Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523105/2/Bi/REI

Linz, 20.04.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M P, c/o JA S,  vom 5. März 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 13. Februar 2012, VerkR21-1011-2009/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid im Anfechtungsumfang vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3, 3 Abs.2, 32 Abs.1, 30 Abs.1 FSG die von der BH Linz-Land am 25.9.2003, VerkR20-2032-2003/LL, für die Klasse B (Auflage Code 104) erteilte Lenkberechtigung für den Zeitraum von 34 Monaten, beginnend ab Bescheidzustellung – das war am 21. Februar 2012 – entzogen, ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge ausgesprochen und das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Gemäß §§ 8 und 24 Abs.3 FSG wurde die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen vor Ablauf der Entziehungsdauer angeordnet, wobei die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung ende. Weiters wurde gemäß § 29 Abs.3 FSG die unverzügliche Ablieferung des Führerscheins angeordnet – das ist am 21. Februar 2012 erfolgt. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 21. Februar 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw wendet sich gegen die Entziehungsdauer von 34 Monaten und macht geltend, er habe die Tat zu Fuß begangen, was bei der Verurteilung explizit festgestellt worden sei. Er habe sich mit der BH am 23.8.2011 telefonisch in Verbindung gesetzt und ihm sei von einer Urlaubsvertretung gesagt worden, dass ihm der Führerschein für 18 Monate entzogen würde. Er ersuche um Änderung des Bescheides.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus lässt sich ersehen, dass der x geborene und beschäftigungslose Bw mit serbisch-montenegrinischer Staatsbürgerschaft mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26. März 2010, 28 Hv 12/10i, schuldig erkannt wurde,

A) mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in der Höhe von insgesamt 3.220,36 Euro mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen und abgenötigt (Punkte 1., 3., 4.) bzw wegzunehmen und abzunötigen versucht (Punkt 2.) zu haben, wobei er die Raube unter Verwendung einer Waffe verübt hat, indem er

1. am 16. Juni 2009 in M eine Gaspistole durchlud, dies A.D. vorhielt und ua zu ihr sagte: "Zruck, zruck, zruck, aufmachen, aufmachen; .. wo ist das andere Geld?" und anschließend Bargeld in der Höhe von 1.025 Euro wegnahm;

2. am 11. September 2009 in M mit einer Gaspistole auf A.H. zielte und dadurch versuchte, diesen zum Öffnen einer Eingangstüre zu bewegen, um sich Zutritt in den Geschäftsraum zu verschaffen und um diesem unmittelbar anschließend Bargeld abzunötigen oder wegzunehmen, wobei die Tat, weil A.H. die Türe nicht öffnete, beim Versuch blieb;

3. am 12. September 2009 in L eine Gaspistole gegen den Hinterkopf von N.B. richtete und zu ihr ua sagte: "Raufüberfall" Geld her". Tua des ganze Göd her!" und anschließend Bargeld in der Höhe von 1.900 Euro wegnahm;

4. am 4. Dezember 2009 in T eine Gaspistole gegen F.R.sen. und F.R.jun. richtete und mehrmals sagte: "Alles Papiergeld!", wodurch er F.R. sen. zur Übergabe von Bargeld nötigte und anschließend selbst Bargeld in der Höhe von 295,36 Euro erbeutete;

B) in L und anderen Orten Waffen besessen zu haben, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG durch ein Waffenverbot der BH Linz-Land verboten war, und zwar:

1. von Sommer 2009 bis zumindest 12. September 2009 eine silberfarbene Gaspistole;

2. von etwa 2. Dezember 2009 bis 4. Dezember 2009 eine schwarze Gaspistole;

Er hat dadurch zu A) das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten Raubes nach den §§ 142, 143 2.Fall, 15 Abs.1 StGB und zu B) die Vergehen nach § 50 Abs.1 Z3 Waffengesetz begangen und wurde hiefür unter Anwendung des § 28 Abs.1 StGB nach dem 1. Strafsatz des § 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 11 (elf) Jahren verurteilt. Mildernd wurden das reumütige Geständnis, die (geringe) objektive Schadensgutmachung und der teilweise Versuch gewertet. Erschwerend waren sieben einschlägige Vorstrafen, die zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 Abs.1 StGB (Strafschärfung bei Rückfall) führten, und das Zusammentreffen von vier Verbrechen und zwei Vergehen.

Aus der Urteilsbegründung geht hervor, dass der seit seiner Jugend suchtmittelabhängige Bw unter Verwendung zweier Gaspistolen, die in ihrem Äußeren ballistischen Waffen genau nachgebildet sind und von Laien auch aus kürzester Distanz nicht von einer solchen "scharfen" Waffe auseinandergehalten werden können, Raubüberfälle beging um seine Abhängigkeit zu finanzieren. In M überfiel er am 16. Juni 2009 nach Heroinkonsum, aber voll koordiniert und genau vorbereitet, die zuvor ausgekundschaftete x-Tankstelle, in der sich die mit Reinigungsarbeiten beschäftigte A.D. allein aufhielt und zwar unverletzt blieb, aber einen schweren Schock erlitt. Am 11. September 2009 fuhr er mit dem Taxi nach M, um dieselbe Tankstelle ein zweites Mal zu überfallen, wobei ihm aber A.H. die Tür nicht öffnete, sondern hinter ein Regal kroch und ihm sein Handy entgegenhielt um ihm die Verständigung der Polizei zu signalisieren, worauf der Bw davonlief. Am nächsten Tag überfiel er die x-Tankstelle in L, L, wobei er einen dort anwesenden Kunden aufforderte, sich nicht zu bewegen und der dort erst seit wenigen Tagen beschäftigten N.B. die Gaspistole am Kopf ansetzte. Da sich N.B. weigerte, den Tresor zu öffnen, schlug er sie mit der Waffe auf den Hinterkopf, wodurch sie eine Beule erlitt, beschimpfte sich als "Schlampe" und nahm das Papiergeld aus der Kassenlade. Anfang Dezember 2009 kaufte er in T eine schwarze Gaspistole und fuhr mit dem Fahrrad zur Trafik "y". Im Verkaufsraum lud er die Pistole durch, um den allein anwesenden 68jährigen F.R.sen. einzuschüchtern. Nach Aushändigung von einem Bündel Geld forderte er mehr und setzte F.R.sen. die durchgeladene Gaspistole am Kopf an. F.R.sen. war so nervös, dass er die Kassenlade nicht öffnen konnte. Der ins Geschäft kommende F.R.jun. fragte den Bw, ob er seinem Vater helfen dürfe, ging zur Kassenlade und stellte sie auf das Verkaufspult. Der Bw steckte Geld in seine Jackentasche, verlor aber auf der Flucht einen Teil noch in der Trafik, sodass seine Beute nicht einmal 300 Euro betrug. Unmittelbar darauf wurde er festgenommen.

Der Bw befand sich von 4. Dezember 2009 bis 5. März 2010 und von 6. März 2010 bis 26. März 2010 in Untersuchungshaft; er ist ledig und hat keine Sorgepflichten, ist in Linz geboren, in Österreich aufgewachsen und hat eine abgeschlossene Schlosserlehre.

Laut FSR wurde ihm vom 25.1.2006 bis 4.7.2007 die Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit (Suchtgift) entzogen, vom 11.7.2007 bis 28.11.2007 wegen gesundheitlicher Nichteignung.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenk­berechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie sich wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z10 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat.

 

Die nunmehrige Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von elf Jahren erfolgte in drei Fällen wegen des Verbrechens des schweren Raubes gemäß § 143 StGB und in einem Fall wegen des Versuchs, der aber, wie dem Urteil zu entnehmen ist, nicht aufgrund des Verhaltens des Bw scheiterte sondern ausschließlich aufgrund des Verhaltens des Opfers, das den Türöffner des Tankstellengebäudes nicht betätigte, sondern sich auf den Boden hinter ein Regal kauerte und dem Bw die Verständigung der Polizei signalisierte, worauf der Bw, dessen Tat nach seinem Tatplan gescheitert war, davonlief – was vom Gericht ausdrücklich nicht als freiwilliger Rücktritt vom Versuch angesehen wurde.

Nach der Rechtsprechung des VwGH weist die Begehung der in § 7 Abs.3 Z10 FSG genannten strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben auf eine Sinnesart hin, aufgrund derer anzunehmen ist, dass der Betreffende im Sinne des § 7 Abs.1 FSG beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden werde. Da von Kraftfahr­zeuglenkern wegen der im Straßenverkehr häufig vorkommenden Konflikt­situationen eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden muss, vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat im Ergebnis unter Bedacht­nahme auf die Judikatur des VwGH (vgl E 26.2.2002, 2001711/0379) die Auffassung, dass der Bw sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird und daher für einen langen Zeitraum Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen ist.

Unter dem Begriff Verkehrsunzuverlässigkeit ist ein charakterlicher Mangel zu verstehen. Von Kraft­fahr­­zeuglenkern muss wegen der im Straßen­verkehr häufig auf­treten­den Konfliktsituationen eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Geistes­­­­haltung erwartet werden. Das wiederum setzt voraus, dass der Lenker eines Kraftfahr­zeuges Respekt und Achtung vor dem selbstbestimmten Leben und der Gesundheit anderer Straßen­­verkehrsteilnehmer besitzt, was beim Bw aufgrund seiner bisher so nachhaltig - nach dem oben zitierten Urteil und den zitierten sieben Vorstrafen auch über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren – demonstrierten gewaltbereiten Einstellung, der offensichtlich jede persönliche Wertschätzung fremd ist, nicht zu erwarten ist. Nach Auffassung des Unabhängigen Verwal­tungs­­senates ist geradezu zu befürchten, dass der Bw seine Sinneshaltung im Straßenverkehr nicht ändern sondern vielmehr dazu neigen wird, Konflikte durch brutale Gewalt auszutragen.

Damit hat der Bw ohne jeden Zweifel in den Fällen A) 1., 3. und 4. bestimmte Tatsachen verwirklicht, die gemäß § 25 Abs.3 FSG jeweils eine Mindestent­ziehungs­dauer von drei Monaten nach sich ziehen.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Auf den Bw bezogen ist festzuhalten, dass der Beginn des Zeitraumes der Verkehrsunzuverlässigkeit mit dem Ende des strafbaren Verhaltens anzunehmen ist, dh mit seiner Verhaftung am 4. Dezember 2009. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung sichert den Beginn der Entziehungsdauer mit Zustellung des Entziehungsbescheides, das war laut Rückschein am 21. Februar 2012. Vom 4.12.2009 bis 21.2.2012 sind bereits 27 Monate vergangen. Die von der Erstinstanz festgesetzte Entziehungsdauer würde zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit ab 21.2.2012 für weitere 34 Monate, dh bis 21.12.2014, führen. Insgesamt ergibt das eine Verkehrsunzuverlässigkeit ab 4.12.2009 von (annähernd genau) fünf Jahren.

Der Bw hat sich nach der letzten Tat seit 4.12.2009 bis zur Hauptverhandlung am 23.3.2010 in U-Haft befunden und ist seither in Strafhaft in S. Damit ist seinem Verhalten in der seit der letzten Straftat verstrichenen Zeit keine besondere Bedeutung zuzumessen. 

 

Der VwGH hat im Erkenntnis vom 23.2.2012, 2010/11/042, ausgeführt, dass die Entziehung der Lenkberechtigung keine Vergeltung für strafbares Verhalten und die Dauer der Entziehung keine Probezeit darstellt, vielmehr – weil die Entziehung der Lenkberechtigung nur für einen Zeitraum zulässig und geboten ist, für den schlüssig begründet werden kann, dass auf Grund bestimmter Tatsachen im Sinne des § 7 FSG der Betreffende nicht verkehrszuverlässig ist – nach dem Gesetz eine begründete Prognose über die Dauer des Mangels der Verkehrs­unzuverlässigkeit des Betroffenen widerzuspiegeln hat (E 20.11.2007, 2007/11/0153). Dies erfordert ua die Feststellung des dem genannten Strafurteil zu Grunde liegenden Verhaltens des Täters.

 

Im Urteil selbst wurde zur Persönlichkeit des Bw folgendes ausgeführt: "Die Verwendung der Waffe ist Tatbestandsmerkmal des § 143 StGB. Berücksichtigt man die trotz bestehender Sucherkrankung detaillierte Vorplanung (Erwerb der Waffe, Herstellung der Maskierungsutensilien aus alten Kleidungsstücken, Auswahl der Tatorte) und betrachtet die Lichtbilder der Überwachungskameras, so sieht man dort, aber auch in der eigenen Verant­wortung des Bw einen Profi, der wenig Gedanken an die Psyche seiner Opfer verschwendet, sondern vielmehr deren Angst zu seinem bloßen Vermögensvorteil zu maximieren sucht. Er war sich der einschüchternden Wirkung seines Auftretens, insbesondere der mitgeführten Waffe, voll bewusst und versuchte diese durch Hantieren mit derselben (Durchladen, An-den-Kopf-Halten) noch maximal zu verstärken.  Trotz des Geständnisses ... ist seine innere Einstellung bemerkenswert, die hier dadurch offenbart wird, zumal er bei jeder seiner Taten verstörte Opfer zurücklässt, die eben noch um ihr Leben fürchten mussten, nur um sich selbst unmittelbar nach der Tat seelenruhig in eine Bar oder ein Wettbüro zu begeben. Er hat zwar nachvollziehbar angegeben, den überwiegen­den Teil der Beute für Suchtgiftankäufe verwendet zu haben, jedoch ging er nicht nur nach Wahr­nehmung der Zeugen planvoll und orientiert vor, sondern fasste auch eigenen Angaben zufolge die jeweiligen Tatentschlüsse nach reiflichen Überlegungen und detaillierter Vorplanung."

Außerdem wurden in der Urteilsbegründung die  bisherigen sieben als einschlägig gewerteten Vorstrafen aufgezählt, die der nun x-jährige Bw in der Zeit seit 18. Oktober 1999 begangen hat. Dazu zählen Verurteilungen wegen fahrlässiger Kör­per­verletzung, versuchten Raubes, versuchter Einbruchsdiebstahl, zweimal § 27 SMG, zweimal gewerbsmäßiger Einbruchsdiebstahl - zuletzt 2008, wobei zur Zeit der mit dem nunmehrigen Urteil abgehandelten Straftaten die Probezeit noch nicht abgelaufen war.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt zur Überzeugung, dass der Bw ein Einzeltäter ist, dh er braucht kein Zusammenwirken mit anderen Personen, um den Entschluss zur Tatbegehung zu fassen, penibel zu planen und mit allen beschaffbaren Mitteln umzusetzen. Er ist heroinabhängig, dh seine Sucht wird in und nach der nunmehrigen Strafhaft weiter bestehen und er wird sie weiter finanzieren (müssen). Er schreckt nicht davor zurück, ihm völlig unbekannte zufällig anwesende Personen mit einer Waffe zu bedrohen – eine Gaspistole ist zwar objektiv gesehen keine "scharfe Waffe", aber nicht ungefährlich, insbesondere wenn die damit bedrohten Personen nicht gleich das tun, was der Bw will; überdies wurde auch im Urteil betont, dass beide Waffen für Laien auch aus der Nähe nicht von echten unterscheidbar sind. Einem völlig unbekannten, mit der Lebenseinstellung und Denkweise des Bw nicht vertrauten Menschen, der nur zufällig in einer Tankstelle oder Trafik beschäftigt ist, eine Waffe am Kopf anzusetzen, ihm durch das offen demonstrierte Durchladen einer Waffe zu zeigen, dass er bei jeglichem Widerstand sein Leben riskiert, und ihn so ganz offensichtlich einer Gefahr für Leib und Leben auszusetzen, nur um ihn zur Übergabe von Geld für Taxifahrten, Suchtgift, Barbesuche usw zu zwingen, zeigt, dass der Bw, wie auch im Urteil hervorgehoben, durch die offene Gewaltdrohung in mehreren Fällen – dass es bei der Tankstelle im M am 11.9.2009 beim Versuch geblieben ist, ist nur der Geistesgegenwart des Bedrohten zuzuschreiben und keine "Leistung" des Bw – im Umgang mit anderen Menschen Grenzen überschritten hat, die jeglichen Respekt vor Leben, Gesundheit und Selbstbestimmung vermissen lassen. Dass diese Personen die durchlebte Gefahrensituation samt den damit verbundenen Schreckensszenarien mühsam erst mit der Zeit verarbeiten werden, ihr restliches Leben in Angst verbringen werden, weil sie die vom Bw bewusst für seine Zwecke provozierte Situation und ihre Hilflosigkeit nie vergessen werden, dass ihnen damit auch gesundheitliche Nachteile bis zur möglichen eigenen Erwerbsunfähigkeit drohen – all dies hat der Bw für seine Heroinabhängigkeit und seinen nicht von Arbeit geprägten Lebens­wandel nicht nur in Kauf genommen, sondern damit absichtlich gespielt.

       

Nach der Rechtsprechung des VwGH bilden bei der Beurteilung der Verkehrs­zuverlässigkeit allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nach­­teile, die mit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema (vgl E 14.11.1995, 95/11/0300; 24.8.1999, 99/11/0166; 30.5.2001, 2001/11/0081; 23.4.2002, 2000/11/0182; uva).

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrs­teilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 6.4.2006, 2005/11/0214; uva). 

Aus all diesen Überlegungen hält der Unabhängige Verwaltungssenat beim Bw die Annahme einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit, die zugleich die Prognose darstellt, wann er die Verkehrszuverlässigkeit voraussichtlich wieder erlangt haben wird, von insgesamt 5 Jahren ab der letzten Tat, sohin eine Entziehungsdauer für 34 Monate ab Zustellung des angefochtenen Bescheides  am 21. Februar 2012, dh bis 21. Dezember 2014, im speziellen Fall für gerecht­fertigt und ausdrücklich für geboten, um eine grundlegende Änderung seiner menschenverachtenden Denkweise einigermaßen erwarten zu können. Die vom  Bw im Rechtsmittel eingewandte Auskunft einer "Urlaubs­vertretung", dh einer namentlich nicht genannten Person ohne konkreten Fallbezug, über eine 18monatige Entziehungs­dauer ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Abgesehen davon wird seine Strafhaft voraussichtlich länger dauern als die Entziehungsdauer.

 

Da die Verkehrszuverlässigkeit das einzige Kriterium auch für ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge sowie für die Aberkennung des Rechts, von einem allfällig bestehenden aus­ländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, darstellt, war die Entziehungsdauer auch darauf zu beziehen.

 

Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Aufforderung gemäß § 24 Abs.3 FSG, vor Ablauf der Entziehungsdauer ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten zur gesund­heitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 8 FSG beizubringen, ist aufgrund der auch im Gerichtsurteil bestätigten – lebenslangen – Heroin­abhän­gigkeit erforderlich. Im Übrigen hat der Bw nach dem Ablauf der Entziehungs­dauer eine Lenkberechtigung neu zu erwerben, dh das Erteilungs­verfahren zu absolvieren. 

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

5 Jahre Verkehrsunzuverlässigkeit = Verurteilung wegen 3 x § 143 StGB + 1 Versuch zu 11 Jahren unbedingt => bestätigt

 

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