Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-200341/28/Py/BRE VwSen-200342/23/Py/BRE

Linz, 16.05.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufungen

1)      des Herrn X, X, X,

2)      der X, X, X,

beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. Juni 2008, GZ: Agar96-72-2006/Pl, wegen einer Übertretung des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 (PMG) zu Recht erkannt:

 

I.                   Den Berufungen wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und die Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. Juni 2008, GZ: Agrar96-72-2006/Pl, wurde über den Erstbeschwerdeführer Herrn X in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X eine Geldstraße in der Höhe von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt, weil er es als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Firma X zu vertreten habe, dass am 6. Juni 2006 – wie von einem Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am 6. Juni 2006 festgestellt wurde – 205 x 5 Liter des ungarischen Präparates Focus Ultra, welches mit der Kennzeichnung des deutschen Präparates Focus Ultra, BRD-Zulassungsnummer 3964-00, überklebt wurde, im großen X-Lager am Standort der X, X, X, vor Anmeldung des gewerbsmäßigen In-Verkehr-Bringens in erster Vertriebsstufe beim Bundesamt für Ernährungssicherheit, zum Verkauf vorrätig gehalten wurde, und somit in verbotener Weise in Verkehr gebracht wurde. Dadurch habe er eine Übertretung des § 3 Abs. 4 und § 12 Abs. 10 i.V.m § 34 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 i.d.g.F. begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

 

2.1. Gegen diese dem Erstbeschwerdeführer Herrn X am 20. Juni 2008 zugestellte Straferkenntnis brachte der Erstbeschwerdeführer Herr X und die Zweitbeschwerdeführerin Firma X rechtzeitig Berufung ein.

 

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich im Hinblick auf den Grundsatz des freien Warenverkehrs aus der ständigen Judikatur des EuGH und des VwGH ergebe, dass die im öffentlichen Interesse allenfalls zulässigen Importbeschränkungen – wie z.B. ein Verbot des Inverkehrbringens vor der behördlichen Anmeldung – nicht dazu führen dürfen, dass die in anderen Mitgliedsstaaten zugelassenen Pflanzenschutzmittel nicht dorthin verkauft und zu diesem Zweck zuvor im Inland zwischengelagert werden dürfen. In diesem Zusammenhang habe die belangte Behörde insbesondere nicht belegen können, dass die beanstandeten Produkte für einen Abnehmer im Inland bestimmt gewesen sind; eine bloße Lagerung sowie eine Lagerung zum Weiterverkauf einer dort – unabhängig von ihrer jeweiligen Bezeichnung – verkehrsfähigen Ware ins (EU-)Ausland könne jedoch werde zulassungspflichtig noch strafbar sein.

 

Das gegenständliche Pflanzenschutzmittel ist völlig ident mit dem in Deutschland und Ungarn registrierten Pflanzenschutzmittel mit der Handelsbezeichnung "Focus Ultra", sodass für dieses Mittel die Genehmigung für das Inverkehrbringen des bereits auf dem Markt befindlichen Pflanzenschutzmittels "X" gelten und keine weitere Genehmigung oder Anmeldung erforderlich ist.

2.2 Mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 gab der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich diesen Berufungen statt, behob das angefochtene Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein.

 

2.3. Gegen diesen Bescheid brachte das X in X, als am Verfahren beteiligte Organpartei mit Schreiben vom 16. Februar 2009, beim Verwaltungsgerichthof eingelangt am 17. Februar 2009, Amtsbeschwerde ein. Mit Erkenntnis vom 26. Jänner 2012, Zl. 2009/07/0039-7, beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 9. Februar 2012, behob der Verwaltungsberichtshof den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften. In seiner Begründung führt der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus, dass die Berufungswerber X und X in ihrer Berufung einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gestellt haben. Da im vorliegenden Fall von einer Ausnahme von der Verhandlungspflicht nicht auszugehen war, liegt aufgrund der Nichtdurchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ein absoluter Verfahrensmangel vor, weshalb der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 2. Dezember 2008, Zl. VwSen-200341/7/Ste/Eg/Se und VwSen-200342/2/Ste/Eg/Se wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wird.

 

3. Nach Aufhebung des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 10. Dezember 2008 durch den Verwaltungsgerichtshof ist das Berufungsverfahren wieder unerledigt und ist vom Unabhängigen Verwaltungssenat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied eine neuerliche Entscheidung zu treffen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4. Mai 2012. An dieser nahm Herr X sowie der Rechtsvertreter der Berufungswerber sowie eine Vertreterin des Bundesamtes für Ernährungssicherheit als Parteien teil. Als Zeuge wurde ein an der gegenständlichen Kontrolle beteiligtes Aufsichtsorgan des Bundesamtes für Ernährungssicherheit einvernommen. Die ebenfalls als Zeugin nachweislich geladene, im gegenständlichen Unternehmen in der Geschäftführung tätige Schwester des Berufungswerbers, Frau X, ist zur Berufungsverhandlung nicht erschienen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Erstbeschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin, der X.

 

Am 6. Juni 2006 fand in der X durch Organe des Bundesamtes für Ernährungssicherheit statt. Dabei wurden im sogenannten 'großen Pflanzenschutzlager' 205 x 5 Liter des ungarischen Präparates "X" der Firma X, welches mit der Kennzeichnung des deutschen Präparates "X", Zulassungsnummer X, überklebt wurde, vorgefunden. Zulassungsinhaber des in Deutschland unter Zulassungsnummer X zugelassenen und in Österreich im Pflanzenschutzregister unter Nummer X zugelassenen und unter der Anmeldenummer X im Pflanzenschutzregister angemeldeten Präparates "X" mit dem Wirkstoff  Cycloxydim 100g/l ist die Firma X. Beim gegenständlichen Pflanzenschutzmittel handelte es sich um einen Parallelimport von Ungarn nach Deutschland. Laut einem vom Rechtsvertreter des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 11. Mai 2012 vorgelegten Rechnung Nr. X der Firma X an die X vom 15. Mai 2006 Rechnung wurden am 12. Mai 2006 von diesem Unternehmen 205 x 5 Liter "X" an die Firma X geliefert. Der in der Rechnung angeführte, mit 12. Mai 2006 datierte Lieferschein Nr. X der Firma "X" wurde vom Rechtsvertreter der Berufungswerber unter einem vorgelegt.

 

Im Beweisverfahren konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, für welchen Zweck das am Kontrolltag in der X aufgefundene Pflanzenschutzmittel "X" gelagert wurde und ob das aufgefundene Präparat ident mit dem in der BRD und Österreich zugelassenen und angemeldete Produkt "X" der Firma X ist.

 

3.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, den von den Parteien vorgelegten Urkunden und Unterlagen sowie dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 4. Mai 2012. Darin brachte der Bw vor, dass zum Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle lediglich die Lagerung des Pflanzenschutzmittels X durch die X durchgeführt wurde. Insbesondere sollte noch überprüft werden, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Inverkehrbringen möglich ist und war beabsichtigt, das Präparat an den in Deutschland gelegenen Kundenstock der X weiter zu veräußern. Die Vertreterin der Organpartei bezweifelten dieses Vorbringen und legte zum Beweis dafür, dass es zum Kontrollzeitpunkt bereits zu Verkäufen aus den gegenständlich vorgefundenen Lagerbeständen gekommen ist und damit nachgewiesen sei, dass das Produkt nicht ausschließlich zu Lagerungszwecken vorrätig gehalten wurde, am Ende der mündlichen Berufungsverhandlung Werbe- und Verkaufsunterlagen des Unternehmens betreffend das Präparat "X" vor. Demgegenüber legte der Rechtsvertreter in der Berufungsverhandlung Unterlagen vor, aus denen ersichtlich ist, dass das vom Erstbeschwerdeführer vertretene Unternehmen bereits vor dem Kontrollzeitpunkt Präparate mit der Handelsbezeichnung "X" von verschiedenen Lieferanten bezogen hat. Zudem ist nicht zweifelsfrei auszuschließen, dass sich zum Zeitpunkt der Kontrolle noch weitere, für die Kontrollorgane jedoch unbedenkliche Gebinde des Pflanzenschutzmittels "X" in den sonstigen Lagern der Firma X befanden. Mit Eingabe vom 11. Mai 2012, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 14. Mai 2012, legte der Rechtsvertreter der Berufungswerber zudem die bereits in der mündlichen Berufungsverhandlung angekündigten Nachweise vor, dass genau die vorgefundene Anzahl an "X" Gebinde von 205 x 5 Liter vom deutschen Lieferanten bezogen wurde. Im Hinblick auf die dem Unabhängigen Verwaltungssenat vor Ablauf der Verjährungsfrist zur Verfügung stehenden Zeit war es jedoch nicht mehr möglich, diese Unterlagen der am Verfahren beteiligten Amtspartei im Rahmen des Parteiengehörs zur Stellungnahme zu übermitteln. Auch konnte im Beweisverfahren nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob es sich bei dem gegenständlichen Pflanzenschutzmittel um ein mit dem bereits zugelassenen Produkt identes Präparat handelt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 in der zum Vorfallszeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 83/2004 (im Folgenden PMG) durften nur jene Pflanzenschutzmittel, die nach diesem Bundesgesetz zugelassen waren, in Verkehr gebracht werden.

 

In den Begriffsbestimmungen der zum Vorfallszeitpunkt anzuwendenden Fassung des PMG vor der Novelle BGBl. I Nr. 55/2007 war in § 2 Abs. 10 der Begriff des "In-Verkehr-Bringen" wie folgt definiert: "Inverkehrbringen" ist das Vorrätighalten zum Verkauf, das Feilhalten, das Verkaufen und jedes sonstige Überlassen an andere – insbesondere auch die Abgabe in Genossenschaften, Vereinen oder sonstigen Vereinigungen an deren Mitglieder – sowie die Einfuhr aus Drittländern.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 PMG bedurften einer Zulassung nicht

1)      die nachweisliche Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Gemeinschaft

2)      die Lagerung und der Verkehr von Pflanzenschutzmitteln, die nachweislich zur Anwendung in einem anderen Mitgliedsstaat bestimmt und dort zugelassen sind.

 

§ 3 Abs. 4 PMG lautete:

Wer beabsichtigt, gewerbsmäßig in erster Vertriebsstufe gemäß § 12 Abs. 10 zugelassene Pflanzenschutzmittel in Österreich in Verkehr zu bringen, hat dies vor Aufnahme der Tätigkeit dem Bundesamt für Ernährungssicherheit unter Bekanntgabe der Kennzeichnung der Pflanzenschutzmittel und seiner Anschrift oder gegebenenfalls des Firmensitzes sowie gegebenenfalls unter Nachweis des rechtsmäßigen In-Verkehr-Bringens anzumelden (Meldepflichtiger). Der Meldepflichtige unterliegt dem Meldepflichten gemäß § 25. Das In-Verkehr-Bringen von Pflanzenschutzmitteln ist unzulässig, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Konformität mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union, insbesondere des Annex I der Richtlinie 91/414/EWG, nicht gegeben ist, oder die Gebühr die Eintragung in das Pflanzenschutzmittelregister nicht entrichtet wurde.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 PMG bedarf das In-Verkehr-Bringen eines Pflanzenschutzmittels, das

1)      mit einem im Inland – ausgenommen nach § 11, § 12 Abs. 10 oder § 13 – zugelassenen Pflanzenschutzmittel (Referenzprodukt) identisch ist und

2)      in einem anderen Staat, der Vertragspartei des Abkommens über dem Europäischen Wirtschaftsraum ist, zugelassen ist,

3)      einer vereinfachten Zulassung durch das Bundesamt für Ernährungssicherheit.

 

Gemäß § 12 Abs. 1 PMG ist ein Pflanzenschutzmittels, das bereits in einem anderen Mitgliedsstaat zugelassen ist, zuzulassen, wenn

1)         die Wirkstoffe des Pflanzenschutzmittels im Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG angeführt und die dort festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind und

2)         die für die Anwendung des Pflanzenschutzmittels maßgeblichen Bedingungen des Mitgliedsstaates, in dem das Pflanzenschutzmittel zugelassen worden ist, in Bezug auf Land- und Forstwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt – einschließlich der Witterungsverhältnisse – mit denen im Inland nachweislich vergleichbar sind.

 

Gemäß § 12 Abs. 1 PMG ist ein Pflanzenschutzmittels, das bereits in einem anderen Mitgliedsstaat zugelassen ist, zuzulassen, wenn der Mitgliedsstaat, in dem das Pflanzenschutzmittel zugelassen ist, in einer Vorordnung gemäß Abs. 9 angeführt ist. Im Antrag ist das Pflanzenschutzmittel aufgrund der nach diesem Bundesgesetz vorzunehmenden Kennzeichnung einzustufen. Diese Angaben sind im Rahmen des Zulassungsverfahrens zu prüfen. Die Einstufung aufgrund der nach diesen Bundesgesetz vorzunehmenden Kennzeichnung ist in die Zulassung aufzunehmen.

 

Gemäß § 34 Abs. 1 Z1 lit.a PMG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 14.530 Euro, im Wiederholungsfall bis 29.070 Euro zu bestrafen, wer Pflanzenschutzmittel entgegen § 3 Abs. 1, 2 oder 4 in Verkehr bringt

 

4.2. Die den Berufungswerbern im gegenständlichen Straferkenntnis zur Last gelegte Tatzeitraum lag vor Inkraftreten der am 31. Juli 2007 kundgemachten Novelle zum Österreichischen Pflanzenschutzmittelgesetz, BGBl. I Nr. 55/2007, mit dem das bloße "Lagern" in die Begriffsbestimmung des "Inverkehrbringens" aufgenommen wurde. Im nunmehr fortgesetzten Verfahren war daher insbesondere der Zweck der Lagerung des gegenständlichen Pflanzenschutzmittels im Pflanzenschutzlager des vom Bw geführten Unternehmens sowie allfällige Ausnahmen von der Verpflichtung zur Zulassung zu prüfen.

 

Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 2 Abs. 10 PMG in seiner Stammfassung BGBl.Nr. 60/1997 ist unter dem Begriff des Vorrätighaltens zum Verkauf auch das Lagern von Pflanzenschutzmitteln, soweit sie dem (späteren) Verkauf (in einem EU Mitgliedsstaat oder Drittstaat) zugeführt werden sollen, zu verstehen (vgl. VwGH vom 27. März 2008, Zlen. 2007/07/0038, 0136, sowie vom 26. Juni 2008, Zl. 2006/07/0033). Im Erkenntnis vom 16. Dezember 2010, Zl. 2008/07/0027 hat der Verwaltungsgerichtshof dazu ausgeführt, dass das bloße Lagern kein In-Verkehr-Bringen im Sinn des § 2 Abs. 10 PMG darstellt. Den Gesetzesmaterialien zu §§ 2 und 3 PMG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 60/1997 (563 BlgNR XX. GP, 26 ff) ist zum Begriff des Vorrätighaltens zum Zweck des Verkaufes folgendes zu entnehmen: Die Definition des Begriffes "In-Verkehr-Bringen" (§ 2 Abs. 10) orientiert sich am Inhalt der Bundeskompetenz "Regelung des geschäftlichen Verkehrs mit Pflanzenschutzmittel einschließlich der Zulassung" und an Art. 2 Ziffer 10 der Richtlinie 91/414/EWG. Mit dem Inverkehrbringenselement "Vorrätighalten zum Verkauf" soll das Lagern von Pflanzenschutzmitteln, soweit sie dem späteren Verkauf zugeführt werden sollen, den Vorschriften des vorliegenden Entwurfs unterliegen." Gemäß Art. 2 Ziffer 10 der Richtlinie 91/414/EWG ist unter In-Verkehr-Bringen jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe, ausgenommen die Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Gemeinschaft zu verstehen und wird die Einfuhr eines Pflanzenschutzmittels in das Gebiet der Gemeinschaft als In-Verkehr-Bringen im Sinn dieser Richtlinie angesehen.

 

Im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. 2006/07/0033 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass § 3 Abs. 2 PMG nicht regelt, in welcher Form der Nachweis der Anwendbarkeit dieses Ausnahmetatbestandes zu erbringen ist. Wie der Erstbeschwerdeführer in der Berufungsverhandlung glaubwürdig ausführte, bestanden zum Tatzeitpunkt zwischen seinem Unternehmen und Kunden in Deutschland enge Geschäftsbeziehungen. Hinsichtlich des tatsächlichen zwecks der Lagerung wird vom Unabhängigen Verwaltungssenates eine Befragung der trotz ordnungsgemäßer Ladung zur Berufungsverhandlung nicht erschienen Zeugin X als zweckmäßig angesehen. Auch im Hinblick auf die von den Parteien vorgelegten Unterlagen konnte daher im Beweisverfahren nicht zweifelsfrei geklärt werden, zu welchem Zweck die Lagerung des gegenständlichen Pflanzenschutzmittels tatsächlich erfolgt ist. Auch konnte nicht ausreichend abgeklärt werden, ob tatsächlich eine Identität des gegenständlichen Produktes mit dem in Deutschland registrierten und in Österreich angemeldeten Pflanzenschutzmittel der Firma X unter der Handelsbezeichnung "X" vorliegt.

 

4.3.1. Gemäß § 31 Abs. 2 beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben 1 Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen 6 Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 31 Abs. 3 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt 3 Jahre vergangen sind. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung 3 Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, vor dem Verwaltungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt oder aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen.

 

4.3.2. Gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Im Hinblick auf die vorliegende Tatzeit, dem 6. Juni 2006, und das Einlangen der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof mit 7. Februar 2009 sind 2 Jahre, 8 Monate und 11 Tage vergangen und verbleiben somit bis zum Ablauf der in § 3 Abs. 3 erster Satz VStG festgelegten Frist 3 Monate und 19 Tage, die mit der Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 2012, Zl. 2009/07/0039-7, beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 9. Februar 2012, zu laufen begonnen hat. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat, der in seiner Entscheidung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichthofes gebunden ist, war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unabdingbar und wurde diese am 4. Mai 2012 durchgeführt. Im Hinblick auf den Umstand, dass die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens weitere, für die rechtliche Beurteilung des  Sachverhaltes wesentliche ergänzende Beweisanträge stellten und Beweismittel erst am Ende bzw. nach der mündlichen Berufungsverhandlung vorlegten und eine zur Berufungsverhandlung geladene Zeugin nicht erschienen ist und somit nicht befragt werden konnte, war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht möglich, innerhalb des bis zum Ablauf der Entscheidungsfrist noch zur Verfügung stehenden Zeitraumes in einem rechtsstaatlichen Anforderungen ausreichend Rechnung tragenden Beweisverfahren den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln. Da somit Zweifel an der Täterschaft des Bw verbleiben, war im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Artikel 6 Abs. 2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Bei diesem Ergebnis war den Berufungswerbern gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde, noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben. Da den Rechtsmittelbewerbern die ihnen angelasteten Übertretungen des PMG nicht zur Last gelegt werden können und das Straferkenntnis zu beheben war, war auch die durch die belangte Behörde erfolgte Vorschreibung des Kostenersatzes gemäß § 6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz-GESG, zu beheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum