Linz, 29.05.2012
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Herrn R W K, geb. x, , W, vertreten durch die x Rechtsanwälte OG, x, , W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels, vom 9. März 2011, Zl. 2-S-12.617/11, nach der am 29.5.2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass im Punkt 1) dem Spruch als zweiter Halbsatz hinzuzufügen ist, .....überholt, "obwohl ein Ausnahmefall nach § 15 Abs.2 u. Abs.2a StVO 1960 nicht vorlag" und der Vorfallsort "im Bereich Strkm 175.000" zu lauten hat.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 111/2010 - AVG iVm § 19, § 24 § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 111/2010 - VStG.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 80 Euro (20% der verhängten Geldstrafen) auferlegt.
Rechtsgrundlage:
§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war zur Klärung des strittigen Sachverhaltes erforderlich (51e Abs.1 Z1 VStG).
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt und dessen Verlesung anlässlich der Berufungsverhandlung. Abermals als Zeugen vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einvernommen wurden, wie schon durch die Behörde erster Instanz, der Anzeiger F. W u. dessen Beifahrerin A. W. H.
4. Sachverhalt:
Der Unabhängige Verwaltungssenat erachtet es als erwiesen, dass sich der Berufungswerber im Bereich des Überganges von der A1 in die A25 mit deutlich mehr als 100 km/h von hinten, dem sich auf der rechten Fahrspur der A25 mit etwa 100 km/h fahrenden Fahrzeug des Zeugen W näherte, und dieses in der Folge wegen eines auf dem linken Fahrstreifen fahrenden Fahrzeuges, mit hoher Geschwindigkeitsdifferenz rechts über den Pannenstreifen überholte. Dadurch wurde W sogar zu einem vorsorglichen Ausweichen nach rechts veranlasst.
Im Rahmen der Berufungsverhandlung legte dies der Zeuge W an Hand eines Luftbildes abermals dar. Offenbar war der Berufungswerber mit deutlich höherer Geschwindigkeit als die dort erlaubten 100 km/h unterwegs. Laut Darstellung des Zeugen W überholte er einige 100 m vor der Abzweigung auf die A25 noch auf der A1 befindliche Fahrzeuge. Dabei benützte er kurzzeitig die äußerst linke Fahrspur der A1, um in weiterer Folge in Richtung des nur mehr zweispurig verlaufenden Astes in die A25 umzuspuren. Da, wie beiden Zeugen einerseits auf dem Luftbild im Ergebnis grafisch im Ergebnis ident die Fahrlinie des Berufungswerbers skizzierten, wurde von den Zeugen auch angeführt, dass auf der linken Spur ein Fahrzeug ein Linksüberholen nicht ermöglichte, was den Berufungswerber zur Benutzung des Pannenstreifens veranlasste, um so am Fahrzeug des Anzeigers vorbeizukommen bzw. dieses rechts zu überholen. Dieses Fahrmanöver wurde von beiden Insassen des überholten Fahrzeuges, ob der hohen Geschwindigkeitsdifferenz und des knappen Annäherns an deren Fahrzeug, als riskant bezeichnet. Vorsichtshalber hat der Anzeiger sein Fahrzeug eine halbe Spurbreite nach links gelenkt.
Dem folgt letztlich auch der Unabhängige Verwaltungssenat.
Wenn dem gegenüber der Berufungswerber sein Fahrverhalten mit einem plötzlichen Spurwechsel des Anzeigers in die rechte Fahrspur zu rechtfertigen versucht, wird dem bloß der Charakter einer Schutzbehauptung zuerkannt. Warum sollte der Anzeiger dieses von ihm als gefährlich beurteilte Fahrverhalten des Berufungswerbers ad hoc bei der Polizei anzeigen, wenn er selbst einen Fahrfehler gemacht und er selbst den Berufungswerber zu einem angeblich unfallvermeidenden Ausweichmanöver gleichsam genötigt hätte. Der Zeuge W gibt an etwa 100 km/h oder knapp schneller gefahren zu sein. Er schätzte insbesondere ob des mit hoher Geschwindigkeitsdifferenz wahrgenommenen Überholvorganges, aber auch ob der schon vorher wahrgenommenen schnellen Annäherung, die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers mit an die 150 km/h. Der Berufungswerber selbst räumte eine etwas höhere Geschwindigkeit ein und begründete diese mit dem Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung kurz nach der Einmündung in die A25. Die vom Zeugen W. gefahrene Geschwindigkeit von etwa 100 km/h bleibt vom Berufungswerber unbestritten.
Wenn demnach der Berufungswerber noch knapp vor dem Verschränkungsbereich in die A25 auf der A1 mit entsprechender Geschwindigkeitsdifferenz noch Fahrzeuge links überholte, ist es völlig plausibel, dass es wohl knapp wurde die Einmündung in die A25 noch zu erwischen. Er musste seine Fahrgeschwindigkeit wohl deutlich höher gehalten haben als dies dem sonstigen Verkehr entsprochen hatte. Wenn folglich der Anzeiger mit etwa 100 km/h auf der rechten Spur und ein weiteres Fahrzeug in diesem Bereich die linke Spur benutzte, ist es durchaus logisch, dass dem Berufungswerber zur Alternative einer allfälligen Vollbremsung, nur mehr das Überholen ("Ausweichen") über den Pannenstreifen als Alternative zur Verfügung geblieben ist. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Angaben des Anzeigers und seiner Beifahrerin, neben deren Glaubwürdigkeit an sich, auch durch den Weg-Zeit-Ablauf logisch nachvollziehbar. Während der Zeitspanne von etwa zehn Sekunden konnte sich der Berufungswerber um 140 m dem Zeugen genähert haben. Damit lässt sich die Schilderung der Zeugen gut in Einklang bringen, das Berufungswerberfahrzeug noch auf der A1 sich schnell annähernd und dort überholend wahrgenommen zu haben, wobei das Ende des Überholvorgangs im Bereich der Einmündung in die A25 zu einem raschen Umspuren nach rechts zwang.
Beide Zeugen machten anlässlich der Berufungsverhandlung einen seriösen und überzeugenden Eindruck. Es wird ihnen daher in ihrer Schilderung des Ablaufes gefolgt. Dass letztlich bei einer Durchfahrtszeit im Bereich von 40 m/s, im Vergleich zu 28 m/s bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, es zu einer derart krassen Situation kommen konnte, ist ebenso logisch, als von einem Zeugen nicht eine mehr oder weniger metergenaue Darstellung des Überholpunktes möglich ist. Wenn etwa die Zeugin nicht exakt die Entfernung benennen konnte, in der der Berufungswerber den Spurwechsel (Seitenversatz) hinter ihrem Fahrzeug eingeleitet hatte bzw. beendete, bestärkt das ihre Glaubwürdigkeit mehr als es dieser schaden könnte. Niemand wird wohl bei einem Weg-Zeitdiagramm im Bereich von 18 m/s nach hinten die Entfernung zum rechten Fahrzeugheck zum Zeitpunkt des Erreichens der Deckungslinie durch die Front des überholenden Fahrzeuges exakt anzugeben vermögen.
Die Wahrnehmung und Einschätzung derselben wurde vom Anzeiger und dessen Beifahrerin im Rahmen der Berufungsverhandlung, im Ergebnis inhaltsgleich mit der Anzeige und den zeugenschaftlichen Angaben im erstinstanzlichen Verfahren, übereinstimmend dargestellt.
5.1. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Nach § 15 Abs.1 StVO 1960 darf, außer in den Fällen der Abs. 2 und 2a der Lenker eines Fahrzeuges nur links überholen.
Gemäß § 46 Abs.4 lit.d StVO 1960 ist auf der Autobahn das Befahren des Pannenstreifens, ausgenommen mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes, im Zuge des Beschleunigens zum Zweck des Wiedereinordnens in den fließenden Verkehr und sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt, verboten.
Die Präzisierung des Tatortes war iSd § 44a Z1 VStG mit Blick auf den Weg-Zeitablauf nicht auf einen Punkt, sondern auf den punktbezogenen Bereich auszudehnen und ebenfalls war das negative Tatbestandselement der fehlenden Ausnahme für ein Rechtsüberholen in den Spruch aufzunehmen. Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden.
Eine Beweisführung durch einen Sachverständigen über die Glaubwürdigkeit der Zeugen bedurfte es nicht, weil deren Glaubwürdigkeit durch den UVS zu beurteilen ist (vgl. VwGH 20.2.1991, 90/02/0170). Dies wurde hier ohnedies logisch nachvollzogen.
6. Zur Strafzumessung:
Gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.
Der Behörde erster Instanz kann in der Strafbegründung durchaus gefolgt werden. Der Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit war dem Berufungswerber zu Gute zu halten. Andererseits ist dem als rücksichtslos und abstrakt als gefährlich zu bezeichnenden Fahrverhaltens des Berufungswerbers ein hoher Tatunwert zuzuordnen. Ebenfalls hat der Berufungswerber dieses Fahrmanöver zumindest in grob fahrlässiger Weise herbeigeführt, indem er die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit wohl deutlich überschritt, wodurch es in der Folge zur Einengung seines Dispositionsspielraumes kam, was ihn letztlich zum Rechtsüberholen über den Pannenstreifen gezwungen haben mag um dadurch allenfalls einen Auffahrunfall zu vermeiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r