Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301056/2/WEI/Ba

Linz, 21.05.2012

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des J S, geb. X, W, L, gegen das mündlich verkündete Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 26. Mai 2011, Zl. S-19.372/11-2, wegen Verwaltungsübertretungen nach den §§ 1 Abs 1 und 3 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 36/2011) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird in der Schuldfrage als unzulässig zurückgewiesen. Die Strafberufung wird als unbegründet abgewiesen und der Strafausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz weitere Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu den Spruchpunkten 1) und 2) in Höhe von je 5 Euro, insgesamt daher von 10 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Strafverfügung vom 13. Mai 2011, Zl. S-19.372/11-2, wurde der Berufungswerber (im Folgenden Bw) auf Grund der Anzeige der Polizeiinspektion H vom 31. März 2011, Zl. A2/17056/2011-STR, betreffend eigene dienstliche Wahrnehmungen von Polizeiorganen am 31. März 2011 wie folgt schuldig erkannt:

 

"S t r a f v e r f ü g u n g

 

1)      Sie haben am 31.03.2011, von 18.15 – 18.20 Uhr in L, W den öffentlichen Anstand verletzt, indem Sie sich nur mit einer Unterhose bekleidet aus dem Fenster gelehnt haben.

2)      Sie haben am 31.03.2011, von 18.15 – 18.20 Uhr in L, W durch lautes Spielen mit einer Trompete bei geöffnetem Fenster, ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)         § 1 Abs. 1 OÖ. Pol. StG

2)         § 3 Abs. 1 OÖ. Pol. StG "

 

Wegen dieser Übertretungen verhängte die belangte Behörde gemäß § 10 Abs 1 lit a) Oö. PolStG zu den Spruchpunkten 1) und 2) je eine Geldstrafe von 50 Euro  und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden.

 

Die Strafverfügung hat der Bw am 25. Mai 2011 eigenhändig übernommen.

 

2. Am 26. Mai 2011 erhob der Bw bei der belangten Behörde niederschriftlich Einspruch gegen die Strafverfügung, wobei er sich ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe wendete (arg.: "weil mir das Strafausmaß aus folgenden Gründen zu hoch bemessen erscheint:"). Er führte dazu begründend weiter aus, dass es richtig sei, dass er mit der Trompete gespielt habe. Da einige Personen von der Straße aus zuhörten und applaudierten, habe er keine strafbare Lärmerregung gesehen. Es sei an diesem Tag auch schon wärmer gewesen, weshalb er nur mit Unterhose bekleidet war. Er habe nicht angenommen, dass man dies von der Straße habe wahrnehmen können. Die Strafen von je 50 Euro erscheinen ihm doch zu hoch bemessen.

 

Die belangte Behörde nahm daraufhin mit dem Bw die Niederschrift vom 26. Mai 2011 ab 11:30 Uhr auf, in der festgehalten wird, dass der Beschuldigte gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 13. Mai 2011 fristgerecht Einspruch gegen die Strafhöhe erhob. Zu den persönlichen Verhältnissen des Bw wurde ein Einkommen von ca. 800 Euro (Pensionsvorschuss) kein Vermögen und keine Sorgepflichten festgehalten.

 

Die belangte Behörde verkündete daraufhin gemäß § 49 Abs 2 VStG ihre Entscheidung über den Einspruch durch Straferkenntnis über die Strafhöhe.

 

Zu den Spruchpunkten 1) und 2) der Strafverfügung wurden die Geldstrafen auf je 25 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 18 Stunden herabgesetzt. Dazu wurde gemäß § 64 VStG ein einheitlicher Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 5 Euro (10 % der Geldstrafen) festgesetzt.

 

Begründend wird auf das geringere Verschulden durch die im Einspruch dargelegten Umstände und das geringe Einkommen des Bw hingewiesen.

 

Der Bw gab nach erteilter Rechtsmittelbelehrung keine Erklärung ab und die Amtshandlung war um 11:40 Uhr beendet.

 

3. Am 7. Juni 2011 erschien der Bw abermals bei der belangten Behörde und gab folgende Berufung zu Protokoll (Niederschrift vom 07.06.2011):

 

"Gegen das mündlich verkündete Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz unter obiger Zahl vom 26.5.2011 erhebe ich Berufung dem Grunde sowie in eventu der Strafhöhe nach.

 

Meiner Meinung nach setzte ich am 31.03.2011 kein strafbares Verhalten, weil ich bis 21:30 Uhr in meiner Wohnung Trompete spielen darf. Hinsichtlich der Anstandsverletzung möchte ich sagen, dass ich mich in meiner Wohnung bewegen kann, wie ich will. Ich kann auch nicht sagen, wer mich in der Unterhose bekleidet gesehen und angezeigt hat."

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 1 Abs 1 Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 77/2007) begeht, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung,

 

wer den öffentlichen Anstand verletzt.

 

Nach § 1 Abs 2 Oö. PolStG ist jedes Verhalten in der Öffentlichkeit als Anstandsverletzung im Sinne des Abs 1 anzusehen, das einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte bildet.

 

Gemäß § 3 Abs 1 Oö. PolStG begeht – außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung - eine Verwaltungsübertretung,

 

wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

 

Störender Lärm ist nach § 3 Abs 3 Oö. PolStG dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

 

Nach § 10 Abs 1 lit a) Oö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 1 oder § 3 leg.cit. von der Bezirksverwaltungsbehörde oder der zuständigen Bundespolizeidirektion mit Geldstrafe bis 360 Euro zu bestrafen.

 

4.2. Mit der vorliegenden Berufung wendet sich der Bw auch gegen die Tatvorwürfe dem Grunde nach und bestreitet erstmals ein strafbares Verhalten an sich. Im niederschriftlichen Einspruch vom 26. Mai 2011 gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 13. Mai 2011 hatte er dagegen ausdrücklich nur die Strafhöhe bekämpft. Aus diesem Grund erachtete sich die belangte Behörde auch gemäß § 49 Abs 2 VStG dafür zuständig, ein Straferkenntnis allein zur Strafhöhe zu erlassen. Die Strafverfügung war hinsichtlich der Schuldsprüche zu den Spruchpunkten 1) und 2) mangels eines dagegen gerichteten Einspruchs in Rechtskraft erwachsen. Insofern liegt entschiedene Sache iSd § 68 Abs 1 AVG vor, zumal der gegenständliche Strafbescheid in der Schulfrage nicht mehr der Abänderung durch Berufung unterliegt.

 

Im vorliegenden Berufungsfall ist die Frage der Verwirklichung der Tatbestände wegen der eingetretenen Teilrechtskraft in der Schuldfrage nicht mehr Verfahrensgegenstand. Diese war im Berufungsverfahren keiner rechtlichen Überprüfung mehr zugänglich. Die Berufung war daher in diesem Umfang unzulässig und zurückzuweisen.

 

4.3. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die belangte Behörde ging entsprechend den Angaben des Bw von einem Monatseinkommen in Höhe von ca. 800 Euro, keinem relevanten Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Diese persönlichen Verhältnisse waren auch im Berufungsverfahren maßgebend.

 

Nach dem Inhalt der Anzeige der Polizeiinspektion H hatte sich der Bw bloß mit Unterhose bekleidet vor mehreren Passanten, darunter auch Jugendliche und unmündige Personen, aus dem Fenster gelehnt und bei geöffnetem Fenster laut Trompete gespielt. Darin zeigt sich durchaus ein rücksichtloses Verhalten mit einer dem Empfinden der Menschen seiner Umwelt gegenüber gleichgültigen Einstellung des Bw. Dieser Eindruck bestätigte sich noch im Zuge der vorerst vergeblich versuchten Kontaktaufnahme durch die Beamten der verständigten Polizeistreife, denen der Bw trotz mehrmaligem Klingeln und Klopfen an der Wohnungstüre nicht öffnete, sondern stattdessen lautstark mit der Trompete zu spielen begann. Die Nachbarn der umliegenden Wohnungen teilten den Beamten mit, dass er dies öfters auch bis spät in die Nacht so mache. Nachdem er schließlich doch noch in Unterhose und leicht alkoholisiertem Zustand öffnete, meinte er nur ironisch, dass eine Anzeige sowieso nichts bringe, weil er kein Geld für eine Strafe hätte, und dass er nur für seine "Fans" vor dem Haus Trompete gespielt hätte.

 

Selbst wenn der Bw subjektiv der Meinung gewesen sein sollte, kein strafbares Verhalten gesetzt zu haben, wäre ihm dieser Rechtsirrtum vorwerfbar, weil er nach den geschilderten Umständen hätte erkennen und einsehen müssen, dass man sich nicht allgemein wahrnehmbar in Unterhosen aus dem Fenster lehnt und die Öffentlichkeit durch lautstarkes Spielen mit einer Trompete "zwangsbeglückt". Der Bw hat sich dabei zumindest ziemlich fahrlässig verhalten, weil die Unschicklichkeit und Störungseignung dieses Verhaltens für einen erwachsenen Menschen mit normalem Empfinden leicht erkennbar war. Im Verwaltungsstrafrecht genügt für die Strafbarkeit gemäß § 5 VStG grundsätzlich fahrlässiges Verhalten. Es kommt nicht darauf an, ob sich der Bw der Verwaltungsübertretung bewusst geworden ist. Wäre dies der Fall gewesen, hätte er sogar vorsätzliche Begehungsweise und damit einen besonderen Erschwerungsgrund zu verantworten.

 

Mildernd war mangels aktenkundiger Anhaltspunkte auf Verwaltungsvorstrafen die Unbescholtenheit, erschwerend kein Umstand zu werten. Der für beide Spruchpunkte anzuwendende Strafrahmen sieht jeweils eine Geldstrafe bis 360 Euro vor. Auch mit Rücksicht auf das geringe Einkommen des Bw hat die belangte Strafbehörde zu den Übertretungen laut Spruchpunkten 1) und 2) der Strafverfügung jeweils nur 25 Euro und damit Geldstrafen in Höhe von bloß ca. 6,9 % des Strafrahmens verhängt. Diese im untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelten Strafen sind jedenfalls angemessen und den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Sie erscheinen unbedingt erforderlich, um den Bw künftig von einschlägigen Übertretungen abzuhalten. Eine weitere Herabsetzung der Geldstrafen ist in präventiver Hinsicht nicht mehr vertretbar.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafen waren gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG innerhalb von 2 Wochen festzusetzen. Die mit jeweils 18 Stunden bemessenen Strafen sind verhältnismäßig gering und können aus der Sicht des Bw nicht beanstandet werden.

 

Im Ergebnis war daher die Strafberufung als unbegründet abzuweisen und der erstbehördliche Strafausspruch zu bestätigen.

 

5. Bei diesem Ergebnis hatte der Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des erstbehördlichen Strafverfahrens weitere Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu den Punkten 1) und 2) in Höhe von jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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