Linz, 30.04.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Berger über die Beschwerde des X, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch dem Bürgermeister der Stadt Steyr zurechenbare Organe aus Anlass der Vorführung zum Strafantritt am 13.2.2012 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Vorführung des Beschwerdeführers am 13.2.2012 durch dem Bürgermeister der Stadt Steyr zurechenbare Organe für rechtswidrig erklärt.
II. Das Land Oberösterreich (Verfahrenspartei: Bürgermeister der Stadt Steyr) hat dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Rechtsgrundlagen:
Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. 51, in der Fassung BGBl. I 100/2011 (AVG); § 67c und § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II 456.
Entscheidungsgründe:
2.1. Mit Schreiben vom 2.4.2012 übermittelte der Magistrat der Stadt Steyr, gezeichnet für den Bürgermeister, dem Oö. Verwaltungssenat – nach telefonischer Urgenz durch den Oö. Verwaltungssenat – den bezughabenden Verwaltungsakt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.
" § 29a. Wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, kann die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat. Das Strafverfahren darf nur an eine Behörde im selben Bundesland, der Strafvollzug nur an eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeidirektion übertragen werden.
...
Zuständige Behörde
§ 53a. Alle Anordnungen und Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe obliegen bis zum Strafantritt der Behörde, die in erster Instanz entschieden hat oder der der Strafvollzug gemäß § 29a übertragen worden ist. Mit Strafantritt stehen diese Anordnungen und Entscheidungen, soweit nicht das Vollzugsgericht zuständig ist, der Verwaltungsbehörde zu, der gemäß § 53 der Strafvollzug obliegt (Strafvollzugsbehörde).
Einleitung des Vollzuges von Freiheitsstrafen
§ 53b. (1) Ein Bestrafter auf freiem Fuß, der die Strafe nicht sofort antritt, ist aufzufordern, die Freiheitsstrafe binnen einer bestimmten angemessenen Frist anzutreten.
(2) Kommt der Bestrafte der Aufforderung zum Strafantritt nicht nach, so ist er zwangsweise vorzuführen. Dies ist ohne vorherige Aufforderung sofort zu veranlassen, wenn die begründete Sorge besteht, daß er sich durch Flucht dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen werde. Solange eine solche Sorge nicht besteht, ist mit dem Vollzug bis zur Erledigung einer vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof in der Sache anhängigen Beschwerde zuzuwarten. § 36 Abs. 1 zweiter Satz und § 36 Abs. 3 sind anzuwenden.
Vollstreckung von Geldstrafen
§ 54b. (1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind zu vollstrecken.
(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.
(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen."
Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl. VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl. VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl. mwN Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz. 610).
Aufgrund der auch von der belangten Behörde unwidersprochenen Ausführungen des Bf wurde dieser von den einschreitenden Organen zum Mitkommen verhalten und drohte diesem bei Nichtbefolgung die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges in Form einer zwangsweisen Vorführung, die dem Bf auch durch das im Akt einliegende behördliche Schreiben, datiert mit 27.1.2012, ausdrücklich mitgeteilt wurde. Auch nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung stellt die zwangsweise Vorführung zum Strafantritt – ebenso wie die nachfolgende Anhaltung – einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar (VwGH 23.9.2003, 2003/02/0167; vgl. auch Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 931).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Durchführung der in Rede stehenden Vorführung – so wie auch die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe vom 24.1.2011 und die bescheidförmigen Strafaufschübe vom 25.2. und 29.4.2011 – auf Anordnung der belangten Behörde ("für den Bürgermeister") erfolgte. Die Vorführung durch die Polizeiorgane am 13.2.2012 ist daher dem Bürgermeister der Stadt Steyr als belangte Behörde zuzurechnen.
Im vorliegenden Fall wurde durch die einschreitenden Polizeiorgane zweifellos unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt dem Bf gegenüber geübt, weshalb die begrifflichen Voraussetzungen für eine Maßnahmenbeschwerde jedenfalls gegeben sind (vgl. VfSlg 12.423/1990; 12.122/1989).
Art 1 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrSchG), BGBl 684/1988, gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art 1 Abs 2 PersFrSchG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art 1 Abs 3 PersFrSchG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.
Die Gesetzesvorbehalte des Rechts auf persönliche Freiheit (Art 5 EMRK, Art 2 PersFrSchG) bieten für sich genommen noch keine ausreichende Grundlage für Eingriffe in die persönliche Freiheit. Diese bedürfen der näheren Konkretisierung durch das Gesetz. Fehlt eine gesetzliche Grundlage, ist der Freiheitsentzug verfassungswidrig. Einschränkungen des Grundrechtes der persönlichen Freiheit anzuordnen ist ausschließlich Sache des Gesetzgebers und nicht der Behörden. Der Freiheitsentzug muss gesetzlich vorgesehen (Art 1 Abs 3 PersFrSchG) bzw. rechtmäßig (Art 5 Abs 1 EMRK) sein, und er darf nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise erfolgen (Art 1 Abs 2; Art 2 Abs 1 PersFrSchG; Art 5 Abs 1 EMRK). Darin liegt nicht nur ein Gebot an die Vollziehung, sich gesetzeskonform zu verhalten, sondern auch eine Verpflichtung des Gesetzgebers, entsprechende Gesetze zu erlassen und diese inhaltlich ausreichend bestimmt zu formulieren (siehe Kopetzki in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, Rz. 51 zu Art 1 PersFrSchG).
3.5. Zusammengefasst ist der Schutzbereich des Grundrechts auf persönliche Freiheit die körperliche Bewegungsfreiheit des Menschen (Öhlinger, Verfassungsrecht8, Rz 835 ff, mwN).
Es steht daher jedenfalls außer Zweifel, dass durch die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 13.2.2012 durch die einschreitenden Beamten in dieses Grundrecht eingegriffen wurde. Dieser Eingriff ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates schon insofern rechtswidrig, als die Vorführung zum Strafantritt vom 13.2.2012 auf der Anordnung einer unzuständigen Behörde beruhte:
Nach § 29a VStG ist aus verfahrensökonomischen Gründen die Übertragung der Zuständigkeit auf die sachlich zuständige Behörde, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat, grundsätzlich zulässig. Der Strafvollzug darf dabei aber nur an eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Bundespolizeidirektion übertragen werden.
Wie sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt eindeutig ergibt, erfolgte die Übertragung des Strafvollzuges gemäß § 29a VStG mit Schreiben vom 20.1.2011 dem Magistrat der Stadt Steyr gegenüber. Eine Übertragung auf den Bürgermeister der Stadt Steyr als Bezirksverwaltungsbehörde ist damit nicht erfolgt.
Im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung geht das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates davon aus, dass die Begründung der Zuständigkeit der delegierten Behörde nur dann eintritt, wenn der Übertragungsakt rechtmäßig erfolgt. "Bei Übertragung an die falsche Behörde ... oder bei Fehlen der Voraussetzungen des § 29a VStG im Zeitpunkt der Delegation ... ist die Verfahrensanordnung (die intendierte Zuständigkeitsübertragung) ohne Wirkung" (Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 785; so auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] § 29a VStG, Anm. 8, jeweils mN aus der Rechtsprechung). Wenn im vorliegenden Übertragungsakt daher der Magistrat der Stadt Steyr als – falsche – delegierte Behörde genannt wird, so ist diese Anordnung "unwirksam und absolut nichtig" (Raschauer/Wessely [Hrsg.], Verwaltungsstrafgesetz – Kommentar [2010], § 29a VStG, Rz 4 mwN aus hL und Rechtsprechung).
In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass bei Zuständigkeitsregelungen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des verfassungsgesetzlichen Rechtsstaatsprinzips – ganz besondere Anforderungen an eine unzweifelhafte Determiniertheit zu stellen sind. Eine Auslegung des Delegationsschreibens vom 20.1.2011 dahingehend, dass mit der Übertragung auf den Magistrat der Stadt Steyr (als Behörde im eigenen Wirkungsbereich der Statutarstadt Steyr) eigentlich eine Übertragung auf den Bürgermeister der Stadt Steyr (als Behörde im übertragenen Wirkungsbereich der Statutarstadt Steyr) gemeint sei, ist nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates daher jedenfalls ausgeschlossen.
Da somit sämtliche Akte im Zusammenhang mit dem Strafvollzug (so insbes. die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe vom 24.1.2011, die Strafaufschübe vom 25.2.2011 und vom 29.4.2011 sowie die Anordnung der Vorführung zum Strafantritt vom 27.1.2012) mangels wirksamer Zuständigkeitsdelegation von der unzuständigen Behörde ergingen, war das Einschreiten der Polizeibeamten am 13.2.2012 schon allein aufgrund der zuständigkeitsbedingten Rechtswidrigkeit der zitierten Anordnungen jedenfalls rechtswidrig. Mit anderen Worten: Das in Rede stehende Einschreiten der Polizeiorgane am 13.2.2012 findet seine Grundlage allein in rechtswidrigen behördlichen Anordnungen, was für sich allein schon zur Rechtswidrigkeit der von den Polizeiorganen gesetzten Maßnahme führt.
3.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.7. Selbst wenn man aber von der Rechtmäßigkeit der Übertragung des Strafvollzuges gem. § 29a VStG ausgehen sollte, führte auch eine inhaltliche Prüfung zu keinem anderen Ergebnis:
Gem. § 53b Abs 1 VStG ist ein Bestrafter auf freiem Fuß grundsätzlich aufzufordern, die Freiheitsstrafe binnen einer bestimmten angemessenen Frist anzutreten. "Inwiefern eine Aufforderung zum Strafantritt wiederholt werden muss, ist im Einzelfall davon abhängig, welcher Zeitraum zwischen der Aufforderung und der Verhaftung liegt, warum keine Vorführung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufforderung erfolgte (zB zwischenzeitiger Strafaufschub oder Ratenzahlung) und welche Maßnahmen in der Zwischenzeit gesetzt wurden (vgl VfSlg 13.096/1992)."
In VSlg 8297/1978 hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtswidrigkeit einer zwangsweisen Vorführung zum Antritt einer Ersatzarreststrafe angenommen, die nach Erlassung eines Teilzahlungsbescheides, aber ohne neuerliche behördliche Aufforderung, die Ersatzarreststrafe anzutreten, von der Behörde verfügt wurde, nachdem die vorgeschriebenen Teilzahlungen nicht entrichten wurden.
Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Aufforderung zum Strafantritt am 24.1.2011; in der Folge wurden dem Bf – ohne neuerliche behördliche Aufforderung, die Ersatzarreststrafe anzutreten – Strafaufschübe gewährt (mit Bescheid vom 25.2.2011 und 29.4.2011); datiert mit 27.1.2012 wurde schließlich die Vorführung zum Strafantritt ausgesprochen. Im Lichte der dargelegten höchstgerichtlichen Rechtsprechung hätte daher – nicht zuletzt aufgrund des längeren Zeitraumes, der seit der behördlichen Aufforderung zum Antritt der Ersatzarreststrafe verstrichen war – einer zwangsweisen Vorführung des Bf zum Antritt der Ersatzarreststrafe im Februar 2012 erneut eine Aufforderung zum Strafantritt vorausgehen müssen.
Selbst unter der – vom erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht vertretenen – Annahme einer rechtmäßigen Delegation nach § 29a VStG wäre die in Rede stehende Vorführung zum Strafantritt mangels zeitgerechter (wiederholter) Aufforderung zum Strafantritt als rechtswidrig zu qualifizieren.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Hinweis: Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
Astrid Berger
VwSen-420727/6/AB/Hk vom 30. April 2012
Erkenntnis
Rechtssatz
VStG §29a
Im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung geht das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates davon aus, dass die Begründung der Zuständigkeit der delegierten Behörde nur dann eintritt, wenn der Übertragungsakt rechtmäßig erfolgt. "Bei Übertragung an die falsche Behörde ... oder bei Fehlen der Voraussetzungen des § 29a VStG im Zeitpunkt der Delegation ... ist die Verfahrensanordnung (die intendierte Zuständigkeitsübertragung) ohne Wirkung" (Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 785; so auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 (2003) § 29a VStG, Anm. 8, jeweils mN aus der Rechtsprechung). Wenn im vorliegenden Übertragungsakt daher der Magistrat der Stadt X als – falsche – delegierte Behörde genannt wird, so ist diese Anordnung "unwirksam und absolut nichtig" (Raschauer/Wessely (Hrsg.), Verwaltungsstrafgesetz – Kommentar (2010), § 29a VStG, Rz 4 mwN aus hL und Rechtsprechung).
Bei Zuständigkeitsregelungen sind – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des verfassungsgesetzlichen Rechtsstaatsprinzips – ganz besondere Anforderungen an eine unzweifelhafte Determiniertheit zu stellen. Eine Auslegung des Delegationsschreibens dahingehend, dass mit der Übertragung auf den Magistrat der Stadt X (als Behörde im eigenen Wirkungsbereich) eigentlich eine Übertragung auf den Bürgermeister der Stadt X (als Behörde im übertragenen Wirkungsbereich) gemeint sei, ist daher jedenfalls ausgeschlossen.
Da somit sämtliche Akte im Zusammenhang mit dem Strafvollzug (so insbes. die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe, die Strafaufschübe sowie die Anordnung der Vorführung zum Strafantritt) mangels wirksamer Zuständigkeitsdelegation von der unzuständigen Behörde ergingen, war das Einschreiten der Polizeibeamten schon allein aufgrund der zuständigkeitsbedingten Rechtswidrigkeit der zitierten Anordnungen jedenfalls rechtswidrig. Mit anderen Worten: Das in Rede stehende Einschreiten der Polizeiorgane findet seine Grundlage allein in rechtswidrigen behördlichen Anordnungen, was für sich allein schon zur Rechtswidrigkeit der von den Polizeiorganen gesetzten Maßnahme führt.