Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730509/6/Wg/WU

Linz, 01.06.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der X, geb. X, X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25.8.2011, AZ: 1055105/FRB, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird insoweit stattgegeben, als der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Sachentscheidung an die Erstbehörde zurückverwiesen wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bundespolizeidirektion Linz wies mit Bescheid vom 25. August 2011, AZ: 1055105/FRB, den Antrag der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) vom 26. Mai 2011 auf Aufhebung des gegen sie mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Oktober 2006 erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes mangels gesetzlicher Grundlage als unzulässig zurück. Begründend führte die Behörde aus, mit 1. Juli 2011 sei das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011, in wesentlichen Teilen in Kraft getreten. Das gegenständliche Aufenthaltsverbot sei entsprechend der Judikatur des VwGH als ein mit einer Rückkehrentscheidung verbundenes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG 2005 zu verstehen. Es finde somit § 60 FPG auf das dem alten Aufenthaltsverbot innewohnende Einreiseverbot Anwendung. § 60 Abs. 1 FPG sehe kein Antragsrecht des Drittstaatsangehörigen auf Aufhebung eines derartigen unbefristeten Einreiseverbotes mehr vor. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Dagegen richtet sich die Berufung vom 13. September 2011. Die Berufungswerberin stellt darin den Antrag, den zurückweisenden Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. August 2011 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und ein Ermittlungsverfahren betreffend den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu führen. Sie argumentiert, die geltende Regelung des § 69 FPG sehe in ihrem Absatz 2 die Möglichkeit vor, dass eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben seien, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen seien.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz legte dem Verwaltungssenat den Akt zur Entscheidung vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Die Berufungswerberin wurde am X geboren und ist Staatsangehörige von Moldowa.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz erließ mit Bescheid vom 25. Oktober 2006, AZ: 1055105/FRB, gegen die Berufungswerberin gemäß § 60 Abs. 1 iVm. § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Aus dem Bescheid geht unter anderem hervor:

 

"Aus der Aktenlage geht hervor, dass Sie am 06.08.2006 mit einem Kleinbus von Ungarn kommend beim Grenzübergang Nickelsdorf mit Ihrem moldawischen Reisepass und einem Visum für Schengener Staaten (gültig von 06.08.2006 bis 12.08.2006, ausgestellt von der österreichischen Botschaft in Bukarest) nach Österreich eingereist sind.

 

Kurz nach Ihrer Einreise wurden Sie wegen Verdachtes der Schlepperei festgenommen und am 08.08.2006 in die Justizanstalt Linz eingeliefert.

 

 

 

Am 17.08.2006 wurden Sie vom Landesgericht Linz (ZI: 28 HV 115/06f) wegen § 114 Abs.2 j und Abs. 4 1. Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 12 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Das Urteil ist bis dato nicht rechtskräftig.

 

 

 

Am 17.08.2006 wurden Sie vom Landesgericht Linz (ZI: 28 HV 115/06f) wegen § 114 Abs.2 und Abs. 4 1. Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 12 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Das Urteil ist bis dato nicht rechtskräftig.

 

 

 

Das Gericht hat es als erwiesen angesehen, dass Sie im Zeitraum von Ende Jänner/Anfang Februar 2006 bis zum 26.03.2006 bzw. von April 2006 bis zum 06.08.2006:

 

 

 

In Chisinau, Linz und an anderen Orten mit dem Vorsatz, sich durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Be­gehung gleichartiger Schlepperhandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wis­sentlich die rechtswidrige Einreise oder Durchreise mehrerer moldawischer Staatsbürger nach Österreich bzw. durch Österreich nach Italien, sohin in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs gefördert haben.

 

 

 

Im Einzelnen wird auf die Ausführung der schriftlichen Urteilsausfertigung verwiesen, die an dieser Stelle, um Wiederholungen zu vermeiden, zum integrierenden Bestandteil des Be­scheides erhoben wird.

 

 

 

Im Zuge Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 24.10.2006 wurde Ihnen Gelegenheit gegeben zu der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Stellung zu nehmen. Sie geben dazu an, dass Sie durch die in Österreich getätigten Aussagen in Ihrem Heimat­land Probleme haben werden und suchen daher in Österreich um Asyl an. Weiters geben Sie an, dass Sie in Österreich keine Angehörigen und keinen Wohnsitz haben."

 

Die BPD argumentierte weiters, die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei aufgrund der geschilderten Umstände nicht nur zur Erreichung der im Artikel 8 Abs. 3 EMRK genannten Ziele geboten, sondern auch im Licht des § 66 Abs. 3 FPG zulässig.

 

Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich gab der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid vom 28. Dezember 2006, Zahl St 254/06, keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, dass das Aufenthaltsverbot unbefristet erlassen wird. Die SID argumentierte, die Dauer des von der Erstbehörde verhängten Aufenthaltsverbotes sei unbefristet zu erlassen gewesen, zumal derzeit nicht ersehen werden könne, wann bzw. ob die Berufungswerberin sich an die Normen ihres Gastlandes halten werde, zumal sie über längere Zeiträume strafbare Handlungen verwirklicht habe und angesichts der Tathandlungen keine untergeordnete Tatbeteiligung angenommen werden könne. Am Ergebnis vermöge auch der Umstand nicht zu ändern, dass die Berufungswerber am 5. Dezember 2006 bei der EAST-West einen Asylantrag eingebracht habe, damit im gegenständlichen Aufenthaltsverbot nicht darüber abgesprochen werde, dass die Berufungswerberin in ein bestimmtes Land auszureisen hätte oder allenfalls abgeschoben würde.

 

 

Zum Asylverfahren ist festzustellen, dass das Bundesasylamt den Asylantrag vom 5. Dezember 2006 mit Bescheid vom 15. Jänner 2010 als unbegründet abwies und eine Ausweisung verfügte. Der AGH gab der Beschwerde keine Folge. Die asylrechtliche Ausweisung erwuchs am 8. Februar 2011 in Rechtskraft.

 

Festzustellen ist, dass sich die Berufungswerberin nach wie vor im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhält.

 

Mit Eingabe vom 26. Mai 2011 stellte sie den Antrag auf Aufhebung des erwähnten Aufenthaltsverbotes. Im Einzelnen wird im Antrag Folgendes ausgeführt:

 

"Die Antragstellerin wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 17.08.2006 zur Aktenzahl 28 Hv 115/06f zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten bedingt verurteilt, wobei drei Monate davon unbedingt ausgesprochen wurden.

 

 

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25.10.2006 wurde gemäß § 60 Abs 1 iVm § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

 

 

Die Antragstellerin hat sich seither im Bundesgebiet wohlverhalten, Deutsch gelernt (Niveau B 2) und betreut ihre minderjährige Tochter x geboren am x.

 

 

Die Antragstellerin würde im Falle der Aufhebung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes und bei positiver Erledigung eines Bleiberechtsverfahrens eine Anstellung als Raumpflegerin bekommen.

 

 

Wenn auch die der gerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Schlepperei der Beschwerdeführerin in keiner Weise verharmlost werden soll, so Hegt doch ein strafrechtliches Wohlverhalten seit der Beendigung der dargestellten Tatbeteiligung an der die Antragstellerin trotz allem untergeordnet beteiligt war, vor.

 

 

Angesichts des nicht dominanten Tatbeitrages, der sozialen Integration und der minderjährigen Tochter der Antragstellerin, die einen wesentlich geänderten Lebensumstand seit Erfassung des Aufenthaltsverbotes darstellt, stellt das frühere strafrechtliche Fehlverhalten keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, dar. Dazu wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.04.2010 zur Aktenzahl 2009/21/0321 verwiesen."

 

 

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Da der entscheidungsrelevante Sacherhalt bereits nach der Aktenlage feststeht, war eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich.

 

Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Die Bundespolizeidirektion ging im bekämpften Bescheid eingehend auf die Frage der Überleitung der vor dem 1. Juli 2011 erlassenen Aufenthaltsverbote in die mit dem FrÄG 2011, BGBl. 1 Nr. 38/2011, geschaffene Rechtslage ein. So bleiben gemäß § 125 Abs. 16 FPG idF. BGBl. I Nr. 38/2011, vor in Kraft treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Das FrÄG 2011 (§ 69 Abs. 2 FPG) sieht nur bei "Aufenthaltsverboten für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel" einen Antrag auf Aufhebung vor.

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung der Sicherheitsdirektion vom 28. Dezember 2006 war die Bw Asylwerberin und verfügte über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz. Gegen die Bw wäre daher allenfalls ein Rückkehrverbot iSd § 62 FPG, nicht aber ein Aufenthaltsverbot iSd § 60 FPG zu erlassen gewesen. Bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (Vgl. VwGH vom 2. September 2008, GZ: 2006/18/0512).

 

Im FrÄG 2011 ist nicht geregelt, ob bzw unter welchen Voraussetzungen die Aufhebung eines gegen einen Asylwerber – im Geltungsbereich des FPG 2005 - erlassenen Aufenthaltsverbotes beantragt werden kann. Eine eindeutige Zuordnung zu den im bekämpften Bescheid erörterten Fallkonstellationen ist nicht möglich. Zu Gunsten der Berufungswerberin ist daher in Hinblick auf die damals bestehende vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG – wie bei einem Aufenthaltsverbot für Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel – ein Antragsrecht iSd § 69 Abs. 2 FPG einzuräumen.

 

Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist (vgl. VwGH vom 3. November 2010, GZ: 2010/18/0358). Dabei ist vor allem auf die dem Aufenthaltsverbot zugrundeliegende Gefährdungsprognose und die Privat- und Familienverhältnisse einzugehen.

 

Dem Verwaltungssenat ist es verwehrt, eine inhaltliche Entscheidung zu treffen, da im bekämpften Bescheid lediglich über die Zulässigkeit des Antrags abgesprochen wurde. Die Bundespolizeidirektion hätte inhaltlich über den Antrag entscheiden müssen. Der bekämpfte Bescheid war daher zu beheben und die Angelegenheit zur Sachentscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 14,30 Euro angefallen (Eingabegebühr).

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

 

VwGH vom 28. August 2012, Zl.: 2012/21/0159-3

 

 

 

 

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