Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401179/4/AB/Th

Linz, 09.05.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Berger über die Beschwerde des X, geb. X (Alias-Geburtsdatum: X), StA von X, derzeit angehalten im Polizeilichen Anhaltezentrum Steyr, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und Anhaltung in Schubhaft seit 27. April 2012 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.        Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I 100/2005) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II 456.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 27.4.2012, Z Sich40-1746-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Grundlage des § 76 Abs. 2a Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 Abs 1 AVG

         "zur Sicherung

-         des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG)

-         der Abschiebung (§ 46 FPG)"

die Schubhaft angeordnet und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum - PAZ Steyr vollzogen.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen zum Sachverhalt – auf das Wesentliche zusammengefasst – Folgendes aus:

 

Der Bf habe am 7.4.2012, um 13:36 Uhr, vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost unter den von ihm angeführten Personalien: "X, geb. X in X, StA. v. X" einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz (Asyl) in Österreich eingebracht.

 

Im Zuge der geführten weiteren Erhebungen sei mittels Abgleich seiner Fingerabdrücke in Erfahrung gebracht worden, dass – ehe er illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sei – bereits folgende erkennungsdienstliche Behandlungen im Gebiet der Europäischen Union bzw. im Schengenraum zu seiner Person vorgelegen hätten:

 

- 14.5.2009 : Asylantragstellung in NORWEGEN

- 29.12.2011 : Asylantragstellung in Halberstadt (DEUTSCHLAND).

 

Im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung zu seinem Asylantrag habe der Bf – unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari – angeführt, dass er "X" heiße, am X in X geboren sei, Staatsangehöriger von X sei, der Religion der Moslems (Schiiten) zugehöre und verheiratet sei. Seine Muttersprache sei Dari, ansonsten spreche er noch Farsi. Weiters habe er angeführt, dass er keine Beschwerden oder Krankheiten hätte, die ihn an der Einvernahme hindern oder die das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Er habe weiters ins Treffen gebracht, dass er vor ca. 7 Jahren seinen Herkunftsstaat X verlassen hätte und gemeinsam mit seiner Familie in den X gereist sei. Vor 4 Jahren hätte er schließlich alleine den X verlassen und sei zunächst illegal in die Türkei eingereist. Von der Türkei kommend sei er – so seine Ausführungen - gemeinsam mit 18 weiteren Flüchtlingen als Insasse eines Schlauchbootes am Wasserweg illegal nach Griechenland, und somit gleich gehend erstmals in das Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, eingereist. Nachdem er von der Polizei in Griechenland aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden sei, hätte er einen Landesverweis bekommen. In der Folge hätte er sich rund 1 Jahr lang in Griechenland aufgehalten, ehe er im Jahre 2009 von Griechenland kommend, versteckt auf einem LKW, per Fähre am Wasserweg illegal nach Italien eingereist sei. Nach einem 2-tägigen Aufenthalt in Italien sei er per Bahn schließlich illegal in Frankreich eingereist. Nach einem Aufenthalt in Frankreich in der Dauer von einem Monat sei er schließlich – so seine weitere Schilderung - via Belgien, den Niederlanden, Deutschland und Schweden illegal in Norwegen eingereist.

In Norwegen sei der Bf im Frühjahr 2009 angekommen und habe in Oslo einen Asylantrag gestellt. Die darauffolgenden drei Jahre sei er von den norwegischen Behörden in einem Flüchtlingslager in der Stadt Budu (phonetisch) versorgt worden. Vor ca. 20 Tagen hätte er Norwegen nun verlassen, weil er einen Landesverweis bekommen hätte. Mit dem Zug und teilweise als Insasse von Reisebussen sei er von Oslo kommend über Schweden, Dänemark und Deutschland illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist. Konkret sei er am 06.04.2012 von Deutschland kommend als Insasse eines Reisezuges nach Österreich eingereist. Die an ihn herangetragene Frage, ob er je ein Reisedokument hatte, habe er verneint. Die an ihn gerichtete Frage, ob er in einem anderen Land um Asyl angesucht habe, habe er beantwortet mit dem wörtlichen Zitat: "Ja, in Norwegen." Seine Reisebewegung von Oslo bis nach Österreich hätte – so seine weitere Ausführung - ca. 20 Tage gedauert. Auf die an ihn herangetragene Frage zu Angaben über Familienangehörige in Österreich oder in einem anderen EU-Staat habe er angeführt, dass ein Onkel in X lebe. Ansonsten habe er weder zu Österreich noch zu einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen familiären Bezug ins Treffen geführt. Seine nächsten Angehörigen, das seien seine Ehegattin, seine Mutter sowie eine Schwester und zwei Brüder, seien - seinen Angaben zur Folge - alle im X wohnhaft. Auf die an ihn herangetragene Frage, warum er seinen Herkunftsstaat X verlassen habe, hätte er wörtlich zitiert angeführt: "Mein Vater war in X Schlepper und er hatte deswegen Feinde. Diese Feinde töteten meinen Vater und wollten auch uns töten, weshalb wir flüchten mussten."  Befragt ob er über Barmittel oder andere Unterstützung verfüge, habe er angeführt, dass er – abgesehen eines Bargeldbetrages in der Höhe von Euro 70,-- völlig mittellos sei und von niemandem unterstützt werde.

 

Nachdem von Seiten des einvernehmenden Polizeibeamten die Vorhaltung an den Bf herangetragen worden sei, das anlässlich einer Asylantragstellung am 29.12.2011 in Halberstadt (DEUTSCHLAND) – abgesehen von Norwegen - auch in DEUTSCHLAND ein EURODAC-Treffer vorliege, habe er eingeräumt, dass seine Ausführungen, dass er erst vor ca. 20 Tagen Norwegen in Richtung Österreich verlassen hätte, nicht der Wahrheit entsprächen. Der Bf habe daraufhin geäußert, dass es sein könne, dass er bereits im Jahr 2011, also zumindest vor einigen Monaten, aus Norwegen ausgereist sei. Die an ihn gerichtete Frage, in welchem Stand sich sein jeweiliges Asylverfahren befunden hätte, als er Norwegen bzw. Deutschland verlassen habe, habe er mit folgendem wörtlichen Zitat beantwortet: "In Norwegen habe ich einen Landverweis erhalten. Dass ich in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe, das weiß ich nicht." Die an ihn weiters herangetragene Frage, ob etwas dagegen sprechen würde, wenn er nach Norwegen zurückkehren müsste und sein Asylverfahren dort weitergeführt würde, habe er mit dem wörtlichen Zitat beantwortet: "Ich habe einen Landesverweis bekommen."

 

Dem seitens der österr. Asylbehörde zu seinem Asylantrag eingeleiteten Wiederaufnahmeersuchen an Norwegen sei mit Schreiben der norwegischen Behörde für Migration vom 20.04.2012 zugestimmt worden. Der EU-Staat Norwegen habe sich gemäß den Bestimmungen des Dubliner Abkommens für die Übernahme des Bf sowie für die Durchführung der Prüfung seines Asylbegehrens zuständig erklärt.

 

Gleichgehend sei von Seiten der norwegischen Behörde mitgeteilt worden, dass der Bf in Norwegen unter der Verwendung des Geburtsdatums: "X" in Erscheinung getreten sei.

Im Rahmen einer weiteren internationalen Erhebung in der Bundesrepublik Deutschland habe zudem in Erfahrung gebracht werden können, dass der Bf in Deutschland ebenfalls unter Verwendung des Geburtsdatums: "X" in Erscheinung getreten sei, er zudem in Deutschland infolge seines anhängigen Asylverfahrens eine gültige nationale Aufenthaltsgestattung, mit der Wirkung ab 03.02.2012, habe.

 

Im Rahmen einer ergänzenden niederschriftlichen Einvernahme im Asylverfahren am 24.04.2012 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, habe der Bf –unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Dari - die an ihn herangetragene Frage, ob er irgendwelche Krankheiten habe oder Medikamente einnehme, verneint. Befragt ob er in Österreich und/oder im Bereich der Europäischen Union Verwandte habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe, habe er angeführt, dass er einen Onkel mütterlicherseits habe, welcher in X lebe. Er habe jedoch nur den Namen und das ungefähre Alter seines Onkels anführen können. Das Geburtsdatum seines Onkels sowie dessen Adresse in X, habe der Bf nicht nennen können. Weiters habe er angeführt, dass sich sein Onkel zur Zeit im X auf Urlaub befände. In einem gemeinsamen Haushalt hätte er nie mit ihm gewohnt. Weiters habe er angeführt, dass er von seinem Onkel bei der Reise von Norwegen nach Österreich unterstützt worden und er einen Tag bei ihm gewesen sei. Von seinem Onkel habe er ein bisschen Taschengeld bekommen. Die an den Bf herangetragene Frage, wie über seinen Asylantrag in Deutschland entschieden worden sei, habe er mit dem wörtlichen Zitat beantwortet: "Das war immer noch offen, mein Freund wurde nach Norwegen abgeschoben." Zu seinem Aufenthalt in Norwegen habe er angeführt, dass er sich als Minderjähriger in Norwegen vorgestellt habe. Bei den Untersuchungen sei jedoch herausgekommen, dass er tatsächlich volljährig sei. In der Folge hätte er einen negativen Asylbescheid bekommen. Befragt warum er jetzt Norwegen verlassen habe, habe er wörtlich zitiert angeführt: "Ich war in einem Heim im Norden von Norwegen. Dann habe ich einen negativen Bescheid bekommen, ich konnte nichts mehr in Norwegen tun, arbeiten, Schule besuchen. Ich war persönlich angeschlagen und habe mit meiner Mutter gesprochen. Meine Mutter hat gesagt, dass ich nach Österreich kommen soll, damit mir mein Onkel vielleicht helfen kann."

 

Im Rahmen dieser ergänzenden niederschriftlichen Einvernahme sei dem Bf von Seiten des österr. Bundesasylamtes mitgeteilt worden, dass Norwegen dem Wiederaufnahmeersuchen der Republik Österreich zugestimmt habe und demzufolge beabsichtigt sei, seinen in Österreich gestellten Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen und seine Ausweisung nach Norwegen zu veranlassen.

 

Ebenso sei der Bf von Seiten des österr. Bundesasylamtes im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme am 24.04.2012 von der Möglichkeit informiert worden, dass er Einsicht in die Quellen der Berichte zum Mitgliedsstaat Norwegen nehmen könne, aus welchen sich das Amtswissen des BAA zur dortigen Lage ableite, was er abgelehnt habe.

 

Zum vorliegenden Sachverhalt habe der Bf im Rahmen seiner Anhörung am 24.04.2012 weiters das folgende wörtliche Zitat geäußert: "Ich will hierbleiben, ich will hier die Schule besuchen und arbeiten. Ich habe auch einen Onkel hier. In Norwegen war ich alleine. Ich bin seit 5 Jahren unterwegs, das ist sehr schwierig. Ich will endlich meine Zukunft aufbauen."

 

Sein Asylantrag vom 7.4.2012 sei mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 26.4.2012, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen worden. Gleichgehend sei festgestellt worden, dass für die Prüfung des Asylantrages Norwegen zuständig sei. Ferner sei der Bf mit gleichem Bescheid gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ausgewiesen und gemäß § 10 Abs 4 AsylG 2005 festgestellt worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Norwegen zulässig sei.

 

Gemäß § 36 Abs 1 AsylG 2005 komme einer Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung komme die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt werde.

 

Dieser zitierte Bescheid sei dem Bf am 27.4.2012 in der Erstaufnahmestelle West persönlich ausgefolgt worden.

 

Am selben Tag um ca. 12:00 Uhr – in unmittelbarem Anschluss nachdem dem Bf seitens des BAA EAST-West der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden sei – sei er von Beamten der Polizeiinspektion St. Georgen in der Erstaufnahmestelle West im Auftrag der belangten Behörde zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen worden.

 

Seitens der BH Vöcklabruck werde festgehalten, dass sich der Bf – nachdem er nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sei und er zudem in seinem Asylverfahren durchsetzbar aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Norwegen ausgewiesen worden sei – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte.

 

Weder anlässlich der Einbringung seines Asylantrages noch während seines weiteren Gastaufenthaltes in Österreich sei der Bf in der Lage gewesen, ein Nationalreisedokument oder ein anderweitiges Identitätsdokument in Vorlage zu bringen, weshalb seine tatsächliche Identität nicht gesichert sei.

 

Eine am 27.4.2012 zu seiner Person durchgeführte Überprüfung im bundesweiten zentralen Melderegister habe ergeben, dass der Bf – abseits der ihm im Rahmen seines Asylzulassungsverfahrens aus öffentlichen Mitteln finanzierten Unterkunft in der Erstaufnahmestelle West – über keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich verfüge.

 

Weiters werde seitens der belangten Behörde festgehalten, dass der Bf – abgesehen von Bargeld in der Höhe von Euro 22,42 - völlig mittellos sei.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit der Schubhaft wird von der belangten Behörde festgehalten, dass in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird und gleichgehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt wurde, durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen (und bei Vorliegen einer Ausreiseunwilligkeit) ein Sicherungsbedarf bereits indiziert ist. Mit einer zeitnahen Abschiebung nach Norwegen sei im vorliegenden Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich das Asylverfahren des Bf im finalen Stadium befinde und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren von einer zeitlich kurzen Anhaltung in Schubhaft auszugehen sei.

 

Bei der Erstbefragung nach dem AsylG habe der Bf den tatsächlichen Zeitraum seiner Reisebewegung von Norwegen nach Österreich verschleiert und trotz ausdrücklicher Belehrung, dass unwahre Aussagen nachteilige Folgen für ihn haben könnten, auch seinen der Einreise ins Bundesgebiet der Republik Österreich unmittelbar vorausgehenden längerfristigen Aufenthalt sowie seine Asylantragstellung im EU-Land Deutschland verschwiegen. Selbst nach Vorhalt des EURODAC-Treffers und des nach Ansicht der belangten Behörde somit erwiesenen Aufenthaltes und des eingebrachten Asylantrages in Deutschland habe sich der Bf nicht dazu bekannt, auch in Deutschland einen Asylantrag eingebracht zu haben.

 

Mit der Asylantragstellung in Österreich und den unwahren Aussagen zu seiner Reisebewegung bzw. zu einem vorausgehenden Aufenthalt und einer Asylantragstellung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (Deutschland) habe der Bf seinen Aufenthalt in Österreich zumindest temporär mit dem Ziel legalisieren wollen, eine Abschiebung/Zurückschiebung nach Norwegen hintanzuhalten und das in der Dublin-VO vorgesehene Regelungsregime damit zu unterlaufen.

 

Insbesondere von schutzsuchenden Fremden dürfe jedoch erwartet werden, dass sie wahrheitsgemäße Angaben zum Zeitpunkt des Verlassens des Herkunftsstaates, zu den Fluchtgründen, zur tatsächlichen Reiseroute sowie zu allfälligen Aufenthalten in einem Drittstaat bzw. in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union tätigen und dass sich ihre Angaben nicht rein darauf beschränken, Fakten, welche der Behörde ohnehin bekannt wären, auf deren Vorhaltung hin zu bestätigen. Die (wahrheitsgemäße) Bekanntgabe von der Behörde nicht bekannten Sachverhaltselementen – so wie zum Beispiel zu Beginn des Asylverfahrens des Bf den österr. Behörden der Stand seines Asylverfahrens in Deutschland ebensowenig bekannt gewesen sei wie der Umstand, dass der Bf sowohl in Norwegen als auch in Deutschland mit einem anderen Geburtsdatum in Erscheinung getreten sei - die der weiteren Klärung des Sachverhaltes dienen hätten können, habe der Bf vermieden. Ebenso habe der Bf Schriftstücke bzw. Dokumente zu seinem Asylgesuch in Norwegen bzw. in Deutschland nach Auffassung der belangten Behörde vorsätzlich in Norwegen bzw. Deutschland zurückgelassen oder diese vernichtet und damit den österr. Behörden vorenthalten.

 

Nach Ansicht der belangten Behörde sei dem vom Bf praktizierten „Asylantragstourismus“ mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten, um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen.

 

Die Gesamtheit der Handlungsweise des Bf und seine nachhaltigen Aussagen im Asylverfahren ließen in schlüssiger und nachvollziehbarer Form seine offensichtliche und kategorische Abneigung gegen den EU-Staat Norwegen erkennen. Es sei offensichtlich, dass er den EU-Staat NORWEGEN als vollkommen ungeeignet halte, ein neuerliches Asylbegehren einzubringen, dieses im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens prüfen zu lassen und sich während dieser Prüfung zur Verfügung der dortigen Behörden zu halten.

 

Der Bf nehme für sein Vorhaben, nämlich sein Reiseziel bzw. zumindest Reisezwischenziel (Österreich) zu erreichen, nach Auffassung der belangten Behörde mehr als einen illegalen Grenzübertritt innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz bewusst in Kauf, welche sich jedoch (objektiv betrachtet) keinesfalls mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung in seinem Herkunftsstaat X rechtfertigen ließen.

 

Nicht nur alleine sein Verhalten in Österreich (Verweigerung der Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes; mangelnde Bereitschaft freiwillig nach Norwegen zurückzukehren; Verwendung von unterschiedlichen Geburtsdaten in den Gastländern der EU) zeige auf, dass der Bf keinesfalls gewillt sei, sich einer Abschiebung nach Norwegen zu stellen, um sich dort dem Asylverfahren zu unterziehen. Auch der Umgang mit den norwegischen und deutschen Behörden weise in diese Richtung. Anstelle etwa in Norwegen einen neuerlichen Asylantrag einzubringen und die rechtsstaatliche Entscheidung darüber in Norwegen abzuwarten, oder aber Norwegen legal zu verlassen, habe der Bf es vorgezogen, illegal in Richtung Österreich auszureisen. Ebenso habe er auch nicht die Entscheidung über seinen in der Bundesrepublik Deutschland eingebrachten Asylantrag abgewartet. Folge man den Ausführungen des Bf im Asylverfahren –wo er angeführt habe, dass sein Freund von Deutschland nach Norwegen abgeschoben worden sei - liege der Hintergrund seiner Handlungsweise offensichtlich darin, die Gefahr einer behördlichen Überstellung von Deutschland nach Norwegen abzuwenden. Ebenso habe er Deutschland auch nicht legal verlassen, sondern habe er (trotz des Bestehens einer nationalen Aufenthaltsgestattung als Asylwerber) ein Abtauchen in die Anonymität, verbunden mit einer darauf folgenden illegalen Einreise ins Bundesgebiet der Republik Österreich, vorgezogen.

 

Bei der Bewertung der Wahl der Mittel zur Erreichung des nachhaltigen Zieles des Bf (Aufenthalt in Österreich, wenngleich auch unrechtmäßig, mittellos und unstet und unter tunlichster Vermeidung eines weiteren Aufenthaltes in den EU-Ländern NORWEGEN und DEUTSCHLAND) sei im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen werde um eine Außerlandesbringung von Österreich nach Norwegen mit Erfolg zur Gänze zu vereiteln oder um diese Maßnahmen zumindest temporär wesentlich zu verzögern und zu erschweren.

 

Ebenso komme bei der Wahl der Mittel zur Sicherung fremdenpolizeilicher Maßnahmen dem Grad der Bereitschaft des Fremden an der Mitwirkung zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes hohe Bedeutung zu.

 

In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG 2005 sei von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen; konkret stünden der Schubhaft besondere Umstände in der Person des Asylwerbers nicht entgegen. Laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz (FRÄG) 2009 umfasse der Begriff der besonderen Umstände, die in der Person des Asylwerbers liegen, insbesondere Alter und Gesundheitszustand. So wären beispielsweise bei minderjährigen Asylwerbern, Asylwerbern hohen Alters oder in Fällen, in denen der Gesundheitszustand eines Asylwerbers gegen die Einschränkungen einer Schubhaft spricht, vorrangig gelindere Mittel anzuordnen (anstelle der Schubhaft). Derartige Umstände lägen gegenständlich jedoch offenkundig nicht vor, da der Bf volljährig sei, keine (nachgewiesenen) familiären und/oder sozialen Pflichten in Österreich zu erfüllen habe und maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht geltend gemacht worden seien bzw. solche aus der Aktenlage nicht hervorgingen.

 

Im Hinblick auf den vom Bf ins Treffen geführten Aufenthalt seines Onkels in X wird seitens der belangten Behörde festgehalten, dass dieser Umstand bzw. die von ihm ins Treffen geführte Intensität der Verbindung zum Onkel nicht ausreichend dafür sei, dass die Sicherung der behördlichen Außerlandesbringung von Österreich nach Norwegen auch durch ein gelinderes Mittel in gleicher Form gewährleistet werden könne. Zum Einen werde der Bf von seinem Onkel – dessen genaues Geburtsdatum und dessen genaue Adresse in X der Bf gar nicht nennen könne - nicht in einem Umfang unterstützt, das sein Fortkommen in Österreich sichern würde, zum Anderen halte sich der Onkel (laut eigenen Ausführungen des Bf) gegenwärtig gar nicht im Bundesgebiet der Republik Österreich auf. 

 

Die belangte Behörde komme nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung des vorliegenden Sachverhaltes zum Ergebnis, dass die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung der Außerlandesbringung von Österreich nach Norwegen verhältnismäßig sei, denn dem Recht des Bf als Fremdem auf Schutz der persönlichen Freiheit stehe das in diesem Fall überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen (sowie insbesondere die Einhaltung des besonders wichtigen bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens) gegenüber.

 

In diesem Einzelfall sei eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung bis zum Eintritt der Durchführbarkeit sowie zur Sicherung der Außerlandesbringung des Bf durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend, da mit dieser Maßnahme das der Sicherung zugrunde liegende Endziel – nämlich die behördliche Außerlandesbringung von Österreich nach Norwegen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden könne. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, sei der Eingriff in das Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit notwendig gewesen und demzufolge sei von der Alternative der Anordnung eines gelinderen Mittels Abstand zu nehmen und ein konkreter und akuter Sicherungsbedarf  - welchem in der gegenständlich vorliegenden Sachverhaltskonstellation ausschließlich durch Anordnung von Schubhaft Folge getragen werden könne - zu bejahen.

 

1.2. Gegen diesen Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf mit Eingabe vom 30.4.2012 Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und beantragte unter Kostenersatz die Aufhebung des Schubhaftbescheides und Rechtswidrigerklärung der Anhaltung in Schubhaft sowie die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorliegen.

 

Der Bf bringt im Wesentlichen vor, dass die Schubhaft ohne ausreichende Begründung erfolgt und unverhältnismäßig sei. Insbesondere habe sich die Erstbehörde mit der konkreten Situation des Bf nicht hinreichend auseinandergesetzt. Der angefochtene Bescheid lasse insbesondere auch eine nachvollziehbare Begründung dahingehend vermissen, weshalb die Notwendigkeit der Schubhaft gegeben sei. Die Behörde hätte auch das Bestehen eines Sicherungsbedarfes prüfen müssen und bei Prüfung gelinderer Mittel von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen müssen.

 

Weiters argumentiert der Bf dass, sollte die Behörde die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung aufrecht erhalten haben, dies weder der Verhältnismäßigkeitsprüfung noch der Prüfung des Sicherungsbedarfes genüge.

 

Das Fehlen eigener Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes stelle keinen Schubhaftgrund dar, da dieser durch die Grundversorgung gesichert sei.

 

Hinsichtlich der durchsetzbaren Ausweisung nach Norwegen sei ebenfalls ein Sicherungsbedarf in Form einer Schubhaft nicht gegeben; in diesem Zusammenhang sei auch (unter Verweis auf § 36 Abs 4 AsylG) darauf hinzuweisen, dass der Bf innerhalb der Rechtsmittelfrist eine begründete Beschwerde an den Asylgerichtshof erhoben habe.

 

Das Aufenthaltsrecht des Bf für Österreich ergebe sich schon aus seiner Asylantragstellung, in weiterer Folge aus seiner rechtzeitigen Beschwerdeerhebung.

 

Es beruhe weiters lediglich auf nicht belegten Mutmaßungen, wenn die Erstbehörde davon ausgehe, dass sich der Bf den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen könnte. Insbesondere habe sich der Bf den Behörde stets zur Verfügung gehalten und seiner Mitwirkungspflicht an den Verfahren entsprochen.

 

Auch bleibe trotz gebotener Einzelfallprüfung von der Erstbehörde unberücksichtigt, dass ein Onkel und ein Cousin des Bf in Österreich wohnten.

 

Die Schubhaftverhängung und die Anhaltung in Schubhaft seien daher nach Auffassung des Bf rechtswidrig.

 

2.1. Mit E-Mail vom 4.5.2012 übermittelte die belangte Behörde eine Kopie des Verwaltungsaktes.

 

In ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde unter Verweis auf den angefochtenen Schubhaftbescheid im Wesentlichen aus, dass der Bf an der Feststellung des im Asylverfahren in Österreich relevanten Sachverhaltes nicht mitgewirkt habe. Der Bf habe die Einbringung eines Asylantrages in Deutschland verleugnet und ebenso unwahre Angaben zum Zeitpunkt des tatsächlichen Verlassens von Norwegen getätigt. Ebenso habe der Bf Schriftstücke bzw. Dokumente zu seinem Asylgesuch in Norwegen bzw. in Deutschland den österreichischen Behörden vorenthalten.

 

Der Bf sei – nachdem seinen eigenen Angaben zufolge sein Freund von deutschen Behörden nach Norwegen abgeschoben worden sei – trotz vorläufiger Duldung infolge eines anhängigen Asylverfahrens in Deutschland in die Anonymität abgetaucht und in weiterer Folge illegal nach Österreich weitergereist.

 

Der Bf sei weiters – anders als in Deutschland und Norwegen – mit einem geänderten Geburtsdatum in Erscheinung getreten, wobei die tatsächliche Identität des Bf mangels eines Identitätsdokuments nach wie vor nicht gesichert sei.

 

Der Bf habe sich nachhaltig negativ zu einer allfälligen Bereitschaft von Österreich nach Norwegen zurückzukehren geäußert.

 

Der Bf sei völlig mittellos und weder sozial noch familiär in Österreich integriert. Insbesondere sei der Umstand, dass in Österreich ein Onkel des Bf wohne, entsprechend gewürdigt worden. Auch habe der Bf im Rahmen seines Asylverfahrens immer angegeben, ansonsten keine weiteren Bekannten/Verwandten in Österreich zu haben. Eine nähere Bindung zu Onkel und angeblich in Österreich aufhältigem Cousin sei in der Berufung in keiner Weise dargelegt worden.

 

Abschließend wird die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt, um so eine Sicherung der behördlich geplanten Außerlandesbringung des Bf von Österreich nach Norwegen sicherzustellen.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1. und 2.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, der im Übrigen hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Punkte auch vom Bf nicht bestritten wird.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.4.2012, Z 12.04.183 – EAST-WEST, wurde der Antrag des Bf auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen und der Bf gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Norwegen ausgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde seitens des Bf Beschwerde beim Asylgerichtshof erhoben. Aufschiebende Wirkung wurde dieser Beschwerde bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht zuerkannt.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 126 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011) BGBl I 38/2011 (ausgegeben am 23. Mai 2011), treten ua. die Bestimmungen des § 76, § 77 Abs. 1, 3, 6 und 7 sowie § 80 in der Fassung des genannten Bundesgesetzes (BGBl. I 38/2011) mit 1. Juli 2011 in Kraft. Auf den vorliegenden Sachverhalt ist demnach die aktuelle Rechtslage anzuwenden. Die Änderungen durch BGBl. I 112/2011 dienten lediglich der Bereinigung von Redaktionsversehen und sind für den gegenständlichen Fall ohne Entscheidungsrelevanz.

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs. 4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 27.4.2012, Z Sich40-1746-2012, seit 27.4.2012 bis dato im Polizeianhaltezentrum Steyr in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat gem. § 83 Abs. 1 FPG zur Entscheidung berufen ist. Die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich dabei aus § 6 Abs. 4a FPG.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, ist gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 leg.cit. genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Ein gelinderes Mittel ist gem. Abs. 3 leg.cit. insbesondere die Anordnung

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.4. Zu den Schubhaftgründen:

 

3.4.1. Gem. § 76 Abs. 2a Z 1 FPG hat die zuständige Fremdenpolizeibehörde ua. über einen Asylwerber zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung Schubhaft anzuordnen, wenn gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt.

 

Aus fremdenrechtlicher Sicht durfte die belangte Behörde nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates die am 27.4.2012 verhängte Schubhaft auf § 76 Abs. 2a Z 1 FPG stützen.

 

3.4.2. Vorweg ist festzuhalten, dass der Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG erfüllt ist: Der Asylantrag des Bf wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.4.2012, Z 12.04.183-EAST-WEST, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen.

Gemäß § 36 Abs. 1 AsylG 2005 kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu; einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundene Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird, was im gegenständlichen Fall im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht der Fall war.

Gemäß Abs. 4 leg.cit. ist die Ausweisung durchsetzbar, wenn einer Beschwerde gegen eine Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zukommt.

Da gegen den Bf als Asylwerber somit eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG somit grundsätzlich erfüllt.

 

3.4.3. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg.cit. grundsätzlich eine obligatorische Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass in den hier normierten fünf Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird".

 

Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen.

 

Es folgt also daraus, dass das Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des § 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt. Weiters muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Auch muss schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach zwar dazu geeignet, aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen; die Möglichkeit der Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG bleibt aber auch diesbezüglich zu prüfen.

 

Entgegen der – im übrigen unsubstanziiert vorgebrachten und nur ganz allgemein formulierten – Behauptung des Bf in der Beschwerde, hat die belangte Behörde im Schubhaftbescheid allerdings sehr wohl eine – sogar sehr ausführliche – einzelfallbezogene Prüfung des konkreten Sicherungsbedarfes und des Ausschlusses gelinderer Mittel vorgenommen.

 

3.4.4. Vorweg ist anzumerken, dass aus dem bekämpften Bescheid der belangten Behörde ein einzelfallbezogener Sicherungsbedarf des Bf eindeutig hervorgeht.

 

Der Bf (seit ca. 7.4.2012 illegal in Österreich eingereist) ist mittellos und – wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt – in Österreich weder sozial noch sonstig in besonderem Maß integriert. Auch in familiärer Hinsicht finden sich keine Bezugspunkte in Form besonders bemerkenswerter Bindungen des Bf zu Österreich. Diesbezüglich ergeben sich im Übrigen auch keinerlei gegenteiligen Anhaltspunkte aus der Beschwerdeschrift, da der gänzlich unsubstanziierte Hinweis in der Berufung, dass ein Onkel und ein Cousin des Bf in Österreich wohnten, mangels jeglicher Konkretisierung als bloße begründungslose Schutzbehauptung zu qualifizieren ist (vgl. diesbezüglich auch die Ausführungen im Bescheid des BAA-EAST-WEST vom 26.4.2012). Insbesondere lebte der Bf zu keiner Zeit im gemeinsamen Haushalt mit seinem Onkel, der sich im Übrigen derzeit auch – den eigenen Angaben des Bf zufolge – auf Urlaub im Ausland befindet. Dass der Onkel des Bf diesen bei seiner Einreise und seinem Aufenthalt in Österreich kurzfristig unterstützte, begründet keine entsprechend bemerkenswerte familiäre Bindung zu diesem, die über das übliche Maß hinausginge.

 

Besonders ist in diesem Zusammenhang – wie schon von der belangten Behörde im angefochtenen Schubhaftbescheid – zu würdigen, dass der Bf offensichtlich keinesfalls dazu bereit ist, nach Norwegen zurückzukehren. Wie aus dem Akt ersichtlich ist und auch von der belangten Behörde zutreffend festgestellt wird, will der Bf unter keinen Umständen nach Norwegen zurück: Der Bf hat nach endgültig negativer asylrechtlicher Entscheidung der norwegischen Behörden Norwegen verlassen, um seinen Aufenthalt in der Europäischen Union zu sichern. Auch geht aus der bisherigen Verfahrensdokumentation eindeutig die Unwilligkeit des Bf, nach Norwegen zurückzukehren, hervor, will der Bf eigenen Angaben zufolge doch jedenfalls in Österreich bleiben um sich eine Zukunft aufbauen zu können. Dass der Bf dabei keine Mittel scheut, dieses Ziel zu erreichen, zeigt – wie auch von der belangten Behörde zutreffend argumentiert – nicht zuletzt sein bisheriges Verhalten:

Im bisherigen Verfahren ist der Bf wiederholt – sowohl in Norwegen als auch in Deutschland – in die Anonymität abgetaucht. Norwegen verließ er unmittelbar nach endgültig negativer Entscheidung seines Asylverfahrens (vom 29.9.2011) – in dem er im Übrigen ein falsches (anderes) Geburtsdatum angegeben hatte, um wohl auf diese Weise sein Asylverfahren positiv zu beeinflussen. In weiterer Folge versuchte der Bf durch neuerliche Asylantragstellung in Deutschland seinen Aufenthalt in der Europäischen Union zu sichern; die Entscheidung über diesen Asylantrag wartete der Bf allerdings nicht ab sondern verließ vor dem Hintergrund, dass sein Freund aus Deutschland bereits nach Norwegen abgeschoben worden war, vorzeitig die Bundesrepublik Deutschland, um illegal nach Österreich zu reisen. Auch in Österreich war aber spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem der Bf von der negativen Erledigung seines Asylantrages durch das Bundesasylamt am 27.4.2012 Kenntnis erlangte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit dem Untertauchen des Bf in die Anonymität zu rechnen, hätte dieser doch alles daran gesetzt, jedenfalls nicht nach Norwegen zurückkehren zu müssen. Denn das Motiv des Bf ist klar: Der Bf will mit allen Mitteln – insbesondere auch mit der Weiterreise in andere europäische Staaten, sobald Asylverfahren negativ erledigt sind bzw. negativ auszugehen drohen – einer unmittelbar drohenden Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Norwegen und in weiterer Folge in sein Heimatland entgehen. Dass eine Rückkehr nach Norwegen für den Bf keinesfalls in Frage kommt, erhärtet dabei die Annahme seiner Fluchtgefahr.

 

Die belangte Behörde konnte auch nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf (insbes. mehrmaliges Abtauchen in die Anonymität, illegale Grenzübertritte nach Deutschland und Österreich, Ausreiseunwilligkeit) zu Recht davon ausgehen, dass sich der Bf auf freiem Fuß belassen ab dem Zeitpunkt, in dem er von der negativen Entscheidung des Bundesasylamtes – EAST-WEST und die Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Norwegen erfahren hat (27.4.2012), mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der österreichischen Behörden entzogen hätte, um erneut in die Anonymität – gegebenenfalls auch durch einen neuerlichen illegalen Grenzübertritt in einen weiteren EU-Mitgliedstaat – abzutauchen. Diese Gefahr des Abtauchens des Bf besteht auch im Entscheidungszeitpunkt des Oö. Verwaltungssenates nicht zuletzt aufgrund der tatsächlichen Kenntnis des Bf von einer zeitnah drohenden Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Norwegen nach wie vor in besonderem Maße.

 

Wenn auch eine fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen kann, so ergibt sich damit im Rahmen einer Gesamtschau des konkreten Einzelfalles doch eindeutig, dass – der belangten Behörde folgend – im vorliegenden Fall von einem erheblichen Sicherungsbedarf auszugehen war und weiterhin ist.

 

Ein erheblicher Sicherungsbedarf iSd § 76 Abs. 2a FPG war und ist daher seit Verhängung der Schubhaft am 27.4.2012 bis dato jedenfalls zu bejahen. Im Übrigen machte der Bf auch keinerlei Umstände geltend, die auf die insbesondere in § 76 Abs. 2a FPG 2005 genannten besonderen Umstände abzielen könnten; er ist weder aufgrund seines Alters noch aufgrund seiner Gesundheit hinsichtlich der Schubhaftverhängung besonders schutzwürdig und hat dies auch nicht vorgebracht.

 

3.5. Damit scheidet auch die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise im konkreten Fall grundsätzlich aus. Eine tägliche Meldepflicht etwa würde den Zweck der Schubhaft aufgrund der erheblichen Gefahr, dass der Bf auf freiem Fuß belassen untertaucht um mit hoher Wahrscheinlichkeit in weiterer Folge das Bundesgebiet zu verlassen, nicht gewährleisten können. Auch die Tatsache, dass ein Onkel und Cousin des Bf in Österreich wohnen, gewährleistet keinesfalls, dass sich der Bf dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörden zur Verfügung halten würde; insbesondere zeigt die Tatsache, dass der Bf seit seiner Einreise in Österreich seinen eigenen Angaben zufolge einen Tag bei seinem Onkel übernachtet habe, dass eine Wohnsitznahme bei diesem aber keineswegs beabsichtigt war.

Die Annahme, dass sich der Bf auf freiem Fuß belassen dem Zugriff der Behörden keineswegs zur Verfügung halten würde, ist durch das bisherige Verhalten des Bf (sowohl in Norwegen, als auch in Deutschland und Österreich) – wie bereits dargelegt – ausreichend dokumentiert. Daran vermag auch die Behauptung in der Beschwerde, der Bf hätte sich den Behörden stets zur Verfügung gehalten und seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren entsprochen, als bloße Schutzbehauptung nichts zu ändern. Denn wie die belangte Behörde richtig ausführte, verleugnete der Bf seine Asylantragstellung in Deutschland und tätigte – wie aus dem Verfahrensakt hervorgeht – ebenso unrichtige Angaben hinsichtlich des Zeitpunktes des tatsächlichen Verlassens von Norwegen (vgl. insbesondere die im Akt einliegende Auskunft des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge den Bf betreffend, demgemäß dem Bf eine vorläufige Duldung [Aufenthaltsgestattung seit 3.2.2012] infolge eines anhängigen Asylverfahrens in Deutschland zugesprochen wurde).

 

Sowohl die belangte Behörde als auch das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates hatte bzw. hat im Rahmen einer Prognoseentscheidung daher keinen Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft auch durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden kann.

 

3.6. Die Verhängung der Schubhaft und die weitere Anhaltung ist demnach zweifellos auch weiterhin verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war und ist der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit – entgegen den Ausführungen des Bf in seiner Beschwerde – notwendig.

 

Auch ergibt sich aus dem im Akt einliegenden positiven Akzeptanz-Schreiben der norwegischen Behörden vom 20.4.2012, dass mit einer baldigen Abschiebung des Bf nach Norwegen zu rechnen ist.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls weiterhin nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf in Österreich – wie bereits ausführlich dargelegt – keine besonders ins Treffen zu führenden familiären Bezugspunkte hat.

 

3.7. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Gemäß Abs. 2 leg.cit. darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

Da, wie bereits erwähnt, insbesondere aufgrund des positiven Akzeptanz-Schreibens der norwegischen Behörden mit einer raschen Abschiebung nach Norwegen zu rechnen ist, und sich der Bf erst seit 27.4.2012 in Schubhaft befindet, ergeben sich hinsichtlich § 80 FPG keine Probleme.

Das Ziel der Schubhaft, die Sicherung der Abschiebung des Bf nach Norwegen, ist daher zum Entscheidungszeitpunkt allein der Aktenlage zufolge durchaus zeitnah erreichbar.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Umstand, dass die belangte Behörde als Zweck der Schubhaft im angefochtenen Bescheid zusätzlich zur zutreffenden Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) irrtümlicher Weise auch die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) nennt, der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Schubhaftbescheides nicht schadet.

 

3.8. Derzeit sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden. Daher war die Beschwerde vom 30.4.2012 (eingelangt beim Oö. UVS am 4.5.2012) als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  B e r g e r

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum