Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-390318/2/Gf/Rt

Linz, 14.06.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des U W, vertreten durch die RAe Dr. J D, gegen das aus Anlass einer Übertretung des Telekommunikationsgesetzes erlassene Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 14. Oktober 2011, Zl. BMVIT-635540/0385/11, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 14. Oktober 2011, Zl. BMVIT-635540/0385/11, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 370 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 37 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 407 Euro) verhängt, weil er es als Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 30. März 2011 um 12:11 Uhr ein Anruf zu Werbezwecken bei einer Dritten ohne deren vorangehender Einwilligung durchgeführt worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 107 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes, BGBl.Nr. I 70/2003, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 65/2009 (im Folgenden: TKG), begangen, weshalb er nach § 109 Abs. 3 Z. 19 TKG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass jene von der GmbH des Beschwerdeführers kontaktierte Dritte deshalb Anzeige erstattet habe, weil sie zu dem deren Teilnahme an einem Gewinnspiel intendierenden Werbeanruf keinesfalls ihre vorherige Zustimmung erteilt habe.

 

Da die GmbH des Rechtsmittelwerbers den diesbezüglichen Datensatz von einem ausländischen Unternehmen offensichtlich ohne nähere Vergewisserung über das tatsächliche Vorliegen der gesetzlich erforderlichen Einwilligung angekauft habe, liege sohin zumindest fahrlässiges und damit auch schuldhaftes Handeln vor.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei sein Geständnis als mildernd, eine wegen einer gleichartigen Gesetzesverletzung bereits erteilte Ermahnung hingegen als erschwerend zu berücksichtigen gewesen. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 19. Oktober 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. Oktober 2012 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass der Beschwerdeführer prinzipiell nur mit solchen Kunden in Kontakt zu trete, die hierzu auch eine vorherige Einwilligung erteilt haben. Eine solche sog. "Opt-in-Erklärung" sei auch im gegenständlichen Verfahren deshalb vorgelegen, weil sich die kontaktierte Fernsprechpartnerin anlässlich ihrer Teilnahme bei einem früheren Gewinnspiel mit einer weiteren "telefonischen Angebotsunterbreitung" betreffend "Glücks- und Gewinnspiele" auch durch Partner und Sponsoren des damaligen Veranstalters einverstanden erklärt habe, wobei damals u.a. auch die Unternehmen des Beschwerdeführers ausdrücklich als derartige Partner und Sponsoren genannt worden seien. Außerdem sei sein Partnerunternehmen vertraglich ausdrücklich dazu verpflichtet worden, ihn nur mit rechtmäßig erhobenen Daten zu beliefern. Davon ausgehend habe er auch im vorliegenden Fall darauf vertrauen dürfen, dass den übermittelten Datensätzen ausschließlich ordnungsgemäße Opt-in-Erklärungen zu Grunde liegen, sodass seinerseits keinerlei Verschulden vorliege.

 

Daher wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg zu Zl. BMVIT-635540/0385/11; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl. dazu jüngst EGMR vom 5. Juni 2012, 34721/09, m.w.N., wonach eine Verhandlung auch dann, wenn bloß eine gerichtliche Instanz entscheidet, entfallen kann, wenn – wie hier [vgl. unten, 3.2.] – ausschließlich Rechtsfragen zu entscheiden sind).

 

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis auch keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

 

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

 

3.1. Gemäß § 109 Abs. 4 Z. 8 i.V.m. § 107 Abs. 1 TKG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen, der Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers tätigte.

3.2. Im vorliegenden Fall wurde auch vom Beschwerdeführer selbst nicht in Abrede gestellt, dass der verfahrensgegenständliche Anruf ausschließlich zu Werbezwecken erfolgte; strittig ist hingegen lediglich, ob hierzu eine vorangehende Einwilligung der kontaktierten Gesprächsteilnehmerin vorlag.

3.2.1. Diesbezüglich hat der Oö. Verwaltungssenat bereits in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2011, Zl. VwSen-390301, ausgesprochen, dass es grundsätzlich dem Anrufer obliegt, einen Nachweis für das Bestehen einer solchen Einwilligung zu erbringen.

3.2.2. Davon ausgehend hat der Rechtsmittelwerber im gegenständlichen Fall zugleich mit seiner Berufung auch Auszüge von einer Internet-Seite vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass sich die hier kontaktierte Person auf dieser Homepage jeweils mit ihren Daten (und zwar am 5. Dezember 2010, also vor dem hier maßgeblichen Tatzeitpunkt) registrieren ließ und dabei u.a. auch sowohl einer künftigen telefonischen Kontaktierung durch diese Unternehmen sowie deren Partner und Sponsoren – zu denen jeweils die GmbH des Beschwerdeführers zählte – ausdrücklich zugestimmt hat.

Wenngleich dies zwar keinen direkten Beweis dafür darstellt, dass die Angerufene damit eine auch die im vorliegenden Fall erfolgte Kontaktaufnahme umfassende Einwilligung erteilt hat, ist dieser Umstand aber doch geeignet, ihre in der Anzeige vom 30. März 2011 nur pauschal aufgestellte Behauptung, nirgends mitgespielt zu haben sowie wissen zu müssen, ob sie etwas ausgefüllt hat (auf die sich das hier angefochtene Straferkenntnis allein stützt), bezüglich deren Glaubwürdigkeit entscheidend zu relativieren: Selbst wenn es nämlich zutreffen sollte, dass – wie dies von der belangten Behörde vorgebracht wird – sog. Eintragungsdienste die ihnen auf welche Art immer zugekommenen Personaldaten jeweils ohne Verifizierung in Bezug auf deren Richtigkeit oder auf das Vorliegen einer Opt-in-Einwilligung an Unternehmen wie jenes des Rechtsmittelwerbers weiter veräußern, bedeutet dies nicht, dass der Erwerber deshalb in jedem Fall gleichsam "automatisch" dazu verhalten wäre, eine ihm vertraglich zugesicherte Unbedenklichkeit dieser Daten gleichsam "sicherheitshalber" stets dennoch zu hinterfragen. Eine derart überhöhte Sorgfaltspflicht würde nicht nur die alltägliche Geschäftspraxis, die auf dem Grundsatz der prinzipiellen Vertrauenswürdigkeit der Vertragspartner basiert, in einem unverhältnismäßigen Ausmaß beeinträchtigen bzw. geradezu in ihr Gegenteil verkehren, sondern auch das in einem Rechtsstaat auf dem Verschuldensprinzip fußende Verwaltungsstrafrecht in ein System einer bloßen Gefährdungshaftung pervertieren.

Davon ausgehend konnten daher bloß vereinzelte, zudem in einem anderen zeitlichen Zusammenhang sowie mit einem anderen Datensatz-Anbieter allenfalls zu Tage getretene Unregelmäßigkeiten (abgesehen davon, dass der diesbezügliche, im Schreiben der belangten Behörde vom 4. März 2011 enthaltene Hinweis entgegen der Darstellung in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zweifelsfrei keine förmliche "Ermahnung" i.S.d. § 21 VStG verkörperte) nicht dazu führen, dass der Beschwerdeführer aus verwaltungsstrafrechtlicher Sicht (auch) dazu verpflichtet gewesen wäre, jene ihm von dem im gegenständlichen Verfahren involvierten Unternehmer zur Verfügung gestellten Daten im Einzelnen darauf hin zu überprüfen, ob die zugesicherte Opt-in-Einwilligung auch jeweils tatsächlich vorliegt.

3.2.3. Dies sowie die relativierte Glaubwürdigkeit der konkret kontaktierten Person berücksichtigend liegt daher im gegenständlichen Fall im Ergebnis kein rechtsstaatlich-verwaltungsstrafrechtlichen Anforderungen genügender Nachweis einer tatbestandsmäßigen und schuldhaften Handlung des Beschwerdeführers vor.

Im Zweifel war daher gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK vom Nichtbestehen eines Verschuldens des Rechtsmittelwerbers auszugehen.

3.5. Deshalb war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum