Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150903/9/Re/HUE

Linz, 05.06.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger nach der am 25. Jänner 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Be­rufung des O S L, vertreten durch ZRS Z Rechtsanwaltssozietät, R, G, gegen das Straferkenntnis  des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7. Oktober 2011, Zl. 0000875/2011, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.   

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 60 Euro zu leisten.  

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34  Stunden verhängt, weil er am 4. Oktober 2010, 8.55 Uhr, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen  die mautpflichtige Bundesstraße A1, Mautabschnitt KN Linz – Asten St. Florian, km 164.143, benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Nach den Bestimmungen des BStMG unterliege die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, einer fahrleistungsabhängigen Maut.

 

2. In der Berufung brachte der Vertreter des Bw vor, dass er zwischen dem Einspruch gegen die Strafverfügung am 1. Februar 2011 und der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. September 2011 seitens der Behröde "nichts vernommen habe", weshalb er davon ausgehe, dass zwischenzeitlich Verjährung eingetreten sei. Der Bw bestreite entschieden, dass die GO-Box zur Tatzeit nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Die Nichtabbuchungen seien auf den sehr starken Regen zur Tatzeit zurückzuführen. An den anderen Stellen sei die Maut ordnungsgemäß entrichtet worden, was nachgewiesen werden könnte.

 

Beantragt wurde, das "Straferkenntnis vollumfänglich aufzuheben und Herrn O S L freizusprechen".

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 4. Jänner 2011 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungs­grund ist angegeben, dass die GO-Box nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Gem. § 19 Abs. 2 BStMG sei dem Lenker mündlich eine Ersatzmaut angeboten worden. Diesem Angebot sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Gegen die Strafverfügung vom 10. Jänner 2011 brachte der Vertreter des Bw einen Einspruch ein.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. September 2011 rechtfertigte sich der Bw wie in der später eingebrachten Berufung.  

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 14. November 2011 zwei Beweisfotos in digitaler Originalqualität und eine Auflistung der am Tattag durchfahrenen Mautbalken.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Verhandlungsleiter zunächst fest, dass sowohl der Bw als auch sein Vertreter unentschuldigt der Verhandlung ferngeblieben sind.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte nach Einsicht in die Beweisfotos aus, dass zur Tatzeit kein Regen vorgelegen und die Fahrbahn trocken gewesen sei. Es habe sich um einen schönen Tag gehandelt, welcher witterungsmäßig nicht beeinflusst worden sei. Zudem sehe man Schattenbildungen aufgrund der Sonnenbestrahlung. Wegen der Wetterlage sei plausibel, dass der Scheibenwischer zur Tatzeit nicht verwendet worden sei.

Auf den Beweisfotos sei weiters ersichtlich, dass zwei GO-Boxen in etwa der Mitte der Windschutzscheibe nebeneinander montiert seien. Diese GO-Boxen würden vom fahrerseitigen Scheibenwischer mittig überlappt. Diese Art der Montage könne dazu führen, dass die Maut nur temporär abgebucht werde. Um Nichtabbuchungen ausschließen zu können, müsse die GO-Box – entsprechend den Vorschriften – oberhalb der Endstellung des Scheibenwischers angebracht werden. Dies sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:  

 

6.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Punkt 8.1 der Mautordnung besagt, dass die GO-Box ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren ist, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist. Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen. Der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe ist von fremden Gegenständen freizuhalten. Der Kraftfahrzeuglenker hat von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten. Eine andere Anbringung der GO-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung der ASFINAG Maut Service GmbH zulässig.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretungen gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

6.2. Hinsichtlich der vom Vertreter des Bw vertretenen Ansicht, es sei Verjährung eingetreten, ist darauf hinzuweisen, dass im Hinblick auf § 31 VStG weder Verfolgungs- noch Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist.

 

6.3. Zum Sachverhalt: Aufgrund des Ermittlungsergebnisses steht nunmehr fest, dass die GO-Box zur Tatzeit entgegen den Bestimmungen von Punkt 8.1 der Mautordnung montiert war, da ein Scheibenwischer des Kfz die GO-Box überlappt hat.

 

Dem Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist zu entnehmen, dass die gegenständliche Falschmontage der GO-Box die Ursache für die Nichtabbuchung der Maut (zur Tatzeit) darstellt. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Schlüssigkeit und Vollständigkeit dieses Gutachtens keinen Zweifel.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass der Bw verabsäumt hat, die ordnungsgemäße Anbringung der GO-Box an der Windschutzscheibe zu überprüfen. Gegebenenfalls vorliegende Rechtunkenntnis bzw. Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box würden den Bw nicht entschuldigen, da er als Lenker verpflichtet ist, sich vor Benützung einer Mautstrecke über die rechtlichen und faktischen Voraussetzungen für die Benützung von Mautstrecken, insbesondere auch über die Gebrauchsvorschriften der GO-Box, ausreichend in Kenntnis zu setzen. Das Verhalten des Bw ist als sorgfaltswidrig einzustufen, da es ihm obliegen wäre, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut Sorge zu tragen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG denkbar wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegen sind. Die – hier anzunehmende – fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG). Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht gering zu veranschlagen, da das ordnungsgemäße Anbringen der GO-Box gegenständlich die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

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