berücksichtigt ist. Es wird aus schalltechnischer Sicht jedenfalls die Dimensionierung der Lüftungsanlage in Richtung der Mindestvorgaben des Projektes T der Beurteilung zu Grunde gelegt.

Bezüglich der einzelnen Schallschutzmaßnahmen, welche nicht nur die Lüftungsanlage sondern auch bestimmte Qualitäten eingebauter Fenster und Türen und Tore betrifft, wird auf die Auflage 8. im Genehmigungsbescheid der BH Vöcklabruck verwiesen. Es ist darin auch ein messtechnischer Nachweis über die Einhaltung der Anforderungen festgeschrieben.

 

Auf Grund vorhandener Widersprüche zwischen Projektsunterlagen, Verhandlungsschrift vom 21.9.2010 sowie Auflage 6. des bekämpften Bescheides wird folgende Neuformulierung der Auflage vorgeschlagen:

 

'6. Die Fenster im Stallbereich sind entweder zuzumauern oder mit nicht öffenbaren Fenstern mit einem Bauschalldämmmaß von R'w = 30 dB auszustatten. Die Fenster im Schlachtbereich sind ebenfalls mit den oben definierten Fensterelementen auszustatten.'"

 

Weitere Fragen an den lärmtechnischen Amtssachverständigen wurden von den Verfahrensparteien im Rahmen der Berufungsverhandlung nicht mehr gestellt.

 

4.3. Darüber hinaus wurde das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren, beantragt durch die Bw, in Bezug auf die Erhebung und Beurteilung von Luftemissionen bzw. –immissionen ergänzt. Auch dieses Gutachten wurde bereits vor Durchführung der Berufungsverhandlung dem Parteiengehör unterzogen.

 

4.3.1. Der luftreinhaltetechnische Amtssachverständige der Abteilung Umwelttechnik des Amtes der Oö. Landesregierung stellt in seinem Gutachten vom 24. Jänner 2012, UBAT-804548/7-2011-Dow/Stu, fest:

 

"Gutachten

 

Zur geplanten Anlagenkonfiguration ist aus fachlicher Sicht Folgendes festzustellen:

 

Wie bereits in der Verhandlungsschrift vom 21.9.2010 vom luftreinhaltetechnischen ASV festgestellt wurde, ist die Aktivkohleanlage wohl imstande, die Geruchsemissionen zu reduzieren, sie ist aber nicht imstande, diese gänzlich zu verhindern. Der Hauptgrund dafür ist (neben dem Auftreten von diffusen Emissionen), dass von der Aktivkohleanlage nur die Abluft der Anlage 2 (Entladebereich und Stall) erfasst und gereinigt wird. Die Abluft der Anlage 1 wird zwar über Tröpfchenabscheider und Taschenfilter geführt, dies bewirkt jedoch in erster Linie eine Abscheidung von Aerosolen und Staub. Geruchsstoffe werden von der Anlage 1 nur zu einem geringen Teil abgeschieden, wobei über das Ausmaß der Geruchsabscheidung weder im Einreichreichprojekt noch in der durchsuchten Literatur Daten angegeben werden.

 

Weiters ist festzustellen, dass laut Einreichunterlagen keine Vorkehrungen vorgesehen sind, um einen Durchbruch des Aktivkohlefilters zu verhindern bzw. rechtzeitig einen Wechsel der Aktivkohle vorzunehmen. Es müsste daher die Aktivkohleanlage so konzipiert werden, dass die geruchsbeladene Abluft in einem ersten Anlagenteil gereinigt wird und anschließend über eine Verbindungsleitung, in der eine Öffnung zur Vornahme einer Geruchsbestimmung vorhanden ist, in einen Polizeifilter, ebenfalls gefüllt mit Aktivkohle, geleitet wird.

 

Zur maximal möglichen Dauer von Geruchsimmissionen wurden bereits im bisherigen Verfahren Berechnungen angestellt. Die unterschiedlichen Ergebnisse dieser Berechnungen sind ausschließlich auf unterschiedliche Annahmen zurückzuführen, die Berechnungen selbst sind richtig. So werden beispielsweise in der Nachreichung der Firma H mit Datum vom
23.11.2010 für einen Schlachtvorgang 3 Minuten pro Schwein angesetzt, die Schlachtung der 3 Kälber wird nicht berücksichtigt.

 

In einer späteren Nachreichung der Firma G (ohne Datum, 2 Seiten handgeschrieben) wird nur mehr von 30 Schweinen pro Woche ausgegangen und pro Schwein eine Schlachtdauer von 6 Minuten angegeben. Für die Reinigung und Desinfektion werden ca. 2 Stunden angesetzt, wodurch sich für den Schweineschlachttag ein Zeitraum von 5 Stunden ergibt. Eine analoge Berechnung für die Rinder- und Kälberschlachtung ergibt einen Wert von 7,5 Stunden, wobei die Nachlaufzeit des Ventilators in beiden Zeitangaben noch nicht enthalten ist. Rechnet man diese dazu, so ergibt sich eine wöchentliche Gesamtzeit, in der die Abluftanlage betrieben werden muss, von 14,5 Stunden, entsprechend 8,6 % der Jahresstunden. In diesen Werten sind die Entladezeiten noch nicht enthalten, diese müssen von der Firma G noch präzisiert werden.

 

In der Verhandlungsschrift vom 21.9.2010 wurde vom luftreinhaltetechnischen ASV die Annahme getroffen, dass die Lüftungsanlage zusätzlich zur Schlachtung an den beiden Halbtagen während der gesamten Betriebszeit an diesen Tagen läuft. Er kommt daher auf eine Ventilatorbetriebszeit von 11 Stunden pro Schlachttag, entsprechend 13 % der Jahresstunden.

 

Der medizinische ASV fordert in der Verhandlung vom 21.9.2010, dass die Gesamtgeruchsbelastung unter 8 % der Jahresstunden, die Belastung durch stark wahrnehmbare Gerüche unter 3 % der Jahresstunden liegen muss.

 

Die Grenze der max. erlaubten Betriebszeit der Abluftanlage pro Jahr ergibt daher, bezogen auf die maximal erlaubte und bei der derzeitigen Anlagenkonfiguration maximal theoretisch mögliche Gesamtgeruchsbelastung einen Wert von 700,8 Stunden. Dies bedeutet durchschnittlich rund 13,5 Stunden pro Woche oder rund 6,75 Stunden pro Schlachttag.

 

Da die derzeitige Anlagenkonfiguration der Abluftanlage vorsieht, die Abluft der Schlachthalle nicht in die Aktivkohleanlage einzubinden, muss davon ausgegangen werden, dass die Ventilatorlaufzeit auch als zumindest theoretisch mögliche, maximale Geruchsbelastung eines Anrainers anzusehen ist. Dies bedeutet jedoch, dass auch der auf 30 Schweine reduzierte Antrag der Firma G mit der letzten Beschreibung des Arbeitsablaufes (handschriftliche Nachreichung, ohne Datum) über der maximal zulässigen Grenze von 8 % geruchsbehafteter Jahresstunden liegt. Zusätzlich wird festgestellt, dass die Angaben in dieser handschriftlichen Nachreichung nicht mit dem Genehmigungs­antrag (2x6 Stunden von 7 Uhr bis 13 Uhr) übereinstimmen, da der Rinderschlachttag laut handschriftlicher Nachreichung 7,5 Stunden, also bis 14,30 Uhr, mit einstündigem Ventilatornachlauf und ohne Berücksichtigung der Entladezeiten sogar bis 15,30 Uhr, dauern wird (Rinderschlachttag: Arbeitszeit pro Rind 1 Stunde, ergibt 4 Stunden; Arbeitszeit pro Kalb 0,5 Stunden, ergibt 1,5 Stunden; Reinigung und Desinfektion: 2 Stunden; 1 Stunde Nachlaufzeit des Ventilators; Gesamtzeit ohne Entladezeit: 8,5 Stunden).

 

Zur zweiten Forderung des medizinischen ASV, dass die Belastung durch stark wahrnehmbare Gerüche unter 3 % der Jahresstunden liegen muss, kann nur festgestellt werden, dass eine gutachterliche Aussage hierzu bei der gegenständlichen Anlagenkonfiguration nicht möglich ist. Um diese Forderung des medizinischen ASV zu erfüllen, müsste auch für die Absaugung aus der Schlachthalle eine wirksame Geruchsreduktion vorgesehen werden.

 

Abschließend ist festzustellen, dass die derzeitige Abluftführung über Dach nicht dem Stand der Technik entspricht. Als Stand der Technik gilt, dass die Abluft zumindest 3 m über First senkrecht nach oben ausgeblasen wird, wobei auch die Höhe der umliegenden Wohngebäude zu beachten ist. Die derzeit vorgesehene Höhe über Dach beträgt nur ca. 1,7 m bis 1,8 m und wäre im Fall einer behördlichen Genehmigung entsprechend anzupassen."

 

4.3.2. Vom Konsenswerber wurden geforderte Projektsergänzungen zur abschließenden Beurteilung von Luftemissionen beigebracht und hat der luft­technische Amtssachverständige diesbezüglich und auch in Bezug auf die von den Bw im Rahmen des Parteiengehörs zur lufttechnischen Beurteilung vorgebrachten Gegenäußerungen im Rahmen der mündlichen Berufungsver­handlung ergänzend festgestellt:

 

"Im Projekt der Fa. H mit Datum vom 24.2.2012 wird festgestellt, dass die bisher getrennten Abluftführungen zusammengeführt werden. Es wird nunmehr ein Ventilator eingesetzt, der für einen Volumenstrom von 3.500 m3/h ausgelegt ist. Die gesamte Abluft aus dem Bereich Schlachthaus, Stall und Entladung wird über die in den ursprünglichen Einreichunterlagen beschriebene Aktivkohleanlage gereinigt. Die Ausblasung der gereinigten Abluft soll in einer Höhe von 4 m über dem höchsten Punkt des Daches erfolgen. In der nachgereichten techn. Beschreibung der Fa. H befindet sich allerdings kein Polizeifilter, wie in meinem Gutachten vom 24.1.2012 gefordert.

 

Im Rahmen der heutigen Verhandlung wurde mit den Vertretern der Fa. G vereinbart, dass im Bereich des Dachbodens ein Polizeifilter mit den Maßen 50 x 50 x 50 cm (0,125 m3) in die Abluftleitung eingebaut wird. Vor dem Polizeifilter wird eine Messöffnung vorgesehen, an der wöchentlich die Geruchsqualität der Abluft geprüft wird. Bei einem Wahrnehmen der betriebstypischen Gerüche wird die Füllung der beiden Aktivkohleanlagen getauscht. In der technischen Beschreibung der Fa. H wird weiters angegeben, dass neben der Füllung des Aktivkohlefilters auch Aktivkohle vorrätig gehalten wird, wobei die Menge im Aktivkohlefilter 2 m3 beträgt und 2 m3 vorrätig gehalten werden. Weiters wird festgestellt, dass ein Vertreter der Fa. H den Dachboden am heutigen Tage besichtigt hat und festgestellt hat, dass ein Einbau eines Polizeifilters in der geforderten Größe und die wöchentliche Geruchstestung möglich sind.

 

Ergänzendes Gutachten:

 

Die nunmehr vorgesehenen Maßnahmen werden sicherstellen, dass bei den nächstgelegenen Anrainern bei ordnungsgemäßer Wartung der Anlage keine relevanten Geruchswahrnehmungen erfolgen werden. Gemeint ist damit, dass beim Öffnen des Rolltores sehr wohl geruchsbeladene Luft austreten kann und bei entsprechender Witterung auch kurzfristig bei den betroffenen Anrainern Geruchswahrnehmungen möglich sein werden. Auf Grund der kurzen Dauer des offenen Tores ist jedoch nicht davon auszugehen, dass eine Grenze von 10 % einer Stunde, die dann üblicher Weise als Geruchsstunde bezeichnet wird, in mehr als 8 % der Stunden eines Jahres überschritten werden.

 

Aus dem Bereich der Abluftführung sind bei den Anrainern bei ordnungsgemäßer Wartung der Anlage keine Gerüche zu erwarten, da ein Wechsel der Aktivkohle dann zu erfolgen hat, wenn zwischen Hauptfilter und Polizeifilter ein anlagentypischer Geruch wahrgenommen wird. Es müsste also zuerst die Funktionsweise des Polizeifilters versagen und außerdem die Geruchsintensität so stark sein, dass die Verdünnung während des Transportes von der Ausblaseöffnung der Abluft zu den Anrainer nicht ausreicht, um zu einer Geruchsfreiheit zu führen.

 

Sollte die Behörde eine Genehmigung erwägen, so wird die Vorschreibung folgender zusätzlicher Auflagen vorgeschlagen:

 

'1. Am Dachboden ist die zusammengeführte Abluft aus den Bereichen Schlachthalle, Stall und Entladung durch ein mit Aktivkohle gefülltes Polizeifilter mit den Ausmaßen von mindestens 50 x 50 x 50 cm durchzuleiten. Vor dem Eintritt in den Polizeifilter ist eine Messöffnung vorzusehen.

 

2. Mindestens einmal pro Woche ist die Geruchsqualität der Abluft an der Messöffnung vor dem Polizeifilter während der Schlachtphase von einem Betriebsangehörigen zu überprüfen. Bei einem Auftreten eines betriebstypischen Geruches sind die Aktivkohlefüllungen beider Aktivkohlefilter ehestens gegen neue Aktivkohle auszutauschen.

 

3. Die Ausblasung der gereinigten Abluft hat in einer Höhe von mindestens 4 m über dem höchsten Punkt des Daches mit einer Mindestaustrittsgeschwindigkeit von 10 m/sek. ungehindert senkrecht nach oben zu erfolgen.

 

4. In einem Betriebstagebuch sind alle Aktivkohlewechsel sowie die Ergebnisse der wöchentlichen Geruchstests unter Angabe des Namens des Prüfenden einzutragen. Die Betriebstagebücher sind zumindest 3 Jahre bis nach der letzten Eintragung im Betrieb aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen vorzulegen.'"

 

4.4. Zur Beurteilung der Berufungsvorbringen betreffend eine befürchtete unzumutbare Belästigung bzw. Gesundheitsgefährdung durch schreiende Schlachttiere (insbesondere Schweine) war der Berufungsverhandlung ein veterinärmedizinischer Amtssachverständiger beigezogen und hat dieser gutacht­lich zur Frage von Lärmverursachung durch Tierlaute beim Transport und Abladung wie folgt festgestellt:

 

"Demgegenüber dienen Quieken und Schreien zur Warnung der anderen Gruppenmitglieder  in negativ assoziierten Situationen. So wird etwa die Sau auf ein eingeklemmtes Ferkel durch Quieken aufmerksam gemacht. Schreien kommt bei Hunger vor der Fütterung als Ausdruck der Appetenz regelmäßig vor, wobei alle Schweine gleichzeitig schreien und hohe Lärmpegel erreichen. In Rangkämpfen befindliche Schweine schreien laut und vernehmlich. Ebenso kommt es zu Schreien, wenn Tiere getrieben werden und sie sich dem Druck widersetzen, wie dies bei Ver- und Entladevorgängen regelmäßig zu beobachten ist. Dabei ist aber auch zu bemerken, dass bei Ausnutzung des Explorationstriebes der Schweine und auch des Herdentriebes völlig ruhige Entladungen möglich sind.

 

Lautäußerungen von Schweinen während des Transportes sind grundsätzlich nur selten zu beobachten. Nach Beginn der Fahrt legen sich die Tiere je nach Platzangebot in Brustlage oder in Brustseitenlage ab und verbleiben in dieser Position bis das Fahrzeug steht und die Tiere keine Bewegungen des Bodens mehr wahrnehmen. Als Auslöser für Schreien von Mastschweinen während der Fahrt kommen Unmut bei Einwirkung von Beschleunigungs- und Fliehkräften sowie Rangauseinandersetzungen in Frage, die allerdings auch meist nur nach Stillstand des Fahrzeuges in Gang kommen. Voraussetzung ist der Transport in nicht aneinander gewöhnten Gruppen, die sich agonistisch verhalten, sobald sich der Boden zur Bewegung als ausreichend sicher erweist, oder die gegenseitige Aversion die Unsicherheit des schwankenden Bodens überwiegt. Werden allerdings aneinander gewöhnte Schweine also aus ein und derselben Mastbucht transportiert, besteht während des Transportes bei angepasster Fahrweise kein vorhersehbarer Anlass zu Lautäußerungen.

Üblicherweise werden am Quertrog zwischen 7 und 12 Tiere gemeinsam aufgezogen, während Großgruppen aus bis zu 50 Schweinen bestehen. Es besteht also die grundsätzliche Möglichkeit, dass Schweine in stabilen Gruppen zu einem Kleinbetrieb mit einer Tagesschlachtung von 35 Schweinen transportiert werden, ohne dass es dabei zum Auftreten von Lautäußerungen dieser Schweine vor dem Abladen kommt. Vorrausetzung dafür sind entsprechende Abtrennmöglichkeiten für die Gruppen am LKW.

 

Im gegenständlichen Projekt besteht die Notwendigkeit vor dem Einfahren in die Schlachtanlage zu reversieren. Dazu muss der LKW stehen bleiben und wieder anfahren, wodurch die Wahrscheinlichkeit höher wird, dass wenigstens einzelne Tiere durch die einwirkenden Kräfte aufgetrieben werden und dabei den Unmut über diese Störung vokalisieren.

 

Zur Frage der Abladung und der Elektrobetäubung:

Die Verhältnisse bei der Abladung ergeben sich aus der Qualität des Umgangs mit den Tieren. Je nach dem kommt es zu entsprechenden Lautäußerungen. Starke Ausübung von Druck auf die Tiere führt naturgemäß zur Verweigerung der Fortbewegung und zum Schreien. Die weitere Bewegung im Schlachtbetrieb durch die Treibgänge ist eine Frage der Gestaltung der Treibgänge und der Bodengestaltung, dabei sind die Bildung von rechtwinkeligen Ecken, Schattenbildungen, Pfützen, kleine Stufen zu vermeiden, Kanal, Kanalgitter und –roste sind so anzubringen, das Stufenbildungen vermieden werden. Bei optimaler Gestaltung der Treibgänge und beim Treiben auf eine Lichtquelle hin kann unnötige Ausübung von Druck auf die Tiere vermieden werden. 

 

Schreien von Schweinen kann weder beim Abladen noch beim Treiben vollständig ausgeschlossen werden.

 

Feststellung zum Gutachten W betreffend Dauer der Schlachtung:

 

Aus Sicht des veterinärmedizinischen ASV ist dieses Gutachten schlüssig und realitätsnah erstellt. Vergleichsweise herangezogen werden können auch die festgelegten Mindestuntersuchungszeiten für die Fleischuntersuchung, Fleisch­unter­suchungsverordnung, die letztlich die höchstzulässigen Schlachtge­schwindigkeiten definiert.

Daraus ergibt sich für das vorgelegte  Projekt eine etwa 5fach geringere Schlachtgeschwindigkeit als in einem Großbetrieb."

 

Ergänzende Fragen an den veterinärmedizinischen Amtssachverständigen wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung von den Verfahrensparteien nicht mehr gestellt.

 

4.5. Aufbauend auf den Ergebnissen der vorliegenden lärm- und lufttechnischen sowie unter Berücksichtigung der veterinärmedizinischen Gutachten des erst­instanzlichen Verfahrens sowie der ergänzenden Gutachten, welche im Rahmen des Berufungsverfahrens eingeholt wurden, stellt der medizinische Amtssachverständige im Rahmen der Berufungsverhandlung zur Frage der Auswirkung der projektsbezogenen bzw. durch das Projekt zu erwartenden Immissionen auf die Anrainer fest:

 

"Im bisherigen Verfahren wurden zu den für die umweltmedizinische Beurteilung des gegenständlichen Projektes relevanten Themen bereits umfassend Stellung genommen.

 

Durch die Präzisierungen zum Projekt ergeben sich folgende Aspekte:

 

Luftreinhaltung / Geruch:

Es ist vorgesehen, gegenüber der ursprünglichen Einreichung zusätzlich einen 'Polizeifilter' anzubringen. Damit kommt der luftreinhaltetechnische Sachverständige zum Schluss, dass bei projektsgemäßen Betrieb (d.h. Abladen von Schlachttieren bzw. Verladen von Konfiskaten, Schlachtung) bei geschlossenen Toren) eine erhebliche Geruchsbelastung hintangehalten werden kann.

Weiters wurde erörtert, die Konfiskate frühzeitig durch den Schlachtbetrieb selbst zu entsorgen (Kleintransporter mit Anhänger statt LKW der Tierkörperverwertung).

Gegenüber dem ursprünglichen Projekt wird festgestellt, dass es sich dabei sicherlich um Verbesserungen handelt.

 

Ungeachtet dessen kann aber eine Geruchsfreiheit bzw. kurzzeitiges Austreten von Gerüchen auch nach der Erörterung des luftreinhaltetechnischen Sachverständigen beispielsweise bei der notwendigen Öffnung der Tore nicht ausgeschlossen werden. Ein Prozentsatz geruchsbelasteter Jahrsstunden der im '3%-8% Beurteilungsschema', wie es im medizinischen Gutachten im erstinstanzlichen Verfahren beschrieben wurde, der nach diesem Beurteilungskriterium zu einer Genehmigungsunfähigkeit führen würde, wird damit nicht erreicht.

Gleichzeitig muss aber festgestellt werden, dass die Beurteilung von Gerüchen nicht alleine das Kriterium der belasteten Jahresstunden umfasst.

Hierzu wurde bereits im Gutachten der ersten Instanz  folgendes festgehalten:

Für den Grad der Belästigung spielt die jeweilige Situation, die spezifische Lebensweise sowie die Einstellung des Betroffenen zur jeweiligen Geruchswahrnehmung eine Rolle.

Neben der Geruchsintensität, der Häufigkeit des Auftretens sowie Dauer und Zeit der Einwirkung und der spezifischen Geruchsqualität (hedonische Geruchswirkung) kann auch die Ortsüblichkeit von Gerüchen für die Belästigungswirkung von Bedeutung sein.

Feststeht, dass Tiergerüche (auch in geringen Häufigkeiten) aus Schlachtbetrieben (z.B. Darminhalte, Blut, Konfiskate) im innerstädtischen Bereich jedenfalls ortsfremd sind.

Beachtenswert ist in der gegenständlichen Situation, dass der Zu- u. Abtransport in einer Art Innenhoflage stattfindet und Nachbarn in unmittelbarem Naheverhältnis wohnen. Unter diesen Aspekten sind hier durch das unmittelbare Naheverhältnis aus umweltmedizinischer Sicht auch einzelne, möglicherweise in unregelmäßigen Abständen auftretende Geruchsimmissionen eines Schlachtbetriebes aus den beschriebenen diffusen Immissionen geeignet, erhebliche Belästigungsreaktionen zu verursachen.

 

Schallimmissionen / Lärm:

Hier kommt als Basis für die humanmedizinische Beurteilung den Ausführungen des veterinärmedizinischen Sachverständigen wesentlich Bedeutung zu. Zusammenfassend ergibt sich anerkennend, dass seitens des Konsenswerbers größte Bemühungen in einen möglichst stressfreien Transport, incl. Weg zur Schlachtung uvm. gelegt werden.

Folgt man aber den veterinärmedizinischen Ausführungen, können Tierlaute bzw. – schreie nicht ausgeschlossen werden. Auch hier ist (wie bei der Beurteilung der Geruchsimmissionen) für die humanmedizinische Beurteilung zum Nachbarschaftsschutz wieder das unmittelbare Naheverhältnis der Innenhoflage ausschlaggebend.

 

Tierlaute /-schreie sind in innerstädtischen Lagen ortsfremd und sind geeignet, besondere Hinwendungsreaktionen, je nach Art und Intensität auch andere Beeinträchtigungen (z.B.: Unterbrechungen konzentrativer Tätigkeiten) hervorzurufen. Auch bei Belästigungswirkungen ist zu beachten, dass diese nicht alleine einer numerisch festgelegten Schallpegelskala folgen. Es können Schallimmissionen durch ihre Besonderheit  bereits Belästigungsreaktionen hervorrufen, auch wenn sie gängige 'Grenzwerte' unterschreiten. In der Lärmwirkungsforschung werden durch die große Anzahl Betroffener meistens Verkehrsgeräusche und andere 'mechanische' Geräusche zugrunde gelegt, die sowohl emissions- und immissionstechnisch gut erhebbar, berechenbar und messbar, somit auch prognostizier und reproduzierbar sind. Alleine die Reproduzierbarkeit oder eine große Anzahl Betroffener ist noch kein Kriterium für das Maß einer Belästigung. Auch Einzelgeräusche können, wenn sie in  der Erwartungshaltung für  die Kategorie 'Wohnen' fremd sind, erhebliche Belästigungsreaktionen verursachen. In innerstädtischen Wohnbereichen ist typischerweise mit div. Verkehrsgeräuschen, technischen Geräuschen, div. Erhaltungs-, Liefer- und Wartungsdiensten, mit Geräuschen aus der zwischenmenschlichen Kommunikation, mit Einschränkungen (auch häufig mit  Beschwerden verbundenen) Lauten von Haustieren, nicht aber mit Geräuschen von Schlachttieren zu rechnen. Diese sind in einer innerstädtischen Innenhoflage ortsfremd und daher geeignet, erhebliche Belästigungsreaktionen hervorzurufen.

 

Der schalltechnische Vergleich unterschiedlicher Pegelwerte belegt, dass sowohl die Immissionen aus der Lüftungsanlage als auch der Zu- u. Abfahrten wie bereits im Gutachten zum erstinstanzlichen Verfahren beurteilt, keine erheblichen Belästigungsreaktionen oder Gesundheitsgefährdungen verursachen.

Hinsichtlich der Tierlaute ergibt der Vergleich der Pegelwerte, dass die Differenz zwischen Dauergeräuschpegel und Spitzenpegel auch aus dem Schlachtraum eine Differenzierbarkeit sowohl durch den Schallpegel als auch durch den Geräuschcharakter gegeben ist. Die Tierlaute von den Transportern sind nicht näher prognostizierbar, sie können auftreten, und stellen bei ihrem Auftreten in der beschriebenen Innenhoflage aufgrund ihrer besonderen Charakteristik, die nicht mit der Erwartungshaltung mit der Kategorie 'innerstädtisches Wohnen' in Einklang steht eine erhebliche Belästigung dar.

 

Die Beurteilungen des Gutachtens im Verfahren bleiben somit vollinhaltlich aufrecht, wenn sich auch durch den 'Polizeifilter' hinsichtlich der Geruchsbelastungen aus den Innenräumen bei geschlossenen Toren Verbesserungen ergeben."

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG  i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar .

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm mit den, den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Erfolgt jedoch eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage so hat dies im Sinne der zit. Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben haben.

 

Eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG liegt vor, wenn der Nachbar Verletzungen im subjektiven Recht geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 10.12.1991, 91/04/0229). Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte steht den Nachbarn nicht zu.

 

Zunächst ist auf das umfangreiche Berufungsvorbringen betreffend die Awend­barkeit des § 359b GewO 1994 auf die verfahrensgegenständliche Betriebs­anlage und somit das Erfordernis des Durchführens des vereinfachten Genehmigungs­ver­fahrens nach dieser Rechtsgrundlage einzugehen. Hiezu wurde von der belangten Behörde im Erkenntnis festgestellt, dass "im gegenständlichen Falle von der Bezirks­hauptmannschaft Vöcklabruck als Gewerbebehörde erster Instanz trotz des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 359b GewO 1994 (Ausmaß der Betriebsanlage, elektrische Anschlussleistung) von der Anwendung des verein­fachten Genehmigungsverfahrens abgesehen" wurde. Die Einsichtnahme in den Verfahrensakt diesbezüglich ergab, dass keine nachvollziehbaren Unterlagen oder Feststellungen über das Unterschreiten bzw. Überschreiten der in § 359b Abs.1 GewO 1994 normierten Kenngrößen in Bezug auf das Ausmaß der der Betriebs­anlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen (insgesamt nicht mehr als 800 m2) bzw. die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte (300 kW) vorzufinden sind. Von der Berufungsbehörde wurden aus diesem Grund ausdrücklich ergänzende Planunterlagen zur nachvollziehbaren Berechnung sämtlicher zur Verfügung stehender Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen bzw. ein Maschinenaufstellungsplan zur Darstellung der gesamten elektrischen Anschlussleistung von der Konsenswerberin eingefordert und von dieser beigebracht.

 

Die Überprüfung bzw. Berechnung sämtlicher Betriebsflächen durch die Berufungsbehörde ergab, dass bereits die Summe sämtlicher im Erdgeschoss der zur Verhandlung stehenden Betriebsanlage und zur Verfügung stehenden Flächen und Betriebsräumlichkeiten, auch unter Berücksichtigung des unmittelbar hinzu­zurechnenden Zufahrtsbereiches eine Fläche von annähernd – bzw. geringfügig unterhalb – der 800m2-Grenze liegt. Bei diesem – offenbar auch der Auffassung der Erstbehörde zugrunde liegenden Ergebnis wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass in Kellerräumlichkeiten auch Aufstellungsräume für Kühlgeräte bzw. Kühlaggregate sich befinden und hiefür auch Genehmigungen existieren. Die Hinzurechnung auch dieser Betriebsflächen ergibt sodann in der Folge ein zweifelsfrei eindeutig die 800 m2-Marke überschreitendes Ergebnis von sämtlichen der Anlage zuzu­rechnenden Betriebsflächen im Sinne des § 359b Abs.1 GewO 1994.

Mit diesem Berechnungsergebnis wurden die Verfahrensparteien im Rahmen der durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Februar 2012 kon­frontiert und wurde dieses Ergebnis, welches mit sich bringt, dass die gegen­ständliche Anlage nicht unter die Bestimmung des § 359b Abs.1 GewO 1994 fällt und somit die Durchführung eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nicht in Frage kommt, ohne Widerspruch und somit einvernehmlich zur Kenntnis genommen.

 

Dem Verfahren zugrunde liegt ein Ansuchen des H G vom 8. März 2010 um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb bzw. die Änderung und Erweiterung eines bestehen­den Fleischhauereibetriebes. Da im Rahmen der eingebrachten Berufung auch der tatsächliche Umfang des Genehmigungsantrages angezweifelt wurde, wurde im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Februar 2012 der wahre Wille des Konsenswerbers in diesem Antrag hinterfragt und wurde von diesem zweifelsfrei klargestellt, dass sich der Antrag auf die Änderung der bestehenden Fleischhauereibetriebsanlage durch Hinzunahme, somit Einbau und Betrieb eines Schlachtbetriebes handelt, in Hinkunft somit in der bestehen­den Anlage auch Schlachtungen durchgeführt werden sollen. Von der Bezirks­verwaltungsbehörde wurde nach Vorprüfung der Projektsunterlagen eine mündliche Augenscheinsverhandlung für Donnerstag, 22. April 2010, anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde die Notwendigkeit der Vorlage ergänzender Projektsunterlagen zur vollständigen Beurteilung dieses Projektes festgestellt und aus diesem Grunde die Verhandlung vertagt. Die erste Fortsetzung dieser Verhandlung fand in der Folge am 10. August 2010 statt und musste diese Verhandlung aufgrund der kurzfristigen Beibringung eines Privatgutachtens durch die Berufungswerber in Form eines umfangreichen Lärmgutachtens neuerlich vertagt werden und fand schließlich am 21. September 2010 eine weitere mündliche Verhandlung unter Teilnahme von Sachverständigen zu den Bereichen Lärm, Luftreinhaltung, Anlagentechnik, Humanmedizin und Veterinärmedizin statt. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass bereits in diesem Verfahrensstadium von den Anrainern wiederholt und umfang­reich Einwendungen gegen die geplante Betriebsanlagenänderung vorgebracht wurden, schwerpunktmäßig mit der Sorge auf unzumutbare Belästigungen bzw. Gesundheitsgefährdungen durch die sich wesentlich verändernde Luft- bzw. Lärmimmissionssituation bei den Anrainern.

 

Diesbezüglich ist bereits in der Verhandlungsschrift am 21. September 2010, aufbauend auf die im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen lärmtechnischen und lufttechnischen Amtssachverständigengutachten, im Gutachten des human­medizinischen Amtssachverständigen zu lesen:

"Umweltmedizinische Beurteilung Lärm – Schallimmissionen:

Im Vergleich der wirkungsbezogenen Vorgaben mit den ggst. prognostizierten Schallpegelwerten unter Berücksichtigung der Veränderung der örtlichen Situation ergibt sich, dass die prognostizierten Schallimmissionen der:

-        Dauergeräusche …

-        Fahrbewegungen …

-        Tierlaute: diese können sehr wohl wahrgenommen und aus der akustischen Umgebung differenziert werden. Eine genaue Zahl und Häufigkeit ist nicht prognostizierbar. Jedenfalls stellen sie in der ggst. ruhigen innerstädtischen Wohnumgebung eine deutliche Veränderung dar, die keineswegs mit der Erwartungshaltung an ein innerstädtisches Wohngebiet in Einklang steht. Belästigungsreaktionen, die auch ein erhebliches Ausmaß erreichen, sind nachvollziehbar."

 

Im Rahmen der umweltmedizinischen Beurteilung – Geruch, stellt der medizinische Amtssachverständige abschließend fest:

"Aus den luftreinhaltetechnischen Ausführungen wird ersichtlich, dass nach den vorliegenden Betriebsangaben mit Geruchsbeeinträchtigungen an max. ca. 13 % der Jahresstunden betriebstechnisch zu rechnen sei. Diese werden durch die beschriebenen Maßnahmen reduziert.

Der Prozentsatz der potentiell belasteten Jahresstunden, die zur Vermeidung von erheblichen Geruchsbelastungen definiert ist, wird dadurch eindeutig über­schritten. Unabhängig von der rein numerischen Betrachtung des Prozentsatzes der belasteten Jahresstunden ist festzustellen, dass Tiergeruch (auch in geringeren Häufigkeiten) im innerstädtischen Bereich jedenfalls ortsfremd ist und sowohl dadurch als auch durch die beschriebenen spezifischen Geruchswirkungen zu erheblichen Belästigungen führt."

 

Im daraufhin ergangenen, nunmehr dem Berufungsverfahren zugrunde liegenden Genehmi­gungsbescheid vom 29. April 2011, Ge20-03-54-02-2011, werden diese Aussagen zwar zum Teil zitiert, die Behörde kommt jedoch – ohne weiterer diesbezüglicher Begründung – abschließend zum Ergebnis, dass das Ermittlungsverfahren und die Gutachten der Amtssachver­ständigen ergäben, dass voraussehbare Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden.

 

Aufgrund der insbesondere in Bezug auf die Lärm- und Luftbeurteilung umfang­reich vorgebrachten Berufungsvorbringen und entsprechender Anträge der Bw hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ergänzende lärmtechnische und luftimmissionstechnische Gutachten eingeholt und aufbauend auf diesen und im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vorgenommen, einer humanmedizinischen Begutachtung unterzogen, dies auch unter Berücksichtigung ergänzender veterinärmedizinischer Elemente eines ergänzend eingeholten Gutachtens. Diesem ergänzenden Gutachten zugrunde gelegt wurden auch diejenigen Projektsangaben, die vom Konsenswerber noch im Rahmen der Berufungsverhandlung präzisiert, konkretisiert und auch einge­schränkt wurden, dies letztlich, um eine Genehmigungsfähigkeit des Projektes zu erzielen. So wurden auch Betriebszeiten konkretisiert und z.B. ergänzende Filteranlagen bzw. eine Verbesserung der diesbezüglichen Reinigungsfunktionen vorgenommen.

 

Die – ohne weitere Einwendungen von Parteien – konkretisierten Projekts­unterlagen wurden der abschließenden Begutachtung im Rahmen der mündlichen Verhandlung unterzogen und wurden dabei auch sämtliche von den Verfahrensparteien vorgebrachten ergänzenden Anfragen von den anwesenden Amtssachverständigen beantwortet.

 

Diese im Rahmen des Berufungsverfahrens abgegebenen abschließenden einschlägigen Gutachten wurden bereits oben zitiert und wird darauf ausdrück­lich verwiesen. Die Gutachten sind schlüssig und in sich widerspruchsfrei und basieren auf dem Stand der Technik und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften. Weitere Gegengutachten wurden in der Folge nicht mehr vorgebracht, liegen somit nicht vor. Beim unterfertigten Mitglied des Unab­hängigen Verwaltungssenates sind keine Zweifel an der Richtigkeit der vor­liegenden Gutachten entstanden und bestehen somit keine Bedenken, diese Gutachten der Berufungsentscheidung zugrunde zu legen.

 

Diese Gutachten bilden daher auch die Grundlage für die von der Genehmigungs­behörde zu beantwortende Frage, ob ein Betrieb der geänderten Anlage geeignet ist, unzumutbare Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen bei Anrainern besorgen zu müssen.

 

Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung für die Neuerrichtung oder Änderung einer Anlage nach §§ 77 oder 81 GewO 1994 gegeben sind, ob somit durch solche, der Anlage zuzurechnenden  Emissionen die bestehende Situation zum Nachteil der Nachbarn belästigend oder gesundheitsgefährdend verändert wird, ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens.

Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlagen als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartenden Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden.

Es gehört grundsätzlich zu den Aufgaben des gewerbetechnischen Sachverständigen, sich in einer die Schlüssigkeitsprüfung ermöglichenden Weise nicht nur über das Ausmaß, sondern auch über die Art der zu erwartenden Immissionen zu äußern und darzulegen, ob und gegebenenfalls welche Eigenart einem Geräusch unabhängig von seiner Lautstärke anhaftet. Erst sachverständig fundierte Feststellungen über den Charakter der erhobenen Lärmereignisse und der damit verbundenen Lärmspitzen ermöglichen eine Abklärung aus medizinischer Sicht, welche Auswirkungen diese Emissionen ihrer Art und ihrem Ausmaß nach auf den menschlichen Organismus auszuüben vermögen (VwGH 17.4.1998, 96/04/0221).

Dem ärztlichen Sachverständigen fällt – fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen – die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend der in diesem Zusammenhang in § 77 Abs.2 enthaltenen Tatbestandsmerkmalen auszuüben vermögen (VwGH 25.9.1990, 90/04/0035; 24.11.1992, 92/04/0119), und zwar bezogen auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen.

Auf Grund der Sachverständigengutachten hat sich sodann die Behörde im Rechtsbereich ihr Urteil zu bilden.

 

In diesem Zusammenhang ist ergänzend zu den im Berufungsver­fahren eingeholten Gutachten auch auf diejenigen befundmäßigen Ausführungen des Amtssach­verständigen für Humanmedizin zu verweisen, welche dieser bereits im erst­instanzlichen Verfahren abgegeben hat (siehe hiezu insbesondere Seite 22ff der Verhandlungsschrift vom 21. September 2010) und im Berufungsverfahren aufrechterhalten hat.

 

Bereits im Teil des vom Amtssachverständigen für Humanmedizin abgegebenen Gutachtens stellt dieser in derselben oben zitierten Niederschrift begriffsdefinie­rend fest, dass als Gesundheitsgefährdung eine Einwirkung (Immission) gilt, durch die nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft die Möglichkeit besteht, dass Krankheitszustände, Organschäden oder unerwünschte organische oder funktionelle Veränderungen, die die situationsgemäße Variationsbreite von Körper- oder Organformen bzw. –funktionen signifikant überschreiten, entweder bei der Allgemeinbevölkerung oder auch nur bei bestimmten Bevölkerungs­gruppen bzw. auch Einzelpersonen eintreten können.

Als Belästigung gelten hingegen Störungen des Wohlbefindens bzw. Beeinträchti­gungen des Wohlbefindens, somit weitgehende und subjektive Wahrnehmungs­qualitäten. Jede Immission – vorausgesetzt, dass sie überhaupt wahrgenommen wird, d.h., dass sie die Wahrnehmungsschwelle überschreitet – kann vom gesunden normal empfindenden Menschen im konkreten Fall als Belästigung empfunden werden und damit eine Störung des Wohlbefindens bewirken. Das Empfinden einer Belästigung ist inter- und intraindividuell sehr unterschiedlich. Die Wahrnehmung einer Immission an sich stellt noch keine Belästigung dar. Zum Belästigungserleben kommt es insbesondere, wenn die Immission emotional negativ bewertet wird. Einzuschließen in diese Kategorie wären auch Störungen bestimmter höherer Funktionen und Leistungen – wie etwa der geistigen Arbeit, der Lärm- und Konzentrationsfähigkeit, der Sprachkommunikation … Vom Amtssachverständigen wird ausdrücklich betont, dass solche Funktions- und Leistungsstörungen über einen längeren Zeitraum hinweg auch zu einer Gesundheitsgefährdung werden können. Diese Zitate übernimmt der medizini­sche Amtssachverständige aus den "Empfehlungen für die Verwendung medizinischer Begriffe im Rahmen umwelthygienischer Beurteilungsverfahren".

Weiters verweist er in diesem Zusammenhang auf aus der Raumordnungsgesetz­gebung ableitbare fachliche Hintergründe im Zusammenhang mit der Beurtei­lung der Veränderung bestehender örtlicher Verhältnisse, wonach als Wohngebiete solche Flächen vorzusehen sind, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienen und ihre ordnungsge­mäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästi­gungen für die Bewohner mit sich bringt. Daraus wird die Absicht erkennbar, dass dem Wohnen und dem Ruhebedürfnis entsprechend Augenmerk – wohl unter Hinblick auf den vorbeugenden Gesundheitsschutz – zu schenken ist. Bei der Definierung von bestimmten Arten von Betrieben zur leichteren Einordnung von Betrieben in die jeweiligen Widmungskategorien werden Schlachthäuser in die Widmungskategorie B (Betriebsbaugebiet), eine Fleischhauerei ohne Schlachtbetrieb auch in die Widmungskategorie M (gemischte Baugebiete) definiert. 

 

Bezogen auf die im Berufungsverfahren unter vervollständigten Projektsangaben durch die geplante Betriebsanlagenänderung zu erwartenden Lärmemissionen ist auf die Ausführungen des humanmedizinischen Amtssachverständigen im Rahmen der Berufungsverhandlung zu verweisen, wonach dieser auch auf die bereits im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen und oben zitierten gutachtlichen Schlüsse verweist und feststellt, dass die Beurteilungen dieses im erstinstanzlichen Verfahren abgegebene Gutachtens vollinhaltlich aufrecht bleiben. Zu folgen ist dabei auch den Ausführungen des veterinärmedizinischen Amtssachverständigen, wonach Tierlaute bzw. Tierschreie beim Transport nicht ausgeschlossen werden und daher jederzeit auftreten können. Für das gegenständliche Verfahren ausschlaggebend ist insbesondere das Verhalten der Schlachttiere im unmittelbaren Nahebereich der Betriebsanlage, wo der mit Schlachttieren beladene LKW in der bestehenden Innenhoflage mehrmals reversieren muss, um die im Verfahren festgestellte, äußerst knappe und nahezu nicht ohne Befahren von Nachbargrundstücken mögliche Einfahrtssituation bewältigen zu können; zusätzlich ist hiezu anzumerken, dass die Einfahrt in das Tor zum Schlachtbetrieb in einer Rückwärtsfahrbewegung stattfinden muss, um den weiteren Verladevorgang überhaupt erst zu ermöglichen. Gerade diese Situation macht auch die Ausführungen des veterinärmedizinischen Amtssachverständigen schlüssig, wonach Tiere durch von außen wirkende Einflussfaktoren beim Stehenbleiben und Wiederanfahren, Beschleunigungs- und Fliehkräfte, zum Schreien (Quieken) veranlasst werden. Dass die Häufigkeit dieser Schreie nicht vorausbestimmbar sind, ist ebenfalls als schlüssig und nachvollziehbar anzusehen und muss daher im Fall der für Anrainer unangenehmsten Situation (worst-case-Szenario) bei der Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlagenänderung von schreienden Schlachttieren ausgegangen werden bzw. können derartige Tierlaute keinesfalls außer Acht gelassen werden. In dem Zusammenhang spricht der veterinärmedizinische Amtssachverständige von einer höheren Wahrscheinlichkeit der Lautäußerungen von Schlachttieren, wenn – wie im gegenständlichen Projekt – die Notwendigkeit besteht, vor dem Einfahren in die Schlachtanlage zu Reversieren und Tiere durch einwirkende Kräfte aufgetrieben werden.

Bei der Beurteilung dieser Lautäußerungen durch den medizinischen Amtssachverständigen wird von diesem auch ausdrücklich auf das unmittelbare Naheverhältnis zwischen der Quelle der Lärmentstehung und den nächstgelegenen Anrainern in der bestehenden Innenhoflage hingewiesen.

 

Spricht man im Zusammenhang mit dieser Innenhoflage von betroffenen Anrainern, spricht man gleichzeitig ausdrücklich von den Berufungswerbern  6. (6.a und 6.b) und 8. (8.a und 8.b), jeweils laut Berufungsschrift, nämlich E P, M M, J T, M L, I O, F D, M G, A K, M P, N Ö, Z Ö, E Ö und E Ö, alle wohnhaft in A P, R bzw. R; dies ergibt sich schlüssig aus den vorliegenden lärmtechnischen und medizinischen Gutachten.

Im Bezug auf diese beschriebene Innenhoflage, welche von sämtlichen beigezogenen Amtssachverständigen, von manchen auch mehrfach, darüber hinaus auch vom unterfertigten Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates, in Augenschein genommen wurde, dies insbesondere, um sich von diesen Verhältnissen persönlich und auch subjektiv ein Bild machen zu können, geht der medizinische Amtssachverständige davon aus, dass grundsätzlich Schallimmissionen bereits durch ihre Besonderheit bereits Belästigungsreaktionen hervorrufen können, auch wenn sie gängige Grenzwerte unterschreiten. Dabei ist zunächst alleine die Reproduzierbarkeit kein Kriterium für das Maß einer Belästigung. Auch Einzelgeräusche können, wenn sie in der Erwartungshaltung für die Kategorie "Wohnen" fremd sind, erhebliche Belästigungsreaktionen verursachen. So ist im innerstädtischen Wohnbereich typischerweise mit Verkehrsgeräuschen, technischen Geräuschen, Erhaltungs-, Liefer- und Wartungsdiensten, Geräuschen aus zwischenmenschlicher Kommunikation, allenfalls Lauten von Haustieren, nicht aber mit Geräuschen von Schlachttieren zu rechnen und sind diese in der innerstädtischen Innenhoflage ortsfremd und daher geeignet, erhebliche Belästigungsreaktionen hervorzurufen. Diese Aussagen und Zusammenfassungen und gutächtlichen Äußerungen des medizinischen Amtssachverständigen ergeben aus Sicht der erkennenden Berufungsbehörde zweifellos den Schluss, dass die unmittelbar an die Verladestelle beim Einfahrtstor des konsenswerbenden Betreibers wohnenden Nachbarn jedenfalls einer Belästigung ausgesetzt sind, welche das in § 77 Abs.1 GewO 1994 geforderte zumutbare Maß überschreiten. Aus den Gutachten ergibt sich auch, dass das Schreien von Schlachttieren durch Maßnahmen nicht beschränkt werden kann und es somit keine direkte Beeinflussung gibt, diese Tierlaute weiter zu verringern, weshalb insgesamt der Schluss zu ziehen ist, dass es auch durch Auflagen nicht möglich ist, diese offensichtlich zu besorgenden Belästigungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß zu beschränken.

Bei diesen Lärmemissionen handelt es sich, wie im Verfahren hervorgekommen ist, um Spitzenpegel bis zu 110 dB, welche einerseits in der Entladehalle, andererseits aber auch am LKW im Bereich der Einfahrt vor der Entladehalle möglich sind. Dieser Bereich liege lediglich in 5 m Distanz zur Dachterrasse über den Garagen bzw. den nächstliegenden Fenstern der nächstgelegenen Berufungswerber im Objekt R. Dies ergebe einen immissionswertigen LA,max von 96 dB, was eine gravierende Überschreitung des medizinischen Grenzwertes von LA,max = 80 dB bedeutet. Die somit jedenfalls unzumutbare Belästigung ergibt sich somit jedenfalls bei den Anrainern im Objekt R, in einem – aufgrund der größeren Entfernung zur Emissionsquelle auf der anderen Straßenseite liegend – nicht mehr so gravierendem Ausmaß bei den Bw im Objekt R. Wesentliche und somit im Verfahren entscheidungsrelevante Lärmimmissionen im Objekt R hingegen konnten nicht ermittelt werden.

 

Die laut abschließender Stellungnahme des Vertreters des Konsenswerbers zu berücksichtigende Tatsache, dass Tiertransporte per se im städtischen Bereich nicht verboten seien, kann an diesem Ergebnis keine Änderung herbeiführen.

 

Keine verfahrensrechtliche Relevanz in Bezug auf eine Unzumutbarkeit von Lärm- und Luftimmissionen kann hingegen den Berufungen der Berufungswerber 4., 5. und 7. (N B Gesellschaft mbH & Co KG, F L Gesellschaft mbH und P Gesellschaft mbH) zukommen, da es sich hiebei um juristische Personen handelt, welche in subjektiv öffentlichen Rechten einer unzumutbaren Belästigung oder einer Gesundheitsgefährdung durch Lärm- oder Geruchsimmissionen nicht verletzt werden können.

 

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Beurteilung der Einwendungen der Berufungswerber wegen befürchteter Geruchsemissionen. Hiezu stellt der medizinische Sachverständige – wie oben im Detail zitiert – zusammenfassend fest, dass einerseits zwar durch Projektsverbesserungen eine erhebliche Geruchsbelastung durch die Ableitung der Raumluft aus dem Lade-, Stall- und Schlachträumen hintangehalten werden kann. Diese Auswirkungen betreffen primär die Berufungswerber 1., 2. und 3. (M F, Mag. Dr. M T F, C F) im Objekt R, A P und wurde diesbezüglich insbesondere durch zusätzliche Planung der Installation eines weiteren Aktivkohlefilters sowie eines sogenannten "Polizeifilter" eine zu beurteilende Projektsverbesserung vorgegeben, die eine erhebliche Geruchsbelastung in diesem Bereich nicht mehr besorgen lassen.

 

In Bezug auf die – auch beim Berufungsthema Lärm zitierte – Innenhoflage betreffend die Berufungswerber 6.a, 6.b, 8.a und 8.b hingegen wird einerseits eine Geruchsfreiheit durch Austreten von Gerüchen beispielsweise bei der mehrmals notwendigen Öffnung der Tore an Schlachttagen sowie auch durch die Fahrbewegungen beim Anliefern des Schlachtviehs nicht ausgeschlossen.

Vom Amtssachverständigen für Humanmedizin werden bei der Beurteilung dieser, im innerstädtischen Bereich jedenfalls ortsfremden Tiergerüche unabhängig von der Frage der Anzahl der belasteten Jahresstunden für den Grad der Belästigung mitspielende Faktoren wie Lebensweise, Einstellung der Betroffenen zur jeweiligen Geruchswahrnehmung, Situation, Häufigkeit des Auftretens sowie Dauer und Zeit der Einwirkung sowie die Ortsüblichkeit von Gerüchen angeführt. Gleichzeitig stellt er fest, dass Tiergerüche (auch in geringen Häufigkeiten) aus Schlachtbetrieben (zB. Darminhalte, Blut, Konfiskate) im innerstädtischen Bereich jedenfalls ortsfremd sind sowie das in der gegenständlichen Situation der Zu- und Abtransport in einer Innenhoflage stattfindet und Nachbarn im unmittelbaren Naheverhältnis wohnen. Die einzelnen, in unregelmäßigen Abständen auftretenden Geruchsimmissionen eines Schlachtbetriebes würden somit aus den beschriebenen diffusen Immissionen geeignet sein, erhebliche Belästigungsreaktionen zu verursachen.

 

Analog zum diesbezüglichen Ergebnis bei der lärmtechnischen Beurteilung wurden von Seiten des Konsenswerbers dagegen einerseits keinerlei auf gleicher fachlichen Ebene stehende Gegengutachten mehr vorgelegt, andererseits keine möglichen und realisierbaren, projektsändernden Maßnahmen vorgeschlagen, die eine wesentliche Emissionsreduktion mit sich bringen könnten, ohne in das Wesen des zu beurteilenden Projektes einzugreifen; ein gleiches Ergebnis ergab auch die Suche nach allenfalls vorzuschreibenden emissionsmindernden Auflagen.

Insoferne ergibt somit auch die Beurteilung von Geruchsbelästigungen – unabhängig vom bereits genehmigungsversagenden Ergebnis der Lärmbeurteilung – dass unzumutbare Belästigungen bei berufungswerbenden Nachbarn im unmittelbaren Nahebereich auch durch Vorschreibung von Auflagen nicht hinangehalten werden können.

 

Insgesamt war somit aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden und war der Berufung aus den dargelegten Gründen und im dargelegten Umfang Folge zu geben, der bekämpfte Bescheid zu beheben und die beantragte Betriebsanlagenänderungsgenehmigung wegen zu besorgender, nicht auf ein zumutbares Ausmaß beschränkbarer Belästigungen mehrerer unmittelbarer Nachbarn zu versagen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 29.04.2014, Zl.: 2012/04/0077-9

 

 

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