Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166893/8/Br/REI

Linz, 29.05.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Herrn R W K, geb. x, , W, vertreten durch die x Rechtsanwälte OG, x, , W,  gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels, vom 9. März 2011, Zl. 2-S-12.617/11, nach der am 29.5.2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

 

I.         Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass im Punkt 1) dem Spruch als zweiter Halbsatz hinzuzufügen ist, .....überholt, "obwohl ein Ausnahmefall nach § 15 Abs.2 u. Abs.2a StVO 1960 nicht vorlag" und der Vorfallsort "im Bereich Strkm 175.000" zu lauten hat.

 

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 111/2010 - AVG iVm § 19, § 24 § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 111/2010 - VStG.

 

 

 

II.        Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 80 Euro (20% der verhängten Geldstrafen) auferlegt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretungen der §§ 15 Abs.1 u. 46 Abs.4 lit.d StVO iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von je 200 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von je 96 Stunden verhängt.

Es wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe  am 10.6.2012 um 16:00 Uhr in Pucking, auf der Westautobahn (A 1) Höhe Strkm. 175.000 in Fahrtrichtung Salzburg - Wels, als Lenker des Kraftfahrzeuges Kennzeichen        x

1. vorschriftswidrig rechts überholt,

2. auf der Autobahn den Pannenstreifen befahren, obwohl dies nicht durch Verkehrszeichen oder Bodenmarkierungen angeordnet gewesen sei.

 

 

1.1.  Begründend führte die Behörde erster Instanz nachfolgendes aus:

"Das Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige vom 14.6.2011 der Autobahnpolizeiinspektion Wels über  Anzeige durch den Zeugen F W sowie auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

 

Demnach haben Sie am 10.6.2011 um 16.00 Uhr in Pucking, auf der Westautobahn (A 1) Höhe Strkm. 175.000, Fahrtrichtung Salzburg - Wels, als Lenker des Kraftfahrzeuges Kennzeichen x

1.   ein Fahrzeug vorschriftswidrig rechts überholt,

2. auf einer Autobahn den Pannenstreifen befahren, obwohl dies nicht durch Verkehrszeichen der Bodenmarkierungen angeordnet wurden.

 

Zur Wahrung des Parteiengehörs wurde von der Bundespolizeidirektion Wels ein Ladungsbescheid für den 31.8.2011 erlassen, welcher ordnungsgemäß am 11.8.2011 durch Hinterlegung zugestellt wurde.

 

Mit Schreiben vom 24.8.2011 hat ihr Rechtsvertreter, Rechtsanwälte OG x, 4600 W, x, der Bundespolizeidirektion Wels die Vollmacht und Vertretung mitgeteilt und um Übermittlung einer kompletten Aktenabschrift sowie Fristverlängerung bis 7.9.2011 ersucht.

 

Am 29.8.2011 wurde ihrem Vertreter von der Bundespolizeidirektion Wels eine Kopie der Anzeige übermittelt und die Fristverlängerung genehmigt.

 

Mit Schreiben vom 7.9.2011 hat ihr Rechtsvertreter der Bundespolizeidirektion Wels eine schriftliche Rechtfertigung übermittelt, in der Sie im Wesentlichen angeben, dass Sie auf der Westautobahn (A 1) auf der zweiten Spur gefahren seien und auf die Welser Autobahn (A 25) Richtung Wels abbiegen wollten. Plötzlich sei der Anzeiger vom rechten Fahrstreifen auf ihren Fahrstreifen gewechselt und Sie hätten ihr Fahrzeug auf den rechten Fahrstreifen verreißen müssen, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Wegen des Kolonnenverkehrs auf beiden Fahrstreifen hätten Sie ihr Fahrzeug auch noch nach rechts auf den Pannenstreifen verreißen müssen. Ansonsten wäre es zu einem Auffahrunfall gekommen. Auf Grund des nachkommenden Verkehrs hätten Sie ihr Fahrzeug auch nicht plötzlich abbremsen können. Als Sie wieder auf dem rechten Fahrstreifen fuhren, hätte der Anzeige in ihrer Höhe wieder auf den rechten Fahrstreifen gewechselt und Sie hätten wieder auf den Pannenstreifen ausweichen müssen, um einen seitlichen Zusammenstoß zu vermeiden. Es sei somit eine Notstandssituation vorgelegen. Der Vorfall hätte sich außerdem bereits auf der Welser Autobahn nach Aufhebung der 100 km/h Beschränkung ereignet und nicht auf der Westautobahn (A 1).

 

Der anzeigende Zeuge, F W, machte dazu am 5.10.2011 bei der Bundespolizeidirektion Wien als Zeuge folgende Angaben:

„Ich gebe an, dass die Darstellung der Situation in der Rechtfertigung nicht den Tatsachen entspricht. Der PKW des Beschuldigten fiel mir bereits etwa 500 m vor der Ausfahrt Richtung A25 auf, als dieser von der äußerst rechten Spur hinter mir fahrend mit hoher Geschwindigkeit auf die äußerst linke Spur fuhr und aufgrund seiner Fahrweise von einigen Fahrzeugen mit der Lichthupe auf sein gefährliches Verhalten aufmerksam gemacht wurde, da reger Verkehr herrschte. Ich benützte den äußerst rechten Fahrstreifen der A1 und behielt diesen bei in der 2-spurigen Ausfahrt in Richtung A25. Der von mir angezeigte Vorfall ereignete sich am Beginn dieser Ausfahrt, wo sich bereits eine bauliche Trennung zur A1 befindet. Der Beschuldigte war auf der A1 noch ganz links und wechselte mit hoher Geschwindigkeit die Fahrstreifen, um noch in die Ausfahrt zu gelangen, wo er fast auf mein Fahrzeug auffuhr und ich einen Zusammenstoß nur verhindern konnte, indem ich nach links auswich, wobei ich keinen Fahrstreifenwechsel auf die z. Spur durchführen konnte, weil dort ebenfalls Fahrzeug fuhren. Der Beschuldigte war so viel schneller, dass er mich rechts überholte, wobei er mit der kompletten Fahrzeugbreite den Pannenstreifen befuhr. Ich rief bei der Polizei an, da ich sehen konnte, dass Polizeifahrzeuge auf der A25 unterwegs waren und es gelang den Beschuldigten zu stoppen. Der Vorfall ereignete sich etwa um 16.00 Uhr."

 

Die Zeugin, A W H, machte dazu am 18.10.2011 bei der Bundespolizeidirektion Wien als Zeuge folgende Angaben:

„Ich gebe an, dass ich Beifahrerin beim Anzeiger war und auf den Beschuldigten aufmerksam wurde, da mich Herr W darauf aufmerksam machte, dass dieser wie ein Verrückter fuhr. Ich drehte mich darauf um und sah, dass sich der PKW des Beschuldigten weit links befand. Kurz darauf wechselte dieser über alle Fahrstreifen nach rechts und fuhr rechts an mir vorbei, wobei er über den Pannenstreifen fuhr. Seine Geschwindigkeit war weit höher als unsere."

 

Um sich zu diesen Zeugenaussagen rechtfertigen und die ihrer Verteidigung dienlichen Beweise beibringen zu können, wurde Ihnen eine Kopie dieser Zeugenaussagen von der Bundespolizeidirektion Wels mit einer Aufforderung zur Rechtfertigung, übermittelt. Sie konnten sich binnen zwei Wochen schriftlich äußern oder binnen zwei Wochen ab Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung Montag bis Freitag jeweils von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr persönlich zur Bundespolizeidirektion Wels kommen.

 

Ihr Rechtsvertreter hat mit Schreiben vom 7.12.2011 der Bundespolizeidirektion Wels eine schriftliche Rechtfertigung übermittelt, in der Sie im Wesentlichen die Rechtfertigung aus ihrer Eingabe vom 7.9.2011 wiederholten.

Es waren keine weiteren Verfahrensschritte notwendig, zumal die Aktenlage als ausreichend für die Entscheidung der Behörde anzusehen war.

 

Die Bundespolizeidirektion Wels hat dazu folgende rechtliche Beurteilung vorgenommen:

 

Gemäß § 15 Abs. 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges außer in den Fällen des § 15 Abs. 2 und 2a StVO nur links überholen.

 

Gemäß § 46 Abs. 4 lit. d StVO ist auf der Autobahn verboten, den Pannenstreifen zu befahren, ausgenommen mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes, im Zuge des Beschleunigens zum Zweck des Wiedereinordnens in den fließenden Verkehr und sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt.

 

Nach § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 726,-, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges oder als Fußgänger gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung verstößt und das Verhalten nicht nach einer strengeren Norm zu bestrafen ist.

 

Sie geben zu ihrer Rechtfertigung an, dass Sie auf den Pannenstreifen ausweichen mussten, um nicht dem vor Ihnen fahrenden Fahrzeug aufzufahren. Bei einem Abbremsen wären hinter Ihnen fahrende Fahrzeuge auf ihr Fahrzeug aufgefahren. Es sei daher Notstand vorgelegen.

Unter Notstand ist ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein durch Begehung einer im Allgemeinen strafbaren Handlung retten kann. Weiters gehört es zum Wesen des Notstandes, dass die Gefahr zumutbarerweise nicht anders als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben und die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist. In der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, kann eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand im vorbezeichneten Sinn nicht gesehen werden. So sind insbesondere auch auf bloß mögliche nachteilige Folgen verweisende Gründe mangels Unmittelbarkeit einer drohenden Gefahr nicht geeignet, die Annahme eines solchen Notstandes zu rechtfertigen.

 

Auf Grund der Zeugenaussagen ist erwiesen, dass ihre Zwangslage auf Grund ihrer Fahrweise selbst verschuldet war. Überdies haben Sie ihr Fahrzeug auch während der Fahrt am Pannenstreifen nicht abgebremst. Sie haben ihr Fahrzeug am Pannenstreifen beschleunigt und dort ein Fahrzeug rechts überholt.

 

Für das Vorliegen eines "übergesetzlichen Notstandes", der die Tat rechtfertigen soll, weil ein deutlich höherwertiges Rechtsgut auf Kosten eines weniger wertvollen gerettet wird, ist derjenige beweispflichtig, der einen solchen Notstand behauptet. Sie haben der Bundespolizeidirektion Wels keine nachvollziehbaren und überprüfbaren Beweise für den behaupteten Notstand vorgelegt.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die Behauptung, dass Sie einen Auffahrunfall verhindern wollten, reicht weder für die Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens des Beschuldigten an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung im Sinne des § 5 Abs 1 VStG aus, noch kann sie - weil auf subjektive Gründe zurückführbar - als bestimmte Tatsache, gewertet werden, dass sich der angezeigte Vorfall nicht ereignet hätte. Insbesondere auch deshalb, als Sie die betreffende Situation selbst verschuldet haben.

 

Der Sachverhalt wurde von den Zeugen schlüssig und allgemein nachvollziehbar dargestellt. Die Angaben der Zeugen stimmen auch mit Ihren Angaben überein, dass Sie zur Tatzeit auf der Westautobahn und Welser Autobahn in die angegebene Richtung gefahren sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Angaben der Zeugen den Tatsachen entsprechen.

 

Bei der Beweiswürdigung musste die Bundespolizeidirektion Wels davon ausgehen, dass die Angaben der Zeugen allgemein nachvollziehbar sind und auch nicht im Widerspruch zu ihren grundsätzlichen Angaben stehen. Vielmehr steht ihre Schilderung des Vorfalles nicht im Einklang mit den allgemeinen Lebenserfahrungen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein Fahrzeuglenker, der auf der Autobahn im Verkehrsfluss von Kolonnen verkehr fährt, in eine derart gefährliche Situation gerät, dass er zur Vermeidung eines Auffahrunfalls auf den Pannenstreifen ausweichen und dort noch ein Fahrzeug auf dem rechten Fahrstreifen überholen muss. Beim Fahren im Kolonnenverkehr unter Einhaltung des entsprechenden Sicherheitsabstandes ist es nicht möglich, dass eine von Ihnen geschilderte Situation auftritt.

 

Überdies musste berücksichtigt werden, dass die Zeugen zur Wahrheit verpflichtet sind und Sie sich als Beschuldigte so äußern können, wie es für Sie am günstigsten ist. Aus diesem Grund muss die Bundespolizeidirektion Wels davon ausgehen, dass die Darstellung des Sachverhaltes durch die Zeugen den Tatsachen entspricht.

 

Die Bundespolizeidirektion Wels musste daher davon ausgehen, dass es sich bei ihrer Rechtfertigung um eine Schutzbehauptung handelt.

 

Es gehört zu den selbstverständlichen Grundsätzen jedes Strafverfahrens, dass die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, dass kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist, und dass die Möglichkeit ausgeschlossen wird, dass er etwa wegen derselben Handlung nochmals zur Verantwortung gezogen werden könnte (Hinweis E 21.3.1974, 0382/72). Die als erwiesen angenommene Tatzeit kann nur einen aus der Sicht der erkennenden Behörde in der Vergangenheit liegenden Zeitraum umfassen.

 

Eine Überprüfung im digitalen oberösterreichischen Raun-Informations-System hat ergeben, dass der Straßenkilometer 175.0 der Westautobahn im Kreuzungsbereich mit der Welser Autobahn Richtung Wels bereits im Bereich der baulichen Trennungseinrichtung liegt. In diesem Bereich hat sich der Vorfall laut Angaben der Zeugen auch ereignet. Die angelasteten Übertretungen sind somit auf Grund der Straßenbezeichnung, der Fahrtrichtung und des angeführten Straßenkilometers sowie der angeführten Tatzeit so ausreichend konkretisiert, dass auf jeden Fall eine weitere Bestrafung wegen der gleichen Tat ausgeschlossen werden kann.

 

Die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind auf Grund der vorliegenden Beweise eindeutig erwiesen. Die Bundespolizeidirektion Wels hatte somit als Verwaltungsstrafbehörde spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und de Missstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Mildernd wurde gewertet, dass über Sie keine rechtskräftigen Verwaltungsstrafvormerkungen wegen gleicher Übertretungen aufscheinen.

Die verhängte Geldstrafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schwere der Übertretung.

 

Da Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekanntgaben, wurde bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hiefür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein monatliches Einkommen von ungefähr € 2.000,00 beziehen.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO ein gesetzlicher Strafrahmen von bis zu € 726,- vorgesehen ist.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten stützt sich auf § 64 Absatz 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991."

 

 

2. In der auch dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Straferkenntnis mit folgenden Ausführungen entgegen:

"Innerhalb offener Frist erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 09.03.2012, zu GZ 2S12.917/11, nachstehende

 

BERUFUNG:

 

Angefochten wird das gesamte Straferkenntnis und insbesondere deshalb, da einem beteiligten Verkehrsteilnehmer mehr Glauben geschenkt wurde als dem Beschuldigten.

Im Einzelnen wird vorgebracht wie folgt:

 

Die Aussage der Beifahrerin ist völlig unrichtig, da der Beschuldigte nicht vier Fahrspuren auf der AI wechseln kann und dann auf den Pannenstreifen nach rechts in die A25 einbiegen kann. Die Zeugen haben selbst behauptet, dass es einen starken Verkehr gegeben hat und ist daher eine derartige Fahrweise des Beschuldigten unmöglich und durch nichts nachvollziehbar. Nach der Aussage der Beifahrerin hat diese auch anscheinend den PKW des Beschuldigten vor dem Vorbeifahren rechts nicht gesehen.

 

Völlig unrichtig ist weiters die Darstellung des Anzeigers, etwa 500 Meter vor der Ausfahrt Richtung A25 sind bereits vier Fahrspuren und Traun kommend - sodass es bei starken Verkehr völlig unmöglich ist von der äußerst linken Spur auf die rechte und in der Folge auf den Pannenstreifen innerhalb von 500 Meter zu wechseln. Anscheinend kennt er im Nachhinein die örtlichen Verhältnisse nicht und hat er eine völlig unrichtige Darstellung abgegeben.

 

Die Darstellung ist technisch nicht nachvollziehbar und nachberechenbar. Es ist auch unmöglich, dass er den PKW des Beschuldigten im Rückspiegel sieht, wenn er äußerst rechts fährt und der Beschuldigte auf der vierten Spur fährt. Dies ist nicht einmal im Seitenspiegel möglich.

Im Übrigen wäre der Beschuldigte schon lange, wenn er eine weitaus überhöhte Geschwindigkeit als 100 km/h gehabt hätte, vor ihm gewesen und nicht hinter ihm.

 

Außerdem ist die Darstellung des Zeugen schon deswegen unberechtigt, da dieser angibt, dass er auf die linke Fahrspur ausweichen wollte, und der Beschuldigte fast aufgefahren wäre. In diesem Fall hätte der Beschuldigte auf der rechten Fahrspur weiterfahren können und nicht auf den Pannenstreifen wechseln müssen.

 

Wenn also der Zeuge auf der zweiten Fahrspur geblieben, ist, hätte der Beschuldigte auf der ersten Fahrspur ohne Probleme abbremsen können und in der Folge weiterfahren können. Er hätte also nicht nach rechts auf den Pannenstreifen wechseln und verreisen müssen.

 

Somit ist aus all diesen Gründen nachgewiesen, dass der Zeuge und die Beifahrerin keine ordnungsgemäßen Angaben über den Unfallshergang machen, insbesondere diese auch technisch unrichtig sind.

 

Es wird daher gestellt der

 

BERUFUNGSANTRAG:

 

1.       Das Straferkenntnis zu beheben und im Zweifel das Strafverfahren einzustellen,

 

in eventu

 

2.      Ein Beweisverfahren durchzuführen, den Zeugen F W und die Zeugin W H nochmals einzuvernehmen, diese konnten bisher vom Vertreter des Berufungswerbers nie befragt werden. Außerdem wird beantragt ein Sachverständigengutachten eines Kfz-Sachverständigen einzuholen.

 

W, am 26.03.2012                                                                             R W K"

 

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war zur Klärung des strittigen Sachverhaltes erforderlich (51e Abs.1 Z1 VStG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt und dessen Verlesung anlässlich der Berufungsverhandlung. Abermals als Zeugen vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einvernommen wurden, wie schon durch die Behörde erster Instanz,  der Anzeiger F. W u. dessen Beifahrerin A. W. H.

 

4.  Sachverhalt:

Der Unabhängige Verwaltungssenat erachtet es als erwiesen, dass sich der Berufungswerber im Bereich des Überganges von der A1 in die A25 mit deutlich mehr als 100 km/h von hinten, dem sich auf der rechten Fahrspur der A25 mit etwa 100 km/h fahrenden Fahrzeug des Zeugen W näherte, und dieses in der Folge wegen eines auf dem linken Fahrstreifen fahrenden Fahrzeuges, mit hoher Geschwindigkeitsdifferenz rechts über den Pannenstreifen überholte. Dadurch wurde W sogar zu einem vorsorglichen Ausweichen nach rechts  veranlasst.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung legte dies der Zeuge W an Hand eines Luftbildes abermals dar. Offenbar war der Berufungswerber mit deutlich höherer Geschwindigkeit als die dort erlaubten 100 km/h unterwegs. Laut Darstellung des Zeugen W überholte er einige 100 m vor der Abzweigung auf die A25 noch auf der A1 befindliche Fahrzeuge. Dabei benützte er kurzzeitig die äußerst linke Fahrspur der A1, um in weiterer Folge in Richtung des nur mehr zweispurig verlaufenden Astes in die A25 umzuspuren. Da, wie beiden Zeugen einerseits auf dem Luftbild im Ergebnis grafisch im Ergebnis ident die Fahrlinie des Berufungswerbers skizzierten, wurde von den Zeugen auch angeführt, dass  auf der linken Spur ein Fahrzeug ein Linksüberholen nicht ermöglichte, was den Berufungswerber zur Benutzung des Pannenstreifens veranlasste, um so am Fahrzeug des Anzeigers vorbeizukommen bzw. dieses rechts zu überholen. Dieses Fahrmanöver wurde von beiden Insassen des überholten Fahrzeuges, ob der hohen Geschwindigkeitsdifferenz und des knappen Annäherns an deren Fahrzeug, als  riskant bezeichnet. Vorsichtshalber hat der Anzeiger sein Fahrzeug eine halbe Spurbreite nach links gelenkt.

Dem folgt letztlich auch der Unabhängige Verwaltungssenat.

Wenn dem gegenüber der Berufungswerber sein Fahrverhalten mit einem plötzlichen Spurwechsel des Anzeigers in die rechte Fahrspur zu rechtfertigen versucht, wird dem bloß der Charakter einer Schutzbehauptung zuerkannt. Warum sollte der Anzeiger dieses von ihm als gefährlich beurteilte Fahrverhalten des Berufungswerbers ad hoc bei der Polizei anzeigen, wenn er selbst einen Fahrfehler gemacht und er selbst den Berufungswerber zu einem angeblich unfallvermeidenden Ausweichmanöver gleichsam genötigt hätte. Der Zeuge W gibt  an etwa 100 km/h oder knapp schneller gefahren zu sein. Er schätzte insbesondere ob des mit hoher Geschwindigkeitsdifferenz wahrgenommenen Überholvorganges, aber auch ob der schon vorher wahrgenommenen schnellen Annäherung, die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers mit an die 150 km/h. Der Berufungswerber selbst räumte eine etwas höhere Geschwindigkeit ein und begründete diese mit dem Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung kurz nach der Einmündung in die A25. Die vom Zeugen W. gefahrene Geschwindigkeit von etwa 100 km/h bleibt vom Berufungswerber unbestritten.

Wenn demnach der Berufungswerber noch knapp vor dem Verschränkungsbereich in die A25 auf der A1 mit entsprechender Geschwindigkeitsdifferenz noch Fahrzeuge links überholte, ist es völlig plausibel, dass es wohl knapp wurde die Einmündung in die A25 noch zu erwischen. Er musste seine Fahrgeschwindigkeit wohl deutlich höher gehalten haben als dies dem sonstigen Verkehr entsprochen hatte. Wenn folglich der Anzeiger mit etwa 100 km/h auf der rechten Spur und ein weiteres Fahrzeug in diesem Bereich die linke Spur benutzte, ist es durchaus logisch, dass dem Berufungswerber zur Alternative einer allfälligen Vollbremsung, nur mehr das Überholen ("Ausweichen") über den Pannenstreifen als Alternative zur Verfügung geblieben ist. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Angaben des Anzeigers und seiner Beifahrerin, neben deren Glaubwürdigkeit an sich, auch durch den Weg-Zeit-Ablauf logisch nachvollziehbar. Während der Zeitspanne von etwa zehn Sekunden konnte sich der Berufungswerber um 140 m dem Zeugen genähert haben. Damit lässt sich die Schilderung der Zeugen gut in Einklang bringen, das Berufungswerberfahrzeug noch auf der A1 sich schnell annähernd und dort überholend wahrgenommen zu haben, wobei das Ende des Überholvorgangs im Bereich der Einmündung in die A25 zu einem raschen Umspuren nach rechts zwang.

Beide Zeugen machten anlässlich der Berufungsverhandlung einen seriösen und überzeugenden Eindruck. Es wird ihnen daher in ihrer Schilderung des Ablaufes gefolgt. Dass letztlich bei einer Durchfahrtszeit im Bereich von 40 m/s, im Vergleich zu 28 m/s bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, es zu einer derart krassen Situation kommen konnte, ist ebenso logisch, als von einem Zeugen nicht eine mehr oder weniger metergenaue Darstellung des Überholpunktes möglich ist. Wenn etwa die Zeugin nicht exakt die Entfernung benennen konnte, in der der Berufungswerber den Spurwechsel (Seitenversatz) hinter ihrem Fahrzeug eingeleitet hatte bzw. beendete, bestärkt das ihre Glaubwürdigkeit mehr als es dieser schaden könnte. Niemand wird wohl bei einem Weg-Zeitdiagramm im Bereich von 18 m/s nach hinten die Entfernung zum rechten Fahrzeugheck zum Zeitpunkt des Erreichens der Deckungslinie durch die Front des überholenden Fahrzeuges exakt anzugeben vermögen.

Die Wahrnehmung und Einschätzung derselben wurde vom Anzeiger und dessen Beifahrerin im Rahmen der Berufungsverhandlung, im Ergebnis inhaltsgleich mit der Anzeige und den zeugenschaftlichen Angaben im erstinstanzlichen Verfahren,  übereinstimmend dargestellt.

 

 

 

5.1. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Nach § 15 Abs.1 StVO 1960 darf, außer in den Fällen der Abs. 2 und 2a der Lenker eines Fahrzeuges nur links überholen.

Gemäß § 46 Abs.4 lit.d StVO 1960 ist auf der Autobahn das Befahren des Pannenstreifens, ausgenommen mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes, im Zuge des Beschleunigens zum Zweck des Wiedereinordnens in den fließenden Verkehr und sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt, verboten.

Die Präzisierung des Tatortes war iSd § 44a Z1 VStG mit Blick auf den Weg-Zeitablauf nicht auf einen Punkt, sondern auf den punktbezogenen Bereich auszudehnen und ebenfalls war das negative Tatbestandselement der fehlenden Ausnahme für ein Rechtsüberholen in den Spruch aufzunehmen. Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden.

Eine Beweisführung durch einen Sachverständigen über die Glaubwürdigkeit der Zeugen bedurfte es nicht, weil deren Glaubwürdigkeit durch den UVS zu beurteilen ist (vgl. VwGH 20.2.1991, 90/02/0170). Dies wurde hier ohnedies logisch nachvollzogen.

 

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

Der Behörde erster Instanz kann in der Strafbegründung durchaus gefolgt werden. Der Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit war dem Berufungswerber zu Gute zu halten. Andererseits ist dem als rücksichtslos und abstrakt als gefährlich zu bezeichnenden Fahrverhaltens des Berufungswerbers ein hoher Tatunwert zuzuordnen. Ebenfalls hat der Berufungswerber dieses Fahrmanöver zumindest in grob fahrlässiger Weise herbeigeführt, indem er die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit wohl deutlich überschritt, wodurch es in der Folge zur Einengung seines Dispositionsspielraumes kam, was ihn letztlich zum Rechtsüberholen über den Pannenstreifen gezwungen haben mag um dadurch allenfalls einen Auffahrunfall zu vermeiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten. 

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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