Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730533/25/Wg/WU

Linz, 31.05.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. September 2011, AZ: 1010059/FRB, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Mai 2012, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 30. September 2011, AZ: 1010059/FRB, in Spruchpunkt 1. den Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 8. August 2011 und vom 27. September 2011 auf Aufhebung des mit Bescheid der BPD Linz vom 30. September 2007 unter der Zahl: Fr-82.975, gegen ihn erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) abgewiesen. In Spruchpunkt 2. wurde der Antrag vom 27. September 2011 auf Einschränkung (Herabsetzung) des festgesetzten Zeitraumes des im Spruchpunkt 1. genannten Aufenthaltsverbotes gemäß § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) als unzulässig zurückgewiesen. Die BPD argumentierte, das gegenständliche Aufenthaltsverbot gelte in seinem Fall als Aufenthaltsverbot gemäß § 63 FPG (Aufenthaltsverbot für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel). Er sei bei Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes im Besitz einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung gewesen. Die Gründe, die zur Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes geführt hätten, seien nicht weggefallen. Gemäß § 60 Abs. 1 FPG bestehe kein Antragsrecht des Drittstaatsangehörigen auf Herabsetzung der Gültigkeit des seinerzeitigen derartigen Aufenthaltsverbotes (Einreiseverbotes) auf die Hälfte. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 19. Oktober 2011. Der Bw stellt darin den Antrag, die Berufungsbehörde möge eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen und durchführen, den Bescheid der BPD Linz vom 30. September 2011 dahingehend abändern, dass seinem Antrag vom 8. August 2011 auf Aufhebung des mit Bescheid vom 20. September 2007 gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes stattgegeben wird, in eventu, den erstinstanzlichen Bescheid der BPD Linz vom 30. September 2011 zur Gänze aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Erstinstanz zurückverweisen. Der Ansicht der Erstbehörde, dass eine negative Zukunftsprognose auch zum jetzigen Zeitpunkt zu stellen sei, müsse entschieden entgegen getreten werden. Selbst wenn er sich seit 4 Jahren in Strafhaft befinde, könne ihm nicht unterstellt werden, dass er seinen Charakter und seine Einstellung zu den gesetzlich geschützten Werten der Republik Österreich nicht geändert hätte. Die Ansicht, dass man sich in Haft sozusagen nicht wohl verhalten könnte, sondern nur die Zeit in Freiheit ein Wohlverhalten nach sich ziehen könnte, könne nicht undifferenziert herangezogen werden. Er habe sich in der Haft gut geführt und eine Reihe von psychosozialen Betreuungsangeboten in Suben wahrgenommen. Er habe unter anderem ein Antiaggressionstraining absolviert. Er habe sich entschlossen, einen Beruf zu erlernen und habe eine Lehre zum Bäcker absolviert, welche er in Kürze mit der Lehrabschlussprüfung beenden werde. Er habe sich daher für den Fall seiner Entlassung bereits ein berufliches Standbein geschaffen und habe bei der erstinstanzlichen Behörde auch eine Einstellungsbestätigung, welche seine Mutter X für ihn organisiert habe, vorgelegt. Im Falle seiner Entlassung hätte er daher bereits einen fixen Job und könnte für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommen. Weiters habe er eine Wohnmöglichkeit bei seinem Onkel vorgelegt und habe er daher alle nur möglichen positiven Voraussetzungen, um nach seiner Entlassung wieder Fuß fassen zu können. Er sei sich dessen bewusst, dass er höchst kriminelle Handlungen in Österreich gesetzt habe und bereue er dieses Verhalten zutiefst. Er habe jedoch den festen Vorsatz, sein Leben in Zukunft in den Griff zu bekommen und habe diesbezüglich schon die entsprechenden Schritte gesetzt, wie vorhin geschildert. Er habe in Österreich intensive familiäre Bindungen und sei seine Mutter X die wichtigste Ansprechperson für ihn und setze sie sich sehr für seinen weiteren Verbleib in Österreich ein. Er habe in seinem Heimaland keinerlei Anknüpfungspunkte und Verwandte mehr und würde er vor dem sozialen und existenziellen Nichts stehen. Er verfüge zudem für Österreich über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung. Weitere familiäre Bindungen in Österreich seien sein Sohn, X, geb. X und die Mutter und ehemalige Freundin, X. Es sei ihm ein großes Anliegen, seinen Sohn in Österreich aufwachsen zu sehen und für ihn dazu sein. Sein Sohn habe ein Recht auf seinen Vater und möchte er so gut wie möglich für ihn da sein.

 

Der Akt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Die BPD gab mit Schreiben vom 4. April 2012 eine umfangreiche Stellungnahme zur  Bestimmung des § 64 Abs 1 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011 ab.

 

Der UVS führte am 15. Mai 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Berufungswerber wurde rechtzeitig vorgeladen. Er verzichtete auf die Vorführung aus der Strafhaft. Er bestätigte am 11. Mai 2012 vor der Justizanstalt Suben niederschriftlich: "Mir wurde die Ladung am heutigen Tag neuerlich ausgefolgt und ich bin darüber informiert worden, dass meine Rechtsvertretung, Frau Mag. X, ausdrücklich um meine Vorführung ersucht hat. Ich weigere mich aber dennoch, persönlich zu dem Termin zu erschienen und will von Seiten der Justizanstalt X dazu nicht vorgeführt werden."

 

Der Vertreter der belangten Behörde erstattete in der Verhandlung eingangs folgendes Vorbringen: "Ich verweise auf die im Berufungsverfahren erstattete Stellungnahme vom 4. April 2012. Die belangte Behörde hat sich mit der im gegenständlichen Verfahren maßgeblichen Rechtsfrage eingehend auseinandergesetzt. Es wird daher beantragt, die Berufung abzuweisen."

 

Die rechtsanwaltliche Vertreterin des Berufungswerbers erstattete eingangs folgendes Vorbringen: "Die Stellungnahme der BPD Linz vom 4. April 2012 ist mir bekannt. Entscheidend wäre aber, nach den derzeitigen Verhältnissen eine Gefährdungsprognose zu treffen. Dabei wäre es wichtig, sich vom Berufungswerber unter den jetzt geltenden Bedingungen ein Bild zu machen. Dieses würde zeigen, dass die ursprüngliche Gefährdungsprognose nicht mehr aufrecht erhalten werden kann bzw. nur eingeschränkt aufrecht erhalten werden könnte. In diesem Sinne wird auf das Berufungsvorbringen verwiesen. Die dort gestellten Anträge werden ausdrücklich aufrecht erhalten."

 

Der Vertreter der belangten Behörde erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Die Gefährdungsprognose ist wie im Aufenthaltsverbotsbescheid getroffen, aufrecht zu erhalten. Es wird beantragt, die Berufung als unbegründet abzuweisen."

 

Die Vertreterin des Berufungswerber erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Entscheidend sind die im Verfahren eindrücklich dargetanen familiären Bindungen. So einerseits die Beziehung des Berufungswerbers zu seiner Mutter. Dabei wird auch auf das nervenärztliche Attest vom 19. April 2012 verwiesen. Eine Regelung des Besuchsrechtes, die einen Kontakt zwischen dem Berufungswerber und dem Sohn X ermöglicht, wäre im Sinne des Kindes wohl zweifelsohne sinnvoll. Die abgeschlossene Bäckerlehre ist bei der Gefährdungsprognose zu berücksichtigen. Die gestellten Anträge – insbesondere auf angemessene Herabsetzung des Aufenthaltsverbotes – werden ausdrücklich aufrecht erhalten. Auf den Berufungsschriftsatz und die dort gestellten Anträge wird verwiesen."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bw wurde am X geboren und ist Staatsanghöriger von Bosnien und Herzegowina.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz erließ mit Bescheid vom 20. September 2007, AZ: Fr-82.975, gegen den Bw gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 iVm. § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich.

 

Aus der Begründung dieses Bescheides geht Folgendes hervor.

 

"Der Aktenlage nach leben Sie seit 1989 in Österreich. Seither verfügen Sie auch (abgesehen von einigen Unterbrechungen) über Aufenthaltsbewilligungen (Sichtvermerke), seit 14.02.2000 unbefristet.

 

Im Strafregister scheinen über Sie mittlerweile folgende Verurteilungen auf:

 

1) LG Steyr, 10 Vr 456/2000 Hv 14/2001, am 09.05.2001 (rk 09.05.2001), §§ 127, 125, 129/1 StGB, ATS 5.400,- Geldstrafe, Probezeit 2 Jahre;

 

2) LG Steyr, 10 Hv 2/2002w, am 31.01.2002 (rk 05.02.2002), § 107/1 u. 2 StGB, Freiheitstrafe 2 Monate, Probezeit 2 Jahre;

 

3) LG Linz, 22 Hv 69/2002S, am 12.08.2002 (rk 12.08.2002). §§ 105/1, 127, 129/1, 15, 105/1, 125, 136/1 u. 2, 83/1 u. 2, StGB, § 27/1 SMG, Freiheitsstrafe 8 Monate, davon 6 Monate bedingt auf 3 Jahre;

 

4) LG Linz, 22 Hv 103/2002s, am 04.11.2002 (rk 04.11.2002), §§ 135/1, 136/1 u. 2, 127 StGB, Freiheitsstrafe 3 Monate;

 

5) LG Linz, 25 Hv 94/2002i, am 12.05.2003 (rk 12.05.2003), §§ 83/1, 15, 105/1, 127, 129/1, 125 StGB, Freiheitsstrafe 5 Monate;

 

6) LG Linz, 25 Hv 106/2003f, am 27.10.2003 (rk 27.10.2003), §§ 278/1, 146, 147 Abs. 1/1 u. 2, 148 (2. Fall), 15, 105/1, 127 StGB, Freiheitsstrafe 7 Monate;

 

7) BG Linz, 14 U 67/2006f, am 28.03.2006 (rk 01.04.2006), § 125 StGB, Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt auf 3 Jahre;

 

8) BG Linz, 14 U 300/2006W, am 19.10.2006 (rk 24.10.2006), § 125 StGB, Freiheitsstrafe 3 Monate;

 

9) LG Linz, 33 Hv 28/2007z, am 25.04.2007 (rk 07.08.2007), §§ 142/1, 143 Satz 1, 1. u. 2. Fall StGB, Freiheitsstrafe 7 Jahre.

 

Der Verurteilung vom 25.04.2007 wegen des Verbrechens des schweren Raubes liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Sie haben in X als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung sowie großteils unter Verwendung einer Waffe mit Gewalt gegen eine Person sowie durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben nachangeführten Personen nachangeführte fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

 

1. Am 15.12.2006 X Bargeld in Höhe von € 619,08 sowie Zigarettenstangen im Gesamtwert von € 2.075,50, wobei Sie die X-Bäckerei in der X betraten,

 

X von hinten an den Haaren erfassten und sie zu Boden rissen, während Sie Geld von ihr forderten, anschließend unter Verwendung eines 30 cm langen Schraubenziehers drohten, Sie werden sie abstechen, wenn sie Sie „verarsche", in weiterer Folge X unter weiterer Verwendung des Schraubenziehers nötigten, das Geld aus dem Tresor zu nehmen, wobei Sie anschließend vom Tatort flüchteten;                                                                                             

 

2. Am 04.01.2007 X eine Brieftasche mit € 267,60 Bargeld unter Verwendung Ihrer Gaspistole, wobei Sie sich hinter den Lenker setzten, ihn in den Würgegriff nahmen ihm die Waffe gegen die rechte Wange drückten und schrien: „Das ist ein Überfall, kein Scherz, Geld her", in weiterer Folge mit der Waffe gegen die Stirn des X schlugen und dabei äußerten, Sie werden ihn umbringen, falls sich kein Geld in der Geldbörse befinde, während Ihre beiden Mittäter die abgenötigte Geldtasche durchsuchten und ein Mittäter den Fahrzeugschlüssel an sich nahm;                 

 

3. Am 16.01.2007 X Bargeld in der Höhe von € 2.606,37, wobei Ihre Mittäter die X-Tankstelle in der X betraten, ein Mittäter mit Ihrer Gaspistole auf den Kopf des Opfers zielte und dabei „Geld her" schrie, dieser in weiterer Folge das Opfer, während er mit der Gaspistole auf ihren Rücken zielte, in Richtung Verkaufspult schob und zur Herausgabe des Münzgeldes zwang, wobei er ihr auch den Kopf nach unten drückte und sie schließlich nötigte, sich auf den Boden zu legen, und Sie anschließend das Fluchtfahrzeug vom Tatort weg lenkten.

 

4. Am 03.01.2007 X eine Ledergeldbörse mit Münzgeld im Wert von ca. € 5,- sowie ein Mobiltelefon unbekannten Wertes, wobei Sie die Fahrertür des Taxis aufrissen, der X Ihre Gaspistole vorhielten, sie am Nacken erfassten, ihren Kopf nach unten drückten und schrien: „Überfall! Gib mir das Geld!", während dessen ein Mittäter die Beifahrertür des Taxifahrzeuges aufriss und das Handy raubte."

 

Weiters geht aus der Begründung des Bescheides vom 20. September 2007 hervor:

 

"In Ihrer Stellungnahme vom 16.09.2007 führen Sie im Wesentlichen aus, dass Sie seit dem 3. Lebensjahr in Österreich sind, keinen Kontakt mehr mit Ihrer Familie in Bosnien haben, und einen 19 Monate alten Sohn haben.

Sie bereuen Ihre Taten sehr und wollen die Zeit in der Haft nützen, um eine Tischlerlehre abzuschließen.

 

Nachdem Sie sich seit Ihem 3. Lebensjahr und somit etwa 18 Jahre in Österreich aufhalten, ist Ihnen eine der Dauer des Aufenthaltes entsprechende Integration zuzubilligen. Die für das Ausmaß einer Integration wesentliche soziale Komponente ist Ihnen aufgrund Ihres zurückliegenden kriminellen Verhaltens allerdings gänzlich abzusprechen.

 

Bereits Im Alter von 14 Jahren wurden Sie erstmals gerichtlich verurteilt. Seither ziehen sich ihre kriminelle Energie und die gerichtlichen Verurteilungen, die in der Verurteilung vom 25.04.2007 wegen des Verbrechens des schweren Raubes gipfeln, wie ein roter Faden durch Ihr Leben.

 

Aufgrund der Vielzahl der den gerichtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden schwerwiegenden Straftaten, die sich in Ihrer Intensität während Ihres Aufenthaltes in Österreich noch gesteigert haben, stellt Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet zweifellos eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie für die körperliche Unversehrtheit und das Eigentum Dritter dar.

 

Auch wenn die Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch den Umstand, dass Sie einen 19 Monate alten Sohn haben, einen erheblichen Eingriff in Ihr Privat- bzw. Familienleben bedeuten mag, ist seine Erlassung aufgrund der oben näher geschilderten Umstände nicht nur zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten, sondern auch im Licht des § 66 Abs. 2 FPG zulässig, haben Sie doch mehrfache gerichtliche Verurteilungen wegen Gewalttätigkeiten und Eigentumsdelikten nicht davon abhalten können, immer wieder binnen kurzer Zeit neuerlich straffällig zu werden.

 

Im Hinblick auf § 61 FPG ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zulässig, weil Sie zuletzt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt wurden.

 

Das Aufenthaltsverbot war unbefristet zu erlassen, weil aufgrund der Vielzahl und des lange andauernden Zeitraumes, in der Sie die strafbaren Handlungen begangen haben, derzeit noch nicht abzusehen ist, wann die Gründe, die zur Erlassung gegenständlichen Aufenthaltsverbotes geführt haben, wegefallen sein werden."

 

Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich gab der Berufung mit Bescheid vom 7. November 2007, Zahl St 253/07, keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

 

In der Eingabe vom 8. August 2011 führte der Bw aus:

"Ich, X, geb. X, lebe seit 1989 in Österreich. Ich habe hier die Volksschule, die Hauptschule besucht. Ich hatte verschiedene Arbeitsstellen im Zeitraum von 2001 bis 2007 (Dreischichtbetrieb, Kellner, Bauhilfsarbeiter, Tischlerhelfer) Ich bin seit 16.01.2007 in Haft und absolviere gerade eine Bäckerlehre die ich voraussichtlich im Oktober abschließen werde. Meine nächste Möglichkeit der Entlassung ist zum 2/3 am 26.12.2011. Ich habe in Österreich meine sozialen Bindungen in Österreich. Ich habe einen Sohn X, geb. X um den ich mich besonders nach meiner Haft kümmern möchte. Da ich jetzt in Haft bin habe ich keinen intensiven Kontakt zu ihm. Nach meiner Haft werde ich mich um eine "Besuchsregelung mit meiner ehemaligen Lebensgefährtin (X) kümmern. Meine Mutter lebt in X und ist Österreichische Staatsbürgerin. Sollte ich abgeschoben werden ist ein Kontakt zu meiner Mutter und zu meinem Sohn praktisch unmöglich. Ich habe vor zu heiraten, meine verlobte X und ich wollen uns eine gemeinsame Zukunft in Österreich aufbauen. Da ich eine Bäckerlehre in Haft mache und eine Reihe von psychosozialen Betreuungsangeboten in X wahrgenommen und positiv abgeschlossen. Ich habe viel aus meiner Haft gelernt und versichere nach meiner Haft ein geregeltes normales Leben zu führen. Ich ersuche hiermit um Aufhebung meines Aufenthaltsverbotes um die persönlichen familiären Kontakte aufrechterhalten zu können. Ich möchte darauf verweisen, dass mein Sohn ein Recht auf seinen Vater hat(Artikel 8 EMRK - das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens). Sollte ich abgeschoben werden wird ihm dieses Recht verwehrt.

Ich ersuche meinen fall nochmals genau zu prüfen und das Aufenthaltsverbot gegen mich aufzuheben."

 

In der Eingabe vom 27. September 2011 führte der Bw aus:

"Ich verbüße derzeit die gegen mich vom Landesgericht Linz zu 33 HV 28/2007z verhängte Freiheitsstrafe und steht meine Entlassung zur Drittelstrafe im Dezem­ber 2011 bevor. Im Zuge der Verbüßung der Haft konnte ich meine Einsteilung zu den rechtlich geschützten Werten des Staates Österreich nachhaltig ändern und möchte ich mein Leben zukünftig anders gestalten und würde ich die entschei­dende Behöre diesbezüglich höflich ersuchen, mir nochmals eine letzte Chance in Österreich zu geben. Die von mir begangenen Straftaten liegen nun in etwa fünf Jahre zurück und bereue ich mein Verhalten zutiefst. Ich habe im Zuge der Verbüßung meiner Haft eine Lehre zum Bäcker in der Justizanstalt X absol­viert und mache ich im Oktober 2011 nunmehr den theoretischen Ausbildungsteil. Im Oktober 2011 werde ich bei der Wirtschaftskammer Oberösterreich meine Lehrabschlussprüfung zum Bäcker absolvieren. Für den Fall der Haftentlassung habe ich mit Hilfe meiner Mutter X, geboren X, welche voll hinter mir steht, entsprechende Vorkehrungen getroffen. Ich habe bereits eine Wohnmöglichkeit nach meiner Entlassung, ich kann bei meinem Onkel und seiner Familie, X, X und X wohnen. Ebenso hat meine Mutter für mich eine Arbeitsstelle organisiert und lege ich Ein­stellungsbestätigung vor.

Ich habe in Österreich einen Sohn aus einer früheren Beziehung und ist mir sehr viel daran gelegen, den Kontakt zu ihm aufrecht zu erhalten und ihn in Österreich aufwachsen zu sehen.

 

Es wird daher der

 

Antrag

 

gestellt, das von der Bundespolizeidirektion Linz am 20.9.2007 erlassene Aufent­haltsverbot nunmehr Rückkehrverbot entsprechend einzuschränken, allenfalls aufzuheben"

 

Zu den familiären Verhältnissen des Bw ist ergänzend festzustellen, dass er vor etwa 8 Jahren die nicht freizügigkeitsberechtigte österreichische Staatsbürgerin X kennenlernte. Der gemeinsame Sohn X wurde am X geboren und ist ebenfalls österreichischer Staatsbürger. Die Lebensgemeinschaft wurde etwa 8 Monate nach der Geburt des X beendet. Laut dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 25. April 2007 wurde am 16. Jänner 2007 über den Bw die Verwahrungs- bzw. Untersuchungshaft verhängt. Zu diesem Zeitpunkt lebten der Bw und X bereits getrennt. Der Bw sah seinen Sohn nach der Beendigung der Lebensgemeinschaft und vor der Inhaftierung etwa 1 Mal. Nach der Inhaftierung im Jahr 2007 besuchte X den Bw gemeinsam mit dem Sohn X 1 Mal in der Justizanstalt in X. Seit diesem Besuch im Jahr 2007 gibt es nur mehr brieflichen bzw. telefonischen Kontakt. Der Bw schrieb seinem Sohn oft Briefe, die X dem gemeinsamen Sohn vorlas. X ist für mj. X obsorgeberechtigt. X besucht zurzeit den Kindergarten in X. X kündigte an, übersiedeln zu wollen. X werde dann einen anderen Kindergarten besuchen und im Herbst 2012 eingeschult werden. Eigenen Angaben zufolge lebt sie in einer harmonischen Beziehung. X akzeptiert ihren Lebensgefährtin.

 

Im Jahr 2011 und 2012 waren es etwa 3 Briefe, die der Bw seinem Sohn schrieb.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob sie einen Leidensdruck bei ihrem Sohn verspüre, dass er von seinem Vater getrennt sei, gab X an, dass sie das nicht bemerke. Vom Verhandlungsleiter befragt, wie ihr Sohn ihrer Meinung mit der Trennung von seinem leiblichen Vater umgehe, gab X an, dass sich X schon freuen würde, wenn er den Bw sehen würde. Sie glaube aber nicht, dass X darunter leiden würde, wenn er den Bw nicht sehen würde. Er sei es ja nicht anders gewöhnt.

 

Der Lebensgefährte der X ist erwerbstätig. Sie ist finanziell abgesichert.

 

Vom Vertreter der belangten Behörde zu den vorgebrachten Belästigungen durch den Bw vor der Inhaftierung befragt, gab X an, dass sie damals Anzeige erstattete. Es ging um Stalking. Wie die Polizei darauf reagierte bzw. was unternommen wurde, wisse sie nicht. Der BW sei in weiterer Folge inhaftiert worden, das Problem sei damit hinfällig gewesen.

 

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, wie sich die Verhältnisse gestalten würden, wenn der Bw nun entlassen wird bzw. ob sie einen persönlichen Kontakt gestatten würde, gab X an, dass eine Besuchsregelung möglich sein müsste, wenn sich der Bw ordentlich benehme. Ihr sei wichtig, dass sie nicht mehr belästigt werde.

 

Von der rechtsanwaltlichen Vertreterin des Bw befragt, ob sie es für wichtig halte, dass ein persönlicher Kontakt zwischen dem Bw und dem gemeinsamen Sohn X stattfinde bzw. ermöglicht werde, gab X an, dass sie das zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau sagen könne. X sei glücklich, da sie in gesicherten Verhältnissen leben würden. Es könne schon sein, dass er irgendwann einmal nach seinem Vater fragen werde.

 

Von der rechtsanwaltlichen Vertreterin des Bw befragt, ob sie Angst vor dem Bw habe, gab sie an, dass sie in der Vergangenheit – während der Inhaftierung – telefonisch Kontakt gehabt hätten. Bei diesen Telefongesprächen habe sie den Eindruck gehabt, dass er sich geändert bzw. gebessert hätte. Eigentlich habe sie aber nach wie vor Angst vor ihm.

 

Festzustellen ist weiters, dass die Mutter des Bw, Frau X nicht freizügigkeitsberechtigte österreichische Staatsbürgerin ist. Sie besuchte den Bw jede 2. Woche in der Haft. Die Besserung des Bw zeige sich ihrer Meinung nach dadurch, dass er während der Haft eine Bäckerlehre positiv abgeschlossen habe.

 

Von der rechtsanwaltlichen Vertreterin des Bw befragt, wie sich der Kontakt zwischen ihr und dem Bw zum Zeitpunkt der Straftaten gestaltet habe, gab sie an, dass er ihr nachher erzählt habe, dass es ihm leid tue. Er habe ihr gegenüber zugegeben, die Straftaten begangen zu haben.

 

Von der rechtsanwaltlichen Vertreterin des Bw befragt, aus welchem Grund es ihr so ein Anliegen sei, dass Der Bw in Österreich bleiben dürfe, gab sie an, dass sie im Jahr 2001 ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten habe. Danach habe sie wie ein kleines Kind die grundlegendsten Fertigkeiten wie Essen, Sitzen, Trinken neu erlernen müssen. Sie habe den Bw alleine aufziehen müssen. Sein Vater lebe in Bosnien und wolle nichts von ihm wissen.

 

X ist seit dem Jahr 2006 in Invaliditätspension. Sie ist in der Lage ihren Haushalt selber zu besorgen. Sie hat in der Nachbarschaft sehr gute Freundinnen. So zB. Frau X, die ebenfalls zur Verhandlung erschien. Frau X brachte X zur mündlichen Verhandlung nach X. X unterstützt sie auch beispielsweise beim Verfassen von Schreiben und Ähnlichem.

 

X hält sich etwa 2 bis 3 Mal pro Jahr in Bosnien auf. Sie fährt dorthin mit dem Bus. Ihren Angaben zufolge könne sie es sich finanziell nicht leisten, öfter nach Bosnien zu fahren.

 

Nach dem erwähnten Unfall im Jahr 2001 war sie lange Zeit nicht erwerbsfähig. In den Jahren von 2008 bis 2012 arbeitet sie geringfügig neben ihrer Pension als Reinigungskraft. Sie möchte geringfügig 20 Stunden pro Monat arbeiten.

 

Sie sagte aus, der Kontakt zum Bw sei für sie sehr heilsam. Sie brauche den Bw, damit es ihr gut gehe. Der persönliche Umgang mit dem Bw sei für sie sehr wichtig. Er sei ja ihr Sohn.

 

Der Bw soll – wenn es nach seiner Mutter geht – bei seinem Onkel in X nach der Entlassung aus der Haft Unterkunft nehmen. Er würde dann in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wohnen. X wünscht sich, den Bw nach der Entlassung aus der Haft alle 2 bis 3 Tage regelmäßig zu sehen.

 

Als Termin für die bedingte Entlassung des Bw wurde der 8. Juni 2012 festgelegt.

 

Aus dem nervenärztlichen Attest des X vom 19. April 2012 geht Folgendes hervor:

"Frau X hatte 2001 ein Schädel-Hirn-Trauma. Verblieben ist ein himorganisches Psychosyndrom, eine ataktische Bewegungsstörung, insbesondere auch eine Sprachstörung sowie ein epileptisches Anfallsgeschehen, es besteht auch eine chronisch depressive Störung. Aufgrund der damit verbundenen Beeinträchtigungen und Behinderungen ist Frau X im täglichen Leben auf die Hilfe und Unterstützung von Familienangehörigen angewiesen, darüber hinaus wäre auch die Anwesenheit bzw. unmittelbare Kontakt- und Besuchsmöglichkeit ihres Sohnes X für die psychische Situation sehr günstig. Mit einer Besserung ist nicht zu rechnen."

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Verwaltungssenat führte am 15. Mai 2012 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durch, bei der X, X und X als Zeuginnen einvernommen wurden.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den angeführten behördlichen Entscheidungen sowie dem Vorbringen des Bw und den Zeugenaussagen.

 

Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gem. § 125 Abs. 16 FPG idF BGBl I Nr. 38/2011, bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gem. § 60 oder Rückkehrverbote gem. § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 31. Mai 2011, GZ 2011/22/0097, ausgeführt, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (unabhängig von der Benennung des innerstaatlichen Rechtsinstituts) um eine Rückkehrentscheidung im Sinn des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und eine Einreiseverbot im Sinn des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt.

 

§ 9 Abs 1 Z 1 FPG und § 9 Abs 1a FPG sehen die Zuständigkeit des Verwaltungssenates als Berufungsbehörde grundsätzlich nur im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen sowie bei Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen vor.  Aus dem erwähnten Erkenntnis des VwGH vom  31. Mai 2011, GZ. 2011/22/0097 folgt aber letztlich, dass in Belangen einer aufenthaltsbeendenden  Maßnahme – wie z.B. Ausweisung, Aufenthaltsverbot, Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot – auf Grund der unmittelbaren Anwendbarkeit von Art. 13 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 generell der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsbehörde ist.

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes vom 20. September 2007 verfügte der Bw über ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Es sind daher die Bestimmungen für "Aufenthaltsverbote für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel" iSd. § 63 FPG anzuwenden.

 

Eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot sind gemäß § 69 Abs. 2 FPG auf Antrag oder von Amtswegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

Bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (Vgl. VwGH vom 2. September 2008, GZ: 2006/18/0512).

 

Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, ist für den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über den Aufhebungsantrag zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegen einer Änderung der Umstände zugunsten des Fremden weggefallen sind (vgl. VwGH vom 3. April 2009, GZ: 2008/22/0598).

 

Eine bloße Verkürzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist durch § 69 Abs. 2 FPG nicht gedeckt (vgl. VwGH vom 18. Juni 2009, GZ: 2008/22/0605).

 

Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (vgl. VwGH vom 3. November 2010, GZ: 2010/18/0358).

 

Der Bw ist von klein auf im Bundesgebiet aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen.

 

Ab In-Kraft-Treten des FRAG 2011 dürfte gem. § 64 Abs. 1 Zi 2 FPG gegen einen Dritt­staatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot gem. § 63 FPG i.d.g.F. nicht erlassen werden, wenn er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

 

In die Bestimmung des § 61 Abs.1 Zi 4 FPG 2005 in der Urfassung (vor In-Kraft - Treten des FRAG 2011), wurde die Einschränkung dahingehend eingefügt, dass, auch wenn der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen ist und hier langjährig niedergelassen ist, ein Aufenthaltsverbot dennoch verhängt werden kann, wenn der Fremde wegen einer gericht­lich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als einer unbedingten zweijährigen Freiheits­strafe verurteilt worden ist - im konkreten Ball wurde der Berufungswerber zu einer sieben­jährige Freiheitsstrafe wegen des Verbrechens des schweren Raubes rechtskräftig verurteilt.

 

Gem. der Übergangsbestimmung des FrG 1997 ( Übergang von FrG 1992 zum FrG 1997) § 114 Abs.3 FrG 1997 galten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeit bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer weiter. Solche Aufenthaltsverbote waren auf Antrag oder - wenn sich aus anderen Gründen ein Anlass für die Behörde ergab, sich mit der Angelegenheit zu befassen - von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Be­stimmungen dieses Bundesgesetzes nicht erlassen hätten werden können.

 

Gegenstand der erhobenen Berufung an den UVS ist im konkreten Fall der Antrag auf Auf­hebung des Aufenthaltsverbotes an die BPD Linz, welcher von dieser abgewiesen wurde, das heißt in der Sache selbst entschieden hatte.

 

Bereits mit Erkenntnis des VwGH vom 03.07.2007 , GZ: 2006/18/0420 ,stellte dieser in Be­zug auf die Vorgängerbestimmung § 65 Abs.1 FPG (vor FRAG 2011) fest, dass, da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das AV erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, für den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über den Aufhebungsantrag zu be­urteilen ist, ob die Voraussetzungen für die Erfassung des AV wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind.

 

§ 125 Abs.3 FPG 2005 sieht nicht vor, dass Aufenthaltsverbote (auch) dann aufzuheben wären, wenn sie bei fiktiver Geltung des FPG im Zeitpunkt ihrer Verhängung nicht hätten erlassen werden dürfen (vergleichbar noch: VwGH vom 23.03.2010, 2006/18/0009, VwGH vom 24.09.2009 ,2007/18/0331, VwGH vom 24.09.2009 , 2007/18/0347, VwGH vom 19.03.2009, 2007/18/0126)

 

Hier ist festzuhalten, dass mit dem FRAG 2011, die Bestimmung des § 125 Abs.16 FPG eingefügt wurde, wonach vor Inkrafttreten des FRAG 2011 erlassenen Aufenthaltsverbote gem. § 60 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiter gültig bleiben. Im konkreten Fall handelt es sich um ein AV, welches gem. § 60 FPG erlassen wurde.

 

Wenn nun nach Ansicht des VwGH schon § 125 Abs.3 FPG nicht vorsieht, dass ein AV dann aufzuheben sei, wenn dieses bei fiktiver Geltung des FPG im Zeitpunkt seiner Verhängung nicht hätte erlassen werden dürfen, so gilt dies auch für § 125 Abs.16 FPG i.dg.F.

 

Dies lässt sich letztendlich auch daraus ersehen, dass der Gesetzgeber die Textierung der zuvor genannten Übergangsbestimmung des FrG 1997 ,§114 Abs.3 FrG 1997 nicht mehr in das FPG 2005 übernahm .

 

Aus diesem Grunde muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber von einer vergleichbaren Übergangsregelung bewusst Abstand genommen hat.

 

Unter dem Blickwinkel des hier maßgeblichen Fremdenrechts ist ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters in erster Linie daran zu messen, innerhalb welchen Zeitraumes er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft in Freiheit wohl verhalten hat (vgl. VwGH vom 19. Mai 2011, GZ 2008/21/0486). Der Bw wird am 8. Juni 2012 aus der Haft bedingt entlassen. Weder die – während der Haft -  abgeschlossene Bäckerlehre noch das absolvierte Anti-Aggressionstraining noch die Einstellungsbestätigung rechtfertigen die Annahme, dass er sich schon zum jetzigen Zeitpunkt nachhaltig gebessert hat.

 

Feststeht, dass die Lebensgemeinschaft mit X nicht mehr aufrecht ist. Der Bw sah den gemeinsamen Sohn zuletzt im Jahr 2007. Seither wird lediglich brieflich Kontakt gehalten. Es ist daher hinsichtlich der Beziehung zu seinem Sohn keine Änderung eingetreten, die nunmehr ein Aufenthaltsverbot unzulässig machen würde.

 

Gleiches gilt für das Verhältnis zu seiner Mutter. Diese war schon während der Haft in der Lage, ihre privaten bzw. persönlichen Verhältnisse alleine zu regeln. Es ist nicht erkennbar, dass hier Änderungen eingetreten wären, die ein Aufenthaltsverbot unzulässig machen würden.

 

Der Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wurde daher zurecht abgewiesen.

 

Wie schon erwähnt, räumt § 69 Abs. 2 FPG kein Recht auf Verkürzung des Aufenthaltsverbotes ein.

 

§ 60 Abs. 1 sieht eine Verkürzung nur bei höchstens 5-jährigem Einreiseverboten iSd. § 53 Abs. 1 und 2 FPG, nicht aber bei unbefristeten Einreiseverboten vor. Der Antrag auf Einschränkung bzw. Herabsetzung wurde daher von der Bundespolizeidirektion zurecht als unzulässig zurückgewiesen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 22,10 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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