Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252743/13/Lg/Th

Linz, 05.06.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Werner Reichenberger, Berichter: Dr. Ewald Langeder, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung Z R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R, O, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirkes Braunau am Inn vom 17. Februar 2011, Zl. SV96-251-2010-Sc, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene    Straferkenntnis bestätigt. Der Spruch des angefochtenen           Straferkenntnisses ist dahingehend zu korrigieren, dass als       Tatzeitende der 17.02.2011 einzusetzen ist.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des            erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des   Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von    436 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) Geldstrafen in Höhe von 2.180 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen verhängt, weil er als Inhaber der Einzelfirma R Z, S, W, es verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass diese Firma als Dienstgeber den rumänischen Staatsbürger I N seit 04.08.2009 als Dienstnehmer in der Postgarage der Firma S AG Kfz-Technik in S, A, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt, welches über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG gelegen sei, mit Reinigungsarbeiten beschäftigt habe, obwohl N nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet gewesen sei. Bei der gegenständlichen Beschäftigung der genannten Person sei auch kein Sachverhalt vorgelegen, der eine Ausnahme von der Meldepflicht gemäß § 5 ASVG erfüllen würde.

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis an:

"Aufgrund von Erhebungen der Fremdenpolizei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 14.07.2010 wurde seitens des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding am 30.07.2010, GZ. 050/73114/5/2010, Anzeige gegen Sie erstattet, weil Sie als Inhaber der Einzelfirma R Z, 5231 S, W, und somit als Dienstgeber den rumänischen Staatsbürger I N, geb. X, seit 04.08.2009 als Dienstnehmer mit Reinigungsarbeiten (Autoreinigung, O-Busse reinigen) in der Busgarage der Fa. S AG KFZ-Technik in S, A, beschäftigt haben, ohne diesen bei der Sozialversicherung angemeldet zu haben.

 

Herr I S N gab am 14.07.2010 zu Protokoll, dass er am 04.08.2009 bei der Bezirkshauptmannschaft S-Umgebung das Gewerbe "Autoreinigung" angemeldet hätte, seither sei er als Selbstständiger mit Werkvertrag für die Firma R Z, B Reinigung tätig. Er sei in der Busgarage S mit der Reinigung von Fenstern, Böden und mit dem Staubwischen der städtischen Busse beschäftigt, die Arbeit werde ihm von "Z" angeschafft und von den Leuten der Stadtgarage kontrolliert. Die Rechnungen würden von seinem Steuerberater, Kanzlei P in V an die Firma B Reinigung gestellt, wofür er Honorar bezahle. Er fahre mit dem Schwiegersohn von Herrn R mit dem Pkw zur Arbeit in die Stadtgarage und müsse dafür nichts bezahlen. Die Putzutensilien, Putzmittel usw. würden von der Firma B Reinigung gestellt. Er verfüge weder über ein Büro noch über ein Lager mit Waren oder Putzmitteln. Weder habe er Aufträge für andere Firmen noch eine andere Geschäftstätigkeit. Laut Vertrag mit der Firma B Reinigung hätte er jeden Abend 21 Busse zu reinigen, dafür bekomme er eine Pauschale von monatlich 1.150 Euro. Die Arbeitszeit sei Montag bis Freitag von ca. 20:00 Uhr bis ca. 03:00 bis 04:00 Uhr. Die Arbeit verrichte er selbstständig, anfangs hätte R ihm gesagt, was zu tun sei, jetzt werde die Arbeit aber ausschließlich von der Busgarage kontrolliert.

 

Im Zuge des wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetz hinsichtlich der Beschäftigung von Herrn I N und von Frau D N eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5.11.2010, SV96-250-2010-Sc) rechtfertigten Sie sich bei Ihrer Einvernahme am 17.11.2010 bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zum Tatvorwurf dahingehend, dass Sie nur sagen könnten, dass sowohl Herr als auch Frau N selbstständig arbeiten. Sie würden beide die Gewerbeberechtigung für die Autoreinigung besitzen. Die Gewerbeanmeldung von Herrn N liege der Anzeige bei, Frau N hätte ihr Gewerbe jetzt ruhend gemeldet, da sie seit August 2010 schwanger sei und seit 10.09.2010 nicht mehr arbeite.

Das Original des Werkvertrages, abgeschlossen zwischen Herrn I N und der Firma B- Reinigung, hätten Sie vor ca. 2 Monaten von der Wirtschaftskammer geholt und würden dieses als Beweis in Kopie beilegen. Die KIAB führe alle zwei Monate Kontrollen in der Busgarage durch. Bei einer Kontrolle im März hätten Herr und Frau N andere Angaben gemacht, als bei der Einvernahme durch die Fremdenpolizei. Er hätte damals richtigerweise bekannt gegeben, dass er die Reinigungsmittel selber kaufe. Manchmal würden die Reinigungsmittel auch von der Firma B-Reinigung gekauft werden, wofür aber immer eine Rechnung gestellt werde. Wie diese Leute zu ihrer Arbeit gelangen, sei nicht Ihre Sache, wenn sie aber Ihr Schwiegersohn mitnehme und ob sie ihm etwas dafür bezahlen oder nicht, damit hätten Sie nichts zu tun. Sie würden die gegenüber der Fremdenpolizei gemachten Angaben für unrichtig halten, da möglicherweise die Fragen von Herrn und Frau N falsch verstanden worden sind. Sie würden darauf hinweisen, dass Herr und Frau N als Subunternehmer für die Firma B-Reinigung tätig (gewesen) seien.

 

Am 17.11.2010 bzw. 18.11.2010 wurden die beiden Werkverträge zwischen I S N (vom 04.08.2009) bzw. D-O N (vom 25.11.2009) und dem B Reinigung Service in Kopie nachgereicht. Die vereinbarte Werk lautet auf "Bodenreinigung (Nassreinigung) bei den Autobussen. Pro gereinigtem Bus erhält der AN 2,11 Euro". Ebenso wurden bei der Behörde ein Kassa-Eingangsbeleg vom 27.10.2010 bezüglich "Materialverkauf' des B Reinigung Service an I S N in Höhe von 80 Euro und die entsprechende Rechnung vom 25.10.2010 in Kopie abgegeben.

 

Mit Schreiben vom 19.11.2010 wurde Ihnen Ihr strafbares Verhalten, nämlich die Beschäftigung von Herrn I N als Dienstnehmer, ohne diesen vor Arbeitsantritt bei der Krankenversicherung angemeldet zu haben, zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, sich innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens zu rechtfertigen. Die Aufforderung zur Rechtfertigung wurde beim Zustellpostamt in S hinterlegt und begann die Abholfrist am 25.11.2010. Sie haben das Poststück jedoch nicht behoben und haben somit von der Möglichkeit der Rechtfertigung nicht Gebrauch gemacht.

 

Die Behörde hat hierüber erwogen:

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 33 Abs. 1a ASVG kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass in zwei Schritten meldet, und zwar

1.      vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.      die noch fehlenden Unterlagen innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

 

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigem Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Die Ihnen umseits zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist durch die Anzeige des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding vom 30.07.2010, FA-GZ. 050/73114/5/2010, und nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Zu Ihrer Rechtfertigung vom 17.11.2010 ist auszuführen, dass gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend ist.

 

Daher darf die Behörde im Sinne der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 16.09.2009, 2009/09/0150) von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn ausgehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, es sei denn im Verfahren werden jene atypischen Umstände dargelegt, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegen stehen. Derartige atypische Umstände konnten allein durch die Vorlage der jeweiligen Gewerbeberechtigungen sowie Werkverträge jedoch nicht dargelegt werden.

 

Die Behörde hat keine Zweifel, dass die von Herrn N bezüglich Ihres Beschäftigungsverhältnisses getätigte Aussage vom 14.07.2010 vor der Fremdenpolizei Braunau am Inn der Wahrheit entspricht. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum vor der Fremdenpolizei eine derartige Falschaussage abgegeben werden sollte. Demgemäß deuten verschiedene Merkmale eindeutig auf das Vorliegen eines zumindest arbeitnehmerähnlichen Dienstverhältnisses hin. Insbesondere die geregelte und vorgegebene Arbeitszeit, die vorgegebene Arbeitsmenge (21 Busse pro Nacht), die kostenlose Mitfahrgelegenheit mit ihrem Schwiegersohn zur Arbeit, die Zurverfügungstellung der Putzutensilien sowie die ausschließliche Arbeitsleistung für die Firma B Reinigung Service. Auch der Umstand, dass Herr N über keine Büro- und Lagerräumlichkeiten oder ähnliches verfügt, deutet darauf hin, dass keine echte Selbstständigkeit vorliegt.

Wenn der Behörde auch ein Werkvertrag sowie eine Rechnung über den Bezug von Putzutensilien vorgelegt wurden, so ist dem entgegen zu halten, dass davon auszugehen ist, dass der Werkvertrag zum Schein geschlossen wurde. Was die Rechnung anbelangt, so kann diese allein naturgemäß nicht dazu beitragen, die Aussage des Arbeitnehmers zu entkräften. Auch sei bezüglich des Werkvertrages darauf hingewiesen, dass vereinbart wurde, dass "pro gereinigtem Bus der AN 2,11 Euro erhält". Sogar hier wird der Arbeitnehmerbegriff (durch die gängige Abkürzung AN) verwendet. Die Bezahlung erfolgt zwar mittels einer Pauschale, jedoch wird nicht die Herstellung eines eigenen Werkes, sondern die Reinigung einer vorgegebenen Anzahl von Bussen bezahlt.

 

Daher geht die Behörde ohne jeden Zweifel vom Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Dienstverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG und somit von einem Verstoß gegen § 33 Abs. 1 bzw. 1a ASVG aus.

 

Zum Verschulden wird ausgeführt, dass gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Eine solche Glaubhaftmachung ist Ihnen jedoch nicht gelungen. Es bestehen daher an Ihrem schuldhaften Verhalten keine Zweifel.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafbemessung wurden die von Ihnen angegebenen Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt (Einkommen 1.400 Euro, keine Sorgepflichten, kein Vermögen). Als straferschwerend waren die lange Beschäftigungsdauer sowie eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe zu werten. Strafmildernde Umstände waren nicht zu berücksichtigen.

 

Zur Strafbemessung ist zudem auszuführen, dass gemäß § § 111 Abs. 2 iVm § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG bei erstmaliger Übertretung ein Strafrahmen von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfalle von 2.180 bis 5.000 Euro vorgesehen ist. Da Sie bereits einschlägig vorbestraft sind (erstmalige Wiederholung), handelt es sich bei der verhängte Strafe um die. Mindeststrafe und erscheint diese vor diesem Hintergrund dem Unrechtsgehalt der Übertretung zweifelsfrei angepasst und schuldangemessen.

 

Die Vorschreibung des Verfahrenskostenbeitrages gründet in den bezogenen Gesetzesstellen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"In der umseits bezeichneten Strafsache erhebt der Berufungswerber Z R gegen das Straferkenntnis vom 17. Februar 2011, SV96-251-2010-Sc, zugestellt am 23.02.2011, sohin innerhalb offener Frist die

 

BERUFUNG,

 

weil mit dem gegenständlichen Straferkenntnis der Berufungswerber rechtsirrig zu einer Geldstrafe von € 2.180,00 wegen Verletzung der Meldepflicht gemäß § 5 ASVG verurteilt wird und dem Berufungswerber rechtswidrig vorgeworfen wird, den rumänischen Staatsbürger I N in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze ohne gesetzentsprechende Meldung beschäftigt zu haben.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung und rechtsrichtiger Ermittlung des Sachverhaltes hätte die Behörde zum Schluss kommen müssen, dass der Berufungswerber kein strafbares Verhalten zu verantworten hat und zwar aus folgenden Gründen:

 

Die Gewerbeberechtigung des I N ist ein klarer Beweis für seine Selbstständigkeit im Zusammenhang mit der Ausübung des Reinigungsgewerbes.

Der auf dieser Gewerbeberechtigung beruhende Werkvertrag entspricht der Wahrheit und wurde keineswegs zum Schein abgeschlossen.

 

Die Bezahlung erfolgt mittels einer Pauschale, die Anzahl der zu reinigenden Autobusse wird nicht vom Berufungswerber, sondern vom Auftraggeber, dem Eigentümer der Busse vorgegeben. Dieser fahrt die Busse zur Reinigung in den Fuhrpark ein. Der Berufungswerber hat hierauf keinen Einfluss.

 

Dementsprechend hat der Berufungswerber auch keinen Einfluss auf die Abnahme der gereinigten Autobusse als ordentlich gereinigt. Auch diese Abnahme wird vom Eigentümer der Busse vorgenommen.

 

Die Arbeitszeit und die Durchführung der selbstständigen Gewerbetätigkeit des I N bestimmt sich nicht nach dem Berufungswerber, sondern nach den Anforderungen des Arbeitgebers, der S AG KFZ Technik.

 

I N stellt seine Leistungen der Firma des Berufungswerbers ordentlich in Rechnung, I N bezahlt dafür seinen Steuerberater P in V.

I N bezahlt für die Reinigungsmittel und ist der Werkvertrag auf dem Formular der Wirtschaftskammer abgeschlossen und kann keineswegs von einer Scheinurkunde gesprochen werden.

 

Es liegt daher kein arbeitnehmerähnliches Dienstverhältnis im Sinne des § 2 Abs.2 Ausländerbeschäftigungsgesetz vor und ist daher auch kein Verstoß gegen § 33 Abs. 1 bzw. la ASVG gegeben.

 

Die Tatsache, dass ein Familienangehöriger des Berufungswerbers dem Selbstständigen I N fallweise eine Mitfahrgelegenheit geboten hat, ist unerheblich und kann jedenfalls nicht zulasten des Berufungswerbers ausgelegt werden.

 

Beweis:

Vorliegende Gewerbeberechtigungen sowie Werkverträge, Putzrechnungen,

Einvernahme eines informierten Vertreters der Firma S AG, KFZ Technik in S, A,

Einvernahme eines informierten Vertreters der Steuerberatungskanzlei P in V,

Einvernahme des I S N unter Beiziehung eines Dolmetsch unter Beiziehung des Rechtsvertreters des Berufungswerbers und des Berufungswerbers selbst, um das Fragerecht im Sinne der Waffengleichheit und der Wahrung des rechtlichen Gehörs ausüben zu können,

von Amtswegen einzuholende Auskunft der OÖ. Wirtschaftskammer, N. M,

Einvernahme des Berufungswerbers.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass die Vorstrafe lediglich deswegen eingetreten ist, weil der Berufungswerber die Berufungsfrist versäumt hat, ein Wiederholungsfall liegt daher tatsächlich nicht vor und wäre daher bei erstmaliger Übertretung die Verhängung einer Geldstrafe für den Fall des Schuldspruches mit € 730,00 ausreichend, um den Berufungswerber vor weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Im Übrigen ist auch strafmildernd zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber durch die selbstständige Gewerbeberechtigung des I N und die Wirtschaftskammer Oberösterreich und die Steuerberatungskanzlei in der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens bestärkt wurde.

 

Der Berufungswerber stellt daher höflich den

 

ANTRAG,

 

die Rechtsmittelbehörde wolle der Berufung Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17. Februar 2011 ersatzlos beheben."

 

3. Die Akte enthalten die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

4. Zur öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden die Parteien sowie der gegenständliche Dienstnehmer als Zeuge geladen.

 

Dazu erhielt der Unabhängige Verwaltungssenat vom Vertreter des Berufungswerbers mit Datum vom 25.05.2012 folgende Mitteilung:

"Der Berufungswerber Z R und sein Rechtsvertreter Dr. W R teilen unter Bezugnahme auf das geführte Telefonat zwischen Herrn HR Dr. Ewald Langeder und Dr. W R vom 25.05.2012 höflich mit, dass ihnen die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 05. Juni 2012 nicht möglich ist und wolle der Unabhängiger Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich dies wohlwollend zur Kenntnis nehmen.

 

Die Berufungswerber wiederholen daher die bereits in den beiden Berufungen gestellten Anträge auf Aufhebung der beiden Straferkenntnisse vom 17.02.2011, SV 96-250-2010-Sc und SV 96-251-2010-Sc; in eventu wolle die Strafe herabgesetzt werden.

 

Die gegenständlichen Anträge wollen daher in der Verhandlung am 05. Juni 2012 verlesen werden."

 

Der Berichter der erkennenden Kammer erhielt am 30.05.2012 von J N (Cousin) telefonisch die Mitteilung, dass I und D N nach Rumänien verreist seien und daher als Zeugen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht zur Verfügung stünden.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden die entscheidungsrelevanten Aktenteile verlesen und die Entscheidung verkündet.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Aufgrund der Aktenlage ist davon auszugehen, dass im Werkvertrag vom 4.8.2009 als "Werk" vereinbart war: "Die Bodenreinigung (Nassreinigung) bei den Autobussen durchzuführen". Als Entgelt war vereinbart: "Pro gereinigtem Bus erhaltet der AN € 2,11." Darüber hinaus erledigte I S N laut eigener Auskunft die Reinigung der Fenster und die anfallenden Staubwischarbeiten. Die von ihm angegebene Zahl der Busse findet sich nicht im schriftlichen Werkvertrag, ebenso wenig die (durch Rechnungen belegte) Pauschale von 1.150 Euro. Ferner wurde diese Tätigkeit zumindest "von den Leuten der Stadtgarage" kontrolliert. Die Putzutensilien wurden von der Firma Breinigung gestellt, die Putzmittel von N von dieser Firma angekauft. Arbeitszeit und Arbeitsort waren (schon der Natur der Sache nach) vorgegeben. N arbeitete ausschließlich für die Firma Breinigung. Dass N über eine erhebliche betriebliche Infrastruktur verfügte, er werbend am Markt auftrat, er losgelöst vom konkreten Auftrag spezifische Betriebsmittel anschaffte und er das entsprechende wirtschaftliche Risiko trug, ist ebenso wenig hervorgekommen, wie dass die im Vertrag vorgesehene Vertretungsbefugnis aktuell geworden wäre. Dazu kommt die Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit.

 

Entsprechend diesen Feststellungen ist von einer persönlichen Leistungspflicht auszugehen, wobei von einer unternehmerischen Dispositionsfreiheit nicht die Rede sein kann. Vielmehr war schon aufgrund der Einfachheit der Verrichtungen die Entschlussfähigkeit auf ein Minimum beschränkt. Dass sich Weisungen, abgesehen am Beginn der Tätigkeit, faktisch weitgehend erübrigten, ergibt sich aus dem Charakter der Arbeit. Aus der Sicht der Auftragnehmers erfolgte die Tätigkeit in einem dem Auftraggeber (jedenfalls nicht ihm selbst) zuzurechnenden Betrieb.

 

Aus all dem ergibt sich, dass nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 539a ASVG) kein abgrenzbares Werk vorlag, sondern ein Dauerschuldverhältnis, das einfache Hilfsarbeiten zum Gegenstand hatte, die unter arbeitnehmertypischen Verhältnissen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit erbracht wurden.

 

Dem Einwand des Vorliegens einer Gewerbeberechtigung ist entgegen zu halten, dass es sich dabei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um ein formales, nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (also den tatsächlichen Umständen der Leistungserbringung) unbeachtliches Merkmal handelt. Dem Einwand, dass sich die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit zum Teil aus Dispositionen (nicht des Berufungswerbers sondern) des Busunternehmens ergab, ist entgegen zu halten, dass dies für die Frage der Selbstständigkeit der Tätigkeit unerheblich ist. Das Argument des wahren wirtschaftlichen Gehalts ist generell jenen Bestimmungen des Werkvertrages entgegenzuhalten, die den obenstehenden Feststellungen widersprechen.

 

Die Tat ist daher dem Berufungswerber in objektiver und da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wirkt die Rechtsunkenntnis des Berufungswerbers.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist anzuführen, dass das angefochtene Straferkenntnis grundsätzlich unbestritten vom strafsatzbestimmenden Wiederholungsfall ausgeht. Das Versäumen der Berufungsfrist stellt keinen relevanten Einwand dar. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin nur die gesetzliche Mindestgeldstrafe und eine nicht unproportional überhöhte Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurden. Die "Bestärkung" der Überzeugung des Berufungswerbers von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens durch die Gewerbeberechtigung, die Wirtschaftskammer Oberösterreich und die Steuerberatungskanzlei stellt keinen Milderungsgrund von solcher Stärke dar, dass von einem Überwiegen im Sinne des § 20 VStG auszugehen wäre. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter den deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 VStG gerechtfertigt sein könnte.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger