Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310441/3/Re/Th

Linz, 06.06.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des A S, G, vertreten durch Rechtsanwalt DDr. M W, G, H, vom 04.04.2011, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. März 2011, UR96-5-2011, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird insoferne Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 180 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt werden.

 

  II.      Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren bei der Behörde erster Instanz ermäßigt sich auf 18 Euro (10 % der neu bemessenen Geldstrafe). Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:        § 66 Abs.4, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF                          iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGB. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.:      §§ 64 und 65 VStG.

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. März 2011, UR96-5-2011, wurde über den Berufungswerber (Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z21 iVm dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20.07.2010, Zl. UR01-17-2010, eine Geldstrafe in der Höhe von 360 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 917 Stunden verhängt, weil er den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. Juli 2010, UR01-17-2010, abgeändert durch den Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 01.12.2010, UR-2007-7619/8, mit welchem ihm vorgeschrieben wurde, nachstehende auf Grundstück Nr. X der KG A, M, gelagerten Abfälle bis 28. Dezember 2010 einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und der Behörde bis zu diesem Zeitpunkt einen entsprechenden Entsorgungstag vorzulegen, nämlich:

1.     ca. 0,2 m³ Baurestmassen, bestehende aus zerbrochenem Dachziegelbruch, neben bzw. unterhalb des dort errichteten Holzstapels auf der Wiese

2.     2 Stück sehr stark angerostete und teilweise beschädigte Pkw-Radaufhängungen samt Reifen auf der Wiese bzw. teilweise unter Dach

3.     ein alter und beschädigter Holzofen – Marke Tirolia mit defektem und stellenweise stark angerostetem Metallgehäuse

4.     ein alter und teilzerlegter und angerosteter Elektrorasenmäher der Marke Alko - goldenline mit demontiertem Elektromotor und Rädern

5.     2 Stück Pkw-Reifen auf Stahlfelge, Profil abgefahren, 3 Stück Achsaufhängungen, teilzerlegt, stark angerostet und ein Stück Gehäuse eines Rasenmähers, Motor demontiert an der nordöstlichen Gebäudeseite.

 

nicht vollständig befolgt hat, zumal auf dem Grundstück noch immer Baurestmassen gelagert wurden.

 

Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Tatsache, dass die Baurestmassen als Abfälle zu werten seien, sei bereits im Behandlungsauftrag festgestellt worden und sei dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen. Im Strafverfahren sei die Abfalleigenschaft nicht neuerlich einer Überprüfung zu unterziehen. Er sei somit dem Behandlungsauftrag entgegen seinen Angaben noch nicht nachgekommen. Die Strafbemessung wurde unter Berücksichtigung des Ausmaßes der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, vorgenommen. Die verhängte Geldstrafe stelle die Mindeststrafe dar.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen rechtlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und begründend ausgeführt, er habe die Entsorgungsaufträge der Behörde immer eingehalten. Bei den Baurestmassen handle es sich um maximal 0,1 m³ reinen Schotter, welcher zum Betonieren verwendet werde, keinesfalls um Abfall. Die Kraftfahrzeugersatzteile würden ebenfalls keinen Abfall darstellen. Diese Teile seien auf einem Ford Transit gelagert und mit einer Plane zugedeckt, somit vor Witterungseinflüssen geschützt und jedenfalls verwendbar. Die von der Behörde angefertigten Fotos seien manipuliert und die Schutzplane entfernt. Vorgelegt werden gleichzeitig 7 Lichtbilder zur Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse. Es fehle somit am objektiven und auch subjektiven Tatbestand. Weiters sei das Straferkenntnis nicht begründet und verstoße gegen das Gleichheitsgebot. Die Strafhöhe sei unrichtig ermittelt. Er verdiene ca. 1.000 Euro netto monatlich und sei vermögenslos, die Festsetzung der Strafhöhe, insbesondere auch der Ersatzfreiheitsstrafe sei völlig unangemessen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat diese Berufung samt bezughabendem Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Mit Eingabe des Rechtsvertreters des Berufungswerbers vom 29. Mai 2012, und zwar nach telefonischer Kontaktaufnahme mit dem erkennenden Mitglied und Diskussion der Sach- und Rechtslage hat dieser auf die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet und die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte somit gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden.

 

5. Erwägungen des Oö. Verwaltungssenates:

 

Da sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Die Erstbehörde ging bei der Strafbemessung von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 2.000 Euro und einem Vermögen von 50.000 Euro sowie von keinerlei Sorgepflichten aus. Dies grundsätzlich zu Recht, da der Berufungswerber im Zuge des Verfahrens keinerlei Angaben über seine tatsächliche Einkommenssituation machte und die Behörde nach den Bestimmungen des VStG zur Schätzung berechtigt war. Nunmehr teilt der Berufungswerber durch seinen rechtlichen Vertreter mit, dass sich seine tatsächliche finanzielle Situation anders darstelle, er lediglich ca. 1.000 Euro netto monatlich verdiene und vermögenslos sei. Insbesondere die Festlegung der Ersatzfreiheitsstrafe (917 Stunden!) sei völlig unangemessen.

Strafmildernde Umstände wurden von der belangten Behörde nicht angenommen.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates sind im gegenständlichen Fall im Berufungsverfahren mildernde Umstände hervorgekommen, die bei der Strafbemessung Berücksichtigung zu finden haben. Der Berufungswerber ist zwar nicht unbescholten, ihm ist jedoch neben dem Wohlverhalten nach der Tat auch die teilweise Entsorgung der gelagerten Gegenstände und auch der Umstand anzurechnen, dass er ein Tatsachengeständnis abgelegt hat. Zu dem konnten konkrete nachteilige Beeinträchtigungen durch die Lagerung nicht festgestellt werden. Weiters als mildernd anzurechnen ist dem Berufungswerber insbesondere, dass er seiner Verpflichtung, bis zum 28. Dezember 2010 einen Entsorgungsnachweis bei "der Behörde" vorzulegen, in Wirklichkeit nachgekommen ist. Dies insoferne, als er im zuletzt durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren zur Aktenzahl der belangten Behörde UR96-27-2010 bzw. des Unabhängigen Verwaltungssenates als Berufungsbehörde zu VwSen-310412, eine Entsorgungsbestätigung der Berufungsbehörde vorgelegt hat, dies jedoch versehentlich nicht gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde. Diese Entsorgungsbestätigung beinhaltet jedenfalls eine Bestätigung der A H Schrott und Metalle GmbH vom 29. Juli 2010 über die Anlieferung von 430 Kg Metall (Blech). Diese Bestätigung wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu VwSen-310412 am 22. Dezember 2010, somit 6 Tage vor Ablauf der mit Bescheid des Landeshauptmannes Oberösterreich vom 01.12.2010 verlängerten Entsorgungsfrist (28. Dezember 2010) übermittelt. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich war jedoch nicht bekannt, dass diese Nachweise nicht auch der belangten Behörde vorgelegt wurden.

 

Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts an und ist danach zu beurteilen (VwGH 92/02/0095 vom 27.02.1992). Im Hinblick auf die geschilderte Besonderheit des gegenständlichen Falles unter Zugrundelegung der vorgenannten Milderungsgründe erscheint es vertretbar, gegenüber dem Berufungswerber das ao. Milderungsrecht des § 20 VStG zur Gänze auszuschöpfen und die Mindeststrafe auf die Hälfte herabzusetzen. Dem Berufungswerber kommt insbesondere zugute, dass er erwiesenermaßen innerhalb offener Frist "der Behörde" einen Entsorgungsnachweis übermittelt hat, aufgrund eines Missverständnisses jedoch offensichtlich nicht der zuständigen Behörde.

 

Da jedoch der Entsorgungsnachweis lediglich einen Teil der im Straferkenntnis angeführten Abfälle betrifft, scheidet eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG aus, da die Tat insgesamt nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Zum Tatzeitpunkt waren daher – auch wenn der Berufungswerber in der Folge im Zusammenhang mit der Berufung weitere Lichtbilder über tatsächliche Entsorgungen vorlegt – noch nicht sämtliche Abfälle entsorgt, jedoch ist mit der nunmehr verhängten Strafe nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates die ausreichende Sanktion gesetzt, um den Berufungswerber in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe war massiv herabzusetzen, da diese im Ausmaß von 917 Stunden offensichtlich versehentlich in diesem Ausmaß festgesetzt wurde und in keiner Weise dem Verhältnis zur ausgesprochenen Geldstrafe entsprach und somit anzupassen war.

 

6. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafe neu festzusetzen, da die Berufung zum Teil Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

 

Insgesamt war somit aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

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